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Strobach, Johann Georg: Den Groß-Schatz-Meister Jesum. Pirna, 1701.

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Der Groß-Schatz-Meister JEsus/
spottete der Leute/ und fragte sie: Warumb habt ihr solche
Zierd und Geschmeide/ die die Götter euch täglich vorgereicht/
und geben wollen/ nicht lange von ihnen angenommen? Wis-
set ihr nicht/ wenn euch die Götter mit Gold und Silber wol-
len verehren/ daß ihr eure Hände ausstrecken und zugreiffen
solt? Nun auff solche und dergleichen Arth geht immer ein
Schatz nach dem andern dahin; bloß allein die himmlischen
Schätze behalten den Preiß/ daß sie unverweßlich/ unvergäng-
lich/ und ungestohlen bleiben/ sie sind vor allen Feinden/ vor al-
ler Gefahr sicher und frey. O edle Schätze/ o unschätzbare Schä-
tze/ o Schätze der Seeligkeit! solche Schätze soll man samlen/
nach solchen Schätzen soll man trachten/ daß man sie möge
erlangen. Endlich sehen wir auch bey Einsamlung der himm-
lischen Schätze.

(3.) Auff das Argument oder Haupt-Ursache/ warum zum
Theil die irrdischen Schätze nicht sollen gesamlet/ die himm-
lischen dargegen best-möglichst eingesamlet werden. Die Haubt-
Ursache besteht in den Beschluß-Worten: Denn wo euer
Schatz ist/ da ist auch euer Hertz. Es hatte der Heyland
zwar wohl schon ziemlich die Ursachen angeführt/ warum man
nicht Schätze auff Erden samlen solle? weiln sie nemlich so
gar vergänglich und unbeständig wären/ auch zugleich mit
beygefügt die Ursache/ warum man Schätze im Himmel solte
samlen/ weiln sie unvergänglich/ und immer beständig wären.
Allein diese Ursachen stecken in den Schätzen selber; Jtzo füh-
ret der Heyland die Haupt-Ursache ausser den Schätzen an/
die in des Menschen Hertze bestehet; Wo euer Schatz ist/
da ist euer Hertz. Die Worte geben bey denen Ebräern
ein Sprichwort ab. Die Worte verdienens/ daß wir sie ge-
nauer betrachten: Wo euer Schatz ist/ da ist euer Hertz.
Wo euer Schatz ist/
heist so viel/ als: Wo dasjenige ist/ was
euch lieb und angenehm ist. Lieb und angenehm ist alle das

jeni-

Der Groß-Schatz-Meiſter JEſus/
ſpottete der Leute/ und fragte ſie: Warumb habt ihr ſolche
Zierd und Geſchmeide/ die die Goͤtter euch taͤglich vorgereicht/
und geben wollen/ nicht lange von ihnen angenommen? Wiſ-
ſet ihr nicht/ wenn euch die Goͤtter mit Gold und Silber wol-
len verehren/ daß ihr eure Haͤnde ausſtrecken und zugreiffen
ſolt? Nun auff ſolche und dergleichen Arth geht immer ein
Schatz nach dem andern dahin; bloß allein die himmliſchen
Schaͤtze behalten den Preiß/ daß ſie unverweßlich/ unvergaͤng-
lich/ und ungeſtohlen bleiben/ ſie ſind vor allen Feinden/ vor al-
ler Gefahr ſicher und frey. O edle Schaͤtze/ ô unſchaͤtzbare Schaͤ-
tze/ ô Schaͤtze der Seeligkeit! ſolche Schaͤtze ſoll man ſamlen/
nach ſolchen Schaͤtzen ſoll man trachten/ daß man ſie moͤge
erlangen. Endlich ſehen wir auch bey Einſamlung der him̃-
liſchen Schaͤtze.

(3.) Auff das Argument oder Haupt-Urſache/ warum zum
Theil die irrdiſchen Schaͤtze nicht ſollen geſamlet/ die himm-
liſchen dargegen beſt-moͤglichſt eingeſamlet werden. Die Haubt-
Urſache beſteht in den Beſchluß-Worten: Denn wo euer
Schatz iſt/ da iſt auch euer Hertz. Es hatte der Heyland
zwar wohl ſchon ziemlich die Urſachen angefuͤhrt/ warum man
nicht Schaͤtze auff Erden ſamlen ſolle? weiln ſie nemlich ſo
gar vergaͤnglich und unbeſtaͤndig waͤren/ auch zugleich mit
beygefuͤgt die Urſache/ warum man Schaͤtze im Himmel ſolte
ſamlen/ weiln ſie unvergaͤnglich/ und immer beſtaͤndig waͤren.
Allein dieſe Urſachen ſtecken in den Schaͤtzen ſelber; Jtzo fuͤh-
ret der Heyland die Haupt-Urſache auſſer den Schaͤtzen an/
die in des Menſchen Hertze beſtehet; Wo euer Schatz iſt/
da iſt euer Hertz. Die Worte geben bey denen Ebraͤern
ein Sprichwort ab. Die Worte verdienens/ daß wir ſie ge-
nauer betrachten: Wo euer Schatz iſt/ da iſt euer Hertz.
Wo euer Schatz iſt/
heiſt ſo viel/ als: Wo dasjenige iſt/ was
euch lieb und angenehm iſt. Lieb und angenehm iſt alle das

jeni-
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[32/0032] Der Groß-Schatz-Meiſter JEſus/ ſpottete der Leute/ und fragte ſie: Warumb habt ihr ſolche Zierd und Geſchmeide/ die die Goͤtter euch taͤglich vorgereicht/ und geben wollen/ nicht lange von ihnen angenommen? Wiſ- ſet ihr nicht/ wenn euch die Goͤtter mit Gold und Silber wol- len verehren/ daß ihr eure Haͤnde ausſtrecken und zugreiffen ſolt? Nun auff ſolche und dergleichen Arth geht immer ein Schatz nach dem andern dahin; bloß allein die himmliſchen Schaͤtze behalten den Preiß/ daß ſie unverweßlich/ unvergaͤng- lich/ und ungeſtohlen bleiben/ ſie ſind vor allen Feinden/ vor al- ler Gefahr ſicher und frey. O edle Schaͤtze/ ô unſchaͤtzbare Schaͤ- tze/ ô Schaͤtze der Seeligkeit! ſolche Schaͤtze ſoll man ſamlen/ nach ſolchen Schaͤtzen ſoll man trachten/ daß man ſie moͤge erlangen. Endlich ſehen wir auch bey Einſamlung der him̃- liſchen Schaͤtze. (3.) Auff das Argument oder Haupt-Urſache/ warum zum Theil die irrdiſchen Schaͤtze nicht ſollen geſamlet/ die himm- liſchen dargegen beſt-moͤglichſt eingeſamlet werden. Die Haubt- Urſache beſteht in den Beſchluß-Worten: Denn wo euer Schatz iſt/ da iſt auch euer Hertz. Es hatte der Heyland zwar wohl ſchon ziemlich die Urſachen angefuͤhrt/ warum man nicht Schaͤtze auff Erden ſamlen ſolle? weiln ſie nemlich ſo gar vergaͤnglich und unbeſtaͤndig waͤren/ auch zugleich mit beygefuͤgt die Urſache/ warum man Schaͤtze im Himmel ſolte ſamlen/ weiln ſie unvergaͤnglich/ und immer beſtaͤndig waͤren. Allein dieſe Urſachen ſtecken in den Schaͤtzen ſelber; Jtzo fuͤh- ret der Heyland die Haupt-Urſache auſſer den Schaͤtzen an/ die in des Menſchen Hertze beſtehet; Wo euer Schatz iſt/ da iſt euer Hertz. Die Worte geben bey denen Ebraͤern ein Sprichwort ab. Die Worte verdienens/ daß wir ſie ge- nauer betrachten: Wo euer Schatz iſt/ da iſt euer Hertz. Wo euer Schatz iſt/ heiſt ſo viel/ als: Wo dasjenige iſt/ was euch lieb und angenehm iſt. Lieb und angenehm iſt alle das jeni-

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Zitationshilfe: Strobach, Johann Georg: Den Groß-Schatz-Meister Jesum. Pirna, 1701, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/392438/32>, abgerufen am 21.11.2024.