Hayn, Johann: Liebliches Seelen-Gespräch. Lissa, 1649.Parentatio sehr betrübet/ die anwesende Freunde aber/ als Ulyssem/über die massen trawrig/ den Ajacem gleichsam schrey- end/ den Menelaum erbärmlich winselnd/ die Spectato- res, und alles umb den Altar stehende Volck sehnlich wehklagend/ repraesentirte, mahlete er den Vater/ den Agamemnonem, mit verdecktem und verhültem Ange- sicht/ andeutende/ unmöglich zu seyn/ des Vaters Schmertzen gnugsam zu entwerffen: Jch achte gleich- fals unmöglich zu seyn/ ja wol unmöglicher/ daß unserer Seeligen Frawen Dorotheae Lauterbachin hinterlasse- nen hertzliebsten Ehe-Herrn/ und gantzen Freundschafft jnnerliche Trawrtgkeit Jhrer Hertzen zu beschreiben. Ni- hil enim difficilius, quam magno dolori paria ver- ba reperire. Da müssen Sie mit Job sprechen/ c. 30. Meine Eingeweyde sieden/ mein Hertz wallet mir in meinem Leibe/ und höret nicht auff: Mich hat überfallen die elende zeit/ Jch gehe schwartz einher/ und brennet mich doch keine Sonne nicht. Massen denn auch der Verlust an sich selbst nicht gerin- ge/ ja auff der Welt unwiderbringlich ist. Denn Jhme dem Herren Wittiber in seinem hohen Alter wol recht die HertzAder geschlagen. Er klaget seinen thewresten/ treuesten und werthesten Ehe-Schatz/ die Crone seines Hauptes/ den Auffenthalt seines Lebens/ die Säule seines Hauses/ Er vermisset die helffte seines Lebens/ und seufftzet mit Nazianzeno/ und spricht: Te magis quam aerem spiro, idq, solum vivo, quod Tecum sum, vel ablens per animi simulacrum. Jhr liebes noch unerzo- L
Parentatio ſehr betruͤbet/ die anweſende Freunde aber/ als Ulyſſem/uͤber die maſſen trawrig/ den Ajacem gleichſam ſchrey- end/ den Menelaum erbaͤrmlich winſelnd/ die Spectato- res, und alles umb den Altar ſtehende Volck ſehnlich wehklagend/ repræſentirte, mahlete er den Vater/ den Agamemnonem, mit verdecktem und verhuͤltem Ange- ſicht/ andeutende/ unmoͤglich zu ſeyn/ des Vaters Schmertzen gnugſam zu entwerffen: Jch achte gleich- fals unmoͤglich zu ſeyn/ ja wol unmoͤglicher/ daß unſerer Seeligen Frawen Dorotheæ Lauterbachin hinterlaſſe- nen hertzliebſten Ehe-Herrn/ und gantzen Freundſchafft jnnerliche Trawrtgkeit Jhrer Hertzen zu beſchreiben. Ni- hil enim difficilius, quàm magno dolori paria ver- ba reperire. Da muͤſſen Sie mit Job ſprechen/ c. 30. Meine Eingeweyde ſieden/ mein Hertz wallet mir in meinem Leibe/ und hoͤret nicht auff: Mich hat uͤberfallen die elende zeit/ Jch gehe ſchwartz einher/ und brennet mich doch keine Sonne nicht. Maſſen denn auch der Verluſt an ſich ſelbſt nicht gerin- ge/ ja auff der Welt unwiderbringlich iſt. Denn Jhme dem Herren Wittiber in ſeinem hohen Alter wol recht die HertzAder geſchlagen. Er klaget ſeinen thewreſten/ treueſten und wertheſten Ehe-Schatz/ die Crone ſeines Hauptes/ den Auffenthalt ſeines Lebens/ die Saͤule ſeines Hauſes/ Er vermiſſet die helffte ſeines Lebens/ und ſeufftzet mit Nazianzeno/ und ſpricht: Te magis quàm aerem ſpiro, idq́, ſolum vivo, quod Tecum ſum, vel ablens per animi ſimulacrum. Jhr liebes noch unerzo- L
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Parentatio
ſehr betruͤbet/ die anweſende Freunde aber/ als Ulyſſem/
uͤber die maſſen trawrig/ den Ajacem gleichſam ſchrey-
end/ den Menelaum erbaͤrmlich winſelnd/ die Spectato-
res, und alles umb den Altar ſtehende Volck ſehnlich
wehklagend/ repræſentirte, mahlete er den Vater/ den
Agamemnonem, mit verdecktem und verhuͤltem Ange-
ſicht/ andeutende/ unmoͤglich zu ſeyn/ des Vaters
Schmertzen gnugſam zu entwerffen: Jch achte gleich-
fals unmoͤglich zu ſeyn/ ja wol unmoͤglicher/ daß unſerer
Seeligen Frawen Dorotheæ Lauterbachin hinterlaſſe-
nen hertzliebſten Ehe-Herrn/ und gantzen Freundſchafft
jnnerliche Trawrtgkeit Jhrer Hertzen zu beſchreiben. Ni-
hil enim difficilius, quàm magno dolori paria ver-
ba reperire. Da muͤſſen Sie mit Job ſprechen/ c. 30.
Meine Eingeweyde ſieden/ mein Hertz wallet mir
in meinem Leibe/ und hoͤret nicht auff: Mich
hat uͤberfallen die elende zeit/ Jch gehe ſchwartz
einher/ und brennet mich doch keine Sonne nicht.
Maſſen denn auch der Verluſt an ſich ſelbſt nicht gerin-
ge/ ja auff der Welt unwiderbringlich iſt. Denn Jhme
dem Herren Wittiber in ſeinem hohen Alter wol recht
die HertzAder geſchlagen. Er klaget ſeinen thewreſten/
treueſten und wertheſten Ehe-Schatz/ die Crone ſeines
Hauptes/ den Auffenthalt ſeines Lebens/ die Saͤule
ſeines Hauſes/ Er vermiſſet die helffte ſeines Lebens/ und
ſeufftzet mit Nazianzeno/ und ſpricht: Te magis quàm
aerem ſpiro, idq́, ſolum vivo, quod Tecum ſum,
vel ablens per animi ſimulacrum. Jhr liebes noch
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