Rollius, Johannes: Annulus Dei signatorius. Frankfurt (Oder), 1670.PRAEFATIO. da sich etwan nur eine traurige Rohrdommel hören läst;Jn den Wald des Leides und Traurens/ da allein die Turteltaube sitzt und wehklaget. Wo der Wein/ Götter und Menschen frölich macht/ da stellen sie sich wol ein: Aber/ wo man seinen Tranck mit Weinen mischet/ und sein Brot isset mit Aschen; da geben Sie keinen Gast. Sie sind der zerbrochene und unbeständige Rohrstab AE- gypti: Wer sich auff sie lehnet/ oder verläst/ dem geher er in die Hand/ und durchbohrt ihm dieselbt. Aber das thut mir wehe im Hertzen/ und sticht mich in meinen Nieren: Daß auch du/ meine einige Zuflucht/ mein eini- ger Reichthumb/ mein einiges Gutt/ ja mein höchstes Gutt/ dich so frembde stellest/ als ob du im Lande ein Gast wärest; Mich in meinem Kummer und Wehmuth/ in meinen eüsser- und innerlichen Anfechtungen/ also unge- tröstet liegen lässest/ mir einen harten Blick über den andern giebest/ und mit deiner Hülffe so lange verzeüchst: Da mich doch so hertzlich nach dir verlanget/ und ich dei- ner so sehnlich harre. Du hast gleichwol mir versprochen: So ich durchs Wasser gienge/ woltest du bey mir seyn/ daß mich die Ströme nicht solten ersäuffen; So ich ins Feuer gienge/ solte ich nicht brennen/ und die Flamme solte mich nicht anzünden; Well du der HERR mein GOTT/ der Heilige in Jsrael/ mein Heyland seyst! Stehe doch! Mein GOTT und mein Heyland/ letzt gehe ich durch einen tieffen Strom/ und die Fluth will mich ersäuffen: Jetzt gehe ich durchs Feuer der Trübsal! Jetzt ist meine Seele/ die Trostlose und Elende/ über die alle Wetter gehen! Ach! warumb lässest du mich denn so lange ohne Trost; da mir doch umb Trost sehr bange ist
PRÆFATIO. da ſich etwan nur eine traurige Rohrdommel hoͤren laͤſt;Jn den Wald des Leides und Traurens/ da allein die Turteltaube ſitzt und wehklaget. Wo der Wein/ Goͤtter und Menſchen froͤlich macht/ da ſtellen ſie ſich wol ein: Aber/ wo man ſeinen Tranck mit Weinen miſchet/ und ſein Brot iſſet mit Aſchen; da geben Sie keinen Gaſt. Sie ſind der zerbrochene und unbeſtaͤndige Rohrſtab Æ- gypti: Wer ſich auff ſie lehnet/ oder verlaͤſt/ dem geher er in die Hand/ und durchbohrt ihm dieſelbt. Aber das thut mir wehe im Hertzen/ und ſticht mich in meinen Nieren: Daß auch du/ meine einige Zuflucht/ mein eini- ger Reichthumb/ mein einiges Gutt/ ja mein hoͤchſtes Gutt/ dich ſo frembde ſtelleſt/ als ob du im Lande ein Gaſt waͤreſt; Mich in meinem Kummer und Wehmuth/ in meinen euͤſſer- und innerlichen Anfechtungen/ alſo unge- troͤſtet liegen laͤſſeſt/ mir einen harten Blick uͤber den andern giebeſt/ und mit deiner Huͤlffe ſo lange verzeuͤchſt: Da mich doch ſo hertzlich nach dir verlanget/ und ich dei- ner ſo ſehnlich harre. Du haſt gleichwol mir verſprochen: So ich durchs Waſſer gienge/ wolteſt du bey mir ſeyn/ daß mich die Stroͤme nicht ſolten erſaͤuffen; So ich ins Feuer gienge/ ſolte ich nicht brennen/ und die Flamme ſolte mich nicht anzuͤnden; Well du der HERR mein GOTT/ der Heilige in Jſrael/ mein Heyland ſeyſt! Stehe doch! Mein GOTT und mein Heyland/ letzt gehe ich durch einen tieffen Strom/ und die Fluth will mich erſaͤuffen: Jetzt gehe ich durchs Feuer der Truͤbſal! Jetzt iſt meine Seele/ die Troſtloſe und Elende/ uͤber die alle Wetter gehen! Ach! warumb laͤſſeſt du mich denn ſo lange ohne Troſt; da mir doch umb Troſt ſehr bange iſt
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PRÆFATIO.
da ſich etwan nur eine traurige Rohrdommel hoͤren laͤſt;
Jn den Wald des Leides und Traurens/ da allein die
Turteltaube ſitzt und wehklaget. Wo der Wein/ Goͤtter
und Menſchen froͤlich macht/ da ſtellen ſie ſich wol ein:
Aber/ wo man ſeinen Tranck mit Weinen miſchet/ und
ſein Brot iſſet mit Aſchen; da geben Sie keinen Gaſt.
Sie ſind der zerbrochene und unbeſtaͤndige Rohrſtab Æ-
gypti: Wer ſich auff ſie lehnet/ oder verlaͤſt/ dem geher
er in die Hand/ und durchbohrt ihm dieſelbt. Aber das
thut mir wehe im Hertzen/ und ſticht mich in meinen
Nieren: Daß auch du/ meine einige Zuflucht/ mein eini-
ger Reichthumb/ mein einiges Gutt/ ja mein hoͤchſtes
Gutt/ dich ſo frembde ſtelleſt/ als ob du im Lande ein Gaſt
waͤreſt; Mich in meinem Kummer und Wehmuth/ in
meinen euͤſſer- und innerlichen Anfechtungen/ alſo unge-
troͤſtet liegen laͤſſeſt/ mir einen harten Blick uͤber den
andern giebeſt/ und mit deiner Huͤlffe ſo lange verzeuͤchſt:
Da mich doch ſo hertzlich nach dir verlanget/ und ich dei-
ner ſo ſehnlich harre. Du haſt gleichwol mir verſprochen:
So ich durchs Waſſer gienge/ wolteſt du bey mir ſeyn/
daß mich die Stroͤme nicht ſolten erſaͤuffen; So ich ins
Feuer gienge/ ſolte ich nicht brennen/ und die Flamme
ſolte mich nicht anzuͤnden; Well du der HERR mein
GOTT/ der Heilige in Jſrael/ mein Heyland ſeyſt!
Stehe doch! Mein GOTT und mein Heyland/ letzt
gehe ich durch einen tieffen Strom/ und die Fluth will
mich erſaͤuffen: Jetzt gehe ich durchs Feuer der Truͤbſal!
Jetzt iſt meine Seele/ die Troſtloſe und Elende/ uͤber die
alle Wetter gehen! Ach! warumb laͤſſeſt du mich denn
ſo lange ohne Troſt; da mir doch umb Troſt ſehr bange
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