Posselt, August: I. N. J. Den sich selbst/ und die ihn hören/ seelig zu machen bemüheten Schul-Lehrer. Bautzen, [1712].Trauer-Rede. gekommen wäre/ und in seinem herrlichen Examine Concilii Tridentinider Welt angezeiget/ die Päbstliche Finsterniß dem seeligmachenden Lichte der Evangelischen Wahrheit in allen Sachen nachgeben müste. Wer war Jacobus Wellerus? Eines elenden Mannes Sohn aus dem Marck- Flecken Neunkirchen in Voigtlande/ welcher damahls bey denen beküm- merten Krieges-Zeiten unsers geliebten Deutschlandes sein Brod vor den Thüren suchen muste. Der grosse GOtt hatte einen Kauffmann erwecket/ daß er sich an dieses Knaben Stimme ergötzete/ denselben aufnahm als ei- nen Lauff-Jungen/ und ihn darbey in die Schule schickete. Der grosse GOtt seegnete also seine Arbeit/ daß ihn bald die weit berühmte Universität Wittenberg als einen Professorem Extraordinarium Theologiae vene- rirte; Bald Braunschweig als einen General-Superintendentem an- nahm; Bald Dreßden/ als einen Ober-Hof-Prediger des Johannis Geor- gii II. glorwürdigsten Andenckens/ Confessionarium und Kirchen-Rath/ eine geraume Zeit ehrete. Und was haben wir frembder Exempel vonnö- then? Es wird ja der studierenden Jugend jährlich in einer sonderbahren Oration angezeiget/ wie wunderlich der grundgütige GOtt den Hn. Chri- stianum Keimann, vormahls um das hiesige Gymnasium hoch-meritir- ten Rectorem, geführet. Er hat in seiner Jugend/ als ein Vater-und Mutter-loser Wayse/ die Zufluche in diese Stadt genommen. Es gieng mit seinen Studiis desto schwerer her; jemehr der langwierige Krieg des verzehrten Deutschlandes die Liberalität vieler Bürger denen Armen und Nothleidenden entzog. Doch schickete es GOtt so wunderlich/ daß er mit der Zeit als ein Rector dem hiesigen Gymnasio mit höchsten Ruhm vorste- hen kunte/ in welchen er vormahls die Fundamenta der Pietät und guten Künste geleget. Was wundern wir uns nun/ daß der allein weise GOtt eben diese Gewohnheit inacht genommen in unsern seeligen Herrn Rectore, und seinen Glauben von Jugend auf durch Armuth und andere Zufälle de- sto mehr gepreiset; je grössere Treue er hernach GOtt und seinem Nächsten in dem Lehr-Amte leisten solte. Gehen wir fort und betrachten die denckwürdigen Sachen in seinem rühmlich
Trauer-Rede. gekommen waͤre/ und in ſeinem herrlichen Examine Concilii Tridentinider Welt angezeiget/ die Paͤbſtliche Finſterniß dem ſeeligmachenden Lichte der Evangeliſchen Wahrheit in allen Sachen nachgeben muͤſte. Wer war Jacobus Wellerus? Eines elenden Mannes Sohn aus dem Marck- Flecken Neunkirchen in Voigtlande/ welcher damahls bey denen bekuͤm- merten Krieges-Zeiten unſers geliebten Deutſchlandes ſein Brod vor den Thuͤren ſuchen muſte. Der groſſe GOtt hatte einen Kauffmann erwecket/ daß er ſich an dieſes Knaben Stimme ergoͤtzete/ denſelben aufnahm als ei- nen Lauff-Jungen/ und ihn darbey in die Schule ſchickete. Der groſſe GOtt ſeegnete alſo ſeine Arbeit/ daß ihn bald die weit beruͤhmte Univerſitaͤt Wittenberg als einen Profeſſorem Extraordinarium Theologiæ vene- rirte; Bald Braunſchweig als einen General-Superintendentem an- nahm; Bald Dreßden/ als einen Ober-Hof-Prediger des Johannis Geor- gii II. glorwuͤrdigſten Andenckens/ Confeſſionarium und Kirchen-Rath/ eine geraume Zeit ehrete. Und was haben wir frembder Exempel vonnoͤ- then? Es wird ja der ſtudierenden Jugend jaͤhrlich in einer ſonderbahren Oration angezeiget/ wie wunderlich der grundguͤtige GOtt den Hn. Chri- ſtianum Keimann, vormahls um das hieſige Gymnaſium hoch-meritir- ten Rectorem, gefuͤhret. Er hat in ſeiner Jugend/ als ein Vater-und Mutter-loſer Wayſe/ die Zufluche in dieſe Stadt genommen. Es gieng mit ſeinen Studiis deſto ſchwerer her; jemehr der langwierige Krieg des verzehrten Deutſchlandes die Liberalitaͤt vieler Buͤrger denen Armen und Nothleidenden entzog. Doch ſchickete es GOtt ſo wunderlich/ daß er mit der Zeit als ein Rector dem hieſigen Gymnaſio mit hoͤchſten Ruhm vorſte- hen kunte/ in welchen er vormahls die Fundamenta der Pietaͤt und guten Kuͤnſte geleget. Was wundern wir uns nun/ daß der allein weiſe GOtt eben dieſe Gewohnheit inacht genommen in unſern ſeeligen Herrn Rectore, und ſeinen Glauben von Jugend auf durch Armuth und andere Zufaͤlle de- ſto mehr gepreiſet; je groͤſſere Treue er hernach GOtt und ſeinem Naͤchſten in dem Lehr-Amte leiſten ſolte. Gehen wir fort und betrachten die denckwuͤrdigen Sachen in ſeinem ruͤhmlich
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Trauer-Rede.
gekommen waͤre/ und in ſeinem herrlichen Examine Concilii Tridentini
der Welt angezeiget/ die Paͤbſtliche Finſterniß dem ſeeligmachenden
Lichte der Evangeliſchen Wahrheit in allen Sachen nachgeben muͤſte. Wer
war Jacobus Wellerus? Eines elenden Mannes Sohn aus dem Marck-
Flecken Neunkirchen in Voigtlande/ welcher damahls bey denen bekuͤm-
merten Krieges-Zeiten unſers geliebten Deutſchlandes ſein Brod vor den
Thuͤren ſuchen muſte. Der groſſe GOtt hatte einen Kauffmann erwecket/
daß er ſich an dieſes Knaben Stimme ergoͤtzete/ denſelben aufnahm als ei-
nen Lauff-Jungen/ und ihn darbey in die Schule ſchickete. Der groſſe
GOtt ſeegnete alſo ſeine Arbeit/ daß ihn bald die weit beruͤhmte Univerſitaͤt
Wittenberg als einen Profeſſorem Extraordinarium Theologiæ vene-
rirte; Bald Braunſchweig als einen General-Superintendentem an-
nahm; Bald Dreßden/ als einen Ober-Hof-Prediger des Johannis Geor-
gii II. glorwuͤrdigſten Andenckens/ Confeſſionarium und Kirchen-Rath/
eine geraume Zeit ehrete. Und was haben wir frembder Exempel vonnoͤ-
then? Es wird ja der ſtudierenden Jugend jaͤhrlich in einer ſonderbahren
Oration angezeiget/ wie wunderlich der grundguͤtige GOtt den Hn. Chri-
ſtianum Keimann, vormahls um das hieſige Gymnaſium hoch-meritir-
ten Rectorem, gefuͤhret. Er hat in ſeiner Jugend/ als ein Vater-und
Mutter-loſer Wayſe/ die Zufluche in dieſe Stadt genommen. Es gieng
mit ſeinen Studiis deſto ſchwerer her; jemehr der langwierige Krieg des
verzehrten Deutſchlandes die Liberalitaͤt vieler Buͤrger denen Armen und
Nothleidenden entzog. Doch ſchickete es GOtt ſo wunderlich/ daß er mit
der Zeit als ein Rector dem hieſigen Gymnaſio mit hoͤchſten Ruhm vorſte-
hen kunte/ in welchen er vormahls die Fundamenta der Pietaͤt und guten
Kuͤnſte geleget. Was wundern wir uns nun/ daß der allein weiſe GOtt
eben dieſe Gewohnheit inacht genommen in unſern ſeeligen Herrn Rectore,
und ſeinen Glauben von Jugend auf durch Armuth und andere Zufaͤlle de-
ſto mehr gepreiſet; je groͤſſere Treue er hernach GOtt und ſeinem Naͤchſten
in dem Lehr-Amte leiſten ſolte.
Gehen wir fort und betrachten die denckwuͤrdigen Sachen in ſeinem
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Zitationshilfe: | Posselt, August: I. N. J. Den sich selbst/ und die ihn hören/ seelig zu machen bemüheten Schul-Lehrer. Bautzen, [1712]. , S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/360149/56>, abgerufen am 16.02.2025. |