Posselt, August: I. N. J. Den sich selbst/ und die ihn hören/ seelig zu machen bemüheten Schul-Lehrer. Bautzen, [1712].Lebens-Lauff Einem Hoch-Edlen und Hochweisen Rathe dieser Stadt einhelligin das erledigte Ambt beruffen. Er trug zwar grosses Bedencken/ solche schwere Bürde auf seine Schultern zu nehmen/ doch unter- zog er sich endlich dieser Last/ und hat/ Mit GOttes Hülffe/ dem lange florirenden Gymnasio, obwohl nur vier Jahr/ doch mit solchen Eifer und geseegneten Wachsthume/ vorgestanden/ daß alle Patro- nen/ die er in grossen Werthe hielt/ und wieder von ihrer sonder- bahren Gütte würdig geschätzet ward/ ihr Vergnügen darüber spüren/ die gantze Stadt ihre Freude sehen ließ/ und viele sowohl frembde als einheimische Kinder ihre Schul-Studia beglückt fortse- tzen konten. So sehr sich aber jedermann über seine Ambts-Treue und Redligkeit gegen GOtt und Menschen bißher erfreuet hat/ so bestürtzt und betrübt ist auch ein jeder über seinen unverhofften Tod. Was sein Christenthum betrifft/ so ist er mit allem Rechte ein Theo- logus practicus und vir pie eruditus zu nennen. Mit seines GOt- tes Hülffe wandelte er allezeit vor diesem allmächtigen HERRN/ und empfand aus den Worten/ die GOTT zu Abraham sagte: Wandele vor mir und sey fromm/ auf seinem Sterbe-Bette einen solchen Vorschmack der süssen Ewigkeit/ daß er den Schmertz seines Leibes nicht mehr fühlete. Er war ein grosser Liebhaber des Wor- tes GOttes/ und disting virte sich eben hierdurch von vielen andern/ daß Er seine Untergebene nicht nur gelehrt und höfflich/ sondern auch fromm und nützlich machte. Sein herrliches Talent konte ihn zu keiner Hoffarth und Verachtung seines Neben-Christens verlei- ten/ sondern die Demuth blickte in allen seinen Geschäfften immer hervor.
Lebens-Lauff Einem Hoch-Edlen und Hochweiſen Rathe dieſer Stadt einhelligin das erledigte Ambt beruffen. Er trug zwar groſſes Bedencken/ ſolche ſchwere Buͤrde auf ſeine Schultern zu nehmen/ doch unter- zog er ſich endlich dieſer Laſt/ und hat/ Mit GOttes Huͤlffe/ dem lange florirenden Gymnaſio, obwohl nur vier Jahr/ doch mit ſolchen Eifer und geſeegneten Wachsthume/ vorgeſtanden/ daß alle Patro- nen/ die er in groſſen Werthe hielt/ und wieder von ihrer ſonder- bahren Guͤtte wuͤrdig geſchaͤtzet ward/ ihr Vergnuͤgen daruͤber ſpuͤren/ die gantze Stadt ihre Freude ſehen ließ/ und viele ſowohl frembde als einheimiſche Kinder ihre Schul-Studia begluͤckt fortſe- tzen konten. So ſehr ſich aber jedermann uͤber ſeine Ambts-Treue und Redligkeit gegen GOtt und Menſchen bißher erfreuet hat/ ſo beſtuͤrtzt und betruͤbt iſt auch ein jeder uͤber ſeinen unverhofften Tod. Was ſein Chriſtenthum betrifft/ ſo iſt er mit allem Rechte ein Theo- logus practicus und vir pie eruditus zu nennen. Mit ſeines GOt- tes Huͤlffe wandelte er allezeit vor dieſem allmaͤchtigen HERRN/ und empfand aus den Worten/ die GOTT zu Abraham ſagte: Wandele vor mir und ſey fromm/ auf ſeinem Sterbe-Bette einen ſolchen Vorſchmack der ſuͤſſen Ewigkeit/ daß er den Schmertz ſeines Leibes nicht mehr fuͤhlete. Er war ein groſſer Liebhaber des Wor- tes GOttes/ und diſting virte ſich eben hierdurch von vielen andern/ daß Er ſeine Untergebene nicht nur gelehrt und hoͤfflich/ ſondern auch fromm und nuͤtzlich machte. Sein herrliches Talent konte ihn zu keiner Hoffarth und Verachtung ſeines Neben-Chriſtens verlei- ten/ ſondern die Demuth blickte in allen ſeinen Geſchaͤfften immer hervor.
<TEI> <text> <body> <div type="fsSermon" n="1"> <div type="fsPersonalia" n="2"> <p><pb facs="#f0048" n="46"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#b">Lebens-Lauff</hi></fw><lb/> Einem Hoch-Edlen und Hochweiſen Rathe dieſer Stadt einhellig<lb/> in das erledigte Ambt beruffen. Er trug zwar groſſes Bedencken/<lb/> ſolche ſchwere Buͤrde auf ſeine Schultern zu nehmen/ doch unter-<lb/> zog er ſich endlich dieſer Laſt/ und hat/ Mit GOttes Huͤlffe/ dem<lb/> lange <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">florir</hi></hi>enden <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Gymnaſio,</hi></hi> obwohl nur vier Jahr/ doch mit ſolchen<lb/> Eifer und geſeegneten Wachsthume/ vorgeſtanden/ daß alle <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Patro-<lb/> n</hi></hi>en/ die er in groſſen Werthe hielt/ und wieder von ihrer ſonder-<lb/> bahren Guͤtte wuͤrdig geſchaͤtzet ward/ ihr Vergnuͤgen daruͤber<lb/> ſpuͤren/ die gantze Stadt ihre Freude ſehen ließ/ und viele ſowohl<lb/> frembde als einheimiſche Kinder ihre Schul-<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Studia</hi></hi> begluͤckt fortſe-<lb/> tzen konten. So ſehr ſich aber jedermann uͤber ſeine Ambts-Treue<lb/> und Redligkeit gegen GOtt und Menſchen bißher erfreuet hat/ ſo<lb/> beſtuͤrtzt und betruͤbt iſt auch ein jeder uͤber ſeinen unverhofften Tod.<lb/> Was ſein Chriſtenthum betrifft/ ſo iſt er mit allem Rechte ein <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Theo-<lb/> logus practicus</hi></hi> und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">vir pie eruditus</hi></hi> zu nennen. Mit ſeines GOt-<lb/> tes Huͤlffe wandelte er allezeit vor dieſem allmaͤchtigen HERRN/<lb/> und empfand aus den Worten/ die GOTT zu Abraham ſagte:<lb/> Wandele vor mir und ſey fromm/ auf ſeinem Sterbe-Bette einen<lb/> ſolchen Vorſchmack der ſuͤſſen Ewigkeit/ daß er den Schmertz ſeines<lb/> Leibes nicht mehr fuͤhlete. Er war ein groſſer Liebhaber des Wor-<lb/> tes GOttes/ und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">diſting vir</hi></hi>te ſich eben hierdurch von vielen andern/<lb/> daß Er ſeine Untergebene nicht nur gelehrt und hoͤfflich/ ſondern<lb/> auch fromm und nuͤtzlich machte. Sein herrliches <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Talent</hi></hi> konte ihn<lb/> zu keiner Hoffarth und Verachtung ſeines Neben-Chriſtens verlei-<lb/> ten/ ſondern die Demuth blickte in allen ſeinen Geſchaͤfften immer<lb/> <fw type="catch" place="bottom">hervor.</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [46/0048]
Lebens-Lauff
Einem Hoch-Edlen und Hochweiſen Rathe dieſer Stadt einhellig
in das erledigte Ambt beruffen. Er trug zwar groſſes Bedencken/
ſolche ſchwere Buͤrde auf ſeine Schultern zu nehmen/ doch unter-
zog er ſich endlich dieſer Laſt/ und hat/ Mit GOttes Huͤlffe/ dem
lange florirenden Gymnaſio, obwohl nur vier Jahr/ doch mit ſolchen
Eifer und geſeegneten Wachsthume/ vorgeſtanden/ daß alle Patro-
nen/ die er in groſſen Werthe hielt/ und wieder von ihrer ſonder-
bahren Guͤtte wuͤrdig geſchaͤtzet ward/ ihr Vergnuͤgen daruͤber
ſpuͤren/ die gantze Stadt ihre Freude ſehen ließ/ und viele ſowohl
frembde als einheimiſche Kinder ihre Schul-Studia begluͤckt fortſe-
tzen konten. So ſehr ſich aber jedermann uͤber ſeine Ambts-Treue
und Redligkeit gegen GOtt und Menſchen bißher erfreuet hat/ ſo
beſtuͤrtzt und betruͤbt iſt auch ein jeder uͤber ſeinen unverhofften Tod.
Was ſein Chriſtenthum betrifft/ ſo iſt er mit allem Rechte ein Theo-
logus practicus und vir pie eruditus zu nennen. Mit ſeines GOt-
tes Huͤlffe wandelte er allezeit vor dieſem allmaͤchtigen HERRN/
und empfand aus den Worten/ die GOTT zu Abraham ſagte:
Wandele vor mir und ſey fromm/ auf ſeinem Sterbe-Bette einen
ſolchen Vorſchmack der ſuͤſſen Ewigkeit/ daß er den Schmertz ſeines
Leibes nicht mehr fuͤhlete. Er war ein groſſer Liebhaber des Wor-
tes GOttes/ und diſting virte ſich eben hierdurch von vielen andern/
daß Er ſeine Untergebene nicht nur gelehrt und hoͤfflich/ ſondern
auch fromm und nuͤtzlich machte. Sein herrliches Talent konte ihn
zu keiner Hoffarth und Verachtung ſeines Neben-Chriſtens verlei-
ten/ ſondern die Demuth blickte in allen ſeinen Geſchaͤfften immer
hervor.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/360149 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/360149/48 |
Zitationshilfe: | Posselt, August: I. N. J. Den sich selbst/ und die ihn hören/ seelig zu machen bemüheten Schul-Lehrer. Bautzen, [1712]. , S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/360149/48>, abgerufen am 16.02.2025. |