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Schweinitz, George Herman von: Eröffneter Schauplatz Des Menschlichen Lebens/ in der Abdanckungs-Handlung. Zittau, 1671.

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Abdanckung.
ley Zufällen/ welchen Sie unterworffen leben.

Eadem enim, ut non incongrue ait ille, in mun-
do agitur fabula, mutatis duntaxat personis.

Denn/ wie jener nicht unrecht saget/ so wird in der
Welt immer einerley Ding oder Comoedie gespielet.
nur die Personen werden verändert. Daher auch
nichts gesaget werden kan/ was nicht etwan allbe-
reit ehmals von sonsten iemanden wäre gedacht
worden: Gleichfals auch nichts zu geschehen pfleget/
daß nicht vorlängst auch vorgegangen. Derowe-
gen hafftet vermessene Unwissenheit bey etlichen Leu-
then/ welche/ mag leichte was ungemeines oder sel-
tzames vorkommen/ auszuschreyen/ sich nicht scheu-
en: das sey unerhört/ das sey nicht geschehen/ seither
die Welt gestanden/ Denn dieser Schauplatz ist ja
der Ort/ wozu allen vergangenen/ gegenwärtigen
und zukünftigen Zeiten/ Tugend und Laster kämpfet/
Warheit und Lügen streitet/ wo Freude mit Leyd
vergesellet/ wo nichts so rühmlich/ das nicht geschicht/
hergegen auch nichts so scheltens würdig/ daß nicht
ebenfalls vorläuffet/ und wo so bald ein unseeliger
Todt/ als ein rühmliches Absterben in des Menschen
letzten Handlung geschauet wird; Nur mit dem Be-
wandnüs/ daß auch hier auf der Welt/ an stat des
auf Schauplätzen gewöhnlichen applaudirens/ oder
im Wiederspiel Verlachens/ einem Theile nach dem
Tode ein ewiges Stygma Brand- und Schandmahl
verbleibet/ dem anderen ab er ein unsterblicher Nach-
ruhm grünet. Solten wir dieses mit Exempeln aus
den Geschichten darthun/ so würde uns eher die Zeit/

als

Abdanckung.
ley Zufaͤllen/ welchen Sie unterworffen leben.

Eadem enim, ut non incongruè ait ille, in mun-
dô agitur fabula, mutatis duntaxat perſonis.

Denn/ wie jener nicht unrecht ſaget/ ſo wird in der
Welt immer einerley Ding oder Comœdie geſpielet.
nur die Perſonen werden veraͤndert. Daher auch
nichts geſaget werden kan/ was nicht etwan allbe-
reit ehmals von ſonſten iemanden waͤre gedacht
worden: Gleichfals auch nichts zu geſchehen pfleget/
daß nicht vorlaͤngſt auch vorgegangen. Derowe-
gen hafftet vermeſſene Unwiſſenheit bey etlichen Leu-
then/ welche/ mag leichte was ungemeines oder ſel-
tzames vorkommen/ auszuſchreyen/ ſich nicht ſcheu-
en: das ſey unerhoͤrt/ das ſey nicht geſchehen/ ſeither
die Welt geſtanden/ Denn dieſer Schauplatz iſt ja
der Ort/ wozu allen vergangenen/ gegenwaͤrtigen
und zukuͤnftigen Zeiten/ Tugend und Laſter kaͤmpfet/
Warheit und Luͤgen ſtreitet/ wo Freude mit Leyd
vergeſellet/ wo nichts ſo ruͤhmlich/ das nicht geſchicht/
hergegen auch nichts ſo ſcheltens wuͤrdig/ daß nicht
ebenfalls vorlaͤuffet/ und wo ſo bald ein unſeeliger
Todt/ als ein ruͤhmliches Abſterben in des Menſchen
letzten Handlung geſchauet wird; Nur mit dem Be-
wandnuͤs/ daß auch hier auf der Welt/ an ſtat des
auf Schauplaͤtzen gewoͤhnlichen applaudirens/ oder
im Wiederſpiel Verlachens/ einem Theile nach dem
Tode ein ewiges Stygma Brand- und Schandmahl
verbleibet/ dem anderen ab er ein unſterblicher Nach-
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den Geſchichten darthun/ ſo wuͤrde uns eher die Zeit/

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[0008] Abdanckung. ley Zufaͤllen/ welchen Sie unterworffen leben. Eadem enim, ut non incongruè ait ille, in mun- dô agitur fabula, mutatis duntaxat perſonis. Denn/ wie jener nicht unrecht ſaget/ ſo wird in der Welt immer einerley Ding oder Comœdie geſpielet. nur die Perſonen werden veraͤndert. Daher auch nichts geſaget werden kan/ was nicht etwan allbe- reit ehmals von ſonſten iemanden waͤre gedacht worden: Gleichfals auch nichts zu geſchehen pfleget/ daß nicht vorlaͤngſt auch vorgegangen. Derowe- gen hafftet vermeſſene Unwiſſenheit bey etlichen Leu- then/ welche/ mag leichte was ungemeines oder ſel- tzames vorkommen/ auszuſchreyen/ ſich nicht ſcheu- en: das ſey unerhoͤrt/ das ſey nicht geſchehen/ ſeither die Welt geſtanden/ Denn dieſer Schauplatz iſt ja der Ort/ wozu allen vergangenen/ gegenwaͤrtigen und zukuͤnftigen Zeiten/ Tugend und Laſter kaͤmpfet/ Warheit und Luͤgen ſtreitet/ wo Freude mit Leyd vergeſellet/ wo nichts ſo ruͤhmlich/ das nicht geſchicht/ hergegen auch nichts ſo ſcheltens wuͤrdig/ daß nicht ebenfalls vorlaͤuffet/ und wo ſo bald ein unſeeliger Todt/ als ein ruͤhmliches Abſterben in des Menſchen letzten Handlung geſchauet wird; Nur mit dem Be- wandnuͤs/ daß auch hier auf der Welt/ an ſtat des auf Schauplaͤtzen gewoͤhnlichen applaudirens/ oder im Wiederſpiel Verlachens/ einem Theile nach dem Tode ein ewiges Stygma Brand- und Schandmahl verbleibet/ dem anderen ab er ein unſterblicher Nach- ruhm gruͤnet. Solten wir dieſes mit Exempeln aus den Geſchichten darthun/ ſo wuͤrde uns eher die Zeit/ als

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Zitationshilfe: Schweinitz, George Herman von: Eröffneter Schauplatz Des Menschlichen Lebens/ in der Abdanckungs-Handlung. Zittau, 1671, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/354512/8>, abgerufen am 23.11.2024.