Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

mals." -- "Auch in mir," erwiederte die schöne
Wittwe, und sie gingen an mir vorüber.

Dieses Gespräch hatte einen tiefen Eindruck
in mir zurückgelassen; aber ich zweifelte im Gei-
ste, ob ich mich zu erkennen geben oder uner-
kannt von dannen gehen sollte. -- Ich entschied
mich. Ich ließ mir Papier und Bleistift geben,
und schrieb die Worte:

"Auch Eurem alten Freunde ergeht es nun
besser als damals, und büßet er, so ist es
Buße der Versöhnung."

Hierauf begehrte ich mich anzuziehen, da ich
mich stärker befände. Man holte den Schlüssel
zu dem kleinen Schrank, der neben meinem Bette
stand, herbei. Ich fand Alles, was mir gehörte,
darin. Ich legte meine Kleider an, hing meine
botanische Kapsel, worin ich mit Freuden meine
nordischen Flechten wieder fand, über meine
schwarze Kurtka um, zog meine Stiefel an, legte
den geschriebenen Zettel auf mein Bett, und so
wie die Thür' aufging, war ich schon weit auf
dem Wege nach der Thebais.

mals.» — «Auch in mir,» erwiederte die ſchöne
Wittwe, und ſie gingen an mir vorüber.

Dieſes Geſpräch hatte einen tiefen Eindruck
in mir zurückgelaſſen; aber ich zweifelte im Gei-
ſte, ob ich mich zu erkennen geben oder uner-
kannt von dannen gehen ſollte. — Ich entſchied
mich. Ich ließ mir Papier und Bleiſtift geben,
und ſchrieb die Worte:

«Auch Eurem alten Freunde ergeht es nun
beſſer als damals, und büßet er, ſo iſt es
Buße der Verſöhnung.»

Hierauf begehrte ich mich anzuziehen, da ich
mich ſtärker befände. Man holte den Schlüſſel
zu dem kleinen Schrank, der neben meinem Bette
ſtand, herbei. Ich fand Alles, was mir gehörte,
darin. Ich legte meine Kleider an, hing meine
botaniſche Kapſel, worin ich mit Freuden meine
nordiſchen Flechten wieder fand, über meine
ſchwarze Kurtka um, zog meine Stiefel an, legte
den geſchriebenen Zettel auf mein Bett, und ſo
wie die Thür’ aufging, war ich ſchon weit auf
dem Wege nach der Thebais.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0161" n="139"/>
mals.» &#x2014; «Auch in mir,» erwiederte die &#x017F;chöne<lb/>
Wittwe, und &#x017F;ie gingen an mir vorüber.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;es Ge&#x017F;präch hatte einen tiefen Eindruck<lb/>
in mir zurückgela&#x017F;&#x017F;en; aber ich zweifelte im Gei-<lb/>
&#x017F;te, ob ich mich zu erkennen geben oder uner-<lb/>
kannt von dannen gehen &#x017F;ollte. &#x2014; Ich ent&#x017F;chied<lb/>
mich. Ich ließ mir Papier und Blei&#x017F;tift geben,<lb/>
und &#x017F;chrieb die Worte:</p><lb/>
        <cit>
          <quote> <hi rendition="#et">«Auch Eurem alten Freunde ergeht es nun<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er als damals, und büßet er, &#x017F;o i&#x017F;t es<lb/>
Buße der Ver&#x017F;öhnung.»</hi> </quote>
          <bibl/>
        </cit><lb/>
        <p>Hierauf begehrte ich mich anzuziehen, da ich<lb/>
mich &#x017F;tärker befände. Man holte den Schlü&#x017F;&#x017F;el<lb/>
zu dem kleinen Schrank, der neben meinem Bette<lb/>
&#x017F;tand, herbei. Ich fand Alles, was mir gehörte,<lb/>
darin. Ich legte meine Kleider an, hing meine<lb/>
botani&#x017F;che Kap&#x017F;el, worin ich mit Freuden meine<lb/>
nordi&#x017F;chen Flechten wieder fand, über meine<lb/>
&#x017F;chwarze Kurtka um, zog meine Stiefel an, legte<lb/>
den ge&#x017F;chriebenen Zettel auf mein Bett, und &#x017F;o<lb/>
wie die Thür&#x2019; aufging, war ich &#x017F;chon weit auf<lb/>
dem Wege nach der Thebais.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[139/0161] mals.» — «Auch in mir,» erwiederte die ſchöne Wittwe, und ſie gingen an mir vorüber. Dieſes Geſpräch hatte einen tiefen Eindruck in mir zurückgelaſſen; aber ich zweifelte im Gei- ſte, ob ich mich zu erkennen geben oder uner- kannt von dannen gehen ſollte. — Ich entſchied mich. Ich ließ mir Papier und Bleiſtift geben, und ſchrieb die Worte: «Auch Eurem alten Freunde ergeht es nun beſſer als damals, und büßet er, ſo iſt es Buße der Verſöhnung.» Hierauf begehrte ich mich anzuziehen, da ich mich ſtärker befände. Man holte den Schlüſſel zu dem kleinen Schrank, der neben meinem Bette ſtand, herbei. Ich fand Alles, was mir gehörte, darin. Ich legte meine Kleider an, hing meine botaniſche Kapſel, worin ich mit Freuden meine nordiſchen Flechten wieder fand, über meine ſchwarze Kurtka um, zog meine Stiefel an, legte den geſchriebenen Zettel auf mein Bett, und ſo wie die Thür’ aufging, war ich ſchon weit auf dem Wege nach der Thebais.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2755/161
Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2755/161>, abgerufen am 24.11.2024.