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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835.

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von wo Sie hergekommen sind -- diese ist auch
gerade meine Straße. -- Ich sehe Sie schon
vor der aufgehenden Sonne erblassen. Ich will
Ihnen Ihren Schatten auf die Zeit unserer Ge-
sellschaft leihen, und Sie dulden mich dafür in
Ihrer Nähe; Sie haben so Ihren Bendel
nicht mehr bei sich; ich will Ihnen gute Dienste
leisten. Sie lieben mich nicht, das ist mir leid.
Sie können mich darum doch benutzen. Der
Teufel ist nicht so schwarz, als man ihn malt.
Gestern haben Sie mich geärgert, das ist wahr,
heute will ich's Ihnen nicht nachtragen, und ich
habe Ihnen schon den Weg bis hieher verkürzt,
das müssen Sie selbst gestehen -- Nehmen Sie
doch nur einmal Ihren Schatten auf Probe wie-
der an."

Die Sonne war aufgegangen, auf der Straße
kamen uns Menschen entgegen; ich nahm, ob-
gleich mit innerlichem Widerwillen, den Antrag
an. Er ließ lächelnd meinen Schatten zur
Erde gleiten, der alsbald seine Stelle auf des
Pferdes Schatten einnahm und lustig neben
mir hertrabte. Mir war sehr seltsam zu Muth.
Ich ritt an einem Trupp Landleute vorbei, die

von wo Sie hergekommen ſind — dieſe iſt auch
gerade meine Straße. — Ich ſehe Sie ſchon
vor der aufgehenden Sonne erblaſſen. Ich will
Ihnen Ihren Schatten auf die Zeit unſerer Ge-
ſellſchaft leihen, und Sie dulden mich dafür in
Ihrer Nähe; Sie haben ſo Ihren Bendel
nicht mehr bei ſich; ich will Ihnen gute Dienſte
leiſten. Sie lieben mich nicht, das iſt mir leid.
Sie können mich darum doch benutzen. Der
Teufel iſt nicht ſo ſchwarz, als man ihn malt.
Geſtern haben Sie mich geärgert, das iſt wahr,
heute will ich’s Ihnen nicht nachtragen, und ich
habe Ihnen ſchon den Weg bis hieher verkürzt,
das müſſen Sie ſelbſt geſtehen — Nehmen Sie
doch nur einmal Ihren Schatten auf Probe wie-
der an.»

Die Sonne war aufgegangen, auf der Straße
kamen uns Menſchen entgegen; ich nahm, ob-
gleich mit innerlichem Widerwillen, den Antrag
an. Er ließ lächelnd meinen Schatten zur
Erde gleiten, der alsbald ſeine Stelle auf des
Pferdes Schatten einnahm und luſtig neben
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[110/0124] von wo Sie hergekommen ſind — dieſe iſt auch gerade meine Straße. — Ich ſehe Sie ſchon vor der aufgehenden Sonne erblaſſen. Ich will Ihnen Ihren Schatten auf die Zeit unſerer Ge- ſellſchaft leihen, und Sie dulden mich dafür in Ihrer Nähe; Sie haben ſo Ihren Bendel nicht mehr bei ſich; ich will Ihnen gute Dienſte leiſten. Sie lieben mich nicht, das iſt mir leid. Sie können mich darum doch benutzen. Der Teufel iſt nicht ſo ſchwarz, als man ihn malt. Geſtern haben Sie mich geärgert, das iſt wahr, heute will ich’s Ihnen nicht nachtragen, und ich habe Ihnen ſchon den Weg bis hieher verkürzt, das müſſen Sie ſelbſt geſtehen — Nehmen Sie doch nur einmal Ihren Schatten auf Probe wie- der an.» Die Sonne war aufgegangen, auf der Straße kamen uns Menſchen entgegen; ich nahm, ob- gleich mit innerlichem Widerwillen, den Antrag an. Er ließ lächelnd meinen Schatten zur Erde gleiten, der alsbald ſeine Stelle auf des Pferdes Schatten einnahm und luſtig neben mir hertrabte. Mir war ſehr ſeltſam zu Muth. Ich ritt an einem Trupp Landleute vorbei, die

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Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2755/124>, abgerufen am 27.11.2024.