schnöden Dienst herabgewürdigt fand, eben als ich um seinetwillen in so namenloser Noth war, da brach mir das Herz, und ich fing bitterlich zu weinen an. Der Verhaßte stolzirte mit dem mir abgejagten Raub, und erneuerte unver- schämt seinen Antrag:
"Noch ist er für Sie zu haben, ein Feder- zug, und sie retten damit die arme unglückliche Mina aus des Schuftes Klauen in des hochge- ehrten Herrn Grafen Arme -- wie gesagt, nur ein Federzug." Meine Thränen brachen mit er- neuter Kraft hervor, aber ich wandte mich weg, und winkte ihm, sich zu entfernen.
Bendel, der voller Sorgen meine Spuren bis hieher verfolgt hatte, traf in diesem Augen- blick ein. Als mich die treue fromme Seele wei- nend fand, und meinen Schatten, denn er war nicht zu verkennen, in der Gewalt des wunder- lichen grauen Unbekannten sah, beschloß er gleich, sei es auch mit Gewalt, mich in den Besitz mei- nes Eigenthums wieder herzustellen, und da er selbst mit dem zarten Dinge nicht umzugehen ver-
ſchnöden Dienſt herabgewürdigt fand, eben als ich um ſeinetwillen in ſo namenloſer Noth war, da brach mir das Herz, und ich fing bitterlich zu weinen an. Der Verhaßte ſtolzirte mit dem mir abgejagten Raub, und erneuerte unver- ſchämt ſeinen Antrag:
“Noch iſt er für Sie zu haben, ein Feder- zug, und ſie retten damit die arme unglückliche Mina aus des Schuftes Klauen in des hochge- ehrten Herrn Grafen Arme — wie geſagt, nur ein Federzug.„ Meine Thränen brachen mit er- neuter Kraft hervor, aber ich wandte mich weg, und winkte ihm, ſich zu entfernen.
Bendel, der voller Sorgen meine Spuren bis hieher verfolgt hatte, traf in dieſem Augen- blick ein. Als mich die treue fromme Seele wei- nend fand, und meinen Schatten, denn er war nicht zu verkennen, in der Gewalt des wunder- lichen grauen Unbekannten ſah, beſchloß er gleich, ſei es auch mit Gewalt, mich in den Beſitz mei- nes Eigenthums wieder herzuſtellen, und da er ſelbſt mit dem zarten Dinge nicht umzugehen ver-
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ſchnöden Dienſt herabgewürdigt fand, eben als ich
um ſeinetwillen in ſo namenloſer Noth war, da
brach mir das Herz, und ich fing bitterlich zu
weinen an. Der Verhaßte ſtolzirte mit dem
mir abgejagten Raub, und erneuerte unver-
ſchämt ſeinen Antrag:
“Noch iſt er für Sie zu haben, ein Feder-
zug, und ſie retten damit die arme unglückliche
Mina aus des Schuftes Klauen in des hochge-
ehrten Herrn Grafen Arme — wie geſagt, nur
ein Federzug.„ Meine Thränen brachen mit er-
neuter Kraft hervor, aber ich wandte mich weg,
und winkte ihm, ſich zu entfernen.
Bendel, der voller Sorgen meine Spuren
bis hieher verfolgt hatte, traf in dieſem Augen-
blick ein. Als mich die treue fromme Seele wei-
nend fand, und meinen Schatten, denn er war
nicht zu verkennen, in der Gewalt des wunder-
lichen grauen Unbekannten ſah, beſchloß er gleich,
ſei es auch mit Gewalt, mich in den Beſitz mei-
nes Eigenthums wieder herzuſtellen, und da er
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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1827, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2754/92>, abgerufen am 17.02.2025.
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