Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1827.sah schon den aufgehenden Mond am Horizonte Am nächsten Abend ging ich wieder nach dem Nun fand ich sie öfters in Thränen; mir ſah ſchon den aufgehenden Mond am Horizonte Am nächſten Abend ging ich wieder nach dem Nun fand ich ſie öfters in Thränen; mir <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0078" n="54"/> ſah ſchon den aufgehenden Mond am Horizonte<lb/> dämmern. — Meine Zeit war um. —</p><lb/> <p>Am nächſten Abend ging ich wieder nach dem<lb/> Förſtergarten. Ich hatte den Mantel weit über<lb/> die Schulter geworfen, den Hut tief in die Au-<lb/> gen gedrückt, ich ging auf <hi rendition="#g">Mina</hi> zu; wie ſie auf-<lb/> ſah, und mich anblickte, machte ſie eine unwill-<lb/> kührliche Bewegung; da ſtand mir wieder klar vor<lb/> der Seele die Erſcheinung jener ſchaurigen Nacht,<lb/> wo ich mich im Mondſchein ohne Schatten ge-<lb/> zeigt. Sie war es wirklich. Hatte ſie mich aber<lb/> auch jetzt erkannt? Sie war ſtill und gedanken-<lb/> voll — mir lag es zentnerſchwer auf der Bruſt —<lb/> Ich ſtand von meinem Sitz auf. Sie warf ſich<lb/> ſtille weinend an meine Bruſt. Ich ging.</p><lb/> <p>Nun fand ich ſie öfters in Thränen; mir<lb/> ward’s finſter und finſterer um die Seele, —<lb/> nur die Eltern ſchwammen in unüberſchwengli-<lb/> cher Glückſeligkeit; der verhängnißvolle Tag rück-<lb/> te heran, bang und dumpf, wie eine Gewitter-<lb/> wolke. Der Vorabend war da — ich konnte<lb/> kaum mehr athmen. Ich hatte vorſorglich einige<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [54/0078]
ſah ſchon den aufgehenden Mond am Horizonte
dämmern. — Meine Zeit war um. —
Am nächſten Abend ging ich wieder nach dem
Förſtergarten. Ich hatte den Mantel weit über
die Schulter geworfen, den Hut tief in die Au-
gen gedrückt, ich ging auf Mina zu; wie ſie auf-
ſah, und mich anblickte, machte ſie eine unwill-
kührliche Bewegung; da ſtand mir wieder klar vor
der Seele die Erſcheinung jener ſchaurigen Nacht,
wo ich mich im Mondſchein ohne Schatten ge-
zeigt. Sie war es wirklich. Hatte ſie mich aber
auch jetzt erkannt? Sie war ſtill und gedanken-
voll — mir lag es zentnerſchwer auf der Bruſt —
Ich ſtand von meinem Sitz auf. Sie warf ſich
ſtille weinend an meine Bruſt. Ich ging.
Nun fand ich ſie öfters in Thränen; mir
ward’s finſter und finſterer um die Seele, —
nur die Eltern ſchwammen in unüberſchwengli-
cher Glückſeligkeit; der verhängnißvolle Tag rück-
te heran, bang und dumpf, wie eine Gewitter-
wolke. Der Vorabend war da — ich konnte
kaum mehr athmen. Ich hatte vorſorglich einige
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Zitationshilfe: | Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1827, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2754/78>, abgerufen am 28.07.2024. |