Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

ward, einem schattenlosen Herrn zu dienen!"
Er schwieg, und ich hielt mein Gesicht in mei-
nen Händen. --

"Bendel," setzt' ich spät und zitternd
hinzu, "nun hast Du mein Vertrauen, nun
kannst Du es verrathen. Geh' hin und zeuge
wider mich." -- Er schien in schwerem Kam-
pfe mit sich selber, endlich stürzte er vor mir
nieder, und ergriff meine Hand, die er mit sei-
nen Thränen benetzte. "Nein," rief er aus,
"was die Welt auch meine, ich kann und werde
um Schattenswillen meinen gütigen Herrn nicht
verlassen, ich werde recht, und nicht klug han-
deln, ich werde bei Ihnen bleiben, Ihnen mei-
nen Schatten borgen, Ihnen helfen, wo ich
kann, und wo ich nicht kann, mit Ihnen wei-
nen." Ich fiel ihm um den Hals, ob solcher
ungewohnten Gesinnung staunend; denn ich war
von ihm überzeugt, daß er es nicht um Gold
that.

Seitdem änderten sich in Etwas mein
Schicksal und meine Lebensweise. Es ist unbe-
schreiblich, wie vorsorglich Bendel mein Ge-

ward, einem ſchattenloſen Herrn zu dienen!„
Er ſchwieg, und ich hielt mein Geſicht in mei-
nen Händen. —

Bendel,„ ſetzt’ ich ſpät und zitternd
hinzu, “nun haſt Du mein Vertrauen, nun
kannſt Du es verrathen. Geh’ hin und zeuge
wider mich.„ — Er ſchien in ſchwerem Kam-
pfe mit ſich ſelber, endlich ſtürzte er vor mir
nieder, und ergriff meine Hand, die er mit ſei-
nen Thränen benetzte. “Nein,„ rief er aus,
“was die Welt auch meine, ich kann und werde
um Schattenswillen meinen gütigen Herrn nicht
verlaſſen, ich werde recht, und nicht klug han-
deln, ich werde bei Ihnen bleiben, Ihnen mei-
nen Schatten borgen, Ihnen helfen, wo ich
kann, und wo ich nicht kann, mit Ihnen wei-
nen.„ Ich fiel ihm um den Hals, ob ſolcher
ungewohnten Geſinnung ſtaunend; denn ich war
von ihm überzeugt, daß er es nicht um Gold
that.

Seitdem änderten ſich in Etwas mein
Schickſal und meine Lebensweiſe. Es iſt unbe-
ſchreiblich, wie vorſorglich Bendel mein Ge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0055" n="31"/>
ward, einem &#x017F;chattenlo&#x017F;en Herrn zu dienen!&#x201E;<lb/>
Er &#x017F;chwieg, und ich hielt mein Ge&#x017F;icht in mei-<lb/>
nen Händen. &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x201C;<hi rendition="#g">Bendel,</hi>&#x201E; &#x017F;etzt&#x2019; ich &#x017F;pät und zitternd<lb/>
hinzu, &#x201C;nun ha&#x017F;t Du mein Vertrauen, nun<lb/>
kann&#x017F;t Du es verrathen. Geh&#x2019; hin und zeuge<lb/>
wider mich.&#x201E; &#x2014; Er &#x017F;chien in &#x017F;chwerem Kam-<lb/>
pfe mit &#x017F;ich &#x017F;elber, endlich &#x017F;türzte er vor mir<lb/>
nieder, und ergriff meine Hand, die er mit &#x017F;ei-<lb/>
nen Thränen benetzte. &#x201C;Nein,&#x201E; rief er aus,<lb/>
&#x201C;was die Welt auch meine, ich kann und werde<lb/>
um Schattenswillen meinen gütigen Herrn nicht<lb/>
verla&#x017F;&#x017F;en, ich werde recht, und nicht klug han-<lb/>
deln, ich werde bei Ihnen bleiben, Ihnen mei-<lb/>
nen Schatten borgen, Ihnen helfen, wo ich<lb/>
kann, und wo ich nicht kann, mit Ihnen wei-<lb/>
nen.&#x201E; Ich fiel ihm um den Hals, ob &#x017F;olcher<lb/>
ungewohnten Ge&#x017F;innung &#x017F;taunend; denn ich war<lb/>
von ihm überzeugt, daß er es nicht um Gold<lb/>
that.</p><lb/>
        <p>Seitdem änderten &#x017F;ich in Etwas mein<lb/>
Schick&#x017F;al und meine Lebenswei&#x017F;e. Es i&#x017F;t unbe-<lb/>
&#x017F;chreiblich, wie vor&#x017F;orglich <hi rendition="#g">Bendel</hi> mein Ge-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[31/0055] ward, einem ſchattenloſen Herrn zu dienen!„ Er ſchwieg, und ich hielt mein Geſicht in mei- nen Händen. — “Bendel,„ ſetzt’ ich ſpät und zitternd hinzu, “nun haſt Du mein Vertrauen, nun kannſt Du es verrathen. Geh’ hin und zeuge wider mich.„ — Er ſchien in ſchwerem Kam- pfe mit ſich ſelber, endlich ſtürzte er vor mir nieder, und ergriff meine Hand, die er mit ſei- nen Thränen benetzte. “Nein,„ rief er aus, “was die Welt auch meine, ich kann und werde um Schattenswillen meinen gütigen Herrn nicht verlaſſen, ich werde recht, und nicht klug han- deln, ich werde bei Ihnen bleiben, Ihnen mei- nen Schatten borgen, Ihnen helfen, wo ich kann, und wo ich nicht kann, mit Ihnen wei- nen.„ Ich fiel ihm um den Hals, ob ſolcher ungewohnten Geſinnung ſtaunend; denn ich war von ihm überzeugt, daß er es nicht um Gold that. Seitdem änderten ſich in Etwas mein Schickſal und meine Lebensweiſe. Es iſt unbe- ſchreiblich, wie vorſorglich Bendel mein Ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2754/55
Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1827, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2754/55>, abgerufen am 24.11.2024.