ein Lachen entgegen, mich schauderte, ich warf ei- nen schnellen Blick um mich her; ich konnte Nie- manden entdecken. Ich schritt weiter vor, mir war's, als vernähme ich neben mir ein Geräusch wie von Menschentritten; es war aber nichts zu sehen: ich dachte mich von meinem Ohre getäuscht. Es war noch früh, Niemand in Graf Peter's Laube, noch leer der Garten; ich durchschweifte die bekannten Gänge, ich drang bis nach dem Wohnhause vor. Dasselbe Geräusch verfolgte mich vernehmlicher. Ich setzte mich mit angstvollem Herzen auf eine Bank, die im sonnigen Raume der Hausthür gegen über stand. Es ward mir, als hörte ich den ungesehenen Kobold sich hohn- lachend neben mich setzen. Der Schlüssel ward in der Thür gedreht, sie ging auf, der Forst- meister trat heraus, mit Papieren in der Hand. Ich fühlte mir wie Nebel über den Kopf zieh'n, ich sah mich um, und -- Entsetzen! -- der Mann im grauen Rock saß neben mir, mit sa- tanischem Lächeln auf mich blickend. -- Er hatte mir seine Tarnkappe mit über den Kopf gezo- gen, zu seinen Füßen lagen sein und mein Schatten friedlich neben einander; er spielte
ein Lachen entgegen, mich ſchauderte, ich warf ei- nen ſchnellen Blick um mich her; ich konnte Nie- manden entdecken. Ich ſchritt weiter vor, mir war’s, als vernähme ich neben mir ein Geräuſch wie von Menſchentritten; es war aber nichts zu ſehen: ich dachte mich von meinem Ohre getäuſcht. Es war noch früh, Niemand in Graf Peter’s Laube, noch leer der Garten; ich durchſchweifte die bekannten Gänge, ich drang bis nach dem Wohnhauſe vor. Daſſelbe Geräuſch verfolgte mich vernehmlicher. Ich ſetzte mich mit angſtvollem Herzen auf eine Bank, die im ſonnigen Raume der Hausthür gegen über ſtand. Es ward mir, als hörte ich den ungeſehenen Kobold ſich hohn- lachend neben mich ſetzen. Der Schlüſſel ward in der Thür gedreht, ſie ging auf, der Forſt- meiſter trat heraus, mit Papieren in der Hand. Ich fühlte mir wie Nebel über den Kopf zieh’n, ich ſah mich um, und — Entſetzen! — der Mann im grauen Rock ſaß neben mir, mit ſa- taniſchem Lächeln auf mich blickend. — Er hatte mir ſeine Tarnkappe mit über den Kopf gezo- gen, zu ſeinen Füßen lagen ſein und mein Schatten friedlich neben einander; er ſpielte
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ein Lachen entgegen, mich ſchauderte, ich warf ei-
nen ſchnellen Blick um mich her; ich konnte Nie-
manden entdecken. Ich ſchritt weiter vor, mir
war’s, als vernähme ich neben mir ein Geräuſch
wie von Menſchentritten; es war aber nichts zu
ſehen: ich dachte mich von meinem Ohre getäuſcht.
Es war noch früh, Niemand in Graf Peter’s
Laube, noch leer der Garten; ich durchſchweifte
die bekannten Gänge, ich drang bis nach dem
Wohnhauſe vor. Daſſelbe Geräuſch verfolgte mich
vernehmlicher. Ich ſetzte mich mit angſtvollem
Herzen auf eine Bank, die im ſonnigen Raume
der Hausthür gegen über ſtand. Es ward mir,
als hörte ich den ungeſehenen Kobold ſich hohn-
lachend neben mich ſetzen. Der Schlüſſel ward
in der Thür gedreht, ſie ging auf, der Forſt-
meiſter trat heraus, mit Papieren in der Hand.
Ich fühlte mir wie Nebel über den Kopf zieh’n,
ich ſah mich um, und — Entſetzen! — der
Mann im grauen Rock ſaß neben mir, mit ſa-
taniſchem Lächeln auf mich blickend. — Er hatte
mir ſeine Tarnkappe mit über den Kopf gezo-
gen, zu ſeinen Füßen lagen ſein und mein
Schatten friedlich neben einander; er ſpielte
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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1827, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2754/104>, abgerufen am 28.07.2024.
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