Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. In: Adelbert von Chamisso's Werke. Bd. 4. Leipzig, 1836. S. 225-327.auf ihre schönen blassen Wangen. Sie setzte sich in einen "Du bist mein gutes, liebes Kind, Du wirst auch auf ihre ſchoͤnen blaſſen Wangen. Sie ſetzte ſich in einen 〟Du biſt mein gutes, liebes Kind, Du wirſt auch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0081" n="293"/> auf ihre ſchoͤnen blaſſen Wangen. Sie ſetzte ſich in einen<lb/> Seſſel, der fuͤr ſie unter den Linden bereitet war, und<lb/> ihr Vater nahm einen Stuhl neben ihr. Er faßte zaͤrtlich<lb/> ihre Hand, und redete ſie, die heftiger zu weinen anfing,<lb/> mit zarten Worten an:</p><lb/> <p>〟Du biſt mein gutes, liebes Kind, Du wirſt auch<lb/> vernuͤnftig ſein, wirſt nicht Deinen alten Vater betruͤben<lb/> wollen, der nur Dein Gluͤck will; ich begreife es wohl,<lb/> liebes Herz, daß es Dich ſehr erſchuͤttert hat, Du biſt<lb/> wunderbar Deinem Ungluͤck entkommen! Bevor wir den<lb/> ſchaͤndlichen Betrug entdeckt, haſt Du dieſen Unwuͤrdigen<lb/> ſehr geliebt; ſiehe, <hi rendition="#g">Mina</hi>, ich weiß es, und mache Dir<lb/> keine Vorwuͤrfe daruͤber. Ich ſelber, liebes Kind, habe<lb/> ihn auch geliebt, ſo lange ich ihn fuͤr einen großen Herrn<lb/> angeſehen habe. Nun ſiehſt Du ſelber ein, wie anders<lb/> Alles geworden. Was! ein jeder Pudel hat ja ſeinen<lb/> Schatten, und mein liebes einziges Kind ſollte einen<lb/> Mann — — Nein, Du denkſt auch gar nicht mehr an<lb/> ihn. — Hoͤre, <hi rendition="#g">Mina</hi>, nun wirbt ein Mann um Dich,<lb/> der die Sonne nicht ſcheut, ein geehrter Mann, der freilich<lb/> kein Fuͤrſt iſt, aber zehn Millionen, zehnmal mehr als<lb/> Du in Vermoͤgen beſitzt, ein Mann, der mein liebes<lb/> Kind gluͤcklich machen wird. Erwiedere mir nichts, wider-<lb/> ſetze Dich nicht, ſei meine gute, gehorſame Tochter, laß<lb/> Deinen liebenden Vater fuͤr Dich ſorgen, Deine Thraͤnen<lb/> trocknen. Verſprich mir, dem Herrn <hi rendition="#g">Rascal</hi> Deine<lb/> Hand zu geben. — Sage, willſt Du mir dies ver-<lb/> ſprechen?〞 —</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [293/0081]
auf ihre ſchoͤnen blaſſen Wangen. Sie ſetzte ſich in einen
Seſſel, der fuͤr ſie unter den Linden bereitet war, und
ihr Vater nahm einen Stuhl neben ihr. Er faßte zaͤrtlich
ihre Hand, und redete ſie, die heftiger zu weinen anfing,
mit zarten Worten an:
〟Du biſt mein gutes, liebes Kind, Du wirſt auch
vernuͤnftig ſein, wirſt nicht Deinen alten Vater betruͤben
wollen, der nur Dein Gluͤck will; ich begreife es wohl,
liebes Herz, daß es Dich ſehr erſchuͤttert hat, Du biſt
wunderbar Deinem Ungluͤck entkommen! Bevor wir den
ſchaͤndlichen Betrug entdeckt, haſt Du dieſen Unwuͤrdigen
ſehr geliebt; ſiehe, Mina, ich weiß es, und mache Dir
keine Vorwuͤrfe daruͤber. Ich ſelber, liebes Kind, habe
ihn auch geliebt, ſo lange ich ihn fuͤr einen großen Herrn
angeſehen habe. Nun ſiehſt Du ſelber ein, wie anders
Alles geworden. Was! ein jeder Pudel hat ja ſeinen
Schatten, und mein liebes einziges Kind ſollte einen
Mann — — Nein, Du denkſt auch gar nicht mehr an
ihn. — Hoͤre, Mina, nun wirbt ein Mann um Dich,
der die Sonne nicht ſcheut, ein geehrter Mann, der freilich
kein Fuͤrſt iſt, aber zehn Millionen, zehnmal mehr als
Du in Vermoͤgen beſitzt, ein Mann, der mein liebes
Kind gluͤcklich machen wird. Erwiedere mir nichts, wider-
ſetze Dich nicht, ſei meine gute, gehorſame Tochter, laß
Deinen liebenden Vater fuͤr Dich ſorgen, Deine Thraͤnen
trocknen. Verſprich mir, dem Herrn Rascal Deine
Hand zu geben. — Sage, willſt Du mir dies ver-
ſprechen?〞 —
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