Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. In: Adelbert von Chamisso's Werke. Bd. 4. Leipzig, 1836. S. 225-327.Gelächter gegen mich aus. "Und, wenn ich fragen darf, Ich muß gestehen, daß ich mich überaus schämte, von Gelaͤchter gegen mich aus. 〟Und, wenn ich fragen darf, Ich muß geſtehen, daß ich mich uͤberaus ſchaͤmte, von <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0068" n="282"/> Gelaͤchter gegen mich aus. 〟Und, wenn ich fragen darf,<lb/> was iſt denn das fuͤr ein Ding, Ihre Seele? haben Sie<lb/> es je geſehen, und was denken Sie damit anzufangen, wenn<lb/> Sie einſt todt ſind? Seien Sie doch froh, einen Liebha-<lb/> ber zu finden, der Ihnen bei Lebenszeit noch den Nachlaß<lb/> dieſes <hi rendition="#aq">X</hi>, dieſer galvaniſchen Kraft oder polariſirenden<lb/> Wirkſamkeit, und was alles das naͤrriſche Ding ſein ſoll,<lb/> mit etwas Wirklichem bezahlen will, naͤmlich mit Ihrem<lb/> leibhaftigen Schatten, durch den Sie zu der Hand Ihrer<lb/> Geliebten und zu der Erfuͤllung aller Ihrer Wuͤnſche ge-<lb/> langen koͤnnen. Wollen Sie lieber ſelbſt das arme junge<lb/> Blut dem niedertraͤchtigen Schurken, dem <hi rendition="#g">Rascal</hi>, zuſto-<lb/> ßen und ausliefern? — Nein, das muͤſſen Sie doch mit<lb/> eigenen Augen anſehen; kommen Sie, ich leihe Ihnen<lb/> die Tarnkappe hier,〞 (er zog etwas aus der Taſche) 〟und<lb/> wir wallfahrten ungeſehen nach dem Foͤrſtergarten.〞 —</p><lb/> <p>Ich muß geſtehen, daß ich mich uͤberaus ſchaͤmte, von<lb/> dieſem Manne ausgelacht zu werden. Er war mir von<lb/> Herzensgrunde verhaßt, und ich glaube, daß mich dieſer<lb/> perſoͤnliche Widerwille mehr als Grundſaͤtze oder Vorurtheile<lb/> abhielt, meinen Schatten, ſo nothwendig er mir auch war,<lb/> mit der begehrten Unterſchrift zu erkaufen. Auch war mir<lb/> der Gedanke unertraͤglich, den Gang, den er mir antrug,<lb/> in ſeiner Geſellſchaft zu unternehmen. Dieſen haͤßlichen<lb/> Schleicher, dieſen hohnlaͤchelnden Kobold, zwiſchen mich<lb/> und meine Geliebte, zwei blutig zerriſſene Herzen, ſpoͤttiſch<lb/> hintreten zu ſehen, empoͤrte mein innigſtes Gefuͤhl. Ich<lb/> nahm, was geſchehen war, als verhaͤngt an, mein Elend<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [282/0068]
Gelaͤchter gegen mich aus. 〟Und, wenn ich fragen darf,
was iſt denn das fuͤr ein Ding, Ihre Seele? haben Sie
es je geſehen, und was denken Sie damit anzufangen, wenn
Sie einſt todt ſind? Seien Sie doch froh, einen Liebha-
ber zu finden, der Ihnen bei Lebenszeit noch den Nachlaß
dieſes X, dieſer galvaniſchen Kraft oder polariſirenden
Wirkſamkeit, und was alles das naͤrriſche Ding ſein ſoll,
mit etwas Wirklichem bezahlen will, naͤmlich mit Ihrem
leibhaftigen Schatten, durch den Sie zu der Hand Ihrer
Geliebten und zu der Erfuͤllung aller Ihrer Wuͤnſche ge-
langen koͤnnen. Wollen Sie lieber ſelbſt das arme junge
Blut dem niedertraͤchtigen Schurken, dem Rascal, zuſto-
ßen und ausliefern? — Nein, das muͤſſen Sie doch mit
eigenen Augen anſehen; kommen Sie, ich leihe Ihnen
die Tarnkappe hier,〞 (er zog etwas aus der Taſche) 〟und
wir wallfahrten ungeſehen nach dem Foͤrſtergarten.〞 —
Ich muß geſtehen, daß ich mich uͤberaus ſchaͤmte, von
dieſem Manne ausgelacht zu werden. Er war mir von
Herzensgrunde verhaßt, und ich glaube, daß mich dieſer
perſoͤnliche Widerwille mehr als Grundſaͤtze oder Vorurtheile
abhielt, meinen Schatten, ſo nothwendig er mir auch war,
mit der begehrten Unterſchrift zu erkaufen. Auch war mir
der Gedanke unertraͤglich, den Gang, den er mir antrug,
in ſeiner Geſellſchaft zu unternehmen. Dieſen haͤßlichen
Schleicher, dieſen hohnlaͤchelnden Kobold, zwiſchen mich
und meine Geliebte, zwei blutig zerriſſene Herzen, ſpoͤttiſch
hintreten zu ſehen, empoͤrte mein innigſtes Gefuͤhl. Ich
nahm, was geſchehen war, als verhaͤngt an, mein Elend
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Zitationshilfe: | Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. In: Adelbert von Chamisso's Werke. Bd. 4. Leipzig, 1836. S. 225-327, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2749/68>, abgerufen am 27.07.2024. |