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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. In: Adelbert von Chamisso's Werke. Bd. 4. Leipzig, 1836. S. 225-327.

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strecktem Galopp, unter einer aus Laubwerk und Blumen
erbauten Pforte hinweg, dem Städtchen zu. -- Die Ka-
nonen wurden immer frischweg abgefeuert. -- Der Wagen
hielt vor meinem Hause; ich sprang behend in die Thür,
die Menge theilend, die die Begierde, mich zu sehen, her-
beigerufen hatte. Der Pöbel schrie Vivat unter meinem
Fenster, und ich ließ doppelte Dukaten daraus regnen. Am
Abend war die Stadt freiwillig erleuchtet. --

Und ich wußte immer noch nicht, was das alles be-
deuten sollte und für wen ich angesehen wurde. Ich
schickte Rascal'n auf Kundschaft aus. Er ließ sich denn
erzählen, wasmaßen man bereits sichere Nachrichten gehabt,
der gute König von Preußen reise unter dem Namen
eines Grafen durch das Land; wie mein Adjutant erkannt
worden sei, und wie er sich und mich verrathen habe; wie
groß endlich die Freude gewesen, da man die Gewißheit
gehabt mich im Orte selbst zu besitzen. Nun sah man
freilich ein, da ich offenbar das strengste Incognito beob-
achten wolle, wie sehr man Unrecht gehabt, den Schleier
so zudringlich zu lüften. Ich hätte aber so huldreich, so
gnadenvoll gezürnt, -- ich würde gewiß dem guten Herzen
verzeihen müssen.

Meinem Schlingel kam die Sache so spaßhaft vor, daß
er mit strafenden Reden sein Möglichstes that, die guten
Leute einstweilen in ihrem Glauben zu bestärken. Er
stattete mir einen sehr komischen Bericht ab, und da er
mich dadurch erheitert sah, gab er mir selbst seine verübte
Bosheit zum Besten. -- Muß ich's bekennen? Es schmei-

Chamisso's Schriften. IV. 12

ſtrecktem Galopp, unter einer aus Laubwerk und Blumen
erbauten Pforte hinweg, dem Staͤdtchen zu. — Die Ka-
nonen wurden immer friſchweg abgefeuert. — Der Wagen
hielt vor meinem Hauſe; ich ſprang behend in die Thuͤr,
die Menge theilend, die die Begierde, mich zu ſehen, her-
beigerufen hatte. Der Poͤbel ſchrie Vivat unter meinem
Fenſter, und ich ließ doppelte Dukaten daraus regnen. Am
Abend war die Stadt freiwillig erleuchtet. —

Und ich wußte immer noch nicht, was das alles be-
deuten ſollte und fuͤr wen ich angeſehen wurde. Ich
ſchickte Rascal’n auf Kundſchaft aus. Er ließ ſich denn
erzaͤhlen, wasmaßen man bereits ſichere Nachrichten gehabt,
der gute Koͤnig von Preußen reiſe unter dem Namen
eines Grafen durch das Land; wie mein Adjutant erkannt
worden ſei, und wie er ſich und mich verrathen habe; wie
groß endlich die Freude geweſen, da man die Gewißheit
gehabt mich im Orte ſelbſt zu beſitzen. Nun ſah man
freilich ein, da ich offenbar das ſtrengſte Incognito beob-
achten wolle, wie ſehr man Unrecht gehabt, den Schleier
ſo zudringlich zu luͤften. Ich haͤtte aber ſo huldreich, ſo
gnadenvoll gezuͤrnt, — ich wuͤrde gewiß dem guten Herzen
verzeihen muͤſſen.

Meinem Schlingel kam die Sache ſo ſpaßhaft vor, daß
er mit ſtrafenden Reden ſein Moͤglichſtes that, die guten
Leute einſtweilen in ihrem Glauben zu beſtaͤrken. Er
ſtattete mir einen ſehr komiſchen Bericht ab, und da er
mich dadurch erheitert ſah, gab er mir ſelbſt ſeine veruͤbte
Bosheit zum Beſten. — Muß ich’s bekennen? Es ſchmei-

Chamiſſo’s Schriften. IV. 12
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[265/0051] ſtrecktem Galopp, unter einer aus Laubwerk und Blumen erbauten Pforte hinweg, dem Staͤdtchen zu. — Die Ka- nonen wurden immer friſchweg abgefeuert. — Der Wagen hielt vor meinem Hauſe; ich ſprang behend in die Thuͤr, die Menge theilend, die die Begierde, mich zu ſehen, her- beigerufen hatte. Der Poͤbel ſchrie Vivat unter meinem Fenſter, und ich ließ doppelte Dukaten daraus regnen. Am Abend war die Stadt freiwillig erleuchtet. — Und ich wußte immer noch nicht, was das alles be- deuten ſollte und fuͤr wen ich angeſehen wurde. Ich ſchickte Rascal’n auf Kundſchaft aus. Er ließ ſich denn erzaͤhlen, wasmaßen man bereits ſichere Nachrichten gehabt, der gute Koͤnig von Preußen reiſe unter dem Namen eines Grafen durch das Land; wie mein Adjutant erkannt worden ſei, und wie er ſich und mich verrathen habe; wie groß endlich die Freude geweſen, da man die Gewißheit gehabt mich im Orte ſelbſt zu beſitzen. Nun ſah man freilich ein, da ich offenbar das ſtrengſte Incognito beob- achten wolle, wie ſehr man Unrecht gehabt, den Schleier ſo zudringlich zu luͤften. Ich haͤtte aber ſo huldreich, ſo gnadenvoll gezuͤrnt, — ich wuͤrde gewiß dem guten Herzen verzeihen muͤſſen. Meinem Schlingel kam die Sache ſo ſpaßhaft vor, daß er mit ſtrafenden Reden ſein Moͤglichſtes that, die guten Leute einſtweilen in ihrem Glauben zu beſtaͤrken. Er ſtattete mir einen ſehr komiſchen Bericht ab, und da er mich dadurch erheitert ſah, gab er mir ſelbſt ſeine veruͤbte Bosheit zum Beſten. — Muß ich’s bekennen? Es ſchmei- Chamiſſo’s Schriften. IV. 12

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Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. In: Adelbert von Chamisso's Werke. Bd. 4. Leipzig, 1836. S. 225-327, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2749/51>, abgerufen am 24.11.2024.