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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. In: Adelbert von Chamisso's Werke. Bd. 4. Leipzig, 1836. S. 225-327.

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Hierauf begehrte ich mich anzuziehen, da ich mich
stärker befände. Man holte den Schlüssel zu dem kleinen
Schrank, der neben meinem Bette stand, herbei. Ich fand
Alles, was mir gehörte, darin. Ich legte meine Kleider
an, hing meine botanische Kapsel, worin ich mit Freuden
meine nordischen Flechten wieder fand, über meine schwarze
Kurtka um, zog meine Stiefel an, legte den geschriebenen
Zettel auf mein Bett, und so wie die Thür aufging,
war ich schon weit auf dem Wege nach der Thebais.

Wie ich längs der syrischen Küste den Weg, auf dem
ich mich zum letzten Mal vom Hause entfernt hatte, zu-
rücklegte, sah ich mir meinen armen Figaro entgegen kom-
men. Dieser vortreffliche Pudel schien seinem Herrn, den
er lange zu Hause erwartet haben mochte, auf der Spur
nachgehen zu wollen. Ich stand still und rief ihm zu.
Er sprang bellend an mich mit tausend rührenden Aeuße-
rungen seiner unschuldigen ausgelassenen Freude. Ich nahm
ihn unter den Arm, denn freilich konnte er mir nicht
folgen, und brachte ihn mit mir wieder nach Hause.

Ich fand dort Alles in der alten Ordnung, und kehrte
nach und nach, so wie ich wieder Kräfte bekam, zu mei-
nen vormaligen Beschäftigungen und zu meiner alten Le-
bensweise zurück. Nur daß ich mich ein ganzes Jahr
hindurch der mir ganz unzuträglichen Polar-Kälte enthielt.

Und so, mein lieber Chamisso, leb' ich noch heute.
Meine Stiefel nutzen sich nicht ab, wie das sehr gelehrte
Werk des berühmten Tieckius, de rebus gestis Polli-

Hierauf begehrte ich mich anzuziehen, da ich mich
ſtaͤrker befaͤnde. Man holte den Schluͤſſel zu dem kleinen
Schrank, der neben meinem Bette ſtand, herbei. Ich fand
Alles, was mir gehoͤrte, darin. Ich legte meine Kleider
an, hing meine botaniſche Kapſel, worin ich mit Freuden
meine nordiſchen Flechten wieder fand, uͤber meine ſchwarze
Kurtka um, zog meine Stiefel an, legte den geſchriebenen
Zettel auf mein Bett, und ſo wie die Thuͤr aufging,
war ich ſchon weit auf dem Wege nach der Thebais.

Wie ich laͤngs der ſyriſchen Kuͤſte den Weg, auf dem
ich mich zum letzten Mal vom Hauſe entfernt hatte, zu-
ruͤcklegte, ſah ich mir meinen armen Figaro entgegen kom-
men. Dieſer vortreffliche Pudel ſchien ſeinem Herrn, den
er lange zu Hauſe erwartet haben mochte, auf der Spur
nachgehen zu wollen. Ich ſtand ſtill und rief ihm zu.
Er ſprang bellend an mich mit tauſend ruͤhrenden Aeuße-
rungen ſeiner unſchuldigen ausgelaſſenen Freude. Ich nahm
ihn unter den Arm, denn freilich konnte er mir nicht
folgen, und brachte ihn mit mir wieder nach Hauſe.

Ich fand dort Alles in der alten Ordnung, und kehrte
nach und nach, ſo wie ich wieder Kraͤfte bekam, zu mei-
nen vormaligen Beſchaͤftigungen und zu meiner alten Le-
bensweiſe zuruͤck. Nur daß ich mich ein ganzes Jahr
hindurch der mir ganz unzutraͤglichen Polar-Kaͤlte enthielt.

Und ſo, mein lieber Chamiſſo, leb’ ich noch heute.
Meine Stiefel nutzen ſich nicht ab, wie das ſehr gelehrte
Werk des beruͤhmten Tieckius, de rebus gestis Polli-

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[324/0114] Hierauf begehrte ich mich anzuziehen, da ich mich ſtaͤrker befaͤnde. Man holte den Schluͤſſel zu dem kleinen Schrank, der neben meinem Bette ſtand, herbei. Ich fand Alles, was mir gehoͤrte, darin. Ich legte meine Kleider an, hing meine botaniſche Kapſel, worin ich mit Freuden meine nordiſchen Flechten wieder fand, uͤber meine ſchwarze Kurtka um, zog meine Stiefel an, legte den geſchriebenen Zettel auf mein Bett, und ſo wie die Thuͤr aufging, war ich ſchon weit auf dem Wege nach der Thebais. Wie ich laͤngs der ſyriſchen Kuͤſte den Weg, auf dem ich mich zum letzten Mal vom Hauſe entfernt hatte, zu- ruͤcklegte, ſah ich mir meinen armen Figaro entgegen kom- men. Dieſer vortreffliche Pudel ſchien ſeinem Herrn, den er lange zu Hauſe erwartet haben mochte, auf der Spur nachgehen zu wollen. Ich ſtand ſtill und rief ihm zu. Er ſprang bellend an mich mit tauſend ruͤhrenden Aeuße- rungen ſeiner unſchuldigen ausgelaſſenen Freude. Ich nahm ihn unter den Arm, denn freilich konnte er mir nicht folgen, und brachte ihn mit mir wieder nach Hauſe. Ich fand dort Alles in der alten Ordnung, und kehrte nach und nach, ſo wie ich wieder Kraͤfte bekam, zu mei- nen vormaligen Beſchaͤftigungen und zu meiner alten Le- bensweiſe zuruͤck. Nur daß ich mich ein ganzes Jahr hindurch der mir ganz unzutraͤglichen Polar-Kaͤlte enthielt. Und ſo, mein lieber Chamiſſo, leb’ ich noch heute. Meine Stiefel nutzen ſich nicht ab, wie das ſehr gelehrte Werk des beruͤhmten Tieckius, de rebus gestis Polli-

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Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. In: Adelbert von Chamisso's Werke. Bd. 4. Leipzig, 1836. S. 225-327, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2749/114>, abgerufen am 25.11.2024.