Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. In: Adelbert von Chamisso's Werke. Bd. 4. Leipzig, 1836. S. 225-327.Es verging einige Zeit, und ich kam wieder zu Kräf- Ich genas unerkannt im Schlemihlio, und erfuhr Sie unterhielt sich einst am Bette Numero Zwölf mit Es verging einige Zeit, und ich kam wieder zu Kraͤf- Ich genas unerkannt im Schlemihlio, und erfuhr Sie unterhielt ſich einſt am Bette Numero Zwoͤlf mit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <pb facs="#f0112" n="322"/> <p>Es verging einige Zeit, und ich kam wieder zu Kraͤf-<lb/> ten. Ich hieß <hi rendition="#g">Numero Zwoͤlf</hi>, und <hi rendition="#g">Numero Zwoͤlf</hi><lb/> galt ſeines langen Bartes wegen fuͤr einen Juden, darum<lb/> er aber nicht minder ſorgfaͤltig gepflegt wurde. Daß er<lb/> keinen Schatten hatte, ſchien unbemerkt geblieben zu ſein.<lb/> Meine Stiefel befanden ſich, wie man mich verſicherte,<lb/> nebſt Allem, was man bei mir gefunden, als ich hieher<lb/> gebracht worden, in gutem und ſicherm Gewahrſam, um<lb/> mir nach meiner Geneſung wieder zugeſtellt zu werden.<lb/> Der Ort, worin ich krank lag, hieß das <hi rendition="#aq">SCHLEMIH-<lb/> LIUM;</hi> was taͤglich von <hi rendition="#g">Peter Schlemihl</hi> abgeleſen<lb/> wurde, war eine Ermahnung, fuͤr denſelben, als den Ur-<lb/> heber und Wohlthaͤter dieſer Stiftung, zu beten. Der<lb/> freundliche Mann, den ich an meinem Bette geſehen hatte,<lb/> war <hi rendition="#g">Bendel</hi>, die ſchoͤne Frau war <hi rendition="#g">Mina</hi>.</p><lb/> <p>Ich genas unerkannt im <hi rendition="#g">Schlemihlio</hi>, und erfuhr<lb/> noch mehr, ich war in <hi rendition="#g">Bendel’s</hi> Vaterſtadt, wo er aus<lb/> dem Ueberreſt meines ſonſt nicht geſegneten Goldes dieſes<lb/> Hoſpitium, wo Ungluͤckliche mich ſegneten, unter meinem<lb/> Namen geſtiftet hatte, und er fuͤhrte uͤber daſſelbe die<lb/> Aufſicht. <hi rendition="#g">Mina</hi> war Wittwe, ein ungluͤcklicher Krimi-<lb/> nal-Proceß hatte dem Herrn <hi rendition="#g">Rascal</hi> das Leben und ihr<lb/> ſelbſt ihr mehrſtes Vermoͤgen gekoſtet. Ihre Eltern waren<lb/> nicht mehr. Sie lebte hier als eine gottesfuͤrchtige Wittwe,<lb/> und uͤbte Werke der Barmherzigkeit.</p><lb/> <p>Sie unterhielt ſich einſt am Bette Numero Zwoͤlf mit<lb/> dem Herrn <hi rendition="#g">Bendel</hi>: 〟Warum, edle Frau, wollen Sie<lb/> ſich ſo oft der boͤſen Luft, die hier herrſcht, ausſetzen?<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [322/0112]
Es verging einige Zeit, und ich kam wieder zu Kraͤf-
ten. Ich hieß Numero Zwoͤlf, und Numero Zwoͤlf
galt ſeines langen Bartes wegen fuͤr einen Juden, darum
er aber nicht minder ſorgfaͤltig gepflegt wurde. Daß er
keinen Schatten hatte, ſchien unbemerkt geblieben zu ſein.
Meine Stiefel befanden ſich, wie man mich verſicherte,
nebſt Allem, was man bei mir gefunden, als ich hieher
gebracht worden, in gutem und ſicherm Gewahrſam, um
mir nach meiner Geneſung wieder zugeſtellt zu werden.
Der Ort, worin ich krank lag, hieß das SCHLEMIH-
LIUM; was taͤglich von Peter Schlemihl abgeleſen
wurde, war eine Ermahnung, fuͤr denſelben, als den Ur-
heber und Wohlthaͤter dieſer Stiftung, zu beten. Der
freundliche Mann, den ich an meinem Bette geſehen hatte,
war Bendel, die ſchoͤne Frau war Mina.
Ich genas unerkannt im Schlemihlio, und erfuhr
noch mehr, ich war in Bendel’s Vaterſtadt, wo er aus
dem Ueberreſt meines ſonſt nicht geſegneten Goldes dieſes
Hoſpitium, wo Ungluͤckliche mich ſegneten, unter meinem
Namen geſtiftet hatte, und er fuͤhrte uͤber daſſelbe die
Aufſicht. Mina war Wittwe, ein ungluͤcklicher Krimi-
nal-Proceß hatte dem Herrn Rascal das Leben und ihr
ſelbſt ihr mehrſtes Vermoͤgen gekoſtet. Ihre Eltern waren
nicht mehr. Sie lebte hier als eine gottesfuͤrchtige Wittwe,
und uͤbte Werke der Barmherzigkeit.
Sie unterhielt ſich einſt am Bette Numero Zwoͤlf mit
dem Herrn Bendel: 〟Warum, edle Frau, wollen Sie
ſich ſo oft der boͤſen Luft, die hier herrſcht, ausſetzen?
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