Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.Von der Kunst unter den Griechen. schließet, sondern wir müßen uns begnügen, aus lauter einzelnen Stückenwahrscheinliche Schlüsse zu ziehen. Die Weisen, welche den Ursachen des allgemeinen Schönen nachge- Die höchste Schönheit ist in Gott, und der Begriff der Menschlichen Die T 3
Von der Kunſt unter den Griechen. ſchließet, ſondern wir muͤßen uns begnuͤgen, aus lauter einzelnen Stuͤckenwahrſcheinliche Schluͤſſe zu ziehen. Die Weiſen, welche den Urſachen des allgemeinen Schoͤnen nachge- Die hoͤchſte Schoͤnheit iſt in Gott, und der Begriff der Menſchlichen Die T 3
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Von der Kunſt unter den Griechen.
ſchließet, ſondern wir muͤßen uns begnuͤgen, aus lauter einzelnen Stuͤcken
wahrſcheinliche Schluͤſſe zu ziehen.
Die Weiſen, welche den Urſachen des allgemeinen Schoͤnen nachge-
dacht haben, da ſie daſſelbe in erſchaffenen Dingen erforſchet, und bis zur
Quelle des hoͤchſten Schoͤnen zu gelangen geſuchet, haben daſſelbe in der
vollkommenen Uebereinſtimmung des Geſchoͤpfes mit deſſen Abſichten, und
der Theile unter ſich, und mit dem Ganzen deſſelben, geſetzet. Da dieſes
aber gleichbedeutend iſt mit der Vollkommenheit, fuͤr welche die Menſch-
heit kein faͤhiges Gefaͤß ſeyn kann, ſo bleibet unſer Begriff von der allge-
meinen Schoͤnheit unbeſtimmt, und bildet ſich in uns durch einzelne Kennt-
niſſe, die, wenn ſie richtig ſind, geſammlet und verbunden, uns die hoͤch-
ſte Idee Menſchlicher Schoͤnheit geben, welche wir erhoͤhen, je mehr wir
uns uͤber die Materie erheben koͤnnen. Da ferner dieſe Vollkommenheit
durch den Schoͤpfer allen Creaturen in dem ihnen zukommenden Grade ge-
geben worden, und ein jeder Begriff auf einer Urſache beſtehet, die außer
dieſem Begriffe in etwas andern geſuchet werden muß, ſo kann die Urſache
der Schoͤnheit nicht außer ihr, da ſie in allen erſchaffenen Dingen iſt, ge-
funden werden. Eben daher, und weil unſere Kenntniſſe Vergleichungs-
begriffe ſind, die Schoͤnheit aber mit nichts hoͤherm kann verglichen wer-
den, ruͤhret die Schwierigkeit einer allgemeinen und deutlichen Erklaͤrung
derſelben.
Die hoͤchſte Schoͤnheit iſt in Gott, und der Begriff der Menſchlichen
Schoͤnheit wird vollkommen, je gemaͤßer und uͤbereinſtimmender derſelbe
mit dem hoͤchſten Weſen kann gedacht werden, welches uns der Begriff
der Einheit und der Untheilbarkeit von der Materie unterſcheidet. Dieſer
Begriff der Schoͤnheit iſt wie ein aus der Materie durchs Feuer gezogener
Geiſt, welcher ſich ſuchet ein Geſchoͤpf zu zeugen nach dem Ebenbilde der in
dem Verſtande der Gottheit entworfenen erſten vernuͤnftigen Creatur.
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