Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.I Theil. Drittes Capitel. deutete vermuthlich auf eine besondere Art von Schlacht-Ordnung im An-griffe, welche eine Zange (Forceps) hieß, und man sagte, nach Art einer Zange fechten 1), (Forcipe & Serra proeliari) wenn ein Heer im fechten sich also theilete, daß es den Feind in die Mitten fassete, und eben diese Oeffnung machen konnte, wenn es vorwerts im Gefechte begriffen, im Rücken sollte angefallen werden. Venus wurde mit einer Taube in der Hand 2) gebildet, und eben so stehet sie bekleidet auf vorerwehntem Altare. Auf eben diesem Werke stehet eine andere bekleidete Göttinn, mit einer Blume in der Hand, welches eine andere Venus bedeuten könnte: denn sie hält eine Blume auf einem unten beschriebenen runden Werke, im Campidoglio; auch auf einem der zween schönen dreyseitigen Leuchter von Marmor, im Pallaste Barberini, ist unter den sechs Gottheiten auf beyden Venus also vorgestellet: diese sind aber von Griechischer Arbeit. Eine Statue aber, welche Herr Spence 3) nicht lange vor meiner Zeit will in Rom gesehen haben, mit einer Taube, ist itzo wenigstens nicht mehr vor- handen: er ist geneigt, dieselbe für einen Genius von Neapel zu halten, und führet ein paar Stellen eines Dichters hierüber an. Man bringet auch eine kleine vermeynte Hetrurische Venus, in der Gallerie zu Florenz, bey, mit einem Apfel in der Hand; wo es nicht etwa mit dem Apfel be- schaffen ist, wie mit der Violin des einen kleinen Apollo daselbst von Erzt, über deren Alter Addison nicht hätte zweifelhaft seyn dürfen: denn es ist dieselbe ein offenbarer neuer Zusatz. Die drey Gratien sieht man beklei- det, wie bey den ältesten Griechen, auf mehrmal erwehntem Borghesischen Altare; sie haben sich angefasset, und sind wie im Tanze: Gori vermeynet, dieselben entkleidet auf einer Patera 4) zu finden. Ich 1) Fest. v. Serra proeliari. Vales. Not. in Ammian. L. 16. c. 12. p. 135. a. 2) Gori Mus. Etr. tab. 15. 3) Polymet. p. 244. 4) Mus. Flor. tab. 92.
I Theil. Drittes Capitel. deutete vermuthlich auf eine beſondere Art von Schlacht-Ordnung im An-griffe, welche eine Zange (Forceps) hieß, und man ſagte, nach Art einer Zange fechten 1), (Forcipe & Serra proeliari) wenn ein Heer im fechten ſich alſo theilete, daß es den Feind in die Mitten faſſete, und eben dieſe Oeffnung machen konnte, wenn es vorwerts im Gefechte begriffen, im Ruͤcken ſollte angefallen werden. Venus wurde mit einer Taube in der Hand 2) gebildet, und eben ſo ſtehet ſie bekleidet auf vorerwehntem Altare. Auf eben dieſem Werke ſtehet eine andere bekleidete Goͤttinn, mit einer Blume in der Hand, welches eine andere Venus bedeuten koͤnnte: denn ſie haͤlt eine Blume auf einem unten beſchriebenen runden Werke, im Campidoglio; auch auf einem der zween ſchoͤnen dreyſeitigen Leuchter von Marmor, im Pallaſte Barberini, iſt unter den ſechs Gottheiten auf beyden Venus alſo vorgeſtellet: dieſe ſind aber von Griechiſcher Arbeit. Eine Statue aber, welche Herr Spence 3) nicht lange vor meiner Zeit will in Rom geſehen haben, mit einer Taube, iſt itzo wenigſtens nicht mehr vor- handen: er iſt geneigt, dieſelbe fuͤr einen Genius von Neapel zu halten, und fuͤhret ein paar Stellen eines Dichters hieruͤber an. Man bringet auch eine kleine vermeynte Hetruriſche Venus, in der Gallerie zu Florenz, bey, mit einem Apfel in der Hand; wo es nicht etwa mit dem Apfel be- ſchaffen iſt, wie mit der Violin des einen kleinen Apollo daſelbſt von Erzt, uͤber deren Alter Addiſon nicht haͤtte zweifelhaft ſeyn duͤrfen: denn es iſt dieſelbe ein offenbarer neuer Zuſatz. Die drey Gratien ſieht man beklei- det, wie bey den aͤlteſten Griechen, auf mehrmal erwehntem Borgheſiſchen Altare; ſie haben ſich angefaſſet, und ſind wie im Tanze: Gori vermeynet, dieſelben entkleidet auf einer Patera 4) zu finden. Ich 1) Feſt. v. Serra proeliari. Valeſ. Not. in Ammian. L. 16. c. 12. p. 135. a. 2) Gori Muſ. Etr. tab. 15. 3) Polymet. p. 244. 4) Muſ. Flor. tab. 92.
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I Theil. Drittes Capitel.
deutete vermuthlich auf eine beſondere Art von Schlacht-Ordnung im An-
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einer Zange fechten 1), (Forcipe & Serra proeliari) wenn ein Heer im
fechten ſich alſo theilete, daß es den Feind in die Mitten faſſete, und eben
dieſe Oeffnung machen konnte, wenn es vorwerts im Gefechte begriffen,
im Ruͤcken ſollte angefallen werden. Venus wurde mit einer Taube in
der Hand 2) gebildet, und eben ſo ſtehet ſie bekleidet auf vorerwehntem
Altare. Auf eben dieſem Werke ſtehet eine andere bekleidete Goͤttinn,
mit einer Blume in der Hand, welches eine andere Venus bedeuten koͤnnte:
denn ſie haͤlt eine Blume auf einem unten beſchriebenen runden Werke, im
Campidoglio; auch auf einem der zween ſchoͤnen dreyſeitigen Leuchter von
Marmor, im Pallaſte Barberini, iſt unter den ſechs Gottheiten auf beyden
Venus alſo vorgeſtellet: dieſe ſind aber von Griechiſcher Arbeit. Eine
Statue aber, welche Herr Spence 3) nicht lange vor meiner Zeit will in
Rom geſehen haben, mit einer Taube, iſt itzo wenigſtens nicht mehr vor-
handen: er iſt geneigt, dieſelbe fuͤr einen Genius von Neapel zu halten,
und fuͤhret ein paar Stellen eines Dichters hieruͤber an. Man bringet
auch eine kleine vermeynte Hetruriſche Venus, in der Gallerie zu Florenz,
bey, mit einem Apfel in der Hand; wo es nicht etwa mit dem Apfel be-
ſchaffen iſt, wie mit der Violin des einen kleinen Apollo daſelbſt von Erzt,
uͤber deren Alter Addiſon nicht haͤtte zweifelhaft ſeyn duͤrfen: denn es iſt
dieſelbe ein offenbarer neuer Zuſatz. Die drey Gratien ſieht man beklei-
det, wie bey den aͤlteſten Griechen, auf mehrmal erwehntem Borgheſiſchen
Altare; ſie haben ſich angefaſſet, und ſind wie im Tanze: Gori vermeynet,
dieſelben entkleidet auf einer Patera 4) zu finden.
Ich
1) Feſt. v. Serra proeliari. Valeſ. Not. in Ammian. L. 16. c. 12. p. 135. a.
2) Gori Muſ. Etr. tab. 15.
3) Polymet. p. 244.
4) Muſ. Flor. tab. 92.
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