Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.

Bild:
<< vorherige Seite

hinaufbog. Hier aber entschlüpften Beide dem
Gedränge, und während Elke auf ihre Kammer
ging, stand Hauke hinten vor der Stallthür auf
der Werfte und sah, wie der dunkle Menschen-
trupp allmälig nach dort hinaufwanderte, wo im
Kirchspielskrug ein Raum für die Tanzenden bereit
stand. Das Dunkel breitete sich allmälig über
die weite Gegend; es wurde immer stiller um ihn
her, nur hinter ihm im Stalle regte sich das
Vieh; oben von der Geest her glaubte er schon
das Pfeifen der Clarinetten aus dem Kruge zu
vernehmen. Da hörte er um die Ecke des Hauses
das Rauschen eines Kleides, und kleine feste Schritte
gingen den Fußsteig hinab, der durch die Fennen
nach der Geest hinaufführte. Nun sah er auch
im Dämmer die Gestalt dahinschreiten und sah,
daß es Elke war; sie ging auch zum Tanze nach
dem Krug. Das Blut schoß ihm in den Hals
hinauf; sollte er ihr nicht nachlaufen und mit
ihr gehen? Aber Hauke war kein Held den Frauen
gegenüber; mit dieser Frage sich beschäftigend blieb
er stehen, bis sie im Dunkel seinem Blick ent-
schwunden war.

Dann, als die Gefahr sie einzuholen vorüber

5 *

hinaufbog. Hier aber entſchlüpften Beide dem
Gedränge, und während Elke auf ihre Kammer
ging, ſtand Hauke hinten vor der Stallthür auf
der Werfte und ſah, wie der dunkle Menſchen-
trupp allmälig nach dort hinaufwanderte, wo im
Kirchſpielskrug ein Raum für die Tanzenden bereit
ſtand. Das Dunkel breitete ſich allmälig über
die weite Gegend; es wurde immer ſtiller um ihn
her, nur hinter ihm im Stalle regte ſich das
Vieh; oben von der Geeſt her glaubte er ſchon
das Pfeifen der Clarinetten aus dem Kruge zu
vernehmen. Da hörte er um die Ecke des Hauſes
das Rauſchen eines Kleides, und kleine feſte Schritte
gingen den Fußſteig hinab, der durch die Fennen
nach der Geeſt hinaufführte. Nun ſah er auch
im Dämmer die Geſtalt dahinſchreiten und ſah,
daß es Elke war; ſie ging auch zum Tanze nach
dem Krug. Das Blut ſchoß ihm in den Hals
hinauf; ſollte er ihr nicht nachlaufen und mit
ihr gehen? Aber Hauke war kein Held den Frauen
gegenüber; mit dieſer Frage ſich beſchäftigend blieb
er ſtehen, bis ſie im Dunkel ſeinem Blick ent-
ſchwunden war.

Dann, als die Gefahr ſie einzuholen vorüber

5 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0079" n="67"/>
hinaufbog. Hier aber ent&#x017F;chlüpften Beide dem<lb/>
Gedränge, und während Elke auf ihre Kammer<lb/>
ging, &#x017F;tand Hauke hinten vor der Stallthür auf<lb/>
der Werfte und &#x017F;ah, wie der dunkle Men&#x017F;chen-<lb/>
trupp allmälig nach dort hinaufwanderte, wo im<lb/>
Kirch&#x017F;pielskrug ein Raum für die Tanzenden bereit<lb/>
&#x017F;tand. Das Dunkel breitete &#x017F;ich allmälig über<lb/>
die weite Gegend; es wurde immer &#x017F;tiller um ihn<lb/>
her, nur hinter ihm im Stalle regte &#x017F;ich das<lb/>
Vieh; oben von der Gee&#x017F;t her glaubte er &#x017F;chon<lb/>
das Pfeifen der Clarinetten aus dem Kruge zu<lb/>
vernehmen. Da hörte er um die Ecke des Hau&#x017F;es<lb/>
das Rau&#x017F;chen eines Kleides, und kleine fe&#x017F;te Schritte<lb/>
gingen den Fuß&#x017F;teig hinab, der durch die Fennen<lb/>
nach der Gee&#x017F;t hinaufführte. Nun &#x017F;ah er auch<lb/>
im Dämmer die Ge&#x017F;talt dahin&#x017F;chreiten und &#x017F;ah,<lb/>
daß es Elke war; &#x017F;ie ging auch zum Tanze nach<lb/>
dem Krug. Das Blut &#x017F;choß ihm in den Hals<lb/>
hinauf; &#x017F;ollte er ihr nicht nachlaufen und mit<lb/>
ihr gehen? Aber Hauke war kein Held den Frauen<lb/>
gegenüber; mit die&#x017F;er Frage &#x017F;ich be&#x017F;chäftigend blieb<lb/>
er &#x017F;tehen, bis &#x017F;ie im Dunkel &#x017F;einem Blick ent-<lb/>
&#x017F;chwunden war.</p><lb/>
        <p>Dann, als die Gefahr &#x017F;ie einzuholen vorüber<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">5 *</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[67/0079] hinaufbog. Hier aber entſchlüpften Beide dem Gedränge, und während Elke auf ihre Kammer ging, ſtand Hauke hinten vor der Stallthür auf der Werfte und ſah, wie der dunkle Menſchen- trupp allmälig nach dort hinaufwanderte, wo im Kirchſpielskrug ein Raum für die Tanzenden bereit ſtand. Das Dunkel breitete ſich allmälig über die weite Gegend; es wurde immer ſtiller um ihn her, nur hinter ihm im Stalle regte ſich das Vieh; oben von der Geeſt her glaubte er ſchon das Pfeifen der Clarinetten aus dem Kruge zu vernehmen. Da hörte er um die Ecke des Hauſes das Rauſchen eines Kleides, und kleine feſte Schritte gingen den Fußſteig hinab, der durch die Fennen nach der Geeſt hinaufführte. Nun ſah er auch im Dämmer die Geſtalt dahinſchreiten und ſah, daß es Elke war; ſie ging auch zum Tanze nach dem Krug. Das Blut ſchoß ihm in den Hals hinauf; ſollte er ihr nicht nachlaufen und mit ihr gehen? Aber Hauke war kein Held den Frauen gegenüber; mit dieſer Frage ſich beſchäftigend blieb er ſtehen, bis ſie im Dunkel ſeinem Blick ent- ſchwunden war. Dann, als die Gefahr ſie einzuholen vorüber 5 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zuerst erschienen in: Deutsche Rundschau (Berlin)… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/79
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/79>, abgerufen am 21.11.2024.