Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.

Bild:
<< vorherige Seite

der Großknecht, säumte nicht, möglichst weit die
Offenbarung zu verbreiten und dadurch gegen Hauke
und seinen Vater, der doch die Mitschuld tragen
mußte, in diesen Kreisen einen Widerwillen zu
erregen; die Andern aber, welche nicht getroffen
waren, oder denen es um die Sache selbst zu
thun war, lachten und hatten ihre Freude, daß
der Junge den Alten doch einmal etwas in Trab
gebracht habe. "Schad' nur," sagten sie, "daß der
Bengel nicht den gehörigen Klei unter den Füßen
hat; das gäbe später sonst einmal wieder einen
Deichgrafen, wie vordem sie da gewesen sind; aber
die paar Demath seines Alten, die thäten's denn
doch nicht!"

Als im nächsten Herbst der Herr Amtmann
und Oberdeichgraf zur Schauung kam, sah er sich
den alten Tede Volkerts von oben bis unten an,
während dieser ihn zum Frühstück nöthigte. "Wahr-
haftig, Deichgraf," sagte er, "ich dacht's mir schon,
Ihr seid in der That um ein Halbstieg Jahre
jünger geworden; Ihr habt mir diesmal mit all'
Euern Vorschlägen warm gemacht; wenn wir mit
alledem nur heute fertig werden!"

"Wird schon, wird schon, gestrenger Herr Ober-

der Großknecht, ſäumte nicht, möglichſt weit die
Offenbarung zu verbreiten und dadurch gegen Hauke
und ſeinen Vater, der doch die Mitſchuld tragen
mußte, in dieſen Kreiſen einen Widerwillen zu
erregen; die Andern aber, welche nicht getroffen
waren, oder denen es um die Sache ſelbſt zu
thun war, lachten und hatten ihre Freude, daß
der Junge den Alten doch einmal etwas in Trab
gebracht habe. „Schad' nur,” ſagten ſie, „daß der
Bengel nicht den gehörigen Klei unter den Füßen
hat; das gäbe ſpäter ſonſt einmal wieder einen
Deichgrafen, wie vordem ſie da geweſen ſind; aber
die paar Demath ſeines Alten, die thäten's denn
doch nicht!”

Als im nächſten Herbſt der Herr Amtmann
und Oberdeichgraf zur Schauung kam, ſah er ſich
den alten Tede Volkerts von oben bis unten an,
während dieſer ihn zum Frühſtück nöthigte. „Wahr-
haftig, Deichgraf,” ſagte er, „ich dacht's mir ſchon,
Ihr ſeid in der That um ein Halbſtieg Jahre
jünger geworden; Ihr habt mir diesmal mit all'
Euern Vorſchlägen warm gemacht; wenn wir mit
alledem nur heute fertig werden!”

„Wird ſchon, wird ſchon, geſtrenger Herr Ober-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0062" n="50"/>
der Großknecht, &#x017F;äumte nicht, möglich&#x017F;t weit die<lb/>
Offenbarung zu verbreiten und dadurch gegen Hauke<lb/>
und &#x017F;einen Vater, der doch die Mit&#x017F;chuld tragen<lb/>
mußte, in die&#x017F;en Krei&#x017F;en einen Widerwillen zu<lb/>
erregen; die Andern aber, welche nicht getroffen<lb/>
waren, oder denen es um die Sache &#x017F;elb&#x017F;t zu<lb/>
thun war, lachten und hatten ihre Freude, daß<lb/>
der Junge den Alten doch einmal etwas in Trab<lb/>
gebracht habe. &#x201E;Schad' nur,&#x201D; &#x017F;agten &#x017F;ie, &#x201E;daß der<lb/>
Bengel nicht den gehörigen Klei unter den Füßen<lb/>
hat; das gäbe &#x017F;päter &#x017F;on&#x017F;t einmal wieder einen<lb/>
Deichgrafen, wie vordem &#x017F;ie da gewe&#x017F;en &#x017F;ind; aber<lb/>
die paar Demath &#x017F;eines Alten, die thäten's denn<lb/>
doch nicht!&#x201D;</p><lb/>
        <p>Als im näch&#x017F;ten Herb&#x017F;t der Herr Amtmann<lb/>
und Oberdeichgraf zur Schauung kam, &#x017F;ah er &#x017F;ich<lb/>
den alten Tede Volkerts von oben bis unten an,<lb/>
während die&#x017F;er ihn zum Früh&#x017F;tück nöthigte. &#x201E;Wahr-<lb/>
haftig, Deichgraf,&#x201D; &#x017F;agte er, &#x201E;ich dacht's mir &#x017F;chon,<lb/>
Ihr &#x017F;eid in der That um ein Halb&#x017F;tieg Jahre<lb/>
jünger geworden; Ihr habt mir diesmal mit all'<lb/>
Euern Vor&#x017F;chlägen warm gemacht; wenn wir mit<lb/>
alledem nur heute fertig werden!&#x201D;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wird &#x017F;chon, wird &#x017F;chon, ge&#x017F;trenger Herr Ober-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[50/0062] der Großknecht, ſäumte nicht, möglichſt weit die Offenbarung zu verbreiten und dadurch gegen Hauke und ſeinen Vater, der doch die Mitſchuld tragen mußte, in dieſen Kreiſen einen Widerwillen zu erregen; die Andern aber, welche nicht getroffen waren, oder denen es um die Sache ſelbſt zu thun war, lachten und hatten ihre Freude, daß der Junge den Alten doch einmal etwas in Trab gebracht habe. „Schad' nur,” ſagten ſie, „daß der Bengel nicht den gehörigen Klei unter den Füßen hat; das gäbe ſpäter ſonſt einmal wieder einen Deichgrafen, wie vordem ſie da geweſen ſind; aber die paar Demath ſeines Alten, die thäten's denn doch nicht!” Als im nächſten Herbſt der Herr Amtmann und Oberdeichgraf zur Schauung kam, ſah er ſich den alten Tede Volkerts von oben bis unten an, während dieſer ihn zum Frühſtück nöthigte. „Wahr- haftig, Deichgraf,” ſagte er, „ich dacht's mir ſchon, Ihr ſeid in der That um ein Halbſtieg Jahre jünger geworden; Ihr habt mir diesmal mit all' Euern Vorſchlägen warm gemacht; wenn wir mit alledem nur heute fertig werden!” „Wird ſchon, wird ſchon, geſtrenger Herr Ober-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zuerst erschienen in: Deutsche Rundschau (Berlin)… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/62
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/62>, abgerufen am 22.12.2024.