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Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.

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"So sind wir denn doch allein geblieben,"
sprach sie wieder.

Aber Hauke schüttelte den Kopf: "Ich hab'
sie lieb, und sie schlägt ihre Aermchen um mich
und drückt sich fest an meine Brust; um alle
Schätze wollt' ich das nicht missen!"

Die Frau sah finster vor sich hin: "Aber
warum?" sprach sie; "was hab' ich arme Mutter
denn verschuldet?"

-- "Ja, Elke, das hab' ich freilich auch ge-
fragt; den, der allein es wissen kann; aber Du
weißt ja auch, der Allmächtige gibt den Menschen
keine Antwort -- vielleicht, weil wir sie nicht be-
greifen würden."

Er hatte auch die andere Hand seines Weibes
gefaßt und zog sie sanft zu sich heran: "Laß Dich
nicht irren, Dein Kind, wie Du es thust, zu
lieben; sei sicher, das versteht es!"

Da warf sich Elke an ihres Mannes Brust
und weinte sich satt und war mit ihrem Leid
nicht mehr allein. Dann plötzlich lächelte sie ihn
an; nach einem heftigen Händedruck lief sie hinaus
und holte sich ihr Kind aus der Kammer der alten
Trien' Jans, und nahm es auf ihren Schooß und

12 *

„So ſind wir denn doch allein geblieben,”
ſprach ſie wieder.

Aber Hauke ſchüttelte den Kopf: „Ich hab'
ſie lieb, und ſie ſchlägt ihre Aermchen um mich
und drückt ſich feſt an meine Bruſt; um alle
Schätze wollt' ich das nicht miſſen!”

Die Frau ſah finſter vor ſich hin: „Aber
warum?” ſprach ſie; „was hab' ich arme Mutter
denn verſchuldet?”

— „Ja, Elke, das hab' ich freilich auch ge-
fragt; den, der allein es wiſſen kann; aber Du
weißt ja auch, der Allmächtige gibt den Menſchen
keine Antwort — vielleicht, weil wir ſie nicht be-
greifen würden.”

Er hatte auch die andere Hand ſeines Weibes
gefaßt und zog ſie ſanft zu ſich heran: „Laß Dich
nicht irren, Dein Kind, wie Du es thuſt, zu
lieben; ſei ſicher, das verſteht es!”

Da warf ſich Elke an ihres Mannes Bruſt
und weinte ſich ſatt und war mit ihrem Leid
nicht mehr allein. Dann plötzlich lächelte ſie ihn
an; nach einem heftigen Händedruck lief ſie hinaus
und holte ſich ihr Kind aus der Kammer der alten
Trien' Jans, und nahm es auf ihren Schooß und

12 *
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[179/0191] „So ſind wir denn doch allein geblieben,” ſprach ſie wieder. Aber Hauke ſchüttelte den Kopf: „Ich hab' ſie lieb, und ſie ſchlägt ihre Aermchen um mich und drückt ſich feſt an meine Bruſt; um alle Schätze wollt' ich das nicht miſſen!” Die Frau ſah finſter vor ſich hin: „Aber warum?” ſprach ſie; „was hab' ich arme Mutter denn verſchuldet?” — „Ja, Elke, das hab' ich freilich auch ge- fragt; den, der allein es wiſſen kann; aber Du weißt ja auch, der Allmächtige gibt den Menſchen keine Antwort — vielleicht, weil wir ſie nicht be- greifen würden.” Er hatte auch die andere Hand ſeines Weibes gefaßt und zog ſie ſanft zu ſich heran: „Laß Dich nicht irren, Dein Kind, wie Du es thuſt, zu lieben; ſei ſicher, das verſteht es!” Da warf ſich Elke an ihres Mannes Bruſt und weinte ſich ſatt und war mit ihrem Leid nicht mehr allein. Dann plötzlich lächelte ſie ihn an; nach einem heftigen Händedruck lief ſie hinaus und holte ſich ihr Kind aus der Kammer der alten Trien' Jans, und nahm es auf ihren Schooß und 12 *

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/191>, abgerufen am 22.12.2024.