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Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.

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ich hatte nicht lange Zeit zum Denken; schon fuhr
es von rückwärts wieder an mir vorbei; mir war,
als streifte mich der fliegende Mantel, und die
Erscheinung war, wie das erste Mal, lautlos an
mir vorüber gestoben. Dann sah ich sie fern und
ferner vor mir; dann war's, als säh' ich plötzlich
ihren Schatten an der Binnenseite des Deiches
hinuntergehen.

Etwas zögernd ritt ich hinterdrein. Als ich
jene Stelle erreicht hatte, sah ich hart am Deich
im Kooge unten das Wasser einer großen Wehle
blinken -- so nennen sie dort die Brüche, welche
von den Sturmfluthen in das Land gerissen werden,
und die dann meist als kleine, aber tiefgründige
Teiche stehen bleiben.

Das Wasser war, trotz des schützenden Deiches,
auffallend unbewegt; der Reiter konnte es nicht
getrübt haben; ich sah nichts weiter von ihm.
Aber ein Anderes sah ich, das ich mit Freuden
jetzt begrüßte: vor mir, von unten aus dem Kooge,
schimmerten eine Menge zerstreuter Lichtscheine zu
mir herauf; sie schienen aus jenen langgestreckten
friesischen Häusern zu kommen, die vereinzelt auf
mehr oder minder hohen Werften lagen; dicht vor

ich hatte nicht lange Zeit zum Denken; ſchon fuhr
es von rückwärts wieder an mir vorbei; mir war,
als ſtreifte mich der fliegende Mantel, und die
Erſcheinung war, wie das erſte Mal, lautlos an
mir vorüber geſtoben. Dann ſah ich ſie fern und
ferner vor mir; dann war's, als ſäh' ich plötzlich
ihren Schatten an der Binnenſeite des Deiches
hinuntergehen.

Etwas zögernd ritt ich hinterdrein. Als ich
jene Stelle erreicht hatte, ſah ich hart am Deich
im Kooge unten das Waſſer einer großen Wehle
blinken — ſo nennen ſie dort die Brüche, welche
von den Sturmfluthen in das Land geriſſen werden,
und die dann meiſt als kleine, aber tiefgründige
Teiche ſtehen bleiben.

Das Waſſer war, trotz des ſchützenden Deiches,
auffallend unbewegt; der Reiter konnte es nicht
getrübt haben; ich ſah nichts weiter von ihm.
Aber ein Anderes ſah ich, das ich mit Freuden
jetzt begrüßte: vor mir, von unten aus dem Kooge,
ſchimmerten eine Menge zerſtreuter Lichtſcheine zu
mir herauf; ſie ſchienen aus jenen langgeſtreckten
frieſiſchen Häuſern zu kommen, die vereinzelt auf
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[5/0017] ich hatte nicht lange Zeit zum Denken; ſchon fuhr es von rückwärts wieder an mir vorbei; mir war, als ſtreifte mich der fliegende Mantel, und die Erſcheinung war, wie das erſte Mal, lautlos an mir vorüber geſtoben. Dann ſah ich ſie fern und ferner vor mir; dann war's, als ſäh' ich plötzlich ihren Schatten an der Binnenſeite des Deiches hinuntergehen. Etwas zögernd ritt ich hinterdrein. Als ich jene Stelle erreicht hatte, ſah ich hart am Deich im Kooge unten das Waſſer einer großen Wehle blinken — ſo nennen ſie dort die Brüche, welche von den Sturmfluthen in das Land geriſſen werden, und die dann meiſt als kleine, aber tiefgründige Teiche ſtehen bleiben. Das Waſſer war, trotz des ſchützenden Deiches, auffallend unbewegt; der Reiter konnte es nicht getrübt haben; ich ſah nichts weiter von ihm. Aber ein Anderes ſah ich, das ich mit Freuden jetzt begrüßte: vor mir, von unten aus dem Kooge, ſchimmerten eine Menge zerſtreuter Lichtſcheine zu mir herauf; ſie ſchienen aus jenen langgeſtreckten frieſiſchen Häuſern zu kommen, die vereinzelt auf mehr oder minder hohen Werften lagen; dicht vor

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/17>, abgerufen am 22.12.2024.