Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.

Bild:
<< vorherige Seite

"Ja, Frau," entgegnete Hauke; "hart wird's
hergehen; aber dazu, denk' ich, hat der Herrgott
uns zusammengebracht! Unsere Wirthschaft ist jetzt
so gut in Ordnung, ein groß' Theil kannst Du
schon auf Deine Schultern nehmen; denk' nur um
zehn Jahr' weiter -- dann stehen wir vor einem
anderen Besitz."

Sie hatte bei seinen ersten Worten die Hand
ihres Mannes versichernd in die ihrigen gepreßt;
seine letzten Worte konnten sie nicht erfreuen.
"Für wen soll der Besitz?" sagte sie. "Du müßtest
denn ein ander Weib nehmen; ich bring' Dir keine
Kinder."

Thränen schossen ihr in die Augen; aber er
zog sie fest in seine Arme: "Das überlassen wir
dem Herrgott," sagte er; "jetzt aber, und auch
dann noch sind wir jung genug, um uns der
Früchte unserer Arbeit selbst zu freuen."

Sie sah ihn lange, während er sie hielt, aus
ihren dunklen Augen an. "Verzeih, Hauke," sprach
sie; "ich bin mitunter ein verzagt' Weib!"

Er neigte sich zu ihrem Antlitz und küßte
sie: "Du bist mein Weib und ich Dein Mann,
Elke! Und anders wird es nun nicht mehr."

„Ja, Frau,” entgegnete Hauke; „hart wird's
hergehen; aber dazu, denk' ich, hat der Herrgott
uns zuſammengebracht! Unſere Wirthſchaft iſt jetzt
ſo gut in Ordnung, ein groß' Theil kannſt Du
ſchon auf Deine Schultern nehmen; denk' nur um
zehn Jahr' weiter — dann ſtehen wir vor einem
anderen Beſitz.”

Sie hatte bei ſeinen erſten Worten die Hand
ihres Mannes verſichernd in die ihrigen gepreßt;
ſeine letzten Worte konnten ſie nicht erfreuen.
„Für wen ſoll der Beſitz?” ſagte ſie. „Du müßteſt
denn ein ander Weib nehmen; ich bring' Dir keine
Kinder.”

Thränen ſchoſſen ihr in die Augen; aber er
zog ſie feſt in ſeine Arme: „Das überlaſſen wir
dem Herrgott,” ſagte er; „jetzt aber, und auch
dann noch ſind wir jung genug, um uns der
Früchte unſerer Arbeit ſelbſt zu freuen.”

Sie ſah ihn lange, während er ſie hielt, aus
ihren dunklen Augen an. „Verzeih, Hauke,” ſprach
ſie; „ich bin mitunter ein verzagt' Weib!”

Er neigte ſich zu ihrem Antlitz und küßte
ſie: „Du biſt mein Weib und ich Dein Mann,
Elke! Und anders wird es nun nicht mehr.”

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0137" n="125"/>
        <p>&#x201E;Ja, Frau,&#x201D; entgegnete Hauke; &#x201E;hart wird's<lb/>
hergehen; aber dazu, denk' ich, hat der Herrgott<lb/>
uns zu&#x017F;ammengebracht! Un&#x017F;ere Wirth&#x017F;chaft i&#x017F;t jetzt<lb/>
&#x017F;o gut in Ordnung, ein groß' Theil kann&#x017F;t Du<lb/>
&#x017F;chon auf Deine Schultern nehmen; denk' nur um<lb/>
zehn Jahr' weiter &#x2014; dann &#x017F;tehen wir vor einem<lb/>
anderen Be&#x017F;itz.&#x201D;</p><lb/>
        <p>Sie hatte bei &#x017F;einen er&#x017F;ten Worten die Hand<lb/>
ihres Mannes ver&#x017F;ichernd in die ihrigen gepreßt;<lb/>
&#x017F;eine letzten Worte konnten &#x017F;ie nicht erfreuen.<lb/>
&#x201E;Für wen &#x017F;oll der Be&#x017F;itz?&#x201D; &#x017F;agte &#x017F;ie. &#x201E;Du müßte&#x017F;t<lb/>
denn ein ander Weib nehmen; ich bring' Dir keine<lb/>
Kinder.&#x201D;</p><lb/>
        <p>Thränen &#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en ihr in die Augen; aber er<lb/>
zog &#x017F;ie fe&#x017F;t in &#x017F;eine Arme: &#x201E;Das überla&#x017F;&#x017F;en wir<lb/>
dem Herrgott,&#x201D; &#x017F;agte er; &#x201E;jetzt aber, und auch<lb/>
dann noch &#x017F;ind wir jung genug, um uns der<lb/>
Früchte un&#x017F;erer Arbeit &#x017F;elb&#x017F;t zu freuen.&#x201D;</p><lb/>
        <p>Sie &#x017F;ah ihn lange, während er &#x017F;ie hielt, aus<lb/>
ihren dunklen Augen an. &#x201E;Verzeih, Hauke,&#x201D; &#x017F;prach<lb/>
&#x017F;ie; &#x201E;ich bin mitunter ein verzagt' Weib!&#x201D;</p><lb/>
        <p>Er neigte &#x017F;ich zu ihrem Antlitz und küßte<lb/>
&#x017F;ie: &#x201E;Du bi&#x017F;t mein Weib und ich Dein Mann,<lb/>
Elke! Und anders wird es nun nicht mehr.&#x201D;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[125/0137] „Ja, Frau,” entgegnete Hauke; „hart wird's hergehen; aber dazu, denk' ich, hat der Herrgott uns zuſammengebracht! Unſere Wirthſchaft iſt jetzt ſo gut in Ordnung, ein groß' Theil kannſt Du ſchon auf Deine Schultern nehmen; denk' nur um zehn Jahr' weiter — dann ſtehen wir vor einem anderen Beſitz.” Sie hatte bei ſeinen erſten Worten die Hand ihres Mannes verſichernd in die ihrigen gepreßt; ſeine letzten Worte konnten ſie nicht erfreuen. „Für wen ſoll der Beſitz?” ſagte ſie. „Du müßteſt denn ein ander Weib nehmen; ich bring' Dir keine Kinder.” Thränen ſchoſſen ihr in die Augen; aber er zog ſie feſt in ſeine Arme: „Das überlaſſen wir dem Herrgott,” ſagte er; „jetzt aber, und auch dann noch ſind wir jung genug, um uns der Früchte unſerer Arbeit ſelbſt zu freuen.” Sie ſah ihn lange, während er ſie hielt, aus ihren dunklen Augen an. „Verzeih, Hauke,” ſprach ſie; „ich bin mitunter ein verzagt' Weib!” Er neigte ſich zu ihrem Antlitz und küßte ſie: „Du biſt mein Weib und ich Dein Mann, Elke! Und anders wird es nun nicht mehr.”

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zuerst erschienen in: Deutsche Rundschau (Berlin)… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/137
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/137>, abgerufen am 21.11.2024.