Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.

Bild:
<< vorherige Seite

"Das gäbe einen Koog von circa tausend
Demath," sprach er lächelnd zu sich selber; "nicht
groß just; aber ..."

Eine andere Calculation überkam ihn: das
Vorland gehörte hier der Gemeinde, ihren einzelnen
Mitgliedern eine Zahl von Antheilen, je nach der
Größe ihres Besitzes im Gemeindebezirk oder nach
sonst zu Recht bestehender Erwerbung; er begann
zusammenzuzählen, wie viel Antheile er von seinem,
wie viele er von Elke's Vater überkommen, und
was an solchen er während seiner Ehe schon selbst
gekauft hatte, theils in dem dunklen Gefühle eines
künftigen Vortheils, theils bei Vermehrung seiner
Schafzucht. Es war schon eine ansehnliche Menge;
denn auch von Ole Peters hatte er dessen sämmt-
liche Theile angekauft, da es diesem zum Verdruß
geschlagen war, als bei einer theilweisen Ueber-
strömung ihm sein bester Schafbock ertrunken war.
Aber das war ein seltsamer Unfall gewesen; denn,
soweit Hauke's Gedächtniß reichte, waren selbst bei
hohen Fluthen dort nur die Ränder überströmt
worden. Welch' treffliches Weide- und Kornland
mußte es geben und von welchem Werthe, wenn
das Alles von seinem neuen Deich umgeben war!

„Das gäbe einen Koog von circa tauſend
Demath,” ſprach er lächelnd zu ſich ſelber; „nicht
groß juſt; aber ...”

Eine andere Calculation überkam ihn: das
Vorland gehörte hier der Gemeinde, ihren einzelnen
Mitgliedern eine Zahl von Antheilen, je nach der
Größe ihres Beſitzes im Gemeindebezirk oder nach
ſonſt zu Recht beſtehender Erwerbung; er begann
zuſammenzuzählen, wie viel Antheile er von ſeinem,
wie viele er von Elke's Vater überkommen, und
was an ſolchen er während ſeiner Ehe ſchon ſelbſt
gekauft hatte, theils in dem dunklen Gefühle eines
künftigen Vortheils, theils bei Vermehrung ſeiner
Schafzucht. Es war ſchon eine anſehnliche Menge;
denn auch von Ole Peters hatte er deſſen ſämmt-
liche Theile angekauft, da es dieſem zum Verdruß
geſchlagen war, als bei einer theilweiſen Ueber-
ſtrömung ihm ſein beſter Schafbock ertrunken war.
Aber das war ein ſeltſamer Unfall geweſen; denn,
ſoweit Hauke's Gedächtniß reichte, waren ſelbſt bei
hohen Fluthen dort nur die Ränder überſtrömt
worden. Welch' treffliches Weide- und Kornland
mußte es geben und von welchem Werthe, wenn
das Alles von ſeinem neuen Deich umgeben war!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0117" n="105"/>
        <p>&#x201E;Das gäbe einen Koog von circa tau&#x017F;end<lb/>
Demath,&#x201D; &#x017F;prach er lächelnd zu &#x017F;ich &#x017F;elber; &#x201E;nicht<lb/>
groß ju&#x017F;t; aber ...&#x201D;</p><lb/>
        <p>Eine andere Calculation überkam ihn: das<lb/>
Vorland gehörte hier der Gemeinde, ihren einzelnen<lb/>
Mitgliedern eine Zahl von Antheilen, je nach der<lb/>
Größe ihres Be&#x017F;itzes im Gemeindebezirk oder nach<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t zu Recht be&#x017F;tehender Erwerbung; er begann<lb/>
zu&#x017F;ammenzuzählen, wie viel Antheile er von &#x017F;einem,<lb/>
wie viele er von Elke's Vater überkommen, und<lb/>
was an &#x017F;olchen er während &#x017F;einer Ehe &#x017F;chon &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
gekauft hatte, theils in dem dunklen Gefühle eines<lb/>
künftigen Vortheils, theils bei Vermehrung &#x017F;einer<lb/>
Schafzucht. Es war &#x017F;chon eine an&#x017F;ehnliche Menge;<lb/>
denn auch von Ole Peters hatte er de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ämmt-<lb/>
liche Theile angekauft, da es die&#x017F;em zum Verdruß<lb/>
ge&#x017F;chlagen war, als bei einer theilwei&#x017F;en Ueber-<lb/>
&#x017F;trömung ihm &#x017F;ein be&#x017F;ter Schafbock ertrunken war.<lb/>
Aber das war ein &#x017F;elt&#x017F;amer Unfall gewe&#x017F;en; denn,<lb/>
&#x017F;oweit Hauke's Gedächtniß reichte, waren &#x017F;elb&#x017F;t bei<lb/>
hohen Fluthen dort nur die Ränder über&#x017F;trömt<lb/>
worden. Welch' treffliches Weide- und Kornland<lb/>
mußte es geben und von welchem Werthe, wenn<lb/>
das Alles von &#x017F;einem neuen Deich umgeben war!<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[105/0117] „Das gäbe einen Koog von circa tauſend Demath,” ſprach er lächelnd zu ſich ſelber; „nicht groß juſt; aber ...” Eine andere Calculation überkam ihn: das Vorland gehörte hier der Gemeinde, ihren einzelnen Mitgliedern eine Zahl von Antheilen, je nach der Größe ihres Beſitzes im Gemeindebezirk oder nach ſonſt zu Recht beſtehender Erwerbung; er begann zuſammenzuzählen, wie viel Antheile er von ſeinem, wie viele er von Elke's Vater überkommen, und was an ſolchen er während ſeiner Ehe ſchon ſelbſt gekauft hatte, theils in dem dunklen Gefühle eines künftigen Vortheils, theils bei Vermehrung ſeiner Schafzucht. Es war ſchon eine anſehnliche Menge; denn auch von Ole Peters hatte er deſſen ſämmt- liche Theile angekauft, da es dieſem zum Verdruß geſchlagen war, als bei einer theilweiſen Ueber- ſtrömung ihm ſein beſter Schafbock ertrunken war. Aber das war ein ſeltſamer Unfall geweſen; denn, ſoweit Hauke's Gedächtniß reichte, waren ſelbſt bei hohen Fluthen dort nur die Ränder überſtrömt worden. Welch' treffliches Weide- und Kornland mußte es geben und von welchem Werthe, wenn das Alles von ſeinem neuen Deich umgeben war!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zuerst erschienen in: Deutsche Rundschau (Berlin)… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/117
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/117>, abgerufen am 21.11.2024.