Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.

Bild:
<< vorherige Seite

wesen war, hörte er das Gelächter an dem Wirths-
haustische. "Hunde!" schrie er, und seine Augen
sahen grimm zur Seite, als wolle er sie peitschen
lassen.

Da legte Elke ihre Hand auf seinen Arm:
"Laß sie! die wären Alle gern, was Du bist!"

-- "Das ist es eben!" entgegnete er grollend.

"Und," fuhr sie fort, "hat denn Ole Peters
sich nicht selber eingefreit?"

"Das hat er, Elke; aber was er mit Vollina
freite, das reichte nicht zum Deichgrafen!"

-- "Sag' lieber: er reichte nicht dazu!" und
Elke drehte ihren Mann, so daß er sich im Spiegel
sehen mußte; denn sie standen zwischen den Fenstern
in ihrem Zimmer. "Da steht der Deichgraf!"
sagte sie; "nun sieh ihn an; nur wer ein Amt
regieren kann, der hat es!"

"Du hast nicht unrecht," entgegnete er sinnend,
"und doch ..... Nun, Elke; ich muß zur Oster-
schleuse; die Thüren schließen wieder nicht!"

Sie drückte ihm die Hand: "Komm, sieh mich
erst einmal an! Was hast Du, Deine Augen sehen
so ins Weite?"

"Nichts, Elke; Du hast ja recht." --

weſen war, hörte er das Gelächter an dem Wirths-
haustiſche. „Hunde!” ſchrie er, und ſeine Augen
ſahen grimm zur Seite, als wolle er ſie peitſchen
laſſen.

Da legte Elke ihre Hand auf ſeinen Arm:
„Laß ſie! die wären Alle gern, was Du biſt!”

— „Das iſt es eben!” entgegnete er grollend.

„Und,” fuhr ſie fort, „hat denn Ole Peters
ſich nicht ſelber eingefreit?”

„Das hat er, Elke; aber was er mit Vollina
freite, das reichte nicht zum Deichgrafen!”

— „Sag' lieber: er reichte nicht dazu!” und
Elke drehte ihren Mann, ſo daß er ſich im Spiegel
ſehen mußte; denn ſie ſtanden zwiſchen den Fenſtern
in ihrem Zimmer. „Da ſteht der Deichgraf!”
ſagte ſie; „nun ſieh ihn an; nur wer ein Amt
regieren kann, der hat es!”

„Du haſt nicht unrecht,” entgegnete er ſinnend,
„und doch ..... Nun, Elke; ich muß zur Oſter-
ſchleuſe; die Thüren ſchließen wieder nicht!”

Sie drückte ihm die Hand: „Komm, ſieh mich
erſt einmal an! Was haſt Du, Deine Augen ſehen
ſo ins Weite?”

„Nichts, Elke; Du haſt ja recht.” —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0114" n="102"/>
we&#x017F;en war, hörte er das Gelächter an dem Wirths-<lb/>
hausti&#x017F;che. &#x201E;Hunde!&#x201D; &#x017F;chrie er, und &#x017F;eine Augen<lb/>
&#x017F;ahen grimm zur Seite, als wolle er &#x017F;ie peit&#x017F;chen<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Da legte Elke ihre Hand auf &#x017F;einen Arm:<lb/>
&#x201E;Laß &#x017F;ie! die wären Alle gern, was Du bi&#x017F;t!&#x201D;</p><lb/>
        <p>&#x2014; &#x201E;Das i&#x017F;t es eben!&#x201D; entgegnete er grollend.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Und,&#x201D; fuhr &#x017F;ie fort, &#x201E;hat denn Ole Peters<lb/>
&#x017F;ich nicht &#x017F;elber eingefreit?&#x201D;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Das hat er, Elke; aber was er mit Vollina<lb/>
freite, das reichte nicht zum Deichgrafen!&#x201D;</p><lb/>
        <p>&#x2014; &#x201E;Sag' lieber: <hi rendition="#g">er</hi> reichte nicht dazu!&#x201D; und<lb/>
Elke drehte ihren Mann, &#x017F;o daß er &#x017F;ich im Spiegel<lb/>
&#x017F;ehen mußte; denn &#x017F;ie &#x017F;tanden zwi&#x017F;chen den Fen&#x017F;tern<lb/>
in ihrem Zimmer. &#x201E;Da &#x017F;teht der Deichgraf!&#x201D;<lb/>
&#x017F;agte &#x017F;ie; &#x201E;nun &#x017F;ieh ihn an; nur wer ein Amt<lb/>
regieren kann, der hat es!&#x201D;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Du ha&#x017F;t nicht unrecht,&#x201D; entgegnete er &#x017F;innend,<lb/>
&#x201E;und doch ..... Nun, Elke; ich muß zur O&#x017F;ter-<lb/>
&#x017F;chleu&#x017F;e; die Thüren &#x017F;chließen wieder nicht!&#x201D;</p><lb/>
        <p>Sie drückte ihm die Hand: &#x201E;Komm, &#x017F;ieh mich<lb/>
er&#x017F;t einmal an! Was ha&#x017F;t Du, Deine Augen &#x017F;ehen<lb/>
&#x017F;o ins Weite?&#x201D;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nichts, Elke; Du ha&#x017F;t ja recht.&#x201D; &#x2014;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[102/0114] weſen war, hörte er das Gelächter an dem Wirths- haustiſche. „Hunde!” ſchrie er, und ſeine Augen ſahen grimm zur Seite, als wolle er ſie peitſchen laſſen. Da legte Elke ihre Hand auf ſeinen Arm: „Laß ſie! die wären Alle gern, was Du biſt!” — „Das iſt es eben!” entgegnete er grollend. „Und,” fuhr ſie fort, „hat denn Ole Peters ſich nicht ſelber eingefreit?” „Das hat er, Elke; aber was er mit Vollina freite, das reichte nicht zum Deichgrafen!” — „Sag' lieber: er reichte nicht dazu!” und Elke drehte ihren Mann, ſo daß er ſich im Spiegel ſehen mußte; denn ſie ſtanden zwiſchen den Fenſtern in ihrem Zimmer. „Da ſteht der Deichgraf!” ſagte ſie; „nun ſieh ihn an; nur wer ein Amt regieren kann, der hat es!” „Du haſt nicht unrecht,” entgegnete er ſinnend, „und doch ..... Nun, Elke; ich muß zur Oſter- ſchleuſe; die Thüren ſchließen wieder nicht!” Sie drückte ihm die Hand: „Komm, ſieh mich erſt einmal an! Was haſt Du, Deine Augen ſehen ſo ins Weite?” „Nichts, Elke; Du haſt ja recht.” —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zuerst erschienen in: Deutsche Rundschau (Berlin)… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/114
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/114>, abgerufen am 24.11.2024.