Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.

Bild:
<< vorherige Seite

erlauben?" sprach sie zu dem Oberbeamten; "es
ist nur, damit aus einem Irrthum nicht ein Un-
recht werde!"

"So sprecht, Jungfer Elke!" entgegnete dieser;
"Weisheit von hübschen Mädchenlippen hört sich
allzeit gut!"

-- "Es ist nicht Weisheit, Euer Gnaden; ich
will nur die Wahrheit sagen."

"Auch die muß man ja hören können, Jungfer
Elke!"

Das Mädchen ließ ihre dunkeln Augen noch
einmal zur Seite gehen, als ob sie wegen über-
flüssiger Ohren sich versichern wolle: "Euer Gnaden,"
begann sie dann, und ihre Brust hob sich in
stärkerer Bewegung, "mein Pathe, Jewe Manners,
sagte Ihnen, daß Hauke Haien nur etwa zwanzig
Demath im Besitz habe; das ist im Augenblick
auch richtig; aber sobald es sein muß, wird Hauke
noch um so viel mehr sein eigen nennen, als dieser,
meines Vaters, jetzt mein Hof an Demathzahl
beträgt; für einen Deichgrafen wird das zusammen
denn wohl reichen."

Der alte Manners reckte den weißen Kopf
gegen sie, als müsse er erst sehen, wer denn eigentlich

erlauben?” ſprach ſie zu dem Oberbeamten; „es
iſt nur, damit aus einem Irrthum nicht ein Un-
recht werde!”

„So ſprecht, Jungfer Elke!” entgegnete dieſer;
„Weisheit von hübſchen Mädchenlippen hört ſich
allzeit gut!”

— „Es iſt nicht Weisheit, Euer Gnaden; ich
will nur die Wahrheit ſagen.”

„Auch die muß man ja hören können, Jungfer
Elke!”

Das Mädchen ließ ihre dunkeln Augen noch
einmal zur Seite gehen, als ob ſie wegen über-
flüſſiger Ohren ſich verſichern wolle: „Euer Gnaden,”
begann ſie dann, und ihre Bruſt hob ſich in
ſtärkerer Bewegung, „mein Pathe, Jewe Manners,
ſagte Ihnen, daß Hauke Haien nur etwa zwanzig
Demath im Beſitz habe; das iſt im Augenblick
auch richtig; aber ſobald es ſein muß, wird Hauke
noch um ſo viel mehr ſein eigen nennen, als dieſer,
meines Vaters, jetzt mein Hof an Demathzahl
beträgt; für einen Deichgrafen wird das zuſammen
denn wohl reichen.”

Der alte Manners reckte den weißen Kopf
gegen ſie, als müſſe er erſt ſehen, wer denn eigentlich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0107" n="95"/>
erlauben?&#x201D; &#x017F;prach &#x017F;ie zu dem Oberbeamten; &#x201E;es<lb/>
i&#x017F;t nur, damit aus einem Irrthum nicht ein Un-<lb/>
recht werde!&#x201D;</p><lb/>
        <p>&#x201E;So &#x017F;precht, Jungfer Elke!&#x201D; entgegnete die&#x017F;er;<lb/>
&#x201E;Weisheit von hüb&#x017F;chen Mädchenlippen hört &#x017F;ich<lb/>
allzeit gut!&#x201D;</p><lb/>
        <p>&#x2014; &#x201E;Es i&#x017F;t nicht Weisheit, Euer Gnaden; ich<lb/>
will nur die Wahrheit &#x017F;agen.&#x201D;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Auch die muß man ja hören können, Jungfer<lb/>
Elke!&#x201D;</p><lb/>
        <p>Das Mädchen ließ ihre dunkeln Augen noch<lb/>
einmal zur Seite gehen, als ob &#x017F;ie wegen über-<lb/>
flü&#x017F;&#x017F;iger Ohren &#x017F;ich ver&#x017F;ichern wolle: &#x201E;Euer Gnaden,&#x201D;<lb/>
begann &#x017F;ie dann, und ihre Bru&#x017F;t hob &#x017F;ich in<lb/>
&#x017F;tärkerer Bewegung, &#x201E;mein Pathe, Jewe Manners,<lb/>
&#x017F;agte Ihnen, daß Hauke Haien nur etwa zwanzig<lb/>
Demath im Be&#x017F;itz habe; das i&#x017F;t im Augenblick<lb/>
auch richtig; aber &#x017F;obald es &#x017F;ein muß, wird Hauke<lb/>
noch um &#x017F;o viel mehr &#x017F;ein eigen nennen, als die&#x017F;er,<lb/>
meines Vaters, jetzt mein Hof an Demathzahl<lb/>
beträgt; für einen Deichgrafen wird das zu&#x017F;ammen<lb/>
denn wohl reichen.&#x201D;</p><lb/>
        <p>Der alte Manners reckte den weißen Kopf<lb/>
gegen &#x017F;ie, als mü&#x017F;&#x017F;e er er&#x017F;t &#x017F;ehen, wer denn eigentlich<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[95/0107] erlauben?” ſprach ſie zu dem Oberbeamten; „es iſt nur, damit aus einem Irrthum nicht ein Un- recht werde!” „So ſprecht, Jungfer Elke!” entgegnete dieſer; „Weisheit von hübſchen Mädchenlippen hört ſich allzeit gut!” — „Es iſt nicht Weisheit, Euer Gnaden; ich will nur die Wahrheit ſagen.” „Auch die muß man ja hören können, Jungfer Elke!” Das Mädchen ließ ihre dunkeln Augen noch einmal zur Seite gehen, als ob ſie wegen über- flüſſiger Ohren ſich verſichern wolle: „Euer Gnaden,” begann ſie dann, und ihre Bruſt hob ſich in ſtärkerer Bewegung, „mein Pathe, Jewe Manners, ſagte Ihnen, daß Hauke Haien nur etwa zwanzig Demath im Beſitz habe; das iſt im Augenblick auch richtig; aber ſobald es ſein muß, wird Hauke noch um ſo viel mehr ſein eigen nennen, als dieſer, meines Vaters, jetzt mein Hof an Demathzahl beträgt; für einen Deichgrafen wird das zuſammen denn wohl reichen.” Der alte Manners reckte den weißen Kopf gegen ſie, als müſſe er erſt ſehen, wer denn eigentlich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zuerst erschienen in: Deutsche Rundschau (Berlin)… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/107
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/107>, abgerufen am 21.11.2024.