Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

Nachtheilige
Wirkung über-
mäßiger Kälte

Ganz anders wirkt auf die Menschen eine
übermäßige Kälte, wo die mittlere Tempera-
tur 2° R. beträgt. Wo die mittlere
Temper. noch nicht + 7° erreicht, u. die Birken
selbst nicht wachsen können, indem sie
etwa 20 Tage lang eine Temper. von
+ 7° bedürfen um zu grünen; da sind
die Sommer nicht so warm, daß mehlreiche
Gräser, wie Große, Kartoffeln etc. gedeihen
u. alle Cerealien hören auf zwischen
dem Temperatur von 2° u. + 6°. Jn
Asien ist dies bereits der Fall bei 60°
N. B. in Amerika bei 50° N. B. Europa[s]
Lage ist so günstig, daß in Scandinavi-
en nach v. Buch Gerste bis 69°5' N Br.
gebaut wird. Der Theil des nörd-
lichen Asiens zwischen der Lena, dem
Obi u. Jenisei, wo Völker finnischer
hundischer u. mandschuischer Abkunft
wohnen, ist so schädlich der Kultur, daß
sie in dem Verhältniß zu den Bewohnern
der Zone indes hohen Central-Asiens zwischen 45 u. 60° N Br.,
barbaren genannt werden können.
Wenn dorten auch nicht die Cultur wie
in Westasien u. Syrien herrscht; so
ist durch immer einen gewiße Cultur dort
gewesen. Jch erinnere nur an die Herr-
schaft der Mongolen unter Ulugbeyhk, der
in Samarkard astron. Wissenschaften trei-
ben ließ. Thatsachen beweisen, daß
bei übermäßiger Kälte, bei einen Tem-
peratur von + 3° R. die Kultur gehin-
dert wird; obwohl sie gedeihen kann,
wenn sie von südlichen Ländern einge-
führt wird, Zb. in Jsland, wo Jahr-
hunderte lang Wissenschaften blüheten.

Bei

Nachtheilige
Wirkung über-
mäßiger Kälte

Ganz anders wirkt auf die Menſchen eine
übermäßige Kälte, wo die mittlere Tempera-
tur − 2° R. beträgt. Wo die mittlere
Temper. noch nicht + 7° erreicht, u. die Birken
ſelbſt nicht wachſen köñen, indem ſie
etwa 20 Tage lang eine Temper. von
+ 7° bedürfen um zu grünen; da ſind
die Som̃er nicht ſo warm, daß mehlreiche
Gräſer, wie Große, Kartoffeln etc. gedeihen
u. alle Cerealien hören auf zwiſchen
dem Temperatur von − 2° u. + 6°. Jn
Aſien iſt dies bereits der Fall bei 60°
N. B. in Amerika bei 50° N. B. Europa[s]
Lage iſt ſo günſtig, daß in Scandinavi-
en nach v. Buch Gerſte bis 69°5′ N Br.
gebaut wird. Der Theil des nörd-
lichen Aſiens zwiſchen der Lena, dem
Obi u. Jeniſei, wo Völker fiñiſcher
huñiſcher u. mandſchuiſcher Abkunft
wohnen, iſt ſo ſchädlich der Kultur, daß
ſie in dem Verhältniß zu den Bewohnern
der Zone indes hohen Central-Aſiens zwiſchen 45 u. 60° N Br.,
barbaren genañt werden köñen.
Weñ dorten auch nicht die Cultur wie
in Weſtaſien u. Syrien herrſcht; ſo
iſt durch im̃er einen gewiße Cultur dort
geweſen. Jch eriñere nur an die Herr-
ſchaft der Mongolen unter Ulugbeyhk, der
in Samarkard aſtron. Wiſſenſchaften trei-
ben ließ. Thatſachen beweiſen, daß
bei übermäßiger Kälte, bei einen Tem-
peratur von + 3° R. die Kultur gehin-
dert wird; obwohl ſie gedeihen kañ,
weñ ſie von ſüdlichen Ländern einge-
führt wird, Zb. in Jsland, wo Jahr-
hunderte lang Wiſſenſchaften blüheten.

Bei
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div xml:id="Ms_germ_fol_842" prev="#Ms_germ_fol_841">
        <div type="session" n="47">
          <p><pb facs="#f0310" n="293."/><note place="left"><hi rendition="#b">Nachtheilige<lb/>
Wirkung über-<lb/>
mäßiger Kälte</hi><lb/></note>Ganz anders wirkt auf die Men&#x017F;chen eine<lb/>
übermäßige Kälte, wo die mittlere Tempera-<lb/>
tur &#x2212; 2° R. beträgt. Wo die mittlere<lb/>
Temper. noch nicht + 7° erreicht, u. die <choice><abbr>Birk&#xFFFC;</abbr><expan resp="#BF">Birken</expan></choice><lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t nicht wach&#x017F;en kön&#x0303;en, indem &#x017F;ie<lb/>
etwa 20 Tage lang eine Temper. von<lb/>
+ 7° bedürfen um zu grünen; da &#x017F;ind<lb/>
die Som&#x0303;er nicht &#x017F;o warm, daß mehlreiche<lb/>
Grä&#x017F;er, wie Große, Kartoffeln <choice><orig><hi rendition="#aq">p</hi></orig><reg resp="#BF"><hi rendition="#aq">etc</hi>.</reg></choice> gedeihen<lb/>
u. alle Cerealien hören auf zwi&#x017F;chen<lb/>
dem Temperatur von &#x2212; 2° u. + 6°. Jn<lb/>
A&#x017F;ien i&#x017F;t dies bereits der Fall bei 60°<lb/>
N. B. in Amerika bei 50° N. B. Europa<supplied reason="damage" resp="#BF">s</supplied><lb/>
Lage i&#x017F;t &#x017F;o gün&#x017F;tig, daß in Scandinavi-<lb/>
en nach <hi rendition="#aq"><persName resp="#BF" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-116817569 http://d-nb.info/gnd/116817569">v. Buch</persName></hi> Ger&#x017F;te bis 69°5&#x2032; N Br.<lb/>
gebaut wird. Der Theil des nörd-<lb/>
lichen A&#x017F;iens zwi&#x017F;chen der Lena, dem<lb/>
Obi u. Jeni&#x017F;ei, wo Völker fin&#x0303;i&#x017F;cher<lb/>
hun&#x0303;i&#x017F;cher u. mand&#x017F;chui&#x017F;cher Abkunft<lb/>
wohnen, i&#x017F;t &#x017F;o &#x017F;chädlich der Kultur, daß<lb/>
&#x017F;ie in dem Verhältniß zu den Bewohnern<lb/>
der Zone <subst><del rendition="#s">in</del><add place="superlinear">des <choice><abbr>hoh&#xFFFC;</abbr><expan resp="#BF">hohen</expan></choice> Central-</add></subst>A&#x017F;iens zwi&#x017F;chen 45 u. 60° N Br.,<lb/>
barbaren genan&#x0303;t werden kön&#x0303;en.<lb/>
Wen&#x0303; dorten auch nicht die Cultur wie<lb/>
in We&#x017F;ta&#x017F;ien u. Syrien herr&#x017F;cht; &#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t durch im&#x0303;er einen gewiße Cultur dort<lb/>
gewe&#x017F;en. Jch erin&#x0303;ere nur an die Herr-<lb/>
&#x017F;chaft der Mongolen unter <hi rendition="#aq"><persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-101926820 http://d-nb.info/gnd/101926820">Ulugbeyhk</persName></hi>, der<lb/>
in <hi rendition="#aq">Samarkard</hi> a&#x017F;tron. Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften trei-<lb/>
ben ließ. That&#x017F;achen bewei&#x017F;en, daß<lb/>
bei übermäßiger Kälte, bei einen Tem-<lb/>
peratur von + 3° R. die Kultur gehin-<lb/>
dert wird; obwohl &#x017F;ie gedeihen kan&#x0303;,<lb/>
wen&#x0303; &#x017F;ie von <choice><abbr>&#x017F;üdlich&#xFFFC;</abbr><expan resp="#BF">&#x017F;üdlichen</expan></choice> Ländern einge-<lb/>
führt wird, Zb. in Jsland, wo Jahr-<lb/>
hunderte lang Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften blüheten.<lb/>
<fw type="catch" place="bottom">Bei</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[293./0310] Ganz anders wirkt auf die Menſchen eine übermäßige Kälte, wo die mittlere Tempera- tur − 2° R. beträgt. Wo die mittlere Temper. noch nicht + 7° erreicht, u. die Birk ſelbſt nicht wachſen köñen, indem ſie etwa 20 Tage lang eine Temper. von + 7° bedürfen um zu grünen; da ſind die Som̃er nicht ſo warm, daß mehlreiche Gräſer, wie Große, Kartoffeln p gedeihen u. alle Cerealien hören auf zwiſchen dem Temperatur von − 2° u. + 6°. Jn Aſien iſt dies bereits der Fall bei 60° N. B. in Amerika bei 50° N. B. Europas Lage iſt ſo günſtig, daß in Scandinavi- en nach v. Buch Gerſte bis 69°5′ N Br. gebaut wird. Der Theil des nörd- lichen Aſiens zwiſchen der Lena, dem Obi u. Jeniſei, wo Völker fiñiſcher huñiſcher u. mandſchuiſcher Abkunft wohnen, iſt ſo ſchädlich der Kultur, daß ſie in dem Verhältniß zu den Bewohnern der Zone des hoh Central-Aſiens zwiſchen 45 u. 60° N Br., barbaren genañt werden köñen. Weñ dorten auch nicht die Cultur wie in Weſtaſien u. Syrien herrſcht; ſo iſt durch im̃er einen gewiße Cultur dort geweſen. Jch eriñere nur an die Herr- ſchaft der Mongolen unter Ulugbeyhk, der in Samarkard aſtron. Wiſſenſchaften trei- ben ließ. Thatſachen beweiſen, daß bei übermäßiger Kälte, bei einen Tem- peratur von + 3° R. die Kultur gehin- dert wird; obwohl ſie gedeihen kañ, weñ ſie von ſüdlich Ländern einge- führt wird, Zb. in Jsland, wo Jahr- hunderte lang Wiſſenſchaften blüheten. Bei Nachtheilige Wirkung über- mäßiger Kälte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828/310
Zitationshilfe: Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 293.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828/310>, abgerufen am 23.12.2024.