Es entsteht die Frage, ob die Zahl der Pflanzen in histori- scher Zeit zunehmend oder abnehmend gewesen sei? Von Thieren haben wir Beispiele, dass sie verloren gegangen sind: so die Dronte ein Vogel fast so gros als der Straus, von dem eine Klaue im British Museum, der Kopf in Oxford aufbewahrt werden; dass manche niedern Pflanzen untergehn mögen, ist nicht unmög- lich, aber schwerlich entstehn jezt noch neue aus den höheren Klassen: doch liegt diese Frage ausserhalb der Gränzen der naturhistorischen Untersuchung. Zwar giebt es in Otaheiti eigne Süswasserfische in vulkanischen Bildungen; in den hohen Seeen von Amerika fand ich mehrere neue Genera von Fischen, die sich wieder in ganz entlegene Seeen 12-14000 Fus hoch finden; - in Frankreich sind Pflanzen aus einem Flus- thale in das andre übergegangen, obgleich hohe Gebirgszüge da- zwischen liegen. So fand Decandolle, dass der Po und die Rhone mehrere Pflanzen gemeinschaftlich haben; - dann ist es auch nicht zu läugnen, dass hybride Pflanzen immer noch entstehn, eben so gut als Thiere;: eine Fragaria monophylla,
Es entsteht die Frage, ob die Zahl der Pflanzen in histori- scher Zeit zunehmend oder abnehmend gewesen sei? Von Thieren haben wir Beispiele, dass sie verloren gegangen sind: so die Dronte ein Vogel fast so gros als der Straus, von dem eine Klaue im British Museum, der Kopf in Oxford aufbewahrt werden; dass manche niedern Pflanzen untergehn mögen, ist nicht unmög- lich, aber schwerlich entstehn jezt noch neue aus den höheren Klassen: doch liegt diese Frage ausserhalb der Gränzen der naturhistorischen Untersuchung. Zwar giebt es in Otaheiti eigne Süswasserfische in vulkanischen Bildungen; in den hohen Seeen von Amerika fand ich mehrere neue Genera von Fischen, die sich wieder in ganz entlegene Seeen 12–14000 Fus hoch finden; – in Frankreich sind Pflanzen aus einem Flus- thale in das andre übergegangen, obgleich hohe Gebirgszüge da- zwischen liegen. So fand Decandolle, dass der Po und die Rhone mehrere Pflanzen gemeinschaftlich haben; – dann ist es auch nicht zu läugnen, dass hybride Pflanzen immer noch entstehn, eben so gut als Thiere;: eine Fragaria monophylla,
<TEI><text><body><divn="1"><divtype="session"n="56"><pbfacs="#f0706"n="351v"/><p>Es entsteht die Frage, ob die Zahl der Pflanzen in histori-<lb/>
scher Zeit zunehmend oder abnehmend gewesen sei? Von Thieren<lb/>
haben wir Beispiele, dass sie verloren gegangen sind: so die <hirendition="#u">Dronte</hi><lb/>
ein Vogel fast so gros als der Straus, von dem eine Klaue im<lb/>
British Museum, der Kopf in Oxford aufbewahrt werden; dass<lb/>
manche niedern Pflanzen untergehn mögen, ist nicht unmög-<lb/>
lich, aber schwerlich entstehn jezt noch neue aus den höheren<lb/>
Klassen: doch liegt diese Frage ausserhalb der Gränzen der<lb/>
naturhistorischen Untersuchung. Zwar giebt es in Otaheiti<lb/>
eigne Süswasserfische in vulkanischen Bildungen; in den<lb/>
hohen Seeen von Amerika fand ich mehrere neue Genera von<lb/>
Fischen, die sich wieder in ganz entlegene Seeen 12–14000 Fus<lb/>
hoch finden; – in Frankreich sind Pflanzen aus einem Flus-<lb/>
thale in das andre übergegangen, obgleich hohe Gebirgszüge da-<lb/>
zwischen liegen. So fand <persNameresp="#SB"ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-116442921 http://d-nb.info/gnd/116442921">Decandolle</persName>, dass der Po und die Rhone<lb/>
mehrere Pflanzen gemeinschaftlich haben; – dann ist es<lb/>
auch nicht zu läugnen, dass hybride Pflanzen immer noch<lb/>
entstehn, eben so gut als Thiere<subst><delrendition="#ow">;</del><addplace="across">:</add></subst> eine Fragaria monophylla,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[351v/0706]
Es entsteht die Frage, ob die Zahl der Pflanzen in histori-
scher Zeit zunehmend oder abnehmend gewesen sei? Von Thieren
haben wir Beispiele, dass sie verloren gegangen sind: so die Dronte
ein Vogel fast so gros als der Straus, von dem eine Klaue im
British Museum, der Kopf in Oxford aufbewahrt werden; dass
manche niedern Pflanzen untergehn mögen, ist nicht unmög-
lich, aber schwerlich entstehn jezt noch neue aus den höheren
Klassen: doch liegt diese Frage ausserhalb der Gränzen der
naturhistorischen Untersuchung. Zwar giebt es in Otaheiti
eigne Süswasserfische in vulkanischen Bildungen; in den
hohen Seeen von Amerika fand ich mehrere neue Genera von
Fischen, die sich wieder in ganz entlegene Seeen 12–14000 Fus
hoch finden; – in Frankreich sind Pflanzen aus einem Flus-
thale in das andre übergegangen, obgleich hohe Gebirgszüge da-
zwischen liegen. So fand Decandolle, dass der Po und die Rhone
mehrere Pflanzen gemeinschaftlich haben; – dann ist es
auch nicht zu läugnen, dass hybride Pflanzen immer noch
entstehn, eben so gut als Thiere: eine Fragaria monophylla,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 351v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/706>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.