Wenn wir die Geognosie in dieser Algemeinheit fassen, so müssen wir sagen, dass die Alten sie nicht gekant haben; obgleich es bei ihnen, so gut wie bei uns, Vulkanisten und Neptunisten gab. Heraklit, der alles aus dem Feuer herleitete, war das Haupt der Vulkanisten, Thales und die Ionier bildeten die neptunische Schule; aber eben so wie bei uns seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts, so gewannen bei den Alten seit Plato die vul- kanischen Ideen die Oberhand. Ich selbst bin ein Beispiel der Umänderung eines Neptunisten in einen Vulkanisten, und alge- mein betrachtet man jezt Porphyr und Granit als Produkte des Feuers. Douglas in England ist auf den scherzhaften Einfall gekommen, ein Thermometer von Geognosten zusammenzusezen, auf dem man angedeutet sieht, wie die verschiedenen Gelehrten von dem wässrigen Reiche des Neptunismus in die feurigen Regionen des Vulkanismus sich erhoben haben.Vgl. z. B. Boue, Ami: Verbesserter geologischer Thermometer des Herrn Daubeny: oder theoretische Meinungen der bekanntesten Geognosten. In: Leonhard, Carl Cäsar von (Hg.): Taschenbuch für die gesammte Mineralogie. 22. Jg. (1828), 2. Band. Mohr, Heidelberg 1828, S. 617-624. Online verfügbar: ÖNB Wien, abgerufen am 11.08.2017. Diese Veränderung kann aber durchaus nicht getadelt werden: denn in einer Wis- senschaft welche fortschreitet, wie die Geognosie, dürfen nur die Stillstehenden ihrer Stabilität sich rühmen.
Im Mittelalter gaben die Araber einen neuen heilsamen Anstos, indem sie die Gebirgsarten nach ihrem Gewebe und
Wenn wir die Geognosie in dieser Algemeinheit fassen, so müssen wir sagen, dass die Alten sie nicht gekant haben; obgleich es bei ihnen, so gut wie bei uns, Vulkanisten und Neptunisten gab. Heraklit, der alles aus dem Feuer herleitete, war das Haupt der Vulkanisten, Thales und die Ionier bildeten die neptunische Schule; aber eben so wie bei uns seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts, so gewannen bei den Alten seit Plato die vul- kanischen Ideen die Oberhand. Ich selbst bin ein Beispiel der Umänderung eines Neptunisten in einen Vulkanisten, und alge- mein betrachtet man jezt Porphyr und Granit als Produkte des Feuers. Douglas in England ist auf den scherzhaften Einfall gekommen, ein Thermometer von Geognosten zusammenzusezen, auf dem man angedeutet sieht, wie die verschiedenen Gelehrten von dem wässrigen Reiche des Neptunismus in die feurigen Regionen des Vulkanismus sich erhoben haben.Vgl. z. B. Boué, Ami: Verbesserter geologischer Thermometer des Herrn Daubeny: oder theoretische Meinungen der bekanntesten Geognosten. In: Leonhard, Carl Cäsar von (Hg.): Taschenbuch für die gesammte Mineralogie. 22. Jg. (1828), 2. Band. Mohr, Heidelberg 1828, S. 617–624. Online verfügbar: ÖNB Wien, abgerufen am 11.08.2017. Diese Veränderung kann aber durchaus nicht getadelt werden: denn in einer Wis- senschaft welche fortschreitet, wie die Geognosie, dürfen nur die Stillstehenden ihrer Stabilität sich rühmen.
Im Mittelalter gaben die Araber einen neuen heilsamen Anstos, indem sie die Gebirgsarten nach ihrem Gewebe und
<TEI><text><body><divn="1"><divtype="session"n="32"><pbfacs="#f0364"n="180v"/><p>Wenn wir die Geognosie in dieser Algemeinheit fassen, so müssen<lb/>
wir sagen, dass die Alten sie nicht gekant haben; obgleich es<lb/>
bei ihnen, so gut wie bei uns, Vulkanisten und Neptunisten gab.<lb/><persNameresp="#SB"ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118549421 http://d-nb.info/gnd/118549421">Heraklit</persName>, der alles aus dem Feuer herleitete, war das Haupt der<lb/>
Vulkanisten, <persNameresp="#SB"ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118801732 http://d-nb.info/gnd/118801732">Thales</persName> und die Ionier bildeten die neptunische<lb/>
Schule; aber eben so wie bei uns seit dem Ende des vorigen<lb/>
Jahrhunderts, so gewannen bei den Alten seit <hirendition="#u"><persNameresp="#SB"ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118594893 http://d-nb.info/gnd/118594893">Plato</persName></hi> die vul-<lb/>
kanischen Ideen die Oberhand. Ich selbst bin ein Beispiel der<lb/>
Umänderung eines Neptunisten in einen Vulkanisten, und alge-<lb/>
mein betrachtet man jezt Porphyr und Granit als Produkte des<lb/>
Feuers. <hirendition="#u"><persNameresp="#BF"ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-104340738 http://d-nb.info/gnd/104340738">Douglas</persName></hi> in England ist auf den scherzhaften Einfall<lb/>
gekommen, ein Thermometer von Geognosten zusammenzusezen,<lb/>
auf dem man angedeutet sieht, wie die verschiedenen Gelehrten<lb/>
von dem wässrigen Reiche des Neptunismus in die feurigen<lb/>
Regionen des Vulkanismus sich erhoben haben.<noteresp="#BF"type="editorial">Vgl. z. B. <bibl>Boué, Ami: Verbesserter geologischer Thermometer des Herrn Daubeny: oder theoretische Meinungen der bekanntesten Geognosten. In: Leonhard, Carl Cäsar von (Hg.): Taschenbuch für die gesammte Mineralogie. 22. Jg. (1828), 2. Band. Mohr, Heidelberg 1828, S. 617–624.</bibl> Online verfügbar: <reftarget="http://data.onb.ac.at/ABO/%2BZ18197890X">ÖNB Wien, abgerufen am 11.08.2017</ref>.</note> Diese Veränderung<lb/>
kann aber durchaus nicht getadelt werden: denn in einer Wis-<lb/>
senschaft welche fortschreitet, wie die Geognosie, dürfen nur die<lb/>
Stillstehenden ihrer Stabilität sich rühmen.</p><lb/><p>Im Mittelalter gaben die <hirendition="#u">Araber</hi> einen neuen heilsamen<lb/>
Anstos, indem sie die Gebirgsarten nach ihrem Gewebe und<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[180v/0364]
Wenn wir die Geognosie in dieser Algemeinheit fassen, so müssen
wir sagen, dass die Alten sie nicht gekant haben; obgleich es
bei ihnen, so gut wie bei uns, Vulkanisten und Neptunisten gab.
Heraklit, der alles aus dem Feuer herleitete, war das Haupt der
Vulkanisten, Thales und die Ionier bildeten die neptunische
Schule; aber eben so wie bei uns seit dem Ende des vorigen
Jahrhunderts, so gewannen bei den Alten seit Plato die vul-
kanischen Ideen die Oberhand. Ich selbst bin ein Beispiel der
Umänderung eines Neptunisten in einen Vulkanisten, und alge-
mein betrachtet man jezt Porphyr und Granit als Produkte des
Feuers. Douglas in England ist auf den scherzhaften Einfall
gekommen, ein Thermometer von Geognosten zusammenzusezen,
auf dem man angedeutet sieht, wie die verschiedenen Gelehrten
von dem wässrigen Reiche des Neptunismus in die feurigen
Regionen des Vulkanismus sich erhoben haben. Diese Veränderung
kann aber durchaus nicht getadelt werden: denn in einer Wis-
senschaft welche fortschreitet, wie die Geognosie, dürfen nur die
Stillstehenden ihrer Stabilität sich rühmen.
Im Mittelalter gaben die Araber einen neuen heilsamen
Anstos, indem sie die Gebirgsarten nach ihrem Gewebe und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 180v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/364>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.