seiner Schule aufgekommen ist. Das unverwerfliche Zeugnis dafür giebt Philolaos. Für die Annahme der Kugelgestalt hatte man fast alle Gründe gefunden, die wir jezt haben; man sah bei Mondfinsternissen den Schatten der Erde rund in den Mond eintreten; man machte die Bemerkung, dass wenn man von Cypern nach Alexand[unleserliches Material - 2 Zeichen fehlen]ria segelte, das Gestirn des Canopus am Horizonte höher zu stehn kam. Die merkwürdigste Stelle ist beim Aristoteles de coelo, wo er sagt: dass die Erde rund sein müsse, weil alle Theile gegen den Mittelpunkt eine gleiche Schwerkraft haben, und dass wenn einige Theile aus die- ser Lage koammen, sie sich dahin zurük begeben würden, um das Gleichgewicht herzustellen. Man sieht, dass diese Ansicht eine grosse Ähnlichkeit mit dem Newtonschen Systeme von den Gesezen der Gravitazion hat. Auch kömt eine Stelle beim Dioge- nes Laertius vor, wo er sehr richtig über die Gegenfüsler spricht, welche im Alterthum fast allgemein angenommen wurden. - Dies änderte sich freilich später so sehr, dass es förmlich verbo- ten wurde, die Idee der Antipoden auszusprechen, und in den
seiner Schule aufgekommen ist. Das unverwerfliche Zeugnis dafür giebt Philolaos. Für die Annahme der Kugelgestalt hatte man fast alle Gründe gefunden, die wir jezt haben; man sah bei Mondfinsternissen den Schatten der Erde rund in den Mond eintreten; man machte die Bemerkung, dass wenn man von Cypern nach Alexand[unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen]ria segelte, das Gestirn des Canopus am Horizonte höher zu stehn kam. Die merkwürdigste Stelle ist beim Aristoteles de coelo, wo er sagt: dass die Erde rund sein müsse, weil alle Theile gegen den Mittelpunkt eine gleiche Schwerkraft haben, und dass wenn einige Theile aus die- ser Lage koämmen, sie sich dahin zurük begeben würden, um das Gleichgewicht herzustellen. Man sieht, dass diese Ansicht eine grosse Ähnlichkeit mit dem Newtonschen Systeme von den Gesezen der Gravitazion hat. Auch kömt eine Stelle beim Dioge- nes Laertius vor, wo er sehr richtig über die Gegenfüsler spricht, welche im Alterthum fast allgemein angenommen wurden. – Dies änderte sich freilich später so sehr, dass es förmlich verbo- ten wurde, die Idee der Antipoden auszusprechen, und in den
<TEI><text><body><divn="1"><divtype="session"n="26"><p><pbfacs="#f0282"n="139v"/>
seiner Schule aufgekommen ist. Das <choice><orig>unverwerflichte</orig><regresp="#CT">unverwerfliche</reg></choice> Zeugnis<lb/>
dafür giebt <persNameresp="#SB"ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118791974 http://d-nb.info/gnd/118791974">Philolaos</persName>. Für die Annahme der Kugelgestalt<lb/>
hatte man fast alle Gründe gefunden, die wir jezt haben; man<lb/>
sah bei Mondfinsternissen den Schatten der Erde rund in den<lb/>
Mond eintreten; man machte die Bemerkung, dass wenn man<lb/>
von Cypern nach Alexand<subst><delrendition="#ow"><gapreason="illegible"unit="chars"quantity="2"/></del><addplace="across">ri</add></subst>a segelte, das Gestirn des Canopus<lb/>
am Horizonte höher zu stehn kam. Die merkwürdigste<lb/>
Stelle ist beim <persNameresp="#SB"ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118650130 http://d-nb.info/gnd/118650130">Aristoteles</persName> de coelo, wo er sagt: dass die Erde<lb/>
rund sein müsse, weil alle Theile gegen den Mittelpunkt eine<lb/>
gleiche Schwerkraft haben, und dass wenn einige Theile aus die-<lb/>
ser Lage k<subst><delrendition="#ow">o</del><addplace="across">a</add></subst>̈m<delrendition="#s">m</del>en, sie sich dahin zurük begeben würden, um das<lb/>
Gleichgewicht herzustellen. Man sieht, dass diese Ansicht eine<lb/>
grosse Ähnlichkeit mit dem <persNameresp="#SB"ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118587544 http://d-nb.info/gnd/118587544">Newton</persName>schen Systeme von den<lb/>
Gesezen der Gravitazion hat. Auch kömt eine Stelle beim <persNameresp="#CT"ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118525859 http://d-nb.info/gnd/118525859">Dioge-<lb/>
nes Laertius</persName> vor, wo er sehr richtig über die Gegenfüsler spricht,<lb/>
welche im Alterthum fast allgemein angenommen wurden. –<lb/>
Dies änderte sich freilich später so sehr, dass es förmlich verbo-<lb/>
ten wurde, die Idee der Antipoden auszusprechen, und in den<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[139v/0282]
seiner Schule aufgekommen ist. Das unverwerflichte Zeugnis
dafür giebt Philolaos. Für die Annahme der Kugelgestalt
hatte man fast alle Gründe gefunden, die wir jezt haben; man
sah bei Mondfinsternissen den Schatten der Erde rund in den
Mond eintreten; man machte die Bemerkung, dass wenn man
von Cypern nach Alexandria segelte, das Gestirn des Canopus
am Horizonte höher zu stehn kam. Die merkwürdigste
Stelle ist beim Aristoteles de coelo, wo er sagt: dass die Erde
rund sein müsse, weil alle Theile gegen den Mittelpunkt eine
gleiche Schwerkraft haben, und dass wenn einige Theile aus die-
ser Lage kämen, sie sich dahin zurük begeben würden, um das
Gleichgewicht herzustellen. Man sieht, dass diese Ansicht eine
grosse Ähnlichkeit mit dem Newtonschen Systeme von den
Gesezen der Gravitazion hat. Auch kömt eine Stelle beim Dioge-
nes Laertius vor, wo er sehr richtig über die Gegenfüsler spricht,
welche im Alterthum fast allgemein angenommen wurden. –
Dies änderte sich freilich später so sehr, dass es förmlich verbo-
ten wurde, die Idee der Antipoden auszusprechen, und in den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 139v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/282>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.