Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

15.
ob man ohne vorhergegangene allgemeine Kentnis auf diese
Versuche verfallen wäre. Die Lage der Länder gegeneinander würde
durch die Magnetnadel bestimt werden können, aber die Abwei-
chungen derselben würden sich nicht so leicht als jezt auffinden
lassen, weil man nichts hätte, um sie damit zu vergleichen.
Die Schiffahrt würde ihrer sichersten Stüze, der Sternbeobach-
tung beraubt sein, und die höhere Mathematik, insofern sie auf
die Berechnung der Bahnen jener entfernten Weltkörper ange-
wendet wird, würde ganz fehlen. Wir sehn also, dass die Kentnis
der Gestirne nicht allein vom grösten Einflus auf die Gefühle,
sondern auch auf die Kultur der Menschen ist.

Wenn im allgemeinen unsre Erde als ein mittlerer Planet die gün-
stigste Lage für Sternbeobachtungen hat, so wird dies unter dem
Aequator ganz besonders der Fall sein, indem man hier die Sterne
der nördlichen und südlichen Hemisphäre sehn kann, und zu-
gleich, bei den übereinanderliegenden Klimaten die Freiheit
hat, auf einem hohen Berge die Sterne durch eine dünnere
Luftschicht genauer zu beobachten. Der Gang, welchen die Kultur
bisher auf unserm Erdboden genommen, hat es noch nicht
möglich gemacht, Beobachtungen unter dem Aequator anzu-
stellen, indem hat neuerdings der junge Herschel den Ent-

15.
ob man ohne vorhergegangene allgemeine Kentnis auf diese
Versuche verfallen wäre. Die Lage der Länder gegeneinander würde
durch die Magnetnadel bestimt werden können, aber die Abwei-
chungen derselben würden sich nicht so leicht als jezt auffinden
lassen, weil man nichts hätte, um sie damit zu vergleichen.
Die Schiffahrt würde ihrer sichersten Stüze, der Sternbeobach-
tung beraubt sein, und die höhere Mathematik, insofern sie auf
die Berechnung der Bahnen jener entfernten Weltkörper ange-
wendet wird, würde ganz fehlen. Wir sehn also, dass die Kentnis
der Gestirne nicht allein vom grösten Einflus auf die Gefühle,
sondern auch auf die Kultur der Menschen ist.

Wenn im allgemeinen unsre Erde als ein mittlerer Planet die gün-
stigste Lage für Sternbeobachtungen hat, so wird dies unter dem
Aequator ganz besonders der Fall sein, indem man hier die Sterne
der nördlichen und südlichen Hemisphäre sehn kann, und zu-
gleich, bei den übereinanderliegenden Klimaten die Freiheit
hat, auf einem hohen Berge die Sterne durch eine dünnere
Luftschicht genauer zu beobachten. Der Gang, welchen die Kultur
bisher auf unserm Erdboden genommen, hat es noch nicht
möglich gemacht, Beobachtungen unter dem Aequator anzu-
stellen, indem hat neuerdings der junge Herschel den Ent-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="session" n="11">
          <p><pb facs="#f0119" n="58r"/><fw place="top" type="sig">15.</fw><lb/>
ob man ohne vorhergegangene allgemeine Kentnis auf diese<lb/>
Versuche verfallen wäre. Die Lage der Länder gegeneinander würde<lb/>
durch die Magnetnadel bestimt werden können, aber die Abwei-<lb/>
chungen derselben würden sich nicht so leicht als jezt auffinden<lb/>
lassen, weil man nichts hätte, um sie damit zu vergleichen.<lb/>
Die Schiffahrt würde ihrer sichersten Stüze, der Sternbeobach-<lb/>
tung beraubt sein, und die höhere Mathematik, insofern sie auf<lb/>
die Berechnung der Bahnen jener entfernten Weltkörper ange-<lb/>
wendet wird, würde ganz fehlen. Wir sehn also, dass die Kentnis<lb/>
der Gestirne nicht allein vom grösten Einflus auf die Gefühle,<lb/>
sondern auch auf die Kultur der Menschen ist.</p><lb/>
          <p>Wenn im allgemeinen unsre Erde als ein <hi rendition="#u"><choice><orig>mittler</orig><reg resp="#CT">mittlerer</reg></choice></hi> Planet die gün-<lb/>
stigste Lage für Sternbeobachtungen hat, so wird dies unter dem<lb/>
Aequator ganz besonders der Fall sein, indem man hier die Sterne<lb/>
der nördlichen und südlichen Hemisphäre sehn kann, und zu-<lb/>
gleich, bei den übereinanderliegenden Klimaten die Freiheit<lb/>
hat, auf einem hohen Berge die Sterne durch eine dünnere<lb/>
Luftschicht genauer zu beobachten. Der Gang, welchen die Kultur<lb/>
bisher auf unserm Erdboden genommen, hat es noch nicht<lb/>
möglich gemacht, Beobachtungen unter dem Aequator anzu-<lb/>
stellen, indem hat neuerdings der junge <persName resp="#CT" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118703897 http://d-nb.info/gnd/118703897">Herschel</persName> den Ent-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58r/0119] 15. ob man ohne vorhergegangene allgemeine Kentnis auf diese Versuche verfallen wäre. Die Lage der Länder gegeneinander würde durch die Magnetnadel bestimt werden können, aber die Abwei- chungen derselben würden sich nicht so leicht als jezt auffinden lassen, weil man nichts hätte, um sie damit zu vergleichen. Die Schiffahrt würde ihrer sichersten Stüze, der Sternbeobach- tung beraubt sein, und die höhere Mathematik, insofern sie auf die Berechnung der Bahnen jener entfernten Weltkörper ange- wendet wird, würde ganz fehlen. Wir sehn also, dass die Kentnis der Gestirne nicht allein vom grösten Einflus auf die Gefühle, sondern auch auf die Kultur der Menschen ist. Wenn im allgemeinen unsre Erde als ein mittler Planet die gün- stigste Lage für Sternbeobachtungen hat, so wird dies unter dem Aequator ganz besonders der Fall sein, indem man hier die Sterne der nördlichen und südlichen Hemisphäre sehn kann, und zu- gleich, bei den übereinanderliegenden Klimaten die Freiheit hat, auf einem hohen Berge die Sterne durch eine dünnere Luftschicht genauer zu beobachten. Der Gang, welchen die Kultur bisher auf unserm Erdboden genommen, hat es noch nicht möglich gemacht, Beobachtungen unter dem Aequator anzu- stellen, indem hat neuerdings der junge Herschel den Ent-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Abweichungen von den DTA-Richtlinien:

  • I/J: Lautwert transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/119
Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 58r. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/119>, abgerufen am 23.12.2024.