[1417]
Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 253. Köln, Freitag, den 23. März 1849.
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Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. — Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.
Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet.
Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis.
Nur frankirte Briefe werden angenommen.
Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.
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Bestellungen auf die Neue Rheinische Zeitung für das II. Quartal (April-Juni) bitten wir möglichst frühzeitig zu machen.
Unsere auswärtigen geehrten Abonnenten machen wir darauf aufmerksam, daß die Abonnements jedesmal am Schlusse des Quartals bei den Postämtern erneuert werden müssen.
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Uebersicht.
Deutschland Köln. (Hohenzoller'scher Preßgesetzentwurf. [Schluß.] — Die Kammern und die Minister.) Eschweiler (Stiller Belagerungszustand.) Crefeld. (Der Preußenverein. — Ein protestantischer Lehrer.) Berlin. (Kammersitzung. — Vermischtes.) Königsberg. (Der Festzug am 18. März verboten.) Breslau (Der 19. März.) Wien. (Vermischtes.) München. (Rückkehr zur schönen Zeit.) Aus Franken. (Fränkische Zustände.) Frankfurt. (National-Versammlung.)
Italien. Palermo. (Ankunft der Admirale. — Das Ultimatum. — Die Nationalgarde.) Rom. (Aus der Konstituante) Florenz. (Parade. — Ankunft römischer Kommissarien — Circular des Erzbischofs von Pisa.) Turin. (Der Krieg. — Ein Proklamations-Entwurf. — Chrzanowski) Venedig. (Manin mit diktatorischer Gewalt bekleidet.)
Schweiz. Tessin. (Die östreichische Grenzsperre. — Militärische Vorsichtsmaßregeln.)
Franz. Republik. Paris (Vermischtes. Nat.-Vers.). Bourges (Prozeß der Maigefangenen.)
Großbritannien. London (Parlament. — Der deutsche Central-Dämpfer — Acadia).
Donaufürstenthümer. Bukarest. (Russische und türkische Streitmacht. — Die moldau-wallachische Miliz. — Die wallachischen Flüchtlinge in Siebenbürgen).
Ungarn. Vom Kriegsschauplatze. — Hermannstadt (Verhaftung wallachischer Flüchtlinge).
Amerika. Taylor's Antrittsrede. Pernambuco (Niederlage der Insurgenten).
Die demokratischen Vereine der Rheinprovinz werden ersucht, ihre Adressen der „Neuen Rheinischen Zeitung“ oder der „Neuen Kölnischen Zeitung“ baldigst zugehen zu lassen.
Deutschland.
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Edition: [Karl Marx: Der Hohenzollersche Preßgesetzentwurf, vorgesehen für: MEGA2, I/9. ]
[ * ] Köln, 22. März.
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Blödsinn deutscher Zeitungen.
(Die Neue Preußische Zeitung.)
(Schluß.)
Während so im oberen Stockwerk der Neuen Preußischen Zeitung die kanzelberedsamkeitliche Heulerei würdiger Pastoren ihr „thut Buße und belehret Euch, kreuziget Euer Fleisch sammt seinen Lüsten und Begierden“ u. s. w. mit ernster Prophetenstimme ruft, dient das Unterstübchen, „Berliner Zuschauer“ genannt, nach wie vor zum gemüthlichsten Rendezvous der allerordinärsten Berliner Bummelei. Oben der erschreckende Ernst und der Feuereifer polternder Glaubenshelden; unten ein entfernter Versuch zum Humor, wenig Witz und viel Behagen, und eine Reihe selbstzufriedener Reflexionen, die sich alle um den einen Mittelpunkt drehen: „es giebt nur ein Berlin“; oben sittliche Entrüstung und Tugendpredigt, unten Berliner chronique scandaleuse, Anläufe zu galanten Lieutenantsabenteuern, fleischliche Gelüste und stille Liederlichkeit: oben eine Kirche, unten eine Weißbierkneipe — das ist die Neue Preußische Zeitung in ihrer jetzigen Phase.
Daß die Bierkneipe unter dem Druck der Kirche gelitten hat und die Unterhaltung täglich fader wird, versteht sich von selbst.
Die Zusammenstellung der beiden Theile des Neuen Preußischen Blättchens macht übrigens einen ergötzlichen Effekt. In einigen der letzten Nummern z. B. enthält das Oberstübchen folgenden kanzelrednerischen Blödsinn:
Der König von Preußen
steht im März 1849 zum zweiten Male auf einem Höhepunkte der ihm in der Mitte des Jahrhunderts angewiesenen Laufbahn. Die fallirende Revolution, schon bis an's Kinn unter Wasser, streckt von Frankfurt aus flehend die Hand nach ihm aus, in welcher sie, keck und verzagend zugleich, eine Krone von Goldpapier voll Blut und Koth ihm hinhält. Und Deutschland, erbebend von dem Sturze der versinkenden Revolution, erwartet sein Schicksal aus dem Munde des Königs. Rechts öffnet sich der Weg der Treue, der Ehre, der Macht, der Weg des Königs von Gottes Gnaden, — links der Weg der Lüge, der Schande, der Ohnmacht, der Weg der revolutionären Usurpation. Die Frage: rechts oder links? — ergeht durchdringend durch alle Gaukelspiele des Konstitutionalismus und des Radikalismus, geraden Weges an des Königs Gewissen.
Im März 1848 stand der König zuerst auf einem solchen Höhepunkte, an einem solchen Scheidewege. Damals galt es seinen Thron, sein Land, Deutschland schützen, behaupten, retten, oder — aufgeben der Revolution gegenüber. Auch damals harrte Deutschland, zitternd vor der siegenden Revolution, der Entscheidung aus dem Munde des Königs.
Preußen, fest und stark in sich, Preußen mächtig in Deutschland, Preußen und Deutschland fest, stark und mächtig in der Christenheit, — das war 1848, das ist 1849 das Ziel, zu dem der Weg rechts hinführt.
Wir brauchen nicht auszusprechen, welcher Weg im März 1848 eingeschlagen worden ist.
Nicht der Menschen Verdienst, — Gottes Gnade, von der die Könige sind, Gottes, der seine ewigen Ordnungen ehrt, der die wankenden Throne hält und die zagenden Könige stärkt, der die gefallenen wieder aufrichtet, — Gottes Gnade ist es, die den König noch ein Mal — vielleicht zum letzten Male — auf einen solchen Höhepunkt, an einen solchen Scheideweg stellt.
Möge der 18. März 1849 ein Tag der Buße, — aber auch ein Tag rechtschaffener Früchte der Buße sein!“
Welch' ein riesenhafter, gottbegeisterter Muth gehört nicht dazu für einen Konsistorialrath, dem Könige solche biblische Sottisen zu sagen! Wahrhaftig, ein stilles, wärmendes Gefühl, etwa wie beim Genusse eines guten Seidels bairischen Biers, muß die Eingeweide eines Landesvaters behaglich durchziehen, wenn er solche Bußpredigten liest und an „Sein herrliches Kriegsheer“ denkt!
Am 18. März vorigen Jahres, wo waren da die hochwohlehrwürdigen Konsistorialräthe, Superintendenten und Bischöfe der königl. preußischen Landeskirche? Damals verkrochen sie sich in die hintersten Hintergemächer ihrer Wohnungen, während draußen die Kanonen donnerten, und die besoffenen Pommern in den Häusern Weiber und Kinder massakrirten. Und erst als ihre geängstigten Ehehälften und Kinder das Schießen gar nicht mehr vertragen konnten, erst da krochen die Couragirtesten unter ihnen aus ihren Höhlen hervor und stiegen unter dem Schutz ihrer Talare und Beffchen über die Barrikaden — etwa um den wankenden König in seinem Vertrauen auf die Gnade Gottes zu stärken, um ihn an seine Pflicht zu mahnen, ein strenges Gericht über die Rebellen zu halten? Bewahre! Sie zogen auf's Schloß, um die Einstellung des Blutvergießens und den Rückzug der Truppen zu erwirken!
Dieselben Herren Konsistorialräthe haben jetzt bereits wieder soviel Courage gewonnen, daß sie es wagen, der irdischen Majestät die Erhörung ihrer eigenen Bitte zum Verbrechen zu machen. Die „neuen preußischen“ Jesaiaffe beschränken ihre Heldenthaten darauf, dem neuen preußischen Hiskias Vorwürfe zu machen, die ihm lieber sind, als die größten Schmeicheleien.
Zwei Tage später ist der Jahrestag des Berliner Aufstandes selbst. Der Neue Preußische Kalender enthält hier folgendes Evangelium für Sonntag den 18. März (Lätare):
Neues Preußisches Evangelium. Kapitel 65, Vers 1: Der achtzehnte März, dies Datum ist allein ein leitender Artikel, voll Inhalts, wie ihn nur der Finger Gottes schreiben kann. V. 2: Vor ihm sollen sich bücken alle Höhen, und alle Zungen, auch die der Fürsten, bekennen, daß er allein der Herr ist. V. 3: Er hat geschmolzen, und es waren viel Schlacken, er hat gewaschen, und es war viel Schmutz. Wer wird uns läutern und reinigen? V. 4: Unsere „Wäscher“ vom verflossenen Jahr haben uns nur mehr beschmutzt, unsere Schmiede haben nur das Feuer angefacht, und es war Niemand da, welcher den Hammer zu schwingen verstand. [1418] Vers 5: Umstürzen und niederreißen, das ist die Baukunst des jetzigen Geschlechts; theils mit Bewußtsein, theils in dunkelem Gefühl, sucht man den Eckstein, V. 6: um ihn zu zertrümmern; denn ihm allein, nicht dem Gebäude, ist der Untergang geschworen. V. 7: Sie wollen wiederbauen auf einem andern Grunde, die armen Thoren, und wissen nicht, daß nur der Eckstein bleibt und alles Andere schwindet. V. 8: Was man bisher gebaut, ist Menschenwerk; den Eckstein aber, den hat Gott gelegt, und nicht die fata morgana der Radikalen, Vers 9: nein, das Gebäude, was schon Moses schaute, wird aus den Trümmern aufgerichtet werden.“
Man bewundere den Zusammenhang und die kühne Gedankenfolge dieser „neuen preußischen“ Weissagungen auf das feudale christlich-germanische Himmelreich, das für diese braven Prediger wieder nahe herbei gekommen ist. Die Inspiration von oben, die göttliche Trunkenheit der Prophetin blitzt aus jedem Wort, namentlich aber aus jedem Uebergang hervor. Selbst der Prophet Ezechiel verstand es nicht so gut,Subjekt und Prädikat malerisch durcheinander zu werfen, wie diese neuesten Männer Gottes.
Diese strengen Kirchenväter übrigens, die der irdischen Majestät den Beruf geben, vermittelst „Meines herrlichen Kriegsheeres“ die wühlerische Sünde in jeder Gestalt mit Stumpf und Stiel auszurotten, haben zuweilen selbst Momente der Barmherzigkeit und des wehmüthigen Mitgefühls für die armen verlornen Kinder der Finsterniß, die Demokraten. In Nr. 62 entdeckt ein würdiger Demokraten. In Nr. 62 entdeckt ein würdiger Seelsorger, daß die Halle'sche demokratische Zeitung der Contrerevolution allen dauernden Erfolg abspricht, weil die Grundlage aller reaktionären Macht, der religiöse Glaube, seine Wurzeln im Volk verloren habe. Hocherfreut nimmt er sogleich zu Protokoll, daß der „Glaube“, selbst nach Aussage der Demokraten, die Wurzel aller guten preußischen Gesinnung, alles Gehorsams gegen die Obrigkeit ist, und schließt aus diesem ehrlichen Eingeständniß der Halle'schen demokratischen Zeitung, daß sie es wenigstens ehrlich meint, und daher wohl noch zur Buße zu bringen sei.
Ob der Herr Pastor mit seiner Hoffnung auf Bekehrung der Halle'schen demokratischen Zeitung Aussicht auf Erfolg hat, können wir nicht wissen, da wir das Blättchen nicht kennen.
Bewundern aber müssen wir die Naivetät des wohlehrwürdigen Herrn, der die Aeußerung irgend eines demokratischen Lokalblatts als das Programm der demokratischen Partei sofort aufgreift und mit beiden Händen festhält. Wir für unser Theil versichern wenigstens dem Herrn Pastor daß es uns höchst gleichgültig ist, ob das Volk „den Glauben“ hat und was für einen „Glauben“ es hat. Man muß wirklich Gottes Wort vom Lande oder sonst ein Stück Theoloe sein, um sich nach den letzten Erfahrungen noch einzubilden, daß Volk, die revolutionären Proletarier und Bauern würden ihre irdische Existenz ihrer himmlischen Hoffnungen opfern, und ihren hungrigen Magen mit Brodkarten abspeisen die erst in irgend einer andern Welt zahlbar sind. Unsere Proletarier und Bauern verlangen handgreiflichere, materiellere Kost als Bibelsprüche und preußische Litaneien, um somehr als sie sehen, daß die Herren Konsistorialräthe sich für ihre Bemühungen recht artig zahlen lassen und bis zum vierzigsten Jahre regelmäßig ein ganz hübsches Bäuchlein anlegen.
Genug. Der Herr Pastor glaubt nun einmal, die Hallische demokratische Zeitung, die bereits den Glauben an den Glauben hat, sei noch zu bekehren. Einem so wohlmeinenden Blatt gegenüber wäre tertullianische Strenge höchst unchristlich. Wo das Herz noch nicht ganz verhärtet ist, muß man mit eindringlicher, liebevoller Ermahnung anpochen. Und so geschieht's:
„Bei Lesung des ganzen Artikels hat uns, warum sollten wir es nicht gestehen? ein schmerzliches Gefühl des Mitleids gegen die bis zum Wahnsinn bethörten und verzauberten Menschen ergriffen, nicht als fürchteten wir, daß dadurch viele verführt werden könnten, wiewohl ein Tropfen zum andern kommt, und schon die allmählige Gewöhnung an solche Stimmen der freien Presse sittlich schadet, — sondern daß die Rädelsführer doch gewiß selbst so verführt sind, das thut schmerzlich weh. Aber wir gehen jetzt an diese Gefühle vorüber, weil es sich nicht unterdrücken läßt, wir halten uns an die Demonstration selbst.“
Welche Milde und Sanftmuth; welche apostolische Wärme in diesen tiefgefühlten Worten! Gewiß, die Hallesche demokr. Ztg. wird dieser Vermahnung nicht widerstehen, sie wird ablassen von den Pfaden des Teufels, auf die sie sich verirrte, sie wird zu Bruder Leo und Gerlach in die Betstunde gehen!
Ob übrigens das Volk „den Glauben“ habe, schließt unser Pastor, sei ziemlich gleichgültig. Seine letzte Hoffnung sei vielmehr der Glaube selbst, der Glaube allein, welcher Alles vermag, und wo er abhanden gekommen ist, auch wiederkommen kann, welcher auch die Rädelsführer selbst ereilen, auch den Verfasser jenes Artikels (in der Hall. dem. Ztg.) überwinden kann. Und welcher Christ wollte seinen Feinden nicht diese Wohlthat für Zeit und Ewigkeit wünschen…“Möchte sich doch auch an den Demokraten oder an ihrer Einem die selige Macht dieses allerheiligsten Glaubens bald bewähren!“
Edelmüthigster aller Landprediger ! Wir sind weit entfernt, Ihre wohlwollenden und menschenfreundlichen Absichten zu verkennen. Wir wissen im Gegentheil sehr gut, daß es in der sogenannten demokratischen Partei Leute genug gibt, die selbst nicht weiter sind als in ihrer Carriere gestörte Landprediger. Solche Leute sitzen sogar in der Berliner Kammer bis auf die äußerste Linke. Sie würden nicht nur sich ein großes Verdienst erwerben, sondern auch uns einen nicht zu ermessenden Gefallen thun, wenn Sie diese armen Verirrten,
…des Völkerfrühlings
Kolossale Maienkäfer,
Von Berserkerwuth ergriffen

auf den rechten Glaubensweg zurückführen wollten. Wir sind
[Deutschland]
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@facs1418
Edition: [Karl Marx: Der Hohenzollersche Preßgesetzentwurf, vorgesehen für: MEGA2, I/9. ]
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@facs1418
[ * ] Köln, 22. März.
Wollt Ihr wissen, wozu Ihr sogenannte Volksvertreter nach Berlin gesandt habt? Les't die gestrige Sitzung der zweiten Kammer.
Der Abgeordnete Kirchmann greift bei der Adreßdebatte das Ministerium an und schließt mit der Phrase: „Die Tugenden der Minister sind nichts als glänzende Laster“.
Sofort erhebt sich Se. Excellenz der Herr Generallieutenant und Ministerpräsident Exgraf v. Brandenburg Hochgeboren. Dies possierliche Männchen, das gar nicht einmal Mitglied der Kammer ist, mischt sich in die innern Angelegenheiten der Kammer und verlangt, daß der Abgeordnete Kirchmann zur Ordnung gerufen werde!
Der Bürgermeister Grabow Hochwohlgeboren, Präsident der Kammer beeilt sich dem Kommando des Hrn. Generallieutenants submissest Folge zu leisten und ruft Hrn. Kirchmann zur Ordnung.
Daß die Linke nach dieser impertinenten und vom Präsidenten ohne Weiteres sanktionirten Einmischung eines Ministers, der gar nicht einmal Abgeordneter ist, in die innern Angelegenheiten der Kammer, nicht sofort aufstand und den Saal verließ, begreife wer da kann!
Genug, sie blieb. D'Ester erhob sich und protestirte gegen die Impertinenz des ungewählten Ministers. Eine Debatte entspinnt sich. Jacobi nimmt das Wort: die Phrase des Abgeordneten Kirchmann schließt keine Beleidigung des Ministeriums in sich, sondern bloß ein Urtheil.
Das ist aber eben der Punkt. Se. Excellenz der Hr. Banquier, Seidenhändler, Pietist, Parvenu und Handelsminister August von der Heydt, eine Figur, die nächstens in unserm Feuilleton erscheinen wird, erklärt mit dürren Worten Folgendes:
„Das Ministerium kann den Abgeordneten das Recht nicht zugestehen, ein Urtheil über das Ministerium zu fällen!“
Pends-toi, jeune Saedt, tu n'aurais pas inventé cela!
Und das „Urtheil“, das Hr. August von der Heydt im vorigen März zu Elberfeld in einer öffentlichen Versammlung über Se. Majestät, seinen jetzigen gottbegnadeten König „zu fällen das Recht sich zugestand“, und das wir neulich mittheilten:
„Dieser Mensch hat uns so oft belogen, daß wir ihm nicht mehr trauen können; wir müssen Garantien gegen ihn haben!“
Die Linke schrie ein ironisches Bravo und lachte zu der Aeußerung des Herrn Seidenhändlers von der Heydt. Sie verlangte nicht einmal, daß der Parvenu-Minister zur Ordnung gerufen wurde.
Hätte die Linke die Majorität, so hätte sie das Recht zu solchen ministeriellen Gaucherieen zu lachen. Dann aber würden die Herren Minister sich auch vor solchen Gaucherieen hüten.
Die Linke ist aber in der Minorität, und da muß sie alle diese arroganten Bemerkungen hinnehmen. Der Hr. Minister von der Heydt hat es gesagt, ohne zur Ordnung gerufen zu werden: sie hat kein Urtheil über das Ministerium!
Allen französischen Kammern der schlimmsten Restaurationszeit von 1815 — 1830 ist nicht so viel Insolenz geboten worden als der preußischen s. g. zweiten Kammer vom 26. Februar bis zum 21. März. Die preußische Kammer hat das Alles ruhig hingenommen.
Meine Herren „Volksvertreter“! Auseinandergejagt werden Sie doch. Es giebt nur Ein Mittel dem zu entgehn: Gehen Sie bei der nächsten sporenklirrenden Sottise, die Ihnen das Ministerium in die Zähne wirft, von selbst nach Hause!
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@facs1418
[ 078 ] Crefeld, 20. März.
Hier sind wir außer einem konstitutionell-demokratischen Milch- und Wasserverein auch mit einem ächten „Preußenverein“ beglückt, in welchem alle reationäre Geldsäcke, Büreaukraten, Pfaffen etc. ihr tolles Wesen treiben. — Will Jemand diesen Verein besuchen, so wird schon an der Thüre des Vereinslokals eine genaue Untersuchung mit ihm angestellt. Er wird unerbittlich zurückgewiesen, wenn man eine entfernte Anlage zu einer demokratischen Idee bei ihm wahrnimmt. — Hat ein Fremder endlich die von Cerberussen bewachte Thür passirt, so wird er im Lokal selbst nochmals einer genauen Beobachtung unterworfen, und wehe dem armen Schlucker, wenn ein „juter Breuße“ die Entdeckung an ihm macht, daß er nicht durch und durch „schwarz-weiß“ ist. Er wird ohne Weiteres zur Thür hinaus spedirt.
Unter den Eulen mit Gott für König und Junkerschaft macht sich vor Allen der hiesige katholische Pfarrdechaut, Komitemitglied des gottbegnadeten Vereins, bemerklich. Sonntag vor acht Tagen suchte er seinen Zuhörern in einer langen Predigt zu beweisen, daß es keine Regierung in Europa gebe, die so weise und gerecht handle, der das Wohl der „Unterthanen“ so sehr am Herzen liege als gerade die des Potsdamer Königs. — Schade um die Mühe des Biedermannes. Die Mehrzahl der hiesigen Einwohner ist sozial-demokratisch gesinnt, und wenn sie auch jetzt noch schweigen müssen, da ihre Existenz von den reaktionären Geldsäcken abhängt, so werden sie doch bei der nächsten Gelegenheit mit diesen Nachteulen eine Abrechnung halten, daß ihnen die Augen übergehen sollen.
Ein hiesiger protestantischer Lehrer, der fünf Kinder verführt hatte, erhielt von den Heulern 300 Thaler, um damit nach Amerika zu entfliehen. — Der schwarz-weiße Lämmelbruder hatte Verbindungen mit vornehmen Familien, und so wurde es ihm möglich, der Justiz zu entschlüpfen. — Die Frommen ärgern sich gewaltig, daß er so dumm war, sich erwischen zu lassen.
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@facs1418
[ 126 ] Eschweiler, 20. März.
Wer hätte denken sollen, daß mit dem Einrücken des Militärs über unser so friedliches Städtchen auch der Belagerungszustand verhängt werden würde! Lachen Sie nicht, denn es ist dem wirklich so. Obgleich derselbe nicht geradezu ausgesprochen worden, so zeigen doch die Verfügungen unseres so gesetzkundigen (?) Bürgermeisters, Quadflieg heißt der Mann, daß Ausnahmezustände eingetreten sind. Unter Strafandrohungen von 1-5 Thlr. wurde Schießen in einer Entfernung von 500 Schritt von Gebäuden, Wegen und öffentlichen Plätzen verboten, (?) mußten die Wirthshäuser um 10 Uhr geschlossen sein und dergl. mehr. Zugleich wurde in der würdigen Person des Dr. L. der hiesigen längst eingeschlafenen Bürgerwehr ein Major oktroyirt, dessen Tagesbefehl Sie aus dem beiliegenden hiesigen Blatte, worin er auch die berliner März-Revolution eine „großartige Schlägerei“ nennt, entnehmen können. Neben einer 50 Mann starken Wache wurde noch eine Compagnie aus Jülich requirirt, welche in der Nacht vom 18. auf den 19. in unserer Nähe zwischen Dürwiß und Fröhnhofen bivouakirte. Damit nun aber auch diese Maßregeln einen Anschein der Nothwendigkeit haben sollten, sah man am 19. im Hause des Dr. L. vier zerbrochene Fensterscheiben, welche er, wie hier allgemein behauptet wird, selbst zerbrochen hat, um so andere verdächtigen zu können. Gegen ein derartiges Treiben haben sich denn endlich die hiesigen Bürger erhoben und noch heute geht eine mit über 700 Unterschriften versehene Petition an die Regierung ab, uns den Bürgermeister vom Halse zu schaffen. (Dann wird der Bürgermeister erst recht bleiben!)
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[ * ] Berlin, 20. März.
Zur Feier des 18. März hielt der Abg. Minsberg in Bunzlau eine große Volksversammlung ab. Wahrscheinlich zum eigenen Schutz derselben hatte das Militär ein Carré um sie geschlossen. Man schützte sie sogar durch geladene Kanonen, die merkwürdiger Weise gegen sie gerichtet waren.
Heute Nachmittag um 5 Uhr ist Ministerialrath in Betreff der Gronewegschen Angelegenheit.
Gestern Abend war in der Landsberger Straße noch ein von der Obrigkeit provocirter Krawall. Das Volk begnügte sich wieder die Konstabler durchzukeulen und damit endete Alles.
Sitzung der zweiten Kammer.
Nach Eröffnung der Sitzung verlangt der Finanzminister das Wort. Er überreicht den Staatshaushalt für das Jahr 1849 um denselben von der hohen Kammer feststellen und prüfen zu lassen, und trägt darauf an ihn einer besondern Commission zu überweisen. Zugleich benutzt er die Gelegenheit um zu erklärrn, daß das durch viele Zeitungen verbreitete Gerücht von einer beabsichtigten Anleihe von 70 Millionen Thaler völlig unbegründet sei. Auch sind keineswegs Unterhandlungen mit auswärtigen Bankierhäusern angeknüpft worden. Aus den noch vorzulegenden Nachweisungen über die Staatsrechnungen vom Jahr 1848 wird die Kammer ersehen, daß die Staatskassen im Stande waren alle Ausgaben zu bestreiten. Der Finanzminister versichert, daß die laufenden Einnahmen zur Zeit hinreichen, alle Ausgaben zu decken. —
Der Präsident Grabow befragt die Kammer, ob sie die Ueberweisung der Finanzvorlagen einer Commission genehmige, welches fast einstimmig bejahet wird. —
Hierauf geht man in der Adreß-Debatte weiter.
Kirchmann greift das Ministerium, die Octroyirung der Verfassung, die rechte Seite des Hauses mit ihrer Anerkennung und Gültigkeitserklärung der Verfassung in einer längern ironisch gehaltenen Rede an. Er sagte u. A.: Will man aber durchaus sich auf den Rechtsboden stellen, so muß man doch zugeben, daß die Ertheilung der Verfassung am 5. Decbr. ein Staatsstreich war. Man muß erstaunen über die revolutionären Gründe, die zur Unterstützung dieser Maßregel vorgebracht sind. Man spricht von deren Nothwendigkeit, vom Volkswillen, der die Octroyirung verlangte u. s. w. Wer kann da die Revolution leugnen? … Man entschuldigt die Octroyirung der Verfassung mit der Unfähigkeit der Nat. Vers. Es ist aber jetzt ein öffentliches Geheimniß geworden, — daß umgekehrt die sich immer mehr und mehr vergrößernde Fähigkeit (?) der Nat. Vers. daran Schuld war und die Auflösung der N. V. herbeiführte … die Verfassung wird ja aber selbst von unserer Regierung als rechtbestehend noch nicht angesehen. Will eine Gemeinde in Folge der Verf.-Bestimmungen ihre kirchlichen Angelegenheiten selbst ordnen, da sagt das Ministerium „nein“, das sind bis jetzt nur erst „Versprechungen“, dazu habt ihr erst später ein Recht. Wird ein Geistlicher vom Consistorium seiner Stelle entsetzt und er beruft sich auf die Verfassung, so heißt es wieder, das sind nur erst „Versprechungen“. Der Bauer beruft sich auf die, in der Verf. ausgesprochene Aufhebung aller Privilegien, das sind noch „Versprechungen“. Nichts ist uns durch die Verf. geworden, als die vom Ministerium angeordnete mildere Bestrafung der Diebe. (Heiterkeit.) Wir leben seit Ertheilung der Verf. unter einem Säbelregiment. Die Grundrechte des Volkes sind aufgehoben. … Ich habe weder Vertrauen noch Furcht. Mißtrauen zunächst dem Ministerium gegenüber. Das was sie dem Lande an Freiheit gegeben haben, ist nicht ihr Werk, es ist vielleicht gegen ihren Willen geschehen. Sehen wir die vielen Tausend politische Untersuchungen, die man im ganzen Lande anhängig gemacht, sie übersteigen die Demagogenriechereien unter dem Ministerium Camptz. … Im Schlußsatz der Rede hesßt es: „Die Handlungen der Minister sind als glänzende Laster anzusehen.“
Der Ministerpräsident verlangt vom Präsidenten Grabow, daß er das Staatsministerium vor Beleidigungen zu schützen habe und verlangt, daß der letzte Redner zur Ordnung gerufen werde. —
Diese Worte rufen einen allgemeinen Sturm hervor. Der unpartheiische Präsident folgt jedoch dem Befehle des Ministerpräsidenten und ruft den Abg. Kirchmann zur Ordnung.
Das erregt die größte Erbitterung auf der Linken, man ruft: Redefreiheit! Redefreiheit darf nicht geschmälert werden!
Unter allgemeiner Aufregung erhält zur Geschäftsordnung das Wort:
D'Ester (gegen den Minister gewendet sehr gereizt): Es steht dem Herrn Ministerpräsidenten, da er nicht Mitglied dieser Kammer ist, keinesfalls zu, in Angelegenheiten der Geschäftsordnung das Wort zu ergreifen. Das Ministerium kann nicht verlangen, daß ein Abgeordneter zur Ordnung gerufen werde. Den Herrn Präsidenten Grabow muß ich jedoch darauf aufmerksam machen, daß er mir gestern das Wort verweigerte, als ich von dem Abgeordneten Vincke persönlich beleidigt worden war. …
Vincke will seine gestrige Rede, den Abgeordneten D'Ester betreffend, rechtfertigen und wiederholt seine gestrigen Worte, die aber von D'Ester wieder berichtigt werden müssen, da sie Vincke unrichtig wiedergab.
Eine Menge Redner sprechen einer nach dem Andern zur Geschäftsordnung über diese Angelegenheit. Parrisius schließt seine Worte: die Minister sind da, daß wir sie angreifen. (Allgemeine Heiterkeit.)
Minister v. d. Heydt: Wenn die Angriffe auf das Ministerium in männlicher Weise ergehen, werden wir die Antwort nicht schuldig bleiben, auf Injurien bleibt uns nur ein Ordnungsruf.
Auch der Abgeordnete v. Bismark muß sein Wort zur Geschäftsordnung geben und nennt die Worte Kirchmanns „Grobheiten“. — Dafür wird er, auf das Verlangen der Linken, zur Ordnung gerufen. — Nach einigen anderen faktischen Berichtigungen berichtigt
Jakobi: Der Abg. Kirchmann ist ohne Ursache zur Ordnung gerufen worden. Seine Worte: „die Handlungen der Minister sind als glänzende Laster anzusehen“, das ist keine Beleidigung, das ist ein Urtheil ‥‥
Minister v. d. Heidt: Das Ministerium kann den Abgeordneten das Recht nicht zugestehen ein Urtheil über das Ministerium auszusprechen. Links: Bravo! Bravo! Allgemeine Heiterkeit.) Sie haben das Recht eine Anklage gegen das Ministerium zu erheben, aber nicht das Urtheil auszusprechen (!!!!)
Endlich beruhigt sich die Kammer und die Adreßdebatte wird fortgesetzt. Mehrere Redner sprechen für und gegen den Entwurf. Wir geben einige Auszüge davon.
Unruh kann in der Wahl zu den Kammern keine unbedingte Annahme der Verf. erkennen. Das Gesetz vom 6. April ist der Rechtsboden auf dem wir stehen. Durch die Verf. kann das Gesetz vom 6. April nicht aufgehoben werden. Das Volk will sich das Gesetz erhalten und nicht durch die Anerkennung der Verf. nehmen lassen. Fragen Sie Ihre Wähler, die werden ebenso antworten. … Die Angriffe gegen die aufgelöste Nat.-Vers. sucht der Redner mit Glück zu widerlegen. Dem Vorwurf der Uneinigkeit, den man der Nat.-Vers. macht, stellt der Redner grade die große Majorität entgegen, mit der alle Beschlüsse in der letzten Zeit ihrer Wirksamkeit gefaßt wurden. Er erinnert an die große Einigkeit, die am 2. November herrscht, wo selbst ein Mitglied dieses Ministeriums an den Beschlüssen seine Zustimmung gab und sogar Mitglied der bekannten Deputation war.…
Justizminister Rintelen: Es ist wahr, daß er an dem Beschlusse am 2. November Theil genommen. Seine ganze Partei hatte beschlossen dem Antrage entgegenzutreten; da aber vorauszusehen, daß sie nicht die Majorität erhalten würden, betheiligten sie sich an dem Beschlusse, um ihm seine Härte zu nehmen. Nachher gestaltete sich die Lage so, daß seine Liebe zum Vaterlande ihm gebot ins Ministerium einzutreten.
Auerswald gibt zu, daß die Verfassung erst durch die Anerkennung des Volkes rechtsgültig geworden sei.
Griesheim sieht sich veranlaßt, eine faktische Berichtigung über seine durch öffentliche Blätter verbreitete Aeußerung in der Abtheilung zu geben. Der Vorsitzende der Abtheilung (Philipps) habe dort erzählt, daß man schon im Juli v. J. den Gedanken an eine Oktroyirung der Verfassung gehabt habe. Er erzählt den bekannten Vorfall und schließt, daß er gesagt: Man habe schon damals die Leichen riechen können.
Dieser Zwischenfall gibt wieder Veranlassung zu vielen faktischen Bemerkungen, welche kein Ende erreichen. Die Rechte beantragt den Schluß der Debatte, doch die Linke und das neugebildete rechte Centrum ist dagegen. —
Auf eine Aeußerung des Abg. Schneider (Schönebeck), das Ministerium habe das Vertrauen des Landes nicht, macht Graf Ziethen die faktische Berichtigung, daß er als Abg. einer großen Stadt, von seinen Wählern behaupten könne, daß das Ministerium dies Vertrauen wohl besitze. Er will sich noch in weitere Redensarten ergehen, wird aber von der Tribune heruntergetrommelt.
Endlich wird der Schluß der Debatte angenommen und Vinke, als Referent der Adreßkommission, sucht nochmal in einer langen Rede alle Einwendungen der Linken gegen seinen Entwurf und gegen die Rechtsgültigkeit der Verfassung zu widerlegen.
Endlich kommt man zur Abstimmung über § §. 1 und 2 der Adresse. Zuerst wird über den D'Ester'schen Entwurf abgestimmt, welcher nach namentlicher Abstimmung mit 256 gegen 62 St. verworfen wird. — (Die äußerste Linke besteht demnach aus 62 Mitgliedern. Die Linke, Rodbertus, Berg, Kirchmann, Philipps stimmten gegen diesen Entwurf.) Auch das Rodbertus'sche Amendement §. 1 wird verworfen. Ueber §. 2 dieses Amendements wird namentlich abgestimmt und dasselbe mit 212 gegen 120 St. verworfen. (Die äußerste Linke und die ganze Rechte stimmt dagegen). — Ebenso wurden die Amendements von Thiel, von Kosch und Genossen und von Pape und Genossen nach und nach verworfen.
Jetzt kam man zu dem Commissions-Entwurf. Nach namentlicher Abstimmung wird
§. 1 des Entwurfs mit 172 gegen 161, und
§. 2 desselben mit 175 gegen 158 Stimmen angenommen.
(Schluß der Sitzung.)
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@facs1418
Königsberg, 17. März.
Die Genehmigung zu dem von den Gewerken, der Bürgerwehr, den Arbeitervereinen etc. zum 18. März beabsichtigten Festzuge durch die Stadt ist vom interimistischen Polizeipräsidenten, Regierungsrath Peters, versagt worden. Als die bei Letzterm erschienene, vom Festcomite abgesendete Deputation, der auch die HH. Walesrode und Stud. Meihe ange- [1419] hörten, auf Mittheilung der Gründe, worauf sich dieses Verfahren stützte, drangen, gestand Hr. Peters endlich, daß er höhern Instructionen gemäß handle. Auch die darauf brim Regierungspräsidenten Wallach nachgesuchte Genehmigung hat ein gleiches Resultat gehabt.
[(D. A. Z.)]
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@facs1419
[ X ] Breslau, 19. März.
Um den Tag der Märzerhebung zu feiern, war ein Festkomite zusammengetreten. Die Feier sollte beginnen mit einem Zuge und enden mit Bankets. Alles war vorbereitet, als plötzlich den „deutschen Volksverein“ Angst und Zittern befiel wegen der rothen Fahnen, die den Zug begleiten sollten. Zwei Tage vor dem Zuge selbst lieh er dieser Angst in einer öffentlichen Sitzung Worte und tobte auf eine wahrhaft ergötzliche Weise gegen die rothe Fahne, hinter der die Guillotine lauere. Arme Bourgeois! Könnt Ihr denn überhaupt einen Kopf verlieren?! Auf diese Debatten fußend verbot der Polizei-Präsident, den der deutsche Volksverein hoffentlich zum Ehrenmitgliede ernennen wird, die rothen Fahnen. Die demokratische Partei bestellte hierauf den ganzen Zug ab. Doch die Gewerk- und Arbeitervereine beharrten auf ihrem Willen trotz Polizei und Volksverein. Um drei Uhr setzte sich der Zug in Bewegung, begleitet von drei rothen Fahnen; auf einer derselben las man: „Emancipation der Arbeit.“ Treffende Reden wurden gehalten von J. Lasker und Lindner.
Obgleich der Polizei-Präsident — und der Volksverein? — vom Bürgerwehr-Obersten Engelmann bewaffnete Intervention forderte, so verweigerte dieser doch jedes Einschreiten gegen die friedliche Manifestation, die der Polizei-Präsident und der Volksverein? — freilich eine anarchische Bestrebung nannten. Auf die Weigerung des Einschreitens wurde Militär requirirt, allein auch dieses erhielt keine Gelegenheit zum Interveniren.
Abends fanden drei Bankette statt. Am interessantesten war das des Arbeitervereins. Der Saal war mit der rothen Fahne geschmückt; die Inschrift auf derselben lautete: „Emancipation der Arbeit;“ dargestellt wurde dieser Sinnspruch an der Spitze der Fahne durch einen Proletarier, der den Geldsack mit Füßen tritt und drohend mit nervigem Arm den Hammer schwingt.
Dem Bankett präsidirte der aufgelöste Vereinbarer Nees von Esenbeck. Reden wechselten mit Liedern ab. Unter den vielen Toasten erwähne ich den von Lohnmann auf die rothe Fahne, als Symbol der social-demokratischen Republik, von Stilch, auf die Grundpfeiler der Gesellschaft: Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit; von Lindner auf die social-demokratische Republik u. s. w. Unter die Hochs mischten sich Pereats; so z. B. eins: „Dem Hochmuth der Großen und der Demuth der Kleinen.
Das Fest dauerte ohne die geringste Störung bis nach 1 Uhr Nachts.
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[ 068 ] Wien, 18. März.
Venturini, früher k. k. Lieutenant bei Zanini-Infantrie und später von den Magyaren zum Major ernannt, wurde bei Kapolna gefangen und am 13. d. kriegsrechtlich erschossen. — FML. Baron Hammerstein soll aus Galizien mit 10 Bataillons zur Unterstützung der k. k. Truppen in Ungarn ein rücken. — Man behauptet, Welden habe den Grabhügel der am 13. März 1848 Gefallenen der Erde gleich machen lassen, um weiteren Wallfahrten dahin ein Ziel zu setzen. Wie bekannt, ist der Friedhof militärisch besetzt. — Die heutige Wiener Zeitung enthält das Kriegsmanifest gegen Sardinien in der Form eines leitenden Artikels. —
Auf die Nachricht von der Aufkündigung des Waffenstillstandes von Seite Sardiniens hat der Guverneur des östreichisch-illyrischen Küstenlandes Triest und die ganze Provinz unterm 17. d. M. in Kriegszustand erklärt.
Der hiesige Magistrat warnt in einer Bekanntmachung alle Eisenarbeiter vor Anfertigung von Waffen „und derlei Bestandtheilen.“ Wer die Warnung nicht beachtet, werde der standrechtlichen Behandlung verfallen.
Gestern Mittag um 2 Uhr wurde in der Ofner Josephsbastion der pensionirte Husarenlieutenant Novak, welcher das hier garnisonirende Bataillon Wimpfen zum Treubruche gegen seinen Kaiser verleiten wollte, standrechtlich zum Tode verurtheilt, und erschossen.
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München, 17. März.
Die in unmittelbarer Folge des Sturzes des Abel'schen Systems, von hiesiger Universität entfernten Professoren, Lassaulx und Phillips, sind in ihre früheren Stellen wieder eingesetzt worden, und zwar ersterer in hiesiger, letzterer an der Universität Würzburg. Demgemäß können wir demnächst auch die Rückkehr von Döllinger und Höfler, wie die Ernennung Sepp's zum Professor erwarten und uns des fröhlichen Wiederaufblühens der von ihnen vertretenen Richtung in unserm Vaterlande freuen.
[(A. Z.)]
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[ 224 ] Aus Franken, 18. März.
Die schmutzige Coalition aller Heuler und Volksfeinde in dem famosen Kleeblatte: Richterstand, Bureaukratie, Soldateska, steuert mit vollen Segeln und blauweißen Wimpeln ihrem Ziele entgegen. Zu dem Ende häuft sie Blamage auf Blamage. So hat der fränkische Richterstand sich nicht entblödet, sich selbst das schmählichste Dementi zu geben; seine kindische Furcht vor den Assisen hat ihn nicht eher ruhen lassen, bis er einem seiner unglücklichen Opfer die Kerkerthore geöffnet, nur um dem auf elende Weise Verfolgten und Gequälten die Möglichkeit zu entreißen, die fränkischen Inquisitoren vor den Assisen zu enthüllen und ihr infames Verfahren öffentlich zu entlarven. Dieses Unglück der Entlassung aus dem Kerker traf den Studiosus Grössel, der wegen einer auf der Höfer Volksversammlung gehaltenen Rede 20 Wochen lang im Kerker schmachten mußte. Und dies etwa nicht in einem und demselben Reichspolizeistalle, nein er wurde mehrmals mit den gemeinsten Verbrechern zusammengepackt, und so an verschiedenen Orten herumgeschubt, bis er endlich in dem Allerheiligsten zu Bayreuth auf eine hübsche Zeit Ruhe fand. Im Kerker selbst wurde er systematisch durch jeweilige Entziehung der Speise, der Schlafdecke (an ein Bett ist in solchen baierischen Hundelöchern gar nicht zu denken) etc. zahm gemacht. Und nun, nachdem der junge Mann durch diese 20 Wochen enger Haft in seinen Studien vielleicht Jahre lang zurückgeworfen ist, entläßt man ihn 14 Tage vor dem Zusammentreten der Geschwornen, entzieht ihn seinem eigentlichen Richter, raubt ihm die einzige Rache für seine ungerechten Leiden, eine Ehrenerklärung vor diesem Volksgericht; nur weil man fürchtet, daß das Volk gar zu sehr durch die Zusammenstellung eines so empörenden Verfahrens aufgeregt werden könnte!!! Wie Herr Max Daffner seinerseits sehen mag, wo er ein neues Bein herbekommt, so der Studiosus Grössel, wie er die von seinen Studien, von seinem Leben und seiner Gesundheit verlorenen Jahre wieder nachholen kann. Seine Richter aber wird hoffentlich die Volksrache noch ereilen. Vielleicht erlebt der Assisenschreck übrigens noch mehrere Auflagen.
Unsere Bureaukratie macht ebenfalls jetzt wieder sehr erkleckliche Fortschritte. Sie räumt jetzt wieder ganz con amore „neuen Unrath“ aus und ersetzt ihn unverdrossen durch den alten gottbegnadeten, verstaubten Wust. Absetzungen und Adressenunterschlagungen sind an der Tagesordnung. So hat, um nur ein Exempel von tausenden anzuführen, der Landgerichtspascha eines fränkischen Bezirkes eine Zustimmungsadresse an die Linke in der Volkskammer ohne Weiteres wegnehmen lassen, ohne sie mehr herauszugeben. Das sind die Grundrechte, das die konstitutionelle Garantie des Petitionsrechtes! Eine andere standrechtlich-bureaukratische Willkürmaßregel ging von dem Regierungspräsidenten von Mittelfranken, Freiherrn von Welden, aus, der ein Vetter des Wiener Blutrichters ist, und ihm wirklich Ehre macht. Besagter Welden hat einen Forstbeamten seines Kreises von seinem Amte suspendirt, weil er Volksversammlungen in Begleitung des Dr. Diezel beigewohnt, und in dessen demokratischen „Freien Staatsbürger“ mehrere Artikel geschrieben!
Vollends die blauweiße Soldateska sucht vor allen Andern ihrem leidenschaftlich in sie vernarrten Reichsmax Ehre zu machen. In Nürnberg haben wieder brutale Excesse stattgefunden, ja der dortige General und Stadtkommandant, ein mit sieben Reichsvögeln begnadeter Windischgrätz in Sedez, hat sich sogar einen Angriff auf das Eigenthum erlaubt, und der dortigen Bürgerschaft ihre selbsteigens angekauften Kanonen geraubt. Und das geschieht den Nürnbergern, deren Elité unter dem gesammten Frankenvolke wegen ihres Muckerthums hinlänglich bezeichnet ist! Dem Bamberger demokratischgesinnten Freikorps kam vom Kriegsministerium der Ukas zu, es habe sich sofort als selbstständiges Corps aufzulösen und unter die antideluvianische Landwehr zu stellen. Eher als dem sich unterwerfen, will das Corps sich lieber ganz auflösen.
Trotz alledem und alledem haben die „demokratischen Canaillen“ die Unverschämtheit gehabt, zum Aerger aller Gläubigen und Gutgesinnten in einer imposanten Demonstration ihre numerische Stärke zu entfalten, und dies dicht unter den Kanonen der Veste Rosenberg, unter den brennenden Lunten der Würzburger „Mordartillerie.“ Am 16. März nämlich fand in dem benachbarten Orte Remlingen eine große Volksversammlung Statt. Sie wurde von den entschiedensten Demokraten Unterfrankens geleitet, und war von mindestens 4000 Theilnehmern besucht, größtentheils Landleuten, unter welchen die „rebellisch gewesenen“ Orber sehr zahlreich waren. Auf dieser Volksversammlung präsidirte Metzler von Würzburg. Es sprachen: Dr. Schmidt, (Arzt), mehrere Studenten aus Würzburg und andere Demokraten. Alle ermahnten das Volk zur Ruhe und Geduld, da ja doch die Tage ihrer Sklaverei bald gezählt seien; man wies dabei besonders hin auf die glücklichen Siege der Ungarn und auf den von Italien auf's Neue ausgehenden Revolutionskrieg, welche Stellen mit ungeheurem Jubel aufgenommen wurden. Beschlüsse wurden gefaßt: In einer Monsteradresse, welche sogleich von sämmtlichen Anwesenden unterzeichnet wurde, dem jetzigen reaktionären Ministerium ein peremtorisches Mißtrauensvotum, der Linken in der Kammer ein Vertrauensvotum zu übermachen, und an den blauweißen Reichsmax die Aufforderung zu stellen, ein neues volksthümliches Ministerium, zum Mindesten aus der Kammermajorität, zu bilden.
Die Bildung eines so entschieden reaktionären Ministeriums, aus dem auch der einzige noch etwas freisinnige (wenn man so sagen darf) Justizminister Heinz entfernt wurde, die Vertagung der Kammer, nachdem sie eben angefangen, durch ihre liberale Majorität sich das Zutrauen des Volkes zu erwerben, hat in ganz Franken, wie auch in der Pfalz, große Erbitterung hervorgerufen. Die reichsnachbarlichen Pfälzer sind eben im Begriff in einer Riesenpetition an die sogenannte Reichsversammlung dieselbe aufzufordern, mit aller Macht (s'il y en a) beim baierischen Ministerium auf alsbaldige Publikation der Grundrechte zu dringen, widrigenfalls sie von dem glorreichen Hause Wittelsbach abfallen und sich unmittelbar unter die Reichscentralgewalt stellen würden!! Die guten Pfälzer, die noch an die Reichsgewalt glauben! Als ob sie nicht schon längst unter der Reichscentralpolizeigewalt zu stehen das Glück haben. Uebrigens zeigt eine solche massenhafte Drohung nur zu gut, wie es mit den Sympathieen der Pfälzer für das baierische Regentenhaus aussieht. Uns Franken, die wir dergleichen Reichshanswurstiaden doch nicht machen, wäre nur noch eine festere Organisation unserer Partei zu wünschen; doch haben wir dazu schon die Grundlage, und wir können erwarten, daß bei einer künftigen Ministerkrisis, welche nicht lange ausbleiben kann, auch auf die Stimmung des demokratischen Frankenlandes Rücksicht genommen werden muß, und nicht wie bisher blos auf die von den Pfaffen umstrickten altbaierischen Stockprovinzen.
Wie die französischen Demokraten ihre Milliarde haben, wodurch sie der Reaktion den Kopf zertreten, so die bairischen die anderthalb Millionen, welche König Ludwig, „des Freistaats getreuester Beamteter,“ im Bunde mit der korrupten und servilen hohen Bureaukratie ohne Genehmigung der „Stände“ nach Griechenland eskamotirt hat. Das Volk nimmt höchsten Antheil an der Zurückforderung dieser Summe, und eben als Abgeordneter Kolb den Antrag auf ihre Zurückgabe und auf Anklage des Ministeriums Abel-Seinsheim und der andern mitwirkenden Beamten wegen Verfassungsbruch gestellt hatte, ward die Kammer vertagt.
In diesen Tagen marschirt ein Theil unserer Reichskroaten nach Schleswig-Holstein. Ganz Franken jubelt diesem wirklich gescheuten Einfall unseres Reichsmax entgegen und auch die Soldateska ist glücklich, den Schauplatz ihrer blutigen Thaten in andere Länder verlegen zu können; denn die Wuth des Volkes war wirklich so weit gestiegen, daß die einzelnen Soldaten kaum mehr vor seiner Rache sicher waren. Das erbaulichste bei dem ganzen Marsche ist die Bequemlichkeit und die beinahe mehr als väterliche Zärtlichkeit, womit der erkenntliche Reichsmax sein treues Kriegsheer transportiren läßt. Anstatt nach Soldatensitte zu marschiren, sollen diese Reichsunmenschen überall auf Eisenbahnen, wo solche nicht vorhanden sind, auf Wägen weitergeschafft und dazu der letzte Gaul des ärmsten Landmannes requirirt resp. ruinirt werden, damit ja keiner dieser Wirthshaushelden seinen Fuß an einen Stein stoße. Den armen Arbeitern dagegen hat man eine freie Fahrt sogar auf der Strecke abgeschlagen, die sie selbst mit saurem Schweiß und Händearbeit erbaut haben. Es lebe die Gleichheit! Und wenn es überhaupt nur mit dem Dänenkrieg Ernst wäre! So aber, wenn es dem Gottbegnadeten nach Wunsch geht, soll ja bloß die Preußenkomödie von 1848 zum zweitenmale aufgeführt werden. Wenn nämlich die Kroatenbande nach Schleswig luftgefahren ist, wird sie wahrscheinlich nichts weiter zu thun haben, als nach dem Beispiele der glorreichen Berliner Barrikadenstürmer „sinnend zu stehen an der Königsau“ und eine Weile hinüberzugaffen, wie Windischgrätz nach der Debrecziner Haide, bis die mit den Reichsohnmachten abgekartete Drohung des russischen Czaren ihr Gelegenheit gibt, sich zurückzuziehen und dem wehrlosen Volke ihre „derben Fäuste, zerbrechlichen Schlachtmesser und Mordprügel“ fühlen zu lassen. Mir däucht, die Meerumschlungenen werden von ihnen mehr zu fürchten als zu hoffen haben.
Als Reichskuriosum theile ich Ihnen mit, daß der Muckerverein der Stadt Bayreuth, „patriotischer Verein“ genannt und Flennbruder des Kasseler „Centralpatrioten,“ seine Rechnungen geschlossen und die enorme Summe von 80 Gulden für Blums und zu gleicher Zeit 62 Fl. für Auerswalds (!!) Hinterbliebene zusammengebettelt hat! Letztere werden sich höchstens zu einem verächtlichen hocharistokratischen Hohnlächeln über das Bettelgeld der fränkischen „Patrioten“ herablassen und selbiges mit Entrüstung von sich werfen. Uebrigens hält derselbe Klub alle 4 Wochen eine öffentliche Sitzung, in welcher ein Staatsprokurator über den Unterschied von Mord und Todtschlag liest, ein anderer langweilt vom Erdbeben, ein Dritter heult gar über die Zweckmäßigkeit wasserdichter Schlafhauben bei stürmischer Witterung u. dgl. Dem gegenüber macht allerdings die Zusammenkunft konstitutioneller Vereine in Nürnberg Epoche. Dort wird eine Stunde lang Rechenschaft abgelegt, wie viele Heulervereine dem Programm beigetreten, wie viele Exemplare wassermännischer Reden vertheilt und wie viele fromme Wünsche den Zeitungen übergeben worden sind. Damit ist der Kongreß geschlossen und nun wird gezecht und geschmaust bis in die Nacht hinein. Am andern Morgen drucken dann die Heulerorgane triumphirend mit großen Lettern: Der Kongreß ist in größter Ruhe und Ordnung abgelaufen! Mit dem patriotischen Verein geht's übrigens von Tag zu Tage mehr abwärts; je mehr er heult, desto mehr klopfen ihm die hohen Herren auf die Finger! In diesem edlen Verein bestehen die Hauptmitglieder aus kleinen Meistern, die Krämpfe bekommen, wenn von Gewerbefreiheit die Rede ist. Sobald sie hören, daß ein armer Handwerksgeselle sich ansäßig machen will, laufen diese Zunftnarren auf die Polizei und drohen, Sturm läuten zu lassen, wenn man die „Ausländer“ hereinlasse. Was Wunder, wenn solche angeblichen Republikaner manchen gesunden Arbeiterkopf der Demokratie abhold machen. Und das sind die Herren, die hier die Demokratie vertreten wollen!
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[ !!! ] Frankfurt, 20. März.
Nationalversammlung. Fortsetzung der Kaiserdebatte, Simson präsidirt.
Halbauer aus Sachsen interpellirt das Reichsministerium, ob es Notiz genommen von dem Beschluß der sächsischen Stände, den Matrikularbeitrag zur deutschen Flotte nur bedingungsweise, wenn das Geld zum Dienst der Freiheit verwendet wird, zahlen zu wollen, und was es in diesem Falle zu thun gedenke. — Das Ministerium wird antworten, wenn Sachsen auf das letzte Monitum in dieser Angelegenheit geantwortet haben wird. — Hierauf geht man alsbald zur Tagesordnung und das Wort bekommt der ultramontane Buß aus Freiburg: Wann ist es je in der Welt gewesen, daß eine Versammlung, die ein volles Jahr zusammen ist, um eine Verfassung zu machen, am Ende ihrer Berathungen größere Differen-
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überzeugt, daß die fraglichen Individuen, deren innerste Herzensrichtung in Gefühlsweiche und Rührungsfähigkeit gewiß mit Ihrer eignen durchaus harmoniert, mit einigen Bemühungen für den wahren Glauben und den Gehorsam gegen die Obrigkeit wieder zu gewinnen wären. Lassen Sie sich durch Nichts abschrecken, würdigster Mann! Der spätere Abrechnungsprozeß der revolutionären Partei mit ihren Feinden würde sich dadurch jedenfalls um ein Bedeutendes vereinfachen.
Da ist die Neue Preuß. Zeitung in ihrem ersten Stock. Man sieht, die Herren Consistorialräthe sind unverfälschte Kirchenväter: streng und unerbittlich gegen die Großen, gegen die Könige, liebevoll und barmherzig gegen die Geringen, die Verführten, die noch nicht ganz verhärteten.
Während nun im oberen Stockwerk solcherlei feierliche Bußpredigt und ernste Vermahnung ihr Wesen treibt und die reumüthige Zerknirschung einer geknickten Heulerseele erstes Erforderniß zur Mitarbeiterschaft ist, geht es unten, im Rez-de-Chaussee ganz gemüthlich und fibel her. Hier ist eine Art Portierloge errichtet, in welcher die eigentlichen Stifter des Blatts, die verbummelten Referendarien, Supernumerarien und Lieutenants ihr Standquartier aufgeschlagen haben, Weißbier trinken, Cigarren rauchen und etwa folgende Conversation vorführen (Siehe Nr. 60, 65 der N. Pr. Ztg., Feuilleton):
Bummler I. Neulich ging der Bürgerkaplan mit einem ganz hübschen Frauenzimmer unter den Linden spazieren.
Bummler II. Er sagt es sei seine Cousine.
Bummler III. Cousine? Na, ich möchte den Stammbaum sehen.
Bummler I. (gähnt) Der Bürgerkaplan denkt auch: es gibt nur ein Berlin!
Bummler II. Er sagt, die Dame heiße Fräulein Schröder.
Bummler I. Apropos, der dicke X. liebäugelt von der Tribüne, wenn er spricht, immer mit einigen Damen auf der Gallerie.
Bummler III. Ja, ich höre aber, seine Eroberungen sollen sehr antediluvianisch sein.
Bummler II. Das sieht ihm ähnlich. Gestern hatte er übrigens ein Rendezvous am Halleschen Thor.
Bummler I. So ? Das müssen wir in den Zuschauer setzen.
Bummler III. (nach einer Pause) Gestern haben sich die Gardeulanen mit dem Civil geprügelt.
Bummler IV (tritt ein) Guten Morgen, Bummler.
Bummler I. Was gibts Neues?
Bummler IV X. amüsirte sich gestern in der Esmeralda in Begleitung seiner Schwester Freundin.
Bummler I. Sonst nichts?
Bummler IV. Doch. Elsner hat sein Stammlokal im Café de la Liberté aufgeschlagen und macht dort eine Hebe bedeutend den Hof; Hr. Elsner scheint eine Passion für schöne Kellnerinnen zu haben.
Bummler I. Weiter?
Bummler IV. Eben ist mir der Bürgerkaplan begegnet mit aufgeschlagenem Paletotkragen.
Bummler II. Aha, gewiß damit sein Rival der Garde-du-Corps ihn nicht erkennt.
Bummler III. Was ist das für eine Geschichte?
Bummler II. Ich weiß nicht genau, ich muß erst weiter hören. Setzer (kommt) Herr Vorbummler, es fehlen noch zwei Spältchen Manuscript.
Bummer IV. Wart. Hier ist noch was: Die Gardeschützen bekommen statt der Helme Filzhüte wie die Constableroffiziere.
Bummler III. Dumme Geschichte. Darüber werden die Demokraten schlechte Witze reißen und sagen „es fehlt die Pointe, die Spitze.“
Bummler I. Ist das Alles?
Bummler IV. Hier ist noch eine Notiz:
Vor zwei Jahren besorgte ein gewisser Literat Carl Grün in Paris bei dem bekannten Prozeß des Grafen Heßfeld mit seiner Frau gegen sehr anständiges Honorar die Ineressen des Grafen in Paris und in der französischen Presse. Wie sich nachher auswies, hatte Herr Grün zu gleicher Zeit von der Gegenpartei der Gräfin Bezahlung genommen für gewisse Mittheilungen. Wie nennt man wohl dergleichen?
Bummler III. Mit dem Grün bin ich noch nicht im Klaren.
Von dem Individuum muß es noch ganz andre, viel schönere Geschichten geben. Wenn ich nur erst dahinter käme.
Bummler I. Ach laß den Mann laufen. Er sieht mir gerade so aus, als ob er von Natur eigentlich zu uns gehöre. — Ist das Alles? Eh bien, dann wollen wir den Klatsch aufschreiben, und Du, Bummler III., kannst einen Brief aus Leipzig fabriziren nebst einer großen Verschwörung, und daß D'Ersters Blondine seit seiner Abreise sehr traurig ist. Macht daß Ihr fertig werdet, wir wollen zu Wasmann gehen und ein Seidel trinken.
Der Art ist die anmuthige Conversation, die im Unterstübchen der Neuen Preußischen Zeitung verhandelt wird, während oben die Consistorialräthe sich mit Bußpredigten heiser schreien. Die liebenswürdigen Leute da drunten kümmern sich nicht im Mindestens um die Consistorialräthe, und die Consistorialräthe werden durch den Stadtklatsch der Bummler nicht im Mindesten genirt.
Man findet es befremdlich, daß die Consistorialräthe und die Bummler so harmlos und friedfertig in deselben Blättchen sich vertragen? Aber sie gehören nothwendig zusammen. Wenn der Consistorialrath ein gutes Ministerialdiner zu sich genommen hat, ist ihm die Bummelei des „Berliner Zuschauers“ so zu sagen Bedürfniß, und wenn der Bummler nach verbummelten Nächten spät am Tage mit der Sehnsucht nach einem einmarinirten Häring erwacht, — die einzige Tageszeit, an der er Sinn für die „ernste Politik“ hat — so thut ihm ein solcher Constistorialartikel genau dieselben Dienste.
Das ist der Zusammenhang zwischen dem Gros und dem Feuil- [1420] leton der Neuen Preußischen Zeitung. Auch sie wird durch den Ernst der Ereignisse täglich mehr dazu gedrängt, ein honettes Blatt zu werden und sich dadurch zu ruiniren. Der Zuschauer, die letzte Zuflucht ihres Restes von Humor, wird täglich platter und fader. Bald wird auch er eingehn und den rührend-loyalen poetischen Ergüssen bleichsüchtiger Consistorialrathstöchter und pommerscher Edelfräulein weichen, stille blonde Jünglinge die „den Glauben“ haben und die Schwindsucht, werden sich des Feuilletons bemächtigen, und die Bummler werden an die Luft gesetzt mit Gott für König und Vaterland.
[unleserlicher Text]
Zum Schluß noch zwei Worte beiläufig an die Adresse der N. Pr. Ztg. Sie bringt Folgendes:
„Die gestrige Rheinische Zeitung sagt in einem Artikel über die Purisikation der Kammern von den ungehörigen Ingredienzien:
„Die Steuerverweigerer aber werden die Kammern selbst als Hekatombe ihrer Reinigung und Sühne dem Königl. Throne darbringen und so sich zur Erfüllung der weitern vom Könige „der sogenannten Volksvertretung“ octroyirten Aufgaben würdig machen.“
„Die Rheinische Zeitung beleidigt ihre eigenen Freunde, da eine Hekatombe bekanntlich nur aus großem gemästeten Vieh bestand.“
Was diesen Witz angeht, so ist er eine Probe der Sorte von Malice, deren das Kreuzblättchen jetzt noch fähig ist.
Seit wann aber sind die Steuerverweigerer „unsre eignen Freunde“ geworden, bestunterrichtetes Blättchen?
Ferner. Herr Goedsche beschwert sich über irgend einen Vorwurf, den ihm die Berliner demokr. Correspondenz macht und fügt hinzu:
„Bei dieser Gelegenheit bemerken wir, daß derselbe Herr Steinthal, der früher sich auch mit einem kleinen Theaterbillethandel beschäftigte, im Sommer des vorigen Jahres für das Feuilleton der Kreuzzeitung gegen Bezahlung Notizen aus den demokratischen Tagesvorgängen lieferte, bis dies unsererseits indirect aufgekündigt wurde. Die Manuseripte liegen für Alle, die sich dafür interessieren, zur Ansicht.“
Was Herrn Steinthal angeht, so wissen wir von der ganzen Geschichte nichts; wir haben Herrn Steinthal nicht zu vertheidigen. Warum aber schweigt HerrGoedsche auf unsre wiederholte Erklärung, daß er uns in den ersten Monaten unsres Bestehens seine feuilletonistische Mitwirkung anbot und sogar Proben einschickte?
[unleserlicher Text]
So eben kommt uns das neueste Stück der „Neuen Preußischen Zeitung“ zu. Neue Vervollkommnung: Sancho Panza ist Mitredakteur geworden. Man höre folgende Litanei von Sprüchwörtern und Sinnsprüchen:
„Lasset die Todten ihre Todten begraben, und wer da weinen will, der weine über sich und seine Kinder. — Die Nächstenliebe, sonst so theuer, ist hier so geschäftig der eigenen Trauer, und mit der Trauer auch der Mitschuld zu vergessen. — Und doch ist Niemand ohne Furcht und Tadel, und Jeder büßet seine eigene Schuld. — Die Zweihundert, welche im offenen Aufruhr fielen, sie waren nicht vor allen Andern schuldig, und wir sollen von ihnen lernen, was das Ende der Empörung ist. — Der Geist der Zeit ist stärker als wir meinen, und Mancher geht in seinen Ketten, der sich für einen Ultra-Rechten hält. — Hier gilt nicht Rang, nicht Stand, hier gilt nicht Alter und Beruf, ja selbst auf einem Fürstenthrone kann man rebelliren. — Das Pochen auf göttliches ererbtes Recht ist eine große Lüge, wenn nicht die Thaten dieses Glaubens Zeugniß geben“ u. s. w. Bravo!
[Deutschland]
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@facs1420
zen vor sich hat, als am Anfang. — Die Gefahr, die Sie (die Preußen) uns vormachen, um uns zu einem Ihnen beliebigen Ende zu führen, ist eine gemachte. — Bange machen gilt nicht! (Heiterkeit.) die Herren, die uns die Gefahren so furchtbar schildern, in denen das Vaterland schwebt, sehen wir ruhig spazieren gehen mit Heiterkeit im Wesen. (Großes Vergnügen.) Die Hauptschwierigkeit, die sich in der vorliegenden Frage uns entgegenstellt, ist die Confessionelle. (Aha!) Ich werde auf alle diese Sachen ausführlich eingehen. (Oh! Oh! Folgen die Buß'schen Theorien von deutscher Einheit. — Er erzählt, daß die Angst um Oestreich ihn nach Olmütz getrieben hat, wo er vom Ministerpräsidenten bis zum Kaiser Alles gesprochen hat. (Gelächter.) Dort hat er sich überzeugt, daß Oestreich bei Deutschland bleiben will, und da war er beruhigt. (Gelächter.) Es fragt sich nun, warum Oestreich so zähe ist? — Antwort: weil es eine Großmacht ist und ebensoviel Recht als Preußen hat. — Oestreich kann für dies Haus keine Sympathieen haben, weil es von ihm stets stiefmütterlich behandelt wurde. (Widerspruch.) Deshalb naht Oestreich vorsichtig, aber näher ist es mit jedem Schritt gekommen. — Der Bundestag sei abgeschafft, aber keineswegs die Verträge von 1815. Wie könne man also Oestreich aus dem Bund ausschließen, wenn es selbst nicht will. — Preußen allein kann die große Aufgabe der deutschen Einigung nicht lösen. — Herr Buß erzählt uns, daß der Katholizismus sich die Aufgabe gestellt hat, die sozialen Wehen der Zeit zu besiegen. — Er schließt mit den Worten: Meine Herren, ich will Deutschland ganz und voll, ich nehme den kräftigen Norden und den gemüthlichen Süden, ich nehme sie alle an meine Brust. (Furchtbares Gelächter und Zischen.)
Zittel aus Baden. (Pfaffe.) Als er dem Erzherzog Johann seine Stimme zum Reichsverweser gab, hatte er zum Kaiser seine Stimme dem Haus Habsburg vorbehalten. Aber jetzt ist er preußisch geworden. Er sieht nicht ein, daß die katholischen Interessen unter einem protestantischen Kaiser gefährdet sein sollen. Er hält nun Oestreich eine schrecklich langweilige Leichenrede in salbungsvollem Predigerton. Er frägt die Oestreicher, ob sie in Verbindung mit den Männern der Linken Opposition machen wollen gegen ihr eigenes Vaterland, und uns hindern, das Einzige zu thun, was uns retten kann, uns hindern das Schirmdach zu bauen über unser Haus. (Schönes Schirmdach, so ein preußischer Helm!) Nachdem uns Herr Zittel mit gerührter Stimme alles gesagt hat, was das Volk nicht will (woher er das nur weiß?), schließt er mit der frechen Lüge, das Volk wolle den preußischen Erbkaiser. — Das Volk wolle einen geordneten Rechtszustand. (Bajonette, Belagerungszustände und Militär-Metzeleien.) — Wenn wir ohne Beschluß aus der Paulskirche gehen, überlassen wir das Feld zwei Parteien: der schwarzen Reaktion und der rothen Republik. (Gelächter.) Dem Einwurf, als würde der König von Preußen nicht annehmen und das Parlament sich blamiren, begegnet er mit den Worten: Der König wird folgen, wenn das Vaterland ruft. (Die 10 Stimmen Telegraphen-Majorität der armseligen Paulskirchner sind also das rufende Vaterland!) Möller aus Würzburg überreicht neue Anträge; u. A., das Reichsministerium soll ermitteln, ob Preußen annehmen will, bis dahin bleibt Alles sistirt. —
Heckscher reicht zu seinen Amendements neue Zusätze ein.
Fröbel. Jedem Antrag der auf Beschleunigung unserer Aufgabe hinzielt werde ich beistimmen unter der Bedingung, daß er der Willensmeinung der Mitglieder dieser Versammlung nicht Gewalt anthut. Diese Bedingung erfüllt der Welkersche Antrag nicht. — Es ist gegen die Tendenz einer souveränen Versammlung, auf die äußeren Eindrücke zu achten, die alle Tage sich mehren, alle Tage sich ändern, wie Pferde vor einem Wagen auf das Knallen der Peitsche von rechts und links zu hören. — Der Welkersche Antrag ist in dieser Beziehung der Gipfel der Unselbstständigkeit. — Um zwei Dinge handelt es sich 1), um das Verhältniß Deutschlands zu Oestreich. 2), Um die endliche Feststellung der exekutiven Gewalt des Reichs. — Wenn ich auch nicht zugeben kann, daß die Verbindung Deutschlands mit allen Völkern Oestreichs deswegen unmöglich ist, weil die Rohheit und der Absolutismus jener Völker Hindernisse sind — denn auch unter den Kroaten finden wir mehr Wurzel für die Demokratie als in manchem obskuren Winkel unseres Vaterlands (bravo) — wenn ich also auch dies nicht zugebe, so will ich doch eingestehen, daß der Unverstand der jetzt in Olmütz Geschichte macht, der vorläufigen Verbindung mit Oestreich Hindernisse in den Weg gestellt hat. — Hierauf spricht Fröbel von der Unmöglichkeit der Verwirklichung des Gedankens einer erblichen Kaiserwürde. Es ist dies ein greller Anachronismus. Freilich werden wir Demokraten noch nicht mit einemmale die bestehenden Erblichkeiten ausrotten können. Allein wenn wir uns auch dieser Thatsache (den bestehenden Erblichkeiten) fügen müssen, so können wir doch das Prinzip unmöglich anerkennen, indem wir ein neues Erbkaiserthum gründen helfen. — Ein konstitutioneller Kaiser ist ein ebenso unvernünftiger Gedanke als der eines konstitutionellen Gottes. (Beifall.) China — Abyssinien — Fez und Marokko haben Kaiser. Vielleicht wird auch Frankreich bald einen Kaiser haben. Da würden wir nun freilich weit in der Cutlur zurückstehen, wenn wir nicht auch einen bekämen. — Ich glaube Sie (die Kaiserlinge) werden die Majorität haben in dieser Abstimmung — mich alterirt das nicht, ich will Ihnen sagen, meine Herrn, wir wollen zu unserm Wahlspruch machen die Umkehrung jenes Wortes Après moi le déluge: „Nach der Sündfluth kommen wir!“ (Beifall und große Sensation!)
von Reden (preußischer Regierungsrath.) Wofür er spricht, können Sie sich denken! — Ein preußischer Erbkaiser werde gezwungen sein, sich auf das Volk zu stützen, weil — die Regierungen seine natürlichen Gegner sind. — Wenn man keinen Preußischen Erbkaiser macht, so „schreiben sie uns wieder in der Wiener Canzlei, die Papier und Küchenzettel und alles bleibt wieder der alte Bettel!“ etc. etc. — Nachdem Herr v. Reden in weißer Weste seine 1/2 stündige preußische Rede wörtlich abgelesen hat behauptet er zuletzt, der aus der Wahl des Parlaments hervorgegangene Erbkaiser wäre der größte Sieg der Demokratie. (Was so ein preußischer Regierungsrath im Unsinn nicht Alles zu leisten vermag!)
Simon von Trier: Im verflossenen Frühjahr folgten unsre östreichischen Brüder dem Rufe ins Parlament, und die Macht in Oestreich ließ sie ziehen. Was ist geschehen, daß diese Macht sich plötzlich anders gestaltet hat? Diese Frage zu stellen haben wir ein Recht, bevor wir auf die Schmach uns einlassen, die man uns anträgt. Sie sagen, Sie brauchen Macht. Wer nach fremder Macht ruft, das ist die Ohnmacht. Was ist geschehen, daß das schwarz-roth-goldene Banner, welches auf dem Stephansthurme wehte, in Staub und Asche getreten? Die Macht, die Ihnen gehörte, und auf die Sie fußen mußten, die lag in der Volkswehr, diese haben Sie verschleudert. Sie rufen nun nach einer andern Macht. Dies heißt die Revolution verleugnen. Von Ihren Ministerien ließen Sie sich von jeher mit Phrasen abspeisen. Folgen die hohlen Phrasen des ehemaligen Schmerlingschen Ministeriums. Was haben Sie gethan? Nichts! Nicht nur nichts, sie haben sogar Ihre Versprechungen gebrochen und sogar die Majoritätsbeschlüsse der Versammlung nicht ausgeführt. Alle Mitglieder Ihrer Ministerien sind Schuld an der Abschließung des Waffenstillstandes von Malmöe und am Untergange Wiens. Sie haben den Waffenstillstand sanktionirt, um schon damals dem preußischen Erbkaiser das Pensum nicht zu korrigiren. Nach dem 6. Oktober konnten Sie Oestreich noch gewinnen, damals als in Berlin noch eine Versammlung saß, die für Oestreichs Brüder ihre Sympathien aussprach, was Sie verabsaumten. Fast sollte man glauben, Wien hätte zu Grunde gehen müssen, damit Habsburg aufhöre, Hohenzollerns Konkurrent zu sein. (Beifall.) Bassermann schrie damals: Anarchie! Anarchie! Wenn die Völker zusammenstoßen und die Veränderungen ihrer großen Geschicke machen, kann man da über Anarchie schreien? Blum starb in Wien als Welker in Olmütz war, und noch nicht nach Frankfurt zurück war, um uns zu belehren, wie man für seine Ueberzeugung lebt und stirbt. (Beifall) Der Riß ist da. Er ist vorläufig nicht wieder auszufüllen. Was die angeregten materiellen Interessen betrifft, so verschachern wir die Freiheit nicht, wir sehen hinter diesem materiellen Köder die Angel des Absolutismus, und wir werden nicht anbeißen. Und wo sind die gerühmten ungarischen Märkte. Wir sollen sie uns erst mit Blut erobern, um dann darauf zu schachern!? Wir können Oestreichs Gesammtmonarchie nicht brauchen! Kleindeutschland ist da — das ist nicht zu läugnen! Kultur und Menschlichkeit können nur dadurch gerettet werden. Aber welche Forderung ist an Kleindeutschland zu stellen? Vor allen die, daß man Großdeutschland nach und nach daraus bilde. (Beifall der Preußen) Meine Herren, klatschen Sie nicht zu früh. Und zu diesem Endzweck schlägt man das preußische Erbkaiserthum vor? Und es giebt hier redliche Männer, die darin ihre Rettung finden? Wenn Sie glauben, Kleindeutschland werde die Freiheit retten und sich zu Großdeutschland heranbilden, so irren sie sehr. Durch das preußische Erbkaiserthum kommt der Schwerpunkt nach Berlin. Das Ministerium Brandenburg wird Ihre Grundrechte nicht publiziren. Oder etwa — weil Sie es wünschen?! Die neuen Preß- und Plakatengesetze, die neuen Club- und Versammlungsgesetzvorlagen dieses Ministeriums sind eine Antwort auf diese Frage. (v. Sauken geräth außer sich.) Glauben Sie, Ihr Wahlgesetz, obschon Sie ganz geneigt sind, es noch zubeschränken, werde von diesem Ministerium gebilligt werden? Schon hier in Frankfurt hat man von dieser Seite (nach rechts) dies Gesetz, wie es die erste Lesung giebt, eine wahre Schandlichkeit genannt. (Links: Pfui!) Was wird erst Brandenburg-Manteuffel dazu sagen? Folgt ein Kapitel über den preußischen Liberalismus. Es sieht heiter aus in Preußen!! Ausweisungen, Beschränkungen aller Art. Ein polnischer Graf, der von Wrangel ausgewiesen ward, durfte nur bleiben, weil er sich unter den Schutz des russischen Gesandten stellte. Also der russische Schutz galt mehr als die Stellung eines preußischen konstitutionellen Staatsbürgers. (Allgemeines Pfui!) Und sollten auch wirklich die preußischen Kammern etwa dazu gelangen, dies Ministerium zu stürzen, so will ich Ihnen sagen was geschieht. Man wird die Kammern auflösen! Womit wollen Sie denn Ihre Freiheiten in Berlin durchsetzen? Vielleicht mit „Bassermannschen Gestalten?“ (Heiterkeit.) Glauben Sie etwa, dies Ministerium wird zurücktreten, wenn die Vertreter Süddeutschlands die preußischen Volksvertreter vermehren? O nein! Dies selbe Ministerium hat sich ja gehalten trotz des Dekrets der ganzen Paulskirche! Es wird als Minoritätsministerium verbleiben, wie die andern auch im konstitutionellen Europa. So lange es so steht, giebt es in Deutschland weder Ruhe noch Freiheit. Aber wollen Sie etwa bezwecken, die Bajonette Süddeutschlands noch Preußen zur Verfügung zu stellen? Wollen die Despoten unter Ihnen sich mit Preußen gegen die Freiheit des Volkes verbünden, so sagen Sie es frei heraus, daß Sie darunter die Rettung Deutschlands durch den preußischen Erbkaiser begreifen! (Beifall.) Eben so wenig wird die zweite Bedingung erfüllt werden, aus Kleindeutschland wieder Großdeutschland heranzubilden. Man sehe die Organe der Erbkaiserlinge! Triumphiren sie nicht über jede Niederlage der Magyaren und über jeden Sieg der Kaiserlichen? Liegt darin nicht der klarste Beweis, daß es ihnen um die eine und ewige östreichische Gesammtmonarchie gegenüber von Kleindeutschland zu thun ist? Daß sie an keine Wiedervereinigung mit Deutsch-Oestreich denken!
Wenn ich deshalb von vornherein gegen die Erblichkeit als gegen ein verwerfliches Institut bin, so bin ich speziell hier dagegen, weil dadurch der Rückeintritt von Deutsch-Oestreich unmöglich ist. Sie fragen, was biete ich Ihnen Positives? (Aufmerksamkeit).
Es ist allerdings in der gegenwärtigen Lage eine schwere Aufgabe, bei 34 Fürsten, bei 38 Gebieten, ist es schwer eine Form zu finden. Wenn Sie sich nicht zum revolutionären Geist des März zurückzuerheben vermögen, wenn der König von Preußen nicht thun will, was er damals sagte: „sich für die Zeit der Gefahr zum Schirmherrn Deutschlands machen.“ Nur in diesem Geist ist die Friedensformel zu finden! Damals war Alles, Volk, Repräsentanten, Fürsten zu Opfern bereit. Wenn Sie in diesen Geist sich zurückzuversetzen im Stande sind, dann schwindet jede Gefahr für das Vaterland; kein Krieg mit Rußland ist zu scheuen. Wir, meine Herren (nach Links), haben das Volk nicht betrogen, wir haben durch Festhaltung des Märzmandats an unsrer Pflicht gehalten, und wenn aus unserem Werke nichts werden sollte, so werden wir unsre Fahne für die Zukunft retten. Wir werden sie festhalten, und sollten unsere Personen dabei zu Grunde gehen.
Das Leben ist der Güter höchstes nicht,
Der Uebel größtes aber ist die Schuld.
(Rauschender Beifall von allen Tribünen und der Linken).
v. Gagern (der „Kühngriffige“): Die Beschleunigung des Verfassungswerkes hat mich in das Ministerium geführt. Ich schließe mich den Anträgen des Ausschusses, die Verfassung in Bausch und Bogen anzunehmen, an, nicht weil ich ihn für einen Nothanker betrachte, sondern weit in den Anträgen des Ausschusses ich alles erreicht finde, was man unter den gegebenen Verhältnissen vernünftiger Weise zu erreichen hoffen konnte. — Die Vorschläge des Ausschusses sind die vernünftige Lösung unserer Aufgabe. — (Das ist doch deutlich!) Das Volk sei endlich berechtigt, die Abgeordneten aus diesem Hause zu rufen. — (Schon sehr lange!) Aber was uns noch zu fordern übrig bleibt, ist die Unterstützung des Volks!! Es wird, wie ich nicht zweifle, sich in diesem Sinne aussprechen. (Wirklich?) — Dann haben wir keine Reaktion von oben zu fürchten, die man heut von Seiten der Opposition so sehr ausgebeutet hat. Eine Oktroyirung fürchtet auch Herr Gagern nicht wegen der Uneinigkeit der Regierungen. Hierin ist er mit Vogt einverstanden. Einfluß von Außen fürchtet er auch nicht; wie Frankreich und Belgien, wird man uns thun lassen, was wir nicht lassen können. Uebrigens giebt der Minister zu, in Politicis die Auswärtigen Angelegenheiten betreffend, sehr unkundig zu sein. Warum? Gesandten von der Reichsgewalt seien von den fremden Höfen zurückgewiesen worden, Spione zu halten, habe er sich nicht herabwürdigen können (?). Da wolle er lieber unkundig erscheinen und man werde dies verzeihen. (Bravo der Centren.) Die neue russische Note leugnet er nochmals ab. Ich fürchte nicht, fährt er fort, die Einwirkungen fremder Völker, weil ich weiß, daß unser Volk von 40 Millionen ein starkes, kriegerisches ist. — In diesem Genre schwatzt der „Edle“ weiter fort. — Folgen dann einige Thränen für Oestreich in preußischer Verpackung. — Die Intervention der Russen in Siebenbürgen entschuldigt der Herr Minister mit Aufrechthaltung der Gesammtinteressen. Deutschlands Heere wären sogar zu solchen Gegendiensten verpflichtet. (Oh's! Pfui's und Gelächter lassen sich vernehmen.) Gagern bittet, man möchte nicht lachen, er sei im Begriffe große Schwierigkeiten zu lösen und Verwickelungen zu entwickeln. (Bravo der Preußen. — Nun wir haben genug von den Gagern'schen Entwickelungen!) Die Ausführung eines weiteren Bundes mit Oestreich sei die nächste große Aufgabe beider großen Ländercomplexe. (Kleindeutschlands und Oestreichs.) Daß er für Preußen intriguirt habe, sei eine unwahre Verläumdung, die er (natürlich) mit Entrüstung zurückweist. Ob H. Vogt damit vielleicht seine Reise nach Berlin gemeint? (Vogt vom Platz: O Nein!) Dann haben Sie (zu Vogt) gar keinen Grund zur Verleumdung gehabt! (Bravo der Centren.) Er (der „Edle“) habe nicht begreifen können, wie man es unbegreiflich gefunden hat, über 34 erbliche Fürsten noch einen erblichen zu setzen. Das (hört!) sei ja in Deutschland bis 1806 immer so gewesen! (Links furchtbares Hohngelächter, Zuruf: In Deutschland waren ja Wahlkaiser!) Das spaßhafteste ist nun bei der Sache, daß Gagern nicht einsieht, daß er einen Bock geschossen hat, sondern mehrfach wiederholt, indem er dabei auf die Tribüne paukt, Deutschland habe doch von jeher ein Erbkaiserthum gehabt. (Links wiederholtes Gelächter.) Im Verfolg seiner geschichtlichen und preußischen Entwickelungen meint er u. A.: Mitglieder der Linken seien ihrem Wort untreu geworden, denn sie hätten, einsehend, daß die Republik in Deutschland noch nicht durchzuführen sei, vorläufig der Monarchie ihre Hülfe zugesagt, und dies später nicht gethan. Vielfache Unterbrechungen links, drängen den H. Minister die Namen dieser Männer der Linken zu nennen. Da nennt er — Hecker! (Gelächter. Zwischen diesem und Gagern ist glücklicherweise das Meer, so daß die Widerlegung etwas schwierig.) Im Verlauf beschimpfte der Ministerpräsident die Wiener Bewegung, reizte die Abgeordneten der Linken zu heftigen Scenen und Unterbrechungen und hob Preußens Belagerungs-Regierung in den Himmel. Vielfacher Tumult brachte den großen Mann sehr in Harnisch. Er schwatzte übrigens ungefähr 2 Stunden. Es war eine wahre Menschenquälerei mittelst Phrasen. Er machte einen sehr rührenden Schluß von der letzten Stunde und 2/3 des Hauses jauchzten ihm Beifall und der Froschteich bewies, daß er eben der alte ist bis zur letzten Stunde.
Nachdem Präsident Simson eine Erklärung der Linken verlesen, welche gegen eine Verläumdung Gagern's protestirt, erhält das Wort.
Berger aus Wien. Ich bin wahrscheinlich der letzte östreichische Abgeordnete, der von dieser Tribüne aus zu Ihnen spricht. Ich will mit dem Ministerpräsident nicht rechten über seine Theorieen, ich will ihm nur entgegnen, daß der deutsche Wahl-, nicht Erbkaiser, entschieden an Entkräftung gestorben ist, und nur nach Aufhebung der Sonderregierungen ist er wieder möglich. Herr Welker sagt, ihm sei Schamröthe in's Angesicht gestiegen bei den letzten Anträgen der Oestreicher. Uns ist Zornesröthe in's Gesicht gestiegen über Herrn Welker's Zumuthungen. (Beifall.)
Herr Welker legt sich mit dem Direktorium nieder und steht mit dem preußischen Erbkaiser auf, da muß man allerdings sagen: „Morgenstunde hat Gold im Munde!“ (Rauschender Beifall!)
Von zwei falschen Voraussetzungen gehen die Verfechter Kleindeutschlands aus: 1. daß Oestreich sein letztes Wort gesprochen, 2. daß Deutschland in Gefahr sei. Die oktroyirte Verfassung ist keineswegs Oestreichs letztes Wort, sie ist ein verunglückter Versuch Oestreichs, sich selbst zu verjüngen. Ich identifizire aber keineswegs Oestreichs Regierung mit Oestreichs Volk. Oestreichs Regierung ist vorübergehend, sein Volk bleibend, seines Volkes Vertreter sind sein Wille und dieser Wille ist — mit Deutschland vereint zu bleiben! Deshalb werden wir, Oestreichs Vertreter, nicht wie gestern die Herren von Würth und Arneth aus einem sonderbaren und verrätherischen Ehrgefühl unseren Posten verlassen, sondern bleiben! (Lauter Beifall — Ruf zur Ordnung.) Meine Herrn, sagt Berger, Oestreich steht hier auf einem verlorenen Posten, aber die Pflicht eines Postens, sei er ein verlorener, ist zu Bleiben oder zu Fallen. (Lebhafter und langer Beifall.)
Eben so scharf und witzig widerlegt Berger den zweiten Grund zur Bildung Kleindeutschlands, nämlich die Gefahr Deutschlands. Auch zeigt er, wie das Ganze nur Komödie und der König von Preußen nicht annehmen kann. Er widerlegt Gagern's Beschimpfungen und falsche Auslegungen der Wiener Oktoberrevolution.
Sie haben, fährt er fort, vom Volk kein Mandat, Klein-Deutschland zu schaffen, und am wenigsten ein preußisches Erbkaiserthum; — Sie sollen Deutschland zur Einheit bringen — und dann dafür eine Verfassung machen! — Ist Deutschland wirklich in Gefahr, so mögen Sie sich indessen einen Statthalter machen. Auch werden Sie diesen Erbkaiser mit der Minorität der deutschen Volksvertretung erschaffen, denn wenn Oestreichs sämmtliche Vertreter hier säßen, hätte Preußen nicht die Hälfte der Stimmen für sein Erbkaiserthum.
Ist einmal Deutschland preußisch geworden, und das ist des Pudels Kern (lebhafter Beifall), so wird Deutsch-Oestreich für Ihre sentimentalen Phrasen und auch später für jede Verbindung danken. Gehen Sie also über Welker's Antrag zur Tagesordnung. Mit Ihrem preußischen Erbkaiserthum verrathen Sie die deutsche Einheit und Freiheit. (Rauschender und langanhaltender Beifall.)
Der Schluß der Debatte wird hierauf um 3/4 4 Uhr angenommen.
Nach Verlesung eines Protestes von 4 östreichischen Abgeordneten gegen die östreichische oktroyirte Verfassung, werden die Reden der Berichterstatter und die Abstimmungen bis Morgen vertagt.
Ende der Sitzung gegen 4 Uhr.
Italien.
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[ * ] Palermo, 8. März.
Die Admirale Baudin und Parker sind vorgestern, den 6., in unsern Hafen eingekehrt, nachdem sie vorher die Stadt mit 21 Kanonenschüssen begrüßt und die sizilianische Flagge aufgehißt hatten. Die Herren begaben sich unmittelbar nach ihrer Ankunft zum Minister des Innern, Brutera, und überreichten ihm das Ultimatum des Königs von Neapel. Diesen Morgen machte der Minister einen Gegenbesuch auf den Schiffen. Seine Ankunft wurde mit 15 Kanonenschüssen begrüßt. Heute war große Ministerberathung, der die beiden Admiräle beiwohnten. Der Bruch des Waffenstillstandes ist gewiß, und unsere Truppen marschiren ab.
Das Ultimatum wird sicherlich abgewiesen, weil wir unsere Revolution im Namen Italiens gemacht, und weil wir vor allen Dingen unsern römischen Brüdern zu Hülfe kommen wollen. Noch bevor den Admirälen eine Antwort ertheilt worden, sind wieder mehre Regimenter aus Palermo nach dem Central-Feldlager ausgezogen. Die Nationalgarde von Palermo ist trefflich einexerciert. Bei dem gestrigen Manöver, dem mehrere fremde Offiziere beiwohnten, bekundete sie eine solche Präzision, daß, nach der allgemeinen Aeußerung sie im Falle einer Mobilmachung den regelmäßigen Corps in nichts nachstehen wird.
Ein solcher Geist belebt übrigens die ganze Nationalgarde, daß auf die bloße Nachricht des wiederbeginnenden Krieges die Bataillone zu Girgenti und Termini sich freiwillig mobilisirt haben.
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@facs1420
[ * ] Florenz, 13. März
(über Genua indirekt.)
Heute hielt Guerrazzi eine große Parade über die Bürgerwehr ab. Er hielt eine Anrede an sie und forderte sie auf, offen zu erklären ob sie die Republik und ihre Vereinigung mit Rom bis auf den letzten Blutstropfen gegen die Oestreicher zu vertheidigen entschlossen?
Ein einstimmiges Viva aus mehr als 3000 Kehlen schloß seine Rede und die Parade.
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@facs1420
[ 068 ] Turin, 10. März.
Der Enthusiasmus für den Krieg wächst mit jedem Tage. In der Kammersitzung vom 15. hat Mellana den Entwurf einer Proklamation an die Nation verlesen, der sofort als dringlich zur Berathung kommen soll. An demselben Tage hat die Kammer den Gesetzentwurf zur Abschließung eines Anlehens im Auslande von 50 Millionen angenommen. Am 20. wird ohne Zweifel der Kampf beginnen, da der Waffenstillstand am 12. gekündigt worden ist, und zwar in Ausdrücken, die für Oestreich eben nicht sehr schmeichelhaft sind. Die Nachricht von der Kündigung wurde in der Kammer mit allgemeinen Bravo's aufgenommen. Ein lombardischer Duputirter erhob sich, um im Namen seiner Kompatrioten Piemont seinen Dank abzustatten, und der Minister Ratazzi legte eine Ordonnanz vor, der gemäß die Namen derjenigen, die im Kampfe fallen, auf marmornen Tafeln eingegraben werden sollen. Nach einem Dekret vom 13. März sollen alle Befehle zur Führung des Krieges unter dem Namen und der Verantwortlichkeit des Generalmajors Albert Chrzanowski erlassen werden.
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@facs1420
[ 068 ] Florenz, 13. März.
In einem Circular an seine Didzesanen erklärt der Erzbischof von Pisa, daß die Erwählung von Deputirten zu dem italienischen Verfassungsrath in Rom die Strafe der Exkommunication nicht nach sich ziehe.
Hierzu eine Beilage.