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Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 209. Köln, Mittwoch den 31. Januar. 1849.
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Uebersicht.
Deutschland. Köln. (Wahlnotizen). Düsseldorf. (Geheime Regierung innerhalb der offiziellen.) Rheydt, Stollberg, Andernach, Koblenz, Eichenheim, Aus dem Kreise Rheinbach, (Wahlbülletin.) Hamm. (Die Wahlen. — Schwarzweiße Excesse.) Münster. (Incompetenzerklärung. — Merkantilische Drohungen der Reaktion. — Temme's Entlassung. — Giese. — Möllenhof. — Noch ein Brief an das königl. Ober-Landes-Gericht.) Berlin. (Einige Proben aus dem neupreußischen Sonntagsblatte. — Vorbereitungen in Brandenburg zur Aufnahme der Deputirten. — Der „Bund der Royalisten.“ — Ausweisung von Nees von Esenbeck. — Wrangel und die Presse. — Temme.) Breslau. (Der Rustikalcongreß. — General Bem.) Von der östreichischen Grenze. (Der Krieg mit Piemont. — Der Reichstag.) Wien. (Verurtheilungen. — Faulheit an der Börse. — Das nahende italische Frühjahr. — Neuer Gouverneur für Gallizien. — Ministerium, Bischöfe und Grundrechte. — Metternich's Person und System.) Frankfurt. (Hochverrathsklage gegen den Abgeordneten Minkus.) Darmstadt. (Genuß der deutschen Grundrechte. — Der große deutsche Kaiser. — Bürgerwehrentwaffnung.) Dresden. (Sitzung der 2ten Kammer.)
Ungarn. Aus Siebenbürgen (die kriegführenden Parteien.)
Französische Republik. Paris (der Anklageakt gegen das Ministerium. — Die Aussöhnung der Montagnards und Proudhonisten. — L'Herminier's Cursus geschlossen. — Aladenize's Verhaftung. — Gährung in den Kasernen. — Vermischtes. — Die Situationen. — Zustand in Paris. — Albert Maurin.)
Italien. (Die spanische Intervention und die Maaßregeln dagegen. — Ferari zum Kommandanten der römischen Civica ernannt. — Die Stellung Radetzki's. — Vermischtes.) Venedig (Geldangelegenheit. — Die Wahlen zur Volksrepräsentation.
Großbritanien. London (Englands Ausfuhr nach seinen Kolonien. — Die Auswanderung. — Der Getreidemarkt.)
Belgien. Lüttich (der wachsende Wohlstand. — Regierungsmaaßnahmen. — Belgische Manteuffeleien. — Die Cholera.)
Amerika. Californien (Gold, Quecksilber, Diamanten und Platina.) Chili (die Silbergruben bei Copiago.) Canada (die Parteien in der Legislatur. — Die Staatsschulden. — Der Handel.)
Asien. Persien. Neueste Nachrichten.
Deutschland.
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[ 068 ] Köln, 30. Jan.
Aus den neu angelangten Wahlberichten entnehmen wir Folgendes:
Selbst in Pommern sind auf dem platten Lande die Wahlen günstiger für die Demokratie ausgefallen, als man erwarten konnte. Das vom König von Preußen an die Nessiner Tagelöhner erlassene und wie Heuschreckenschwärme über das ganze Land ergossene Wahlplakat scheint nach den uns vorliegenden Wahlergebnissen nicht den gehofften Erfolg gehabt zu haben.
Sehr schlimm das, Majestät! Die übernatürlichen Wirkungen „von Gottes Gnaden“ scheinen verteufelt im Kurse zu sinken. Traurig, aber wahr! Indeß — andern Kursen geht's eben so. Das ist ein Trost.
Nun kommt auch „Meine treue, geliebte Niederlausitz“ und — wählt überwiegend demokratisch. Schrecklich, doch unabänderlich!
Ach! sogar in der lieben, lieben Mark müssen es die Kandidaten der „Galgenzeitung“ und der Potsdam-Charlottenburger Camarilla erleben, daß ihnen in den meisten Fällen kleine Ackerleute oder Handwerker von den verdammten unpatriotisch gewordenen Bauern vorgezogen werden.
Aus Posen meldet die „Osts.-Z.“:
„Drei Parteien haben hier gegen einander gekämpft, keine hat einen entschiedenen Sieg davon getragen, eine Niederlage dagegen die Reaktionäre. Seit Wochen wühlten die Schwarz-Weißen schon im Stillen, überschwemmten die Stadt und die Provinz mit hunderten von Plakaten — und nun ist Alles vergebens gewesen. Von 164 haben sie höchstens 35 für sich. Etwa 20 sind unentschieden, 55 gehören der demokratischen Partei an und der Rest sind Polen. Die Demokraten sind überrascht wegen dieses für sie glänzenden Erfolges. Ihnen standen zu wenig Mittel zu Gebot, um bei dem äußerst schwierigen Terrain hier mit Erfolg wirksam zu sein. Der Verein für König und Vaterland hat indessen ihnen kräftig in die Hände gearbeitet.“
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[ X ] Düsseldorf, 28. Januar.
Die hiesige Regierung läßt sich immer tiefer in die Karten sehen. Wer hat denn eigentlich Trumpf aufgespielt? Das möchten Sie gerne wissen, und ich will nicht hinter dem Berge halten. Wer hat die sechs Regierungsräthe auf Suspension denunzirt? Wer hat den Belagerungszustand erklärt? Wer hat, nachdem das Associationsrecht wieder frei stand, den Polizei-Inspektor von Faldern in die geschlossene Versammlung der Wahlmänner geschickt, und als er hinausbuchstabirt war, veranlaßt, beim Wirthe Capellen einen Besuch zur folgenden anzukündigen? Sie glauben vielleicht Herr von Spiegel-Brandenburg, Herr Kommunist Drigalsly-Wrangel, Herr von Möller- von der Heidt! Fehlgeschossen. Es ist Herr von Mirbach-Manteuffel! Herr von Mirbach ist die Seele des Düsseldorfer Kabinets, er ist der Tyrann von Düsseldorf, dieser edle Kreuzritter. Fürwahr, man muß ihn sehen, diesen Don Quitxoten des absoluten Staats, mit seinem spanisch gefärbten Barte, mit seiner ritterlichen Tournüre, mit seiner siegenden Don-Juan-Miene, in allem zwar ein bischen verwittert, aber doch ohne Furcht und Tadel. Früher reis'te er in sehr difficilen Missionen mit fremden Namen. Aber ich singe mit Beranger:
Parlons bas
Ici pres j'ai vu Judas
J'ai vu Judas, j'ai vu Judas.
Später kam er nach Düsseldorf, nicht sehr geachtet, nicht sehr gefürchtet, aber vielleicht das Gegentheil wegen seinen Anticidentien, dabei immer übersehen. Nach der Märzrevolution trat er erst in seiner Größe hervor. Er nannte sie sehr bezeichnend ein Strohfeuerchen, wahrscheinlich in Erwartung eines künftigen Scheiterhaufens, der ihm dem Adel, Titel und Amt wegflammen soll. Treulich schwärmte er fort für König und Zöpfe, bis das letzte Ministerium ihm Gelegenheit gab, seine Talente zu entwickeln. Tiefsinnig hielt er einen Monolog: Mann-Teufel! das ist von nun an mein Motto! Und es ward sein Motto. Er ward der Dämon der Regierung. Spiegel sah in den Spiegel und sah nicht sich selbst, sondern Herrn von Mirbach. Drigalski stand des Morgens auf und er gewahrte, daß er es nicht selbst war, sondern Herr von Mirbach. Der ganze Belagerungszustand war das Werk dieses Herrn und innerhalb desselben war er Autokrat.
Nach Verscheiden seines geliebten Belagerungszustandes suchte Mirbach die süß gewordene Herrschaft auf andere Weise zu retten.
Er schickte seinen lieben Vetter in die Wahlversammlung, welche derselbe indeß bald zu verlassen die Nothwendigkeit sah. Per ardua ad astra (rother Adlerorden mit dem Stern) rief Herr von Mirbach! Auf's Neue! Und siehe, wie sollte der liebe Vetter die Pflichten der Verwandtschaft üben? Ja, in einer kleinen Versammlung von einigen technischen Regierungsräthen wurde festgestellt: die Polizei dürfe die Verfassung verletzen. Sogar das Militär wurde schon für den Abend beordert. Aber die Konstitutionellen sammelten sich, der Graf von Villiers, der Oberbürgermeisterei-Verwalter, die wenigen liberalen Beamten der Regierung erfuhren die Sache, traten zusammen und fanden, daß das doch zu weit gehe. Eine neue Versammlung der Kollegen wurde berufen (merkwürdiger Weise fehlte der Herr von Möller an diesem verhängnißvollen Tage, denn er hatte eine Reise unternommen) und alle stimmten gegen den Herrn von Mirbach, der hartnäckig bei seiner Meinung blieb. Wie Galilei einst von der Sonne sagte: sie bewegt sich doch! so behauptete er: die Polizei steht über der Verfassung. So wurde denn Contreordre erlassen, Graf Villiers erhielt das Regiment für den Abend. Herr von Faldern blieb aus der Versammlung, die Polizei verursachte keinen Aufruhr, Düsseldorf blieb ruhig. Wir sind neugierig, wie lange Herr von Mirbach-Manteuffel noch der Tyrann der Düsseldorfer Regierung und unserer lieben Stadt bleibt.
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[ 8 ] Rheidt, 29. Jan.
In Gladbach hat bei den Wahlen für die erste Kammer die demokratische Partei ihren Kandidaten durchgesetzt. Die Geldaristokratie und das spezifische Preußenthum hatte den katholischen Pfarrer Halm (ehemaligen Garnisonprediger in Düsseldorf) zu ihrem Kandidaten aufgestellt. Beim dritten Scrutinium erhielt Halm 49, und Wienand Schippers, der demokratische Kandidat, 56 Stimmen (die absolute Majorität war 52). In Rheydt hat natürlich die Reaktion entschieden gesiegt.
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[ 101 ] Stolberg, 29. Jan.
Obschon durch die Klüngelei unsrer gottbegnadigten Heuler, zur Wahl unserer 16 Wahlmänner die Stadt in acht Wahlbezirke zerrissen wurde, hat doch die Volkspartei entschieden gesiegt. Während wir nur 2 Wahlmänner zu den Unentschiedenen rechnen können, dürfen wir mit Bestimmtheit darauf zählen, daß die zu unserm Wahlkreise gehörende Wahlmänner der umliegenden Ortschaften, ihre Stimme nur Männern der Volkspartei geben werden: Dieses günstige Resultat haben wir außer den Manteuffelischen Schmähschriften, nur der energischen Betheiligung des Mittelstandes zu verdanken.
Bei der heute stattgefundenen Wahl zur ersten Kammer ist ein Aristokrat mit liberaler Maske — zwar nur mit genauer Noth, weil drei Stimmzettel undeutlich — durchgekommen.
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[ 102 ] Andernach, 29. Januar.
Bei der heute hier abgehaltenen Wahl für die erste Kammer wurde Herr Kaufmann Franz Joseph Nachtsheim, ein entschiedener Vertreter der Demokratie, fast einstimmig zum Wahlmann berufen.
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[ 15 ] Koblenz, 29. Januar.
Zu Wahlmännern für die erste Kammer wählte der erste hiesige Bezirk vier Demokraten, der zweite, (die Beamtenstadt) vier Kandidaten des Preußenvereins. Von den Wahlmännern des ländlichen Theils des Kreises sind die 5 auf der linken Rheinseite, in Winningen, Rübenach, Kesselheim und Bärlich gewählten entschiedene Demokraten; der in Ehrenbreitstein gewählte ein Beamter. Drei von den jetzt durchgesetzten Preußenvereinskandidaten waren auch im vorigen Frühjahr Wahlmänner, fielen aber vor acht Tagen glänzend durch. Ist es nun etwa ein Beweis des größeren geistigen Reichthums unserer Büreaukratie und Bourgeoisie, sich mit der vom Volk bereits zurückgewiesenen und abgestandenen Weisheit dieser Herren begnügen zu müssen?
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[ X ] Eichenheim, 29. Januar.
Die Wahl für die erste Kammer (der Bürgermeisterei Eichenheim und Münstereifel) ist entschieden demokratisch ausgefallen. Unter den Wahlmännern für die zweite Kammer sind kaum drei Aristokraten, die übrigen entschieden demokratisch.
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[ 130 ] Aus dem Kreise Rheinbach, 28. Jan.
Aus allen Winkeln der Erde erscheinen Wahlberichte und unser Kreis bleibt zurück; er braucht sich doch wahrlich nicht zu schämen, denn 5/6 der Wahlmänner sind Demokraten.
Im heiligen Münstereiffel sind nur einzig Demokraten gewählt; in der ganzen Bürgermeisterei Buchenheim, Dank dem Bürgermeister und seiner Gehülfin, hat die reine Farbe gesiegt; nur in Rheinbach selbst hat der zukünftige Kommandant der Bürgerwehr, General Block, und drüben am gottbegnadeten Ziegelberge sein Compagnon Brandenburg den Sieg davon getragen. Das Pfäffchen zu Odendorf schreit, als hing's am Strick und predigt Menschenhaß und Reue; der Landrath zerrauft sich beinahe die Haare über ein solches Ergebniß; der Piusverein zu Rheinbach hat seinen Meister dort drüben dem Walde gefunden.
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[ 131 ] Hamm, 25. Januar.
Die am 22. d. hier stattgehabten Wahlen sind im Sinne der demokratischen Partei ausgefallen, denn 16 Wahlmänner gehören ihr an, während die sogenannten Konstitutionellen (Reaktionäre) mit aller Mühe bei ein bis zwei Stimmen Majorität nur 12 ihrer Kandidaten durchbrachten. Wenn Sie die schwarzweiße Hauptstadt der „lieben, treuen Markaner“ kennen, dann dürfen Sie sich über dieses Resultat wundern. Es kam denn auch der schwarzweißen Partei so unerwartet, daß sie darüber in eine gränzenlose Wuth gerieth. Um sich Luft zu machen, pereinigten sich einige, wahrscheinlich durch höhere Einwirkung fanatisirte Anhänger des Schwarzweißenthums und demolirten am Abende des Wahltages an dem Hause des Glasers B ‥‥, der als demokratischer Wahlmann aus der Urne hervorgegangen war, in dessen Abwesenheit. Fenster und Thüren. Steine von 6 Pfund Gewicht wurden in den Zimmern gefunden. Möbel etc. waren durch diese Steine zerstört oder beschädigt. Bei der Menge von Zeugen, die der Glaser B. namhaft gemacht, steht trotz unserer Manteuffel'schen Behörden und unserer verrosteten Kriminalordnung eine energische Bestrafung der Thäter zu erwarten. Die Leithämmel dieses Vandalismus sollen ein langer Gerichtsbote, ein Gardefeldwebel, ein Mitglied der koniglich preußischen Hermandad und ein Privatsekretär (alle pér sang) gewesen sein!
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[ 068 ] Münster, 28 Januar.
Ich erhalte eben die ganz zuverläßige Nachricht, daß das Ober-Landes-Gericht Paderborn sich abermals incompetent erklärt hat. Rintelen konnte dies nicht anders erwarten. Die Akten reisen nun wieder nach Berlin.
Die rothe Reaktion kann sich noch immer wegen des Wahl-Resultats nicht beruhigen und während Herr Brüggemann aus seiner Gesinnungs-Genossin die schmutzige Lüge abschreibt, daß die Demokratie nur durch Lug und Trug gesiegt und nur Schund zu Wahlmännern gewählt habe, so weiß hier jedes Kind, in welcher Partei Bestechungen und Gemeinheiten allein vorgekommen sind.
Die Reaktion droht nun nichts mehr von Demokraten kaufen zu wollen. Sie Demokraten lachen darüber, denn sagen sie, hat nicht schnn immer die Frau von Flottwel ihren Zucker-Bedarf von Joest aus Köln in Quantitäten von 100 Hüten für sich und Andere bezogen.
Treibt nicht die Frau von K. förmlich Handel mit Schuhen, die sie von Brüssel bezieht; mit Manufacturwaaren von Köln, mit Thee und Kaffee von großen Handelsplätzen?
Bezieht nicht der Major v. D. von Sch. den Tabak auswärts für sich und seine Bekannten?
Läßt nicht der Graf Sch. der Wein von Peter Arnold Mumm aus Köln kommen für sich und wer ihn sonst von im kauft?
Hat nicht der Ritmeister 2mal Handel getrieben mit den 2 Faß Wein, die er von Bordeaux bezogen? Verkauft nicht der Offizier-Verein seine Weine gleich jedem Weinhändler? Billiger natürlich, weil er keine Gewerbesteuer zahlt!
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[ 105 ] Münster, 29. Januar.
Temme ist frei. Gestern (Sonntag) Abend 9 Uhr wurde er aus dem Zuchthause von seiner Frau, die aus Berlin mit dem Entlassungsbefehl Rintelens angekommen war, in Begleitung des Inquirenten, Criminal-Direktor Giese abgeholt. Zum Beweise, daß der Inquirent der hiesigen politischen Gefangenen kein Demosthenes ist, theile ich dessen schwere Rede stenographirt mit: Herr Direktor, ich habe Sie hineingebracht, ich will Sie auch wieder herausbringen.“ Aber mein lieber Mann, wann bringen Sie denn die übrigen politischen Gefangenen heraus, die Sie hineinbracht haben???
In Preußen spielt jetzt also die heilige Justiz Komödie. Man schämt sich, daß man Temme frei lassen muß, da schickt Rintelen Temme's Frau den Entlassungsbefehl für ihren Mann, mit dem sie nach Münster reisen kann. Wahrlich ein zarter, ritterlicher Justiz-Minister. Aber bei all dieser Ritterlichkeit ist des Pudels Kern, daß die preußische Justiz sich gefürchtet (?) oder geschämt hat die Akten nach Frankfurt zu schicken und um dem zu entgehen lieber Temme entläßt.
Das münstersche Gericht hat vor circa 8 Tagen über den Antrag einiger der December-Verhafteten auf Entlassung aus der Haft abgestimmt. Die Stimmen pro und contra waren gleich, da gab der Land- und Stadtgerichtsrath Dierix den Ausschlag durch seine Stimme und die Männer bleiben im Zuchthause.
Ist es nicht Hohn, wenn gleichzeitig dasselbe Gericht den Verhaftsbefehl gegen den hiesigen Assessor Möllenhof, der vor einigen Tagen zurückgekehrt ist, aufhebt, obgleich Möllenhof, wenn in dem Kongreß ein Verbrechen liegt, zu den incriminirtesten gehört; Assessor Möllenhof ist der Sohn des hiesigen geheimen Justizrath Möllenhof, eines sehr intimen Freundes von Herrn Bodelschwingh.
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[ 105 ] Münster, 29. Januar.
Die Erbitterung gegen das hiesige Gerichtspersonal ist groß. Zerbrochene Fensterscheiben etc. etc. zeugen daron. Neue Nahrung giebt ein so eben bekannt gewordener Brief eines der Gefangenen an das Ober-Landes-Gericht, woraus auch herausgeht, das während 6 Wochen kein Verhör etc. etc. stattgefunden hat.
„Königliches Ober-Landesgericht
Mehrere der mit mir zuchthäuslich gemaßregelten Congreß-Mitglieder haben bei Einem Königlichen Oberlandesgericht den Antrag auf Entlassung aus der Untersuchungshaft gestellt, sind aber abschläglich beschieden worden. Ich erfahre, daß nur Eine Stimme — die des Land- und Stadtgerichtsraths Dieriz — die Schuld ber abschläglichen Antwort bringt.
Entweder sind aber alle Congreß-Mitglieder gleich schuldig; dann müssen auch alle zuchthäuslich gemaßregelt werden, gleichviel ob sie mit dem hiesigen Gerichtspersonal verwandt sind oder nicht; — oder aber die Schuld ist nach der Weisheit des hiesigen Gerichts bei dem einen etwas mehr, bei dem andern etwas weniger Staatsumwälzung.
Da aber z. B. Hartmann eingesperrt bleibt, der sich fast gar nicht am Congreß betheiligt hat; gegen den Assessor Moellenhof aber der vor 7 Wochen erlassene Verhaftsbefehl jetzt bei dessen Rückkehr nach Münster zurückgenommen ist, obgleich er zu den incriminirtesten gehören würde, wie aus den bei den Akten liegenden gedruckten Auszügen dem Gericht klar sein muß.
Da ich nun ferner aus gar großer Achtung vor dem hiesigen Gerichtspersonal, so wie noch weit mehr wegen einiger §§ des Th. II. Tit. XX. d. Allg. L. R. Partheilichkeit oder Nepotismus nicht annehmen kann, so geht klar hervor, daß meinem schwachen Verstande unerreichbare Gründe und Erwägungen in der vorliegenden Untersuchung maßgebend sind. Indem ich deßhalb über den hiermit gestellten Antrag: „mich sofort frei zu lassen“ baldigst zu ballotiren bitte, befinde ich mich außer Stande denselben im [1144] Geiste des Untersuchungsrichters zu motiviren, fordere aber zum allermindesten, daß mir in dem baldigen schriftlichen Bescheide auf diese Eingabe der undurchdringliche Schleier gelüftet wird, der zwischen meinem Verstande und den Untersuchungsmaßregeln liegt.
Ich verlange schleunigen Bescheid, bereits seit 7 Wochen im Zuchthause, habe ich seit mehr als 6 Wochen auch kein Lebenszeichen der hiesigen Behörden gesehen.
Mit außerordentlicher Hochachtung Dr. Graumann.
Münster, den 29. Januar 1849.
An das O.-L.-G. zu Münster.
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[ X ] Berlin, 27. Januar.
Das „Neue Preußische Sonntagsblatt“ — eine Beilage zur „Galgenzeitung“ setzt den geliebten Unterthanen auseinander, welch tiefer Seelenschmerz die gottbegnadeten Gemüther drückt über die Verhältnisse im Kanton Neuenburg. „Ich habe euch,“ heißt es, „schon viel erzählt von dem Ländchen Neuenburg oder Neufchatel, was in der Schweiz liegt und eigentlich unserm Könige gehört und von dem guten preußischen Sinne, der dort herrscht! Jetzt nun sind die wackern Preußen dort unter Knechtschaft der Republikaner und reden nur, daß wir bald kommen sollen und sie befreien, — was wir auch bei nächster Gelegenheit thun werden.“ (Nämlich wenn Neufchatel in Nowawes oder etwa bei Salzwedel läge! Bei der „nächsten Gelegenheit“ dürften die Herren von der „Galgenzeitung“ sammt ihren Patronen viel eiligere Dinge zu thun haben, als Neufchatel wieder zu erobern; — denn „Halssachen“ gehen vor, wie das Sprichwort sagt!)
Den im Königreich Sachsen gewählten Deputirten widmet das kreuzritterliche Sonntagsblättchen folgende Stelle:
„Im Königreich Sachsen haben die neuen Kammern, in denen lauter Demokraten sitzen, gleich festgestellt, sie wollten ihrem Könige keine Adresse schicken, das heißt: sie wollten ihm auf seine Thronrede, auf den Königlichen Bewillkommnungsgruß, gar nicht antworten. Die sächsischen Herren Demokraten fangen wahrhaftig schöne an! Also nicht einmal antworten wollen sie ihrem Könige auf seinen Gruß! und sonst sagte man immer, die Sachsen wären die höflichsten Leute in Deutschland. Na, das wird gut werden! Wenn der sächsische Herr König nur nicht lange fackelte, sondern die zarten Kerle fortjagte bei erster Gelegenheit! In Baiern sind die neuen Kammern auch zusammengetreten, aber da sind sie viel besser als in Sachsen.“
Ueber den Ausfall der Wahlen wird den Lesern erzählt, daß die Demokraten allerdings theilweise gesiegt hätten, „nämlich in allen großen Städten.“ Weshalb in diesen? Weil's „in ihnen viel Gesindel giebt und allerlei nichtsnutziges Volk (die Geheimräthe, Kommerzienräthe, Kammerherren, und die ganze Schaar der auf Kosten des Volkes gefütterten und schwelgenden Müßiggänger und Staaten-Drohnen) darin wohnt, wo der Branntwein regiert und Fluchen und Schwören an der Tagesordnung sind, da haben sie viele Leute ihres Gelichters zu Wahlmännern gemacht u. s. w.“
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@facs1144
[ X ] Berlin, 28. Jan.
Ueber die gestern von uns berichtete Absicht der Regierung, die Kammern in Brandenburg zusammentreten zu lassen, wird uns heute noch folgende Mittheilung gemacht: Wie gewöhnlich, hat die Regierung noch keinen festen Entschluß gefaßt, sondern bereitet sich nur darauf vor, je nachdem die Wahlen für oder gegen sie ausfallen, die Kammern hier oder in Brandenburg einzuberufen. Die Bauten werden hier zwar fort betrieben, aber mit verringerter Arbeitskraft. Andererseits wird in Brandenburg an einer Vervollständigung der dortigen Einrichtung gearbeitet. Der Umstand übrigens, daß es in Brandenburg nur einen Sitzungssaal gibt, ist übrigens ein neuer Beweis für die Richtigkeit unserer Mittheilung über den Zusammentritt beider Kammern zur Berathung der Verfassung in gemeinschaftlichen Sitzungen.
— Unter dem zeitweiligen Präsidium des Geheim-Sekretärs im Kriegsministerium, Habel, ist hier die Bildung eines Vereins begonnen worden, welcher den Namen „Bund der Royalisten“ führen wird und dessen Programm wir nachstehend als ein politisches Curiosum und zur Erheiterung unserer Leser mittheilen: „Der Verein wird es sich zur heiligsten Pflicht machen, Allem, was Sr. Majestät dem Könige und dem glorreichen Herrscherhause Hohenzollern zuwiderläuft, kräftigst mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln entgegenzuwirken. Ebenso entschieden kräftig soll der Umsturz-Partei — welche, wie man bei der Wahlangelegenheit gesehen hat, allerwärts so äußerst thätig gewesen — nach allen Seiten hin entgegengearbeitet werden. Es soll der Stern, welcher diesen Bund leiten wird, von Grund aus konstitutionell sein (welcher Styl!). Endlich soll der Reaktion ein eben solcher Damm, als der Umsturz-Partei, entgegengesetzt werden. Die junge Freiheit soll auf gesetzlichem Boden bestens gepflegt werden. — „Auch die sociale Frage will dieser Bund in seinen Wirkungskreis ziehen, und sollen weitere Besprechungen hierüber der ersten Generalversammlung vorbehalten bleiben. Der Bund hat übrigens nicht allein „sehr achtbare Mitglieder“, (will wohl heißen lauter hohe Bureaukraten und Aristokraten) und „die nöthigen Fonds“, sondern er ist sogar schon so glücklich, „leicht ausfuhrbare, schöne und gediegene Projekte“ zur Lösung der socialen Frage in der Tasche zu haben, die ihm von einem berühmten Prediger eingesandt worden.“ Offen gestanden, wir wären neugierig, Pröbchen von der Thätigkeit dieses Bundes zu erhalten, um zu sehen, wie sein Wahlspruch: „Der König gerettet, Alles gerettet“ sich ausnehmen würde.
— Auch der Ex-Abgeordnete, Professor Nees v. Esenbeck, der wegen Kränklichkeit — er ist ein hochbejahrter Mann — bislang hier zurückgeblieben war und sich in seinem leidenden Gesundheitszustande auch fast gar nicht um Politik kümmern konnte, ist, vom Hrn. Hinkeldey (Polizeipräsident) auf Veranlassung Wrangel's angewiesen worden: Berlin binnen 24 Stunden zu verlassen. Er hat zwar bei dem Polizeipräsidium Vorstellungen gemacht und nachgewiesen, daß er nur mit Gefahr seiner Gesundheit diesem Akt der Willkühr sich fügen könne. Doch das wird ihm wenig helfen. Er hat in der Nationalversammlung auf der äußersten Linken gesessen und gestimmt und ein solches Verbrechen muß im christlich-germanischen Staate unnachsichtlich geahndet werden!
— Hr. Wrangel ist so gnädig, in einem Schreiben an Buchhändler Lassar zu erklären: daß „voraussichtlich in den durch den angeordneten Belagerungszustand herbeigeführten beschränkenden Verhältnissen der freien Presse bald eine wesentliche Erleichterung zu erwarten steht.“ So gegeben zu Berlin im ersten Jahre des neuerwachten christlich-germanischen Heils.
— Der „Pr. St. Anz.“ bestätigt heute, daß der Justiz-Minister die Entlassung Temme's aus der Untersuchungshaft verfügt hat. O Gottesgnadenthum! mit deinen Aktien muß es schlimm stehen, wenn du auch nur eine einzige deiner scheußlichen Gewaltthaten rückgängig zu machen veranlaßt bist!
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[ 24 ] Breslau, 27. Jan.
Der seit gestern hier zusammengetretene Kongreß sämmtlicher Rustikalvereine hat heute in Betreff der Wahlen beschlossen:
„In Erwägung, daß die Interessen des ganzen Volkes, also auch des Rustikalstandes, nur von Männern der volksthümlichen Partei in genügender Weise vertreten werden, zu Gunsten der Kandidaten der volksthümlichen Partei für die 1. und 2. Kammer in der ganzen Provinz seinen Einfluß aufzubieten und dazu alle ihm zu Gebote stehenden gesetzlichen Mittel anzuwenden.“
In der heutigen Kongreßsitzung wurde auch zur Widerlegung der von der reaktionären Partei gegen den früheren Präsidenten des Centralausschusses, Hrn. Schlinke, verbreiteten Verläumdungen die Erklärung ausgesprochen, daß sich die Rechnungen des Rustikalvereins, wie eine sorgfältige Revision ergeben, in der besten Ordnung befinden. Schlinke hat sich bekanntlich den Verfolgungen der Regierung durch eine Reise nach Frankreich entzogen. Blätter, wie die „Galgenzeitung“ und ähnliches Gelichter hatten auf Veruntreuungen der Vereinsgelder hingewiesen. Wer Schlinke kennt, wußte, daß dergleichen Anspielungen schaamlose Lügen seien. Der Kongreß hat es aber für seine Pflicht gehalten, das Resultat der Rechnungs- und Kassenprüfung der Oeffentlichkeit zu übergeben, damit das Publikum wiederum ein Pröbchen von dem Charakter der „gottbegnadeten“ Blätter vor Augen bekomme.
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[ * ] Breslau, 27. Jan.
Ein Brief von der östreichisch-schlesischen Grenze, der an ein hiesiges Handlungshaus adressirt war, enthält die Mittheilung: ein von Lemberg nach Olmütz gesendeter Courier berichtet, daß Bem gegen Lemberg in Anmarsch sei.
Andrerseits wird aus Wien die Nachricht verbreitet, Bem's in Siebenbürgen stehendes Corps sei von den k. k. Truppen auf allen Seiten eingeschlossen.
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@facs1144
Von der österreichischen Gränze, 25. Jan.
Es sind angeblich telegraphische Mittheilungen in Olmütz eingelaufen, wonach die Piemontesen die österreichische Gränze in Italien bereits überschritten und im Anmarsche gegen Mailand begriffen sind. (??) An ihrer Spitze befindet sich General Chrzanowski. — Die Prorogation des Reichstags zu Kremsier ist jetzt vollkommen gewiß. Doch drängen sowohl Linke, Rechte als Centrum zur Berufung des bevorstehenden Gesammtreichstags nach Wien. Für Preßburg, womit man es versuchen wollte, ergibt sich durchaus keine günstige Stimmung.
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@facs1144
[ 099 ] Wien, 26. Jan.
Die Dreifaltigkeit in Bekanntmachung der standrechtlichen Verurtheilungen dauert fort. Die amtliche „Wiener Zeitg.“ bringt heute die Verurtheilungen von J. Hauk (5jährige Schanzarbeit in Eisen), von Kerschdorfer, Korporal der Grenadierdivision im Regiment Großherz. von Baden und von H. Monoschek, Gemeiner in der Grenadierdivision Ritter v. Heß. Beide letztere sind, weil sie im Oktober „zur Partei des Volkes übergetreten“ (wörtlich) zum Tode durch den Strang, darauf aber zu „Pulver und Blei“ begnadigt worden. Beide wurden gestern erschossen.
Außer diesen gab es gestern noch eine Menge anderer Verurtheilungen gegen Personen aus den untern Volksklassen zu Kerker und Schanzarbeit. Ein Mann bekam gestern, weil er gegen hohe Personen und auch gegen den Standrechtskaiser unehrerbietige Ausdrücke gebraucht, 2jährige Schanzarbeit in Eisen zudiktirt.
An der Börse herrscht große Flauheit und Mißstimmung. Die Geldsäcke fürchten das italienische Frühjahr! Nugent's Armeekorps, das 35,000 M. stark ist, hat dieser Tage den Befehl zum Abmarsch nach Italien erhalten.
Der Gouverneur von Gallizien, Ritter von Zalewski, ist dem Ministerium des Innern als Sektionschef zugewiesen und Graf Goluchowski an seine Stelle ernannt worden.
Nachfolgendes Dokument, im „Kapitelboten“ veröffentlicht, ward den Seelsorgern in Oberöstreich zugestellt, kurz bevor eine Eingabe der östreich. Bischöfe an das Ministerium (gegen mehrere Paragraphen der Grundrechte gerichtet) erschienen, steht also damit im engsten Verbande.
„Unserm hochwürdigsten Hrn. Bischofe wurde neuerlichst aus Wien von höchst achtbarer und zuverläßiger Hand folgende Zuschrift zu Theil. „Einem freundlichen Schreiben des Hrn. Ministerpräsidenten Fürsten Schwarzenberg aus Olmütz zufolge, erkläre sich das hohe Ministerium, daß es Vorstellungen der kirchlichen Oberhirten gegen die Grundrechte als einen Beweis ihrer Berufstreue ansehen wolle, und auch nicht unterlassen werde, solche zu unterstützen.“ Unser hochwürdigster Hr. Ordinarius glaubt eine so trostbringende Nachricht auch seinem geliebten Diöcesanklerus nicht vorenthalten zu dürfen.
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@facs1144
[ 61 ] Wien, 26. Jan.
„Metternich in Paris!“ Diese Nachricht setzt hier jeden denkenden Freund der Freiheit in Erstaunen und Kummer. Wissen Sie, was das bedeutet, Metternich in Paris? Das bedeutet mehr denn Metternich in Wien, Metternich in Berlin, Metternich in Petersburg, Metternich allüberall — nur nicht in Paris. Die ganze europäische Reaktion wird sich wiederum in der Person und in dem System Metternichs konzentriren, und einen Zustand schaffen, welcher den vormärzlichen weit hinter sich zurückläßt. Im Jahre 1815 drehte sich die fürstliche Welt Europa's um Metternich, wie um ihren Centralpunkt. Metternich verstand es, die finstern Planeten um sich und Oestreich wandeln, sie auf alle eigene Dynastenpolitik verzichten zu machen, indem er ihnen unaufhörlich die Demokratie als ein Gespenst vorhielt, welches sie alle, wenn sie sich aus der Sphäre des „Meister-Satan“ zu entfernen wagten, zu verschlingen drohe. Die Fürsten gehorchten, namentlich die deutschen. Erzherzogthum und Kaiserthum Oesterreich waren bald mit einem Kordon von Ländern umgeben, die so verwaltet wurden, wie Metternich es befahl, damit das Eindringen der Grundsätze von 1789 in Oestreich zur Unmöglichkeit werde, und die neu geschaffene dynastische Nationalität Oesterreichs, die „östreichische Nationalität“ durch das Aufgeben jeder anderen im Zwang der Verhältnisse gedeihe.
Was den Habsburgern in früherer Zeit mißlungen, das wollte Metternich erreichen, — Europa sollte Oesterreich werden, damit Oesterreich Europa sei. „Oesterreich ist eine pure Schöpfung des Absolutismus und muß beim ersten Freiheitslallen seiner 4 großen Nationen von einander fallen, es muß daher den Absolutismus als oberstes Staatsprinzip haben. Damit aber in Oesterreich der Absolutismus unangefochten bleibe, die neugeschaffene Gesammtmonarchie für ein anderes Jahrtausend Wurzel schlage, darf auch nirgend in Europa ein Staat bestehen, dessen Regierungsprinzip im entferntesten an die Grundsätze von 1789 erinnert.“ — So ungefähr lautet Metternich's großer Plan von 1815, den er bis zum März unermüdlich aus seinem Reich der Mitte und aus seinem Peckings-Wien zu verwirklichen suchte. Alle Personen und alle Theorien mußten verschwinden, die diesem Systeme entgegentraten. Metternich rüttelte darum schon an der oktroyirten Verfassung Ludwig XVIII., bis er sie mit seiner Kreatur Karl X. stürzen konnte; er ließ Alexander von Rußland und den unlenksamen Konstantin beseitigen, um seine Kreatur Nikolaus auf den Thron zu bringen. Metternich arbeitete am Sturze Ludwig Philipp's, um in Frankreich Legitimität und Absolutismus herzustellen; er ließ den Herzog von Reichsstadt vergiften, damit Frankreich, wenn ihm die Beseitigung des illegitimen Ludwig Philipp's gelang, ein Napoleon II. nicht zu einer neuen Illegitimität greife. Metternich nahm endlich Preußen, das, auf dem Wege des Fortschritts beharrend, am störendsten wider sein System hätte auftreten können, unter seine ganz absonderliche Vorsorge. Friedrich Wilhelm III. war bald nur noch König „von Metternich's Gnaden“. Metternich verschaffte dem Kronprinzen, dessen „eigene Gelüste“ er fürchtete, eine im baierisch-österreichischen Jesuitismus erzogene Frau, die auch den furor protestanticus des Vaters zu dämpfen die Aufgabe erhielt und glücklich löste. Metternich hatte Friedrich Wilhelm III. das berüchtigte Testament machen lassen, worin es heißt: „Fritz, Fritz, halte Dich an Oesterreich!“ So hatte Metternich in Preußen den Fortschritt, Friedrich II. und per mulierem auch die Reformation paralysirt. Aber Fritz gehorchte nicht so blind, und rief einen „vereinigten Landtag“ nach Berlin. Metternich verbündete sich scheinbar mit dem illegitimen Ludwig Philipp, dem das linke Rheinufer wohl gefallen mochte, und der berliner Landtag verschwand. Fritz war entrüstet, aber auch Sardinien und Baiern waren entrüstet. Die Fürsten empörten sich diplomatisch wider Metternich; mit ihnen die Völker u[unleserlicher Text] diplomatisch. Metternichs Sturz war für Beide ein erleichterndes Athmen. Doch Metternich, der nach 1830 nicht verzweifelte, verzweifelte auch jetzt keineswegs. Er floh nach London, um von dort aus Europa wieder in das verlassene Geleise zu schieben. Englands Aristokratie und Bourgeoisie bewunderten den Satan-Meister. Metternich sah, daß mit der europäischen Bourgeoisie alles zu erreichen war; er beschloß, sein System, statt allein mit den Fürsten, jetzt mit Hilfe dieser Bourgeoisie zu realisiren, ohne seinem Prinzip das Mindeste zu vergeben. Wie 1815 die Fürsten, so müssen daher jetzt Fürsten und Bourgeoisie nebst ihren Schweifen mit dem Popanz „Demokratie“ zu einem Schlachtheer vereinigt werden, dessen Feldmarschall abermals Metternich ist und wird. „Metternich ist in Paris,“ heißt also soviel, als, Metternich steht wiederum an der Spitze der europäischen Dynastien und Bourgeoisien; Metternich hat mehr erreicht und wird mehr erreichen, als vor dem 24. Februar; denn Ludwig Philipp ist beseitigt, die Legitimität ist keine zu vergiftende Schwierigkeit mehr. Der französische Februar und der deutsche März lösen sich auf in einen Sieg des östreichischen Staatskanzlers Metternich, wofern die Völker Europa's nicht bald die Gefahr erkennen, und dem Idiotismus entsagen. Schütteln sie nicht rasch ihre blödsinnige Unthätigkeit ab, so könnte es auch für sie ein „trop tard“ geben.
Als Metternich stürzte, erhoben alle Dynastien, selbst die Habsburger, ein Jubelgeschrei, denn sie alle waren zu gehorchenden Werkzeugen des Einen geworden, und hatten schweres Alpdrücken gefühlt. Auch Pfaffen und Aristokraten stimmten in den Jubel ein. Jetzt ist die Reue da, man erkennt den „Satan-Meister“ von neuem an und die von Todesangst heimgesuchte Bourgeoisie Europas liegt schon flehend zu seinem und seines Systemes Füßen.
Sie werden von der Unterdrückung der „Ost-Deutschen-Post“ gelesen und sich darüber gewundert haben, weil Kuranda einer der zahmsten Leutchen ist, den die Bourgeoisie aufzuweisen hat. Jetzt ist er ein Freiheitsmärtyrer und „groußer Mann“, den die deutschen Idioten und Schuselka-Genies bewundern. Die Sache verhält sich einfach so. Kuranda hat früher gegrenzbotet und die östreichischen Zustände während eines Jahrs unter der stehenden Rubrik: „Metternich und Sedlnitzky befinden sich noch immer an der Spitze des östreich. Staats“ resumirt. Metternich erwies ihm darauf die Ehre, es ihm übel zu nehmen, und da er Persönlichkeiten nicht vergißt, und sich aller Feinde erinnert, so hat er, weil er sich auf dem Heimwege befindet, seinen Mandatar Stadion angewiesen, den Kuranda trotz seiner überaus großen Bourgeoiszahmheit vorläufig mit der Unterdrückung seines harmlosen Blättchens heimzusuchen.
Es gibt demokratische Deutsche, welche einen mit dem unvermeidlichen Germanenblick der Bornirtheit anstieren, wenn man also Metternichianisch mit ihnen diskutirt. Sie halten einen für einen Blödsinnigen, wenn man ihnen sagt, die Person Metternich und der Geist Metternich sind noch immer da, um der europäischen Völker- und Individuen-Dummheit von neuem und zwar noch ärger als früher, über den Kopf zu wachsen. Zu ihrer Belehrung noch folgendes:
„Jellachich ist unpäßlich!“ berichten hiesige Blätter. Was heißt das? Es heißt, Jellachich wird balb sterben. Jellachich ist, wenn auch nur ein kroatischer, Demokrat. Olmütz hat seine und seines Volkes nationale Banditen-Bornirtheit benutzt, obwohl es vor der Abgötterei Jellachich erschrack. „Wir kennen nur einen Gott, einen Kaiser und Jellachich, beider Stellvertreter!“ heißt das Losungswort der Kroaten, Serben, Illyrier u. s. w., überhaupt aller südungarischen Völker. Das klang nützlich wider die Magyaren und Deutsche, aber es klingt auch gefährlich für die Gesammtmonarchie. Man suchte daher, um den Jellachismus der Südslaven zu zerstückeln, in eben der Weise neue Jellachich's zu produziren, wie man aus gleichen Zwecken in ganz Ungarn und Galizien immerfort neue Nationen heraufbeschwor. Auf diese Weise tauchten in Südungarn eine Menge von k. k. Parvenü's auf, wie Stratimirowicz, Ragazicz, Suplikaz u. s. w. Sie alle sollten den Abgott Jellachich vervielgöttern helfen. Es gelang.
Jellachich hatte die Dummheit, sich mit seiner demokratischen Macht vor einem Windischgrätz zu beugen, seine antimagyarischen Wuth trägt die Schuld dieser Dummheit. Er hatte sodann die Unbesonnenheit, vor Windischgrätz den Säbel zu ziehen, und ihm vor versammeltem Generalstab in Schönbrunn zu erklären: „Ich diene dem Kaiser und der Monarchie, aber bei diesem Schwerte sollte es euch gereuen, wenn ich damit der Reaktion gedient hätte!“ — Jellachichs Erwachen kam zu spät. Man schickte Kulmer nach Kroatien und entsetzte Jellachich, wenn auch nicht im Titel, doch der Sache nach seiner Ba[unleserlicher Text]uswürde. Windischgrätz hat ihn und seine Kroaten seither überall am meisten exponirt, und dafür gesorgt, daß 2/3 der Kroaten bereits zusammengehauen sind. Das endliche Schicksal Jellachichs kann kein anderes sein, denn die schwarzen Gesellen Metternichs stehen auch im Hauptquartier des Windischgrätz und lassen selbst den neuen Herzog von Friedland ebensowenig außer Augen, wie den Herzog von Custozza.
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@facs1144
[ X ] Frankfurt, 27. Jan.
Von dem königl. preuß. Stadtgericht zu Rosenberg (Schlesien) ist beantragt worden, die Nationalversammlung möge, zur Einleitung einer Kriminaluntersuchung wegen Hochverraths gegen den Abgeordneten Herrn Minkus, ihre Zustimmung ertheilen.
Als Beweise gegen den Abgeordneten hat genanntes Stadtgericht 4 Briefe des Abgeordneten Minkus hieher gesandt. Zwei davon sind nur abschriftlich, die andern beiden im Original vorhanden.
Aus den letzten beiden hat der wegen des Antrags niedergesetzte Ausschuß mehrere Stellen in seinen Bericht aufgenommen, die interessant genug sind, um einer weitern Oeffentlichkeit übergeben zu werden. Es sind folgende:
(Aus dem Brief vom 16. Juni 1848.)
„ — — sie haben in der Zeittung gelesen das es hier im der Pauls Kirche eine linke und eine recht Giebt, die rechte will Monarchie und die Linke wünscht republick unter welche ich auch gehöre den das sind Volks Männer, wir sind in 15 Abtheilungen eingetheilt, da kommen diese zusammen, ihr Vorsteher wird President in der Sitzung genannt, da wird berathen und dem Herrn beauftragt der spricht, wir haben in unser Abtheilung dichtige Männer, sind sie so gut und erklären sie das dem Volke, den hier soll sehr viel vor das Volk gethan werden, wir wollen das der Landtag in Berlin aufgehoben werden soll, geschieht das so werde ich hier auftreten und werde hier unsre gerechts same wahrnehmen, seid vergnügt den es wird beßer aber alle großen kommen fort, mein Bruder hat mir geschrieben das euch der Herr von Blacha nichts geben will, macht es so wie die leute hier laßt sensen machen den Man hat aufgebracht das uns Rusland Krieg erklärt hat, fürchtet euch nicht, laßt euch nur Waffen machen den wir kommen mit die Franzosen, den die fürsten wollen von Rußland gerettet werden aber es ist alle, die großen sind fort, hier heißt es bei uns der gewesen, König von Preussen ein freies Deutschland, nur fürchtet euch nicht, hüttet wo ihr wolt, der Adel ist ein Dreck die müßen alle unter die Banck, das kan man ihn sagen, ich übersende ihnen etwas davon, nur heben sie mir die Papiere alle gut auf. — —
— — hier sind 4 Bischöffe und viele Geistlichen, aber die leute sizen da und sprechen nichts, mag doch das Marienfelder Volk an den Fürst Bischoff Schreiben warum er nicht spricht, kommt nicht einmal in die Abtheilung und Sizung soll Volksvertreter sein Schön meine Herren macht dichtige Koncepte, und wen ich Schreibe, da muß ihr alle, die beiden Kreise die ich vertrete nehmlich die Dem[o]kraten und nicht die Arestokraten alle schnel an mich schreiben, nur tretet auf und fürchtet euch nicht, die Tage wollen sie hier die Fürsten weg jagen, ich übersende ihnen auch etwas von der linken seite, was wir im Sinne haben, wir haben aber noch nicht die Majorität erlangt, es fehlen uns noch 75 Selen oder Stimmen, und wen wir nur erst [1145] die Maiorität erreicht haben dan geht es besser, nur erklären sie das dem Volke, Es sind hier große Volksmänner wir wollen republick und nicht kaiserreich, hier ist alles in bewegung die Bauern laßen senzen machen, die Bürger sind bewafnet, den es wird vielleicht sehr Schlimm. wen nur unser Militär nicht zu schlecht handelte wen republick wird so müßen die großen alle fort, — — — — — schreiben sie mir auch, es kostet kein Post-Porto, und macht recht lerm, fürchtet euch nicht mehr, hüttet auf dem Teiche immer fort, und recht steu alle Tage, und meine leute auch, es wird zugebauen, ich kann das Concept nicht ins reine Schreiben ich habe keine zeit, ich muß in meine Abtheilung; der Gedanke ist da, und so wie ihr denkt so handelt, ich auch und ihr auch, nur seid aufrichtig gegen einander den die Schorken mußen fort, die werden sterben, solte das vorkommen das für den Prinz von Preußen Stimmen gesamlet werden — macht was ihr wolt, nur bedauert nicht,“ — — — — — —
Aus dem Briefe vom 14. September 1848:
„— — — theuren freunde so wie auch feinde, reicht einer dem andern die bruder hand, ich ruffe euch aus der fern zu, ich ruffe euch den eine Wolke voller ungluck schwebt über uns, es ist möglich wir sehn uns nicht mehr wieder ich mache mir aber nichts daraus, Gott sorgt für mich und er wird auch in der ferne sorge, ich habe mein Leben hier aufs spiel gesetzt sieg ich heute oder Morgen nicht so siegt meine Asche im Grabe steht fest und laßt euch nicht mehr unterdrucken, die Tirranen sind in ganz Deutschland bekannt.“ —
Nach Mittheilung dieser Stellen heißt es im Ausschußbericht:
Die Aechtheit dieser Briefe vorausgesetzt, so ergiebt sich aus selbigen, daß der Briefsteller ein Anhänger der Republik ist, deren Einführung in Deutschland wünscht oder erwartet und die Aufhebung der damals (Juni 1848) in Berlin tagenden Reichsversammlung gewollt hat, ja man kann mit Rücksicht auf die hiesigen Septemberereignisse sogar der Vermuthung Raum geben, daß Herr Minkus die betrübenden Vorfälle des 18. Septemben 1848 am hiesigen Orte vorhergesehen habe, und am 14. Septembir 1848 entschlossen gewesen sei, sich dabei thätig zu beeheiligen, denn es heißt:
ich habe mein Leben hier aufs Spiel gesetzt. Sieg ich heute oder morgen nicht, so siegt meine Asche im Grabe,
jedoch giebt keine einzelne Stelle einen genügenden Anhalt für die Annahme:
daß Herr Minkus eine gewaltsame Umwälzung der Verfassung des preußischen Staats oder ein Unternehmen gegen das Leben oder die Freiheit des Königs von Preußen beabsichtigt habe, ihn also den Vorwurf des Hochverraths treffe.
Schließlich beantragt der Ausschuß:
„Die hohe National-Versammlung wolle die nachgesuchte Genehmigung zur Einleitung der Untersuchung wegen Hochverraths gegen den Abgeordneten Herrn Minkus nicht ertheilen.“
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@facs1145
[ 34 ] Darmstadt, 27. Jan.
Wir sind hier bereits in den Genuß der deutschen „Grundrechte“ getreten. Bei „Strafe des Ungehorsams“ (32 Tagen strengen Arrest) ist dem aus seiner Verbannung wieder zu uns zurückgekehrten zweiten Regimente der Besuch aller „Wühlervereine“ untersagt, und einem Oberstlieutenant, der Mitglied des Märzvereins war, ist sogar der Besuch „aller politischen Vereine“ (!! von wegen der Unpartheilichkeit) verboten. Wegen des letzteren Verbotes hat der Märzverein eine Adresse an die zweite Kammer gerichtet, worin er über „gröbliche Verletzung der Gesetze,“ über „schmählichen Hohn auf den Geist der Neuzeit“ klagt, und die Kammer auffordert, „eingedenk ihrer Pflicht, die Gesetze gegen jeden Uebergriff, er komme von welcher Seite er wolle, zu schützen.“ Wirklich, allerliebste Worte! Und doch habt ihr neulich die Einführung der „Grundrechte des deutschen Volkes“ gefeiert; so freut euch doch auch jetzt, daß sie gehandhabt werden. Nach den Grundrechten besteht aber das Vereinsrecht für die Soldaten nur so weit es die Disziplinargesetze gestatten. Die Disziplinargesetze aber: das ist das Belieben eines jeden Vorgesetzten, das ist eine speziell militärische Angelegenheit, um die sich außer dem Militär Niemand zu kümmern hat. Mit der bunten Jacke zieht man auch die Disziplinargesetze an; und wenn die Fürsten das Vereinsrecht für den thatkräftigen Theil der Nation aufheben wollen, so ziehen sie demselben bunte Jacken an. Unsere Kammer aber hat wichtigere Sachen zu besorgen, als sich um das Vereinsrecht des Volkes zu bekümmern; sie beräth jetzt eben darüber, ob der König von Preußen Kaiser von Deutschland werden soll oder nicht. In Frankfurt scheint man sich noch nicht recht einigen zu können; deshalb müssen wir die Sache hier wohl in die Hand nehmen. Kann Friedrich Wilhelm denn auch noch nicht mit einem Male Kaiser von ganz Deutschland werden, so kann er's doch für's Erste von Hessen-Darmstadt werden. Also, wie gesagt, heute Morgen begann die Berathung über diesen wichtigen Gegenstand. Ein Antrag Heldmann's und Mohr's, die Sache auf sich beruhen zu lassen, wurde mit 28 gegen 15 Stimmen abgelehnt. Der früher von Heldmann eingebrachte Gegenantrag, den Großherzog zum Kaiser von Deutschland zu machen, würde bei der Berathung den loyalen Unterthanen einige Verlegenheiten bereitet haben, hätte der Präsident nicht eine List ersonnen, um denselben zu entfernen. Freilich eine List, würdig eines Dorfschulmeisters, womit er anderswo höchstens ein Lächeln erregt haben würde. Hier aber erreichte er seinen Zweck. Präsident Hesse erklärte, daß er die Diskussion nur über den ersten Antrag auf ein preußisches Kaiserthum gestatten könne, da derselbe für den Heldmann'schen Antrag präjudizirlich (!!) sei. In Frankfurt würde Herr Hesse ohne Zweifel auch dem König von Preußen das Präjudizium vor dem Kaiser von Oesterreich zuerkennen. Schade, daß er dort nicht Präsident ist.
Heldmann und Glaubrech sprachen gegen, Görz und Schenk für den preußischen Kaiser. Dann folgte Zitz; als er das Lächerliche einer Revolution hervorhob, die uns zu den 34 Fürsten noch einen Kaiser, zu den 34 Civillisten am Ende noch eine 35. von 50,000 Fl. oder Thaler gebe, brach die Gallerie in ein so stürmisches Bravo aus, daß der Reichstelegraph, Herr Wernher von Nierstein, puterroth von seinem Sitze aufsprang. „Die Gallerie wird geräumt,“ schrie der nicht weniger erzürnte Präsident, und drohte mit Anwendung von Gewalt, als nicht gleich Miene gemacht wurde, seinem Befehle Folge zu leisten. Die Linke richtete darauf die Bitte an den Präsidenten (sie ist nicht stark genug, um durch ihre Entfernung die Versammlung unbeschlußfähig zu machen), den Zutritt ferner noch zu gestatten, da ja keine Warnung dem gestrengen Befehle vorhergegangen sei. Herr Hesse erklärte sich bereit, wenn die ganze (!!) Versammlung damit einverstanden wäre. Herr Wernher von Nierstein und Herr von Gründerade legten ihr Veto ein, und die Gallerieen mußten in der That geräumt werden. In den Kasernen war bereits das Militär konsignirt, um bei etwaigem gewaltsamen Widerstand (an den natürlich kein Mensch dachte) sogleich bei der Hand zu sein.
Aber nun erklärte die Linke, an der Berathung nicht ferner Theil nehmen zu können, bis dem Publikum der Zutritt wieder gestattet sei. Die Kammer feierte ein unterbrochenes Opferfest, und wird am Montag einen neuen Anlauf auf das deutsche Kaiserthum nehmen.
Unserer Bürgerwehr steht eine allgemeine Entwaffnung bevor; nicht etwa weil sie sich gefährlich gezeigt — sie ist die loyalste von der Welt, und die Demokraten verlieren an ihr einen bewaffneten Feind. Die Entwaffnung geschieht nur, — hört! hört! — weil die Rekruten die Gewehre zum Einexerzieren nöthig haben. Nun stehen zwar in dem Zeughause noch Gewehre genug, aber die Rekruten gebrauchen eben die Gewehre, welche jetzt die Bürgerwehr hat; und für die Bürgerwehr sind die Zeughausgewehre natürlich viel zu gut.
Die „Grundrechte des deutschen Volkes“ sind indessen auch im Großherzogthum Hessen-Darmstadt anerkannt.
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@facs1145
[ 068 ] Dresden, 27. Jan.
In der heutigen Sitzung der 2ten Kammer erschienen sämmtliche Minister, außer Braun. V. d. Pfordten theilt der Kammer mit, daß der König die vom Ministerium eingereichte Entlassung nicht angenommen habe (lautes Bravo). Das Kabinet glaube aber auf seinem Beschlusse beharren zu müssen, nur sei die Zeit zu kurz, um eine definitive Entschließung zu fassen.
Der Vicepräsident Tzschirner bemerkt: der Grund des Entlassungsgesuches sei immer noch nicht angegeben. Die Kammern wenigstens hätten noch nichts vorgenommen, was diese Art Flucht der Minister motiviren könne. Es sei dringend nöthig, daß sich das Ministerium in Betreff der Grundrechte ausspreche.
V. d. Pfordten geht darauf nicht ein und weist auf den parlamentarischen Gebrauch in Ministerkrisen hin.
Der Abg. Fincke macht, da die Krisis nicht von der Kammer herbeigeführt worden, die Minister für alle daraus entstehenden Nachtheile verantwortlich. Der vorhin genannte Minister gibt zu, daß das Kabinet eben so für sein Abtreten als sein Verbleiben verantwortlich sei. Die Minister entfernen sich.
Hierauf Berathung über den Klette'schen Antrag, die „Grundrechte“ ohne weitere Prüfung einzuführen. Wehner will, daß die Grundrechte den Kammern vorher zur Prüfung vorgelegt werden.
Vicepräsident Schaffrath beantragt: Die Regierung zu veranlassen, daß sie die Grundrechte auf verfassungsgemäßem Wege sofort ein- und durchführe.
Vicepräsident Tzschirner: „Die Frankfurter Nat.-Vers. hat das Vertrauen des Volks verloren; sie ist die unterthänigste Dienerin der Fürstin; was aus ihr kommt muß wohl geprüft werden“ — timeo Danos et dona ferentes!
Bei der Abstimmung wird der Schaffrath'sche Antrag einhellig angenommen, eben so ein Zusatz von Bertling: die Grundrechte nur in soweit publiziren zu lassen, als in der sächsischen Verfassung nicht größere Freiheiten enthalten seien.
Ungarn.
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@facs1145
Aus Siebenbürgen, 18. Januar.
Den mit den Szeklern vereinigten Magyaren stehen die nicht starken kaiserlichen Garnisonen einiger festen Plätze gegenüber. An letztere schließen sich die Sachsen und die Wallachen (Rumunen) an. Die Wohnplätze der Szekler liegen im Osten des Landes längs der Grenze der Moldau. Die Magyaren wohnen in der Mitte des Landes, und haben die Plätze Klausenburg, Torda (Thorenburg), Enayed und Maros-Vaserhely zu ihren Stützpunkten. Die Mezö-Seg der fruchtbarste Strich des Landes, ist von ihnen besetzt. Die Sachsen wohnen im Süden längs dem Arme der Karpathen, welcher Siebenbürgen von der Wallachei trennt. Hauptplätze sind Kronstadt, Herrmannstadt und Mühlenbach. Ein von ihnen bewohnter Distrikt ist auch der im Nordosten gelegene von Bistriz, der aber gegenwärtig von den Magyaren und Szeklern cernirt ist. Die Wallachen wohnen im Lande unter den genannten Volksstämmen zerstreut. Die von kaiserlichen Truppen besetzten Plätze sind Kronstadt, Herrmannstadt und Karlsburg, welches letztere an der Marosch zwischen Herrmannstadt und Klausenburg liegt. Auch dieses hatte eine kaiserliche Besatzung, ist aber, wie bekannt, unlängst von den Magyaren genommen worden. — Was die Kopfzahl anlangt, so zählen die Magyaren und Szekler etwas über eine Million, d. i. die Hälfte der Bevölkerung. Die Sachsen kann man, der Zahl nach, etwas höher anschlagen, wie die Wallachen, Veide zusammen betragen ebenfalls etwas über eine Million. An Tapferkeit und Kriegsübung prävaliren die Ungarn und Szekler, und daher haben sie auch die Oberhand, und es war dem General Bem möglich, einen Streifzug in die Bukowina zu versuchen, der ihm um so leichter wurde, da über Bistrizsteine gut gebaute Straße dahin führt. Das Land ist besonders für den kleinen Krieg geeignet, weil es durchgehends gebirgig und ringsum von hohen Gebirgsbollwerken umgeben ist. Ebenen sind wenig da und nur an der Marosch bei Enayed so wie am Aranyos und an der Körösch. Sie betragen jedoch überall nur wenige Quadratmeilen. — Der Krieg wird zwischen den Parteien mit großer Erbitterung geführt. Die Ungarn und Szekler dominiren, haben das Land bis an die Distrikte der Sachsen inne, und beherrschen, da sie im Besitze von Klausenburg sind, den Paß nach Ungarn, der über Banfi-Hunyad und Fekete-To geht und bei Barod in die Ebenen Nieder-Ungarn mündet.
[(Br. Z.)]
Französische Republik.
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@facs1145
Paris, den 28. Januar.
Anklageakt gegen das Ministerium.
In Betracht, daß die antirepublikanische Politik des Ministeriums sich durch eine Handlung an den Tag legt, welche die Rechte der Bürger und das Grundprinzip der Volkssouveränetät angreift. In Betracht, daß das Recht, sich zu versammeln, ein natürliches Recht und ein politisches Recht ist, das in die Verfassung der französischen Republik eingeschrieben und konsetrirt ist. In Betracht, daß sich das Ministerium durch den von ihm gestern am 26. Januar vorgelegten Gesetzentwurf über Unterdrückung der Clubs einer Handlung schuldig gemacht, welche eine offenbare Verletzung (violation flagrante) der Artikel 8 und 51 der Verfassung ist. In Betracht, daß das Ministerium laut Artikel 68 der Verfassung für seine Handlungen verantwortlich ist: verlangen die unterzeichneten Volksvertreter die Versetzung der Minister in Anklagestand und ihre Verurtheilung durch den haute Cour National in Gemäßheit des Artikel 91 der Verfassung.
Paris, 27. Jan. 1849.
(Folgen 230 Unterschriften von Deputirten)
— (Proklamation des Central-Conseils und des National-Congresses, worin sie dem Lande die Aussöhnung der Bergpartei mit den Proudhon'schen Sozialisten und den Kommunisten anzeigen.)
An die demokratisch-sozialen Wähler!
Der Wille des Volkes war seiner Erfüllung nahe! Der Central-Conseil und der National-Congreß schickten sich bereits an, an Euch gemeinschaftlich einen Aufruf zu erlassen, worin Ihr ersucht werden solltet, ein einziges Comitè in Gemäßheit der herzlich vollzogenen Vereinigung zu errichten. In Gegenwart der handgreiflichen Verletzung der Verfassung, welche von einer contrerevolutionären Regierung gewagt worden ist, beeilen wir uns Euch die vollzogene Einigung (Union) hiermit zu proklamiren. Mögen es unsere Feinde hören: sie stehen jetzt der ganzen Demokratie gegenüber! Ein Minister Louis Bonaparte's, Léon Faucher, hat die Frechheit begangen, eine verbrecherische Hand an die Verfassung zu legen. Er hat sich nicht gescheut, der Nationalversammlung die Unterdrückung eines natürlichen und außerdem von der Verfassung ausdrücklich garantirten Rechts vorzuschlagen. Im Namen der Wähler, von denen wir unser Mandat empfingen; im Namen der französischen Demokratie üben wir hiermit ein Recht aus, und erfüllen wir hiermit eine gebieterische Pflicht, indem wir gegen diesen Frevel protestiren! Brüder, bleiben wir ruhig. Seien wir stark gegen alle Herausforderungen. Unsere Feinde brauchen eine Emeute, um ihren Staatsstreich zu rechtfertigen. Mögen sie sich die Lehren der Geschichte in's Gedächtniß zurückrufen! Die Staatsstreiche allein waren es, welche den Stundenschlag der Revolution förderten!
Paris, 27. Jan. 1849.
Der Glieder des National-Congresses und des Central-Conseils.
(Folgen die Unterschriften.)
— Francisque Bouvet schreibt an den Moniteur: „daß er gegen die unsinnige Handlungsweise des Ministeriums gestimmt haben würde, wenn er nicht im Augenblick des Votums mit Abschriftrevision des Barrot'schen Anklageakts gegen das Februarministerium wegen Verletzung des Versammlungsrechts beschäftigt gewesen wäre.“ Die jetzige Revolution nimmt äußerlich denselben Gang wie die vom Februar 1848.
— Der Moniteur zeigt an, daß der Lerminier'sche Universitätscursus bis auf Weiteres geschlossen ist. Die „Patrie“ will wissen, daß der Apostat bereits seine Entlassung eingereicht habe. (Dies wäre das erste Nachgeben der Minister auf die gestrigen Volks- und Studenten-Demonstrationen.)
— Sämmtliche demokratische Blätter, zu denen sich auch seit vorgestern der National rechnet, richten heute ihre Premier-Paris an das Volk, und beschwören es, ruhig zu sein, bis es die Montagne und ihre Chefs rufen.
— Mittags 2 Uhr. Es regnet fürchterlich. Große Gährung in den Kasernen. Indeß nirgends Ruhestörung. Alles wartet auf morgen und übermorgen. Das Ministerium ist entschlossen, es auf den Kampf ankommen zu lassen. Es tritt nicht ab.
— Thiers und Trelat haben sich auf Pistolen gefordert. Bugeaud und Honkeren für Thiers und Recurt und Grevy für Trelat hatten alle erdenkliche Mühe, die beiden Hähne auseinder zu halten. Die Sache ist der Versöhnung nahe. Veranlassung war eine prinzipielle Streitigkeit.
— Die imperialistische Liberté erklärt heute ihren Beitritt zum Anklage-Akt gegen das Ministerium mit fürchterlichen Ausfällen gegen den „alten Steinesel Odilon-Barrot.“
— Der National und die Democratie pacifique erzählen sehr umständlich die Dinge, welche sich gestern in demjenigen Flügel der Tuilerien ereigneten, wo seit dem Juni v. J. Pascha Changarnier mit seinem Generalstabe hauset. Hieraus ersieht man, daß die von uns gestern flüchtig gemeldete Verhaftung des Bataillonschefs Aladenize hohe Wichtigkeit hat. Changarnier, von der Gährung unterrichtet, welche sein Reorganisationsplan in der Mobilgarde und in der Garde Republicaine hervorrufe, ließ gestern sämmtliche Bataillonschefs zu sich bescheiden.
„Die Mobilgarde zeigt sich unzufrieden (redete Changarnier diese Bataillonskommandanten an). Sie will sich morgen auf dem Marigny in den elysäischen Feldern, in Ausschüssen versammeln, um gleich einem Klub unter freiem Himmel zu berathen. Ich sage Ihnen, sie soll sich in Acht nehmen. Wenn sie sich rührt, lasse ich sie niedersäbeln.“ Hierauf erwiderte Aladenize: „Ihre neuesten Maßregel haben nicht nur die Desorganisation der Mobilgarde und Republ. Garde, sondern der Republik selbst zum Zweck. Sie beweisen Ihren Verrath an der Republik und an der Verfassung. Als solcher erkläre ich Sie zum Verräther an der Republik und am Vaterlande (der General reißt an der Klingelschnur. Gensd'armen stürzen in den Saal; Changarnier befiehlt ihnen, den Redner zu arretiren). „General! ruft dieser, Sie verlangen meinen Degen. Ich erhielt ihn von der Wahl freiwilliger Republikaner. Ich kann ihn nur zerbrechen. Aber General, wir finden uns wieder!“ Nach diesen Worten ergriffen die Gensd'armen den Redner und führten ihn in das berüchtigte Militärgefängniß Abbaye ab.
Der National fügt hinzu: daß im Laufe des Abends auch die Bataillons-Chefs Duseigneur, Arrighi, Bassac, Camuset und der Befehlshaber des 10. Bataillons zu ihrem Kameraden Aladenize in die Abbaye geworfen worden seien.
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Edition: [Karl Marx/Friedrich Engels: Zustand in Paris, vorgesehen für: MEGA2, I/8. ]
[ * ] Paris, 28. Jan.
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[ 17 ] Paris, 28. Jan.
„Le Pays“ zeigt heute lakonisch an: „Das Land (d. h. die Provinzialphilister) solle sich auf's Aergste gefaßt machen und im Nothfall diese Nationalversammlung sprengen, die sich gegen die Regierung auflehne und von [unleserlicher Text] Faktion der Klubisten sich beherrschen lasse.“ Das „Siecle“ heult in ähnlicher Weise, und sagt: „Binnen zwei Monaten wird Frankreich eine gräßliche Reihe von Schrecknissen aller Art erleben, wenn nicht schleunigst dem Konflikt zwischen der Kammerminorität und dem Ministerium gesteuert wird. Möge Dufaure nebst den Seinigen nur geschwinde, da es noch nicht zu spät ist, sich des Steuers bemächtigen- Die Frechheit der sozialdemokratischen Blätter übersteigt alles Vermuthen; das ordnungsliebende Frankreich wird und muß über das ordnungsfeindliche den Triumph feiern können.“
Gestern war ein stürmischer Tag, viele Perrüken flogen, Bugeaud schliff seinen Säbel, Changarnier (der Nationalgardenkommandant und Philippist) ließ einen Mobilmajor arretiren, der ihm etwas herbe die Wahrheit sagte, daß durch dies Verabschieden von 6000 Mobilen der Geist im Korps rebellisch würde. Studiosen und Lyceaner (d. h. Gymnasiasten) prozessionirten auf die Redaktion der „Demokratie pacifique“ und protestirten wie folgt gegen Lherminiers Professur: „Wir, Zöglinge der hohen Schulen, sehen uns durch unser Ehrgefühl veranlaßt, die fortdauernde Nichtwiedereinsetzung des verehrten Professor Mickiewitsch und gegen die Wiederbestallung eines längst der Verachtung anheimgefallenen öffentlichen Lehrers uns zu verwahren, der unter Guizot sogar abgesetzt wurde und es blieb, und durch die provisorische Regierung auch nicht wieder eingesetzt ward. Er ist ein Mann, gegen den sich Frankreichs sittliches Gefühl empört.“
Im Auditorium hatten die Studenten und Zöglinge der Normalschullehrerakademie, der Minen- und Civilingenieurschule, die sich den gewöhnlichen Zuhörern in solchen Ausnahmsfällen immer anschließen, nichts mehr vermocht; der Saal wimmelt von handfesten s. g. Prügelmännern der geheimen Polizei (jeder mit einem eisenspitzigen oder bleiknopfigen Stöckchen und Glacehandschuhen, Lorguette, Uhrkette u. s. w.), auch hatte nur derjenige Zutritt, der vom Administrator des College de France eine rosarothe Einlaßkarte bekommen und seine Adresse in ein Buch eingeschrieben. Auf dem Platz Cambray rings um das Gebäude postirten drei Bataillone Infanterie und eine Schwadron Kavallerie. Solche Bravourstücke waren nur dem Jesuitenminister Falloux prädestinirt, im ersten Jahr der vom Pahst gebenedeiten Repu[unleserlicher Text]; weder Louis Philipp noch Karl X. riskirten eine Blamage dieser Art. Ex ungue leonem; was wird erst in diesem Genre kommen, wenn die lieben Brüder der Herren Montalembert und Falloux, die Henricinquisten mit dem heiligen Henri, auf dem Thron sitzen werden? Dies nennt der Legitimismus „die Lehrfreiheit schirmen“. Und das Drolligste dabei wäre, wenn, wie der National versichert zu wissen, der p. p. Lherminier trotz dieses Schirms keine Vorträge über Montesquieu's Esprit des lois mehr halten wolle und seine Entlassung eingereicht habe. Die Montalembert'sche Bande betrachtet diesen Lherminier'schen Krakehl als um so wichtiger, da er gerade in dem nämlichen College de France passirt, wo Edgart Quinet, Michelet und Mizkiewitsch sie so schrecklich, unter Louis Philipp, jahrelang geärgert haben.
Albert Maurin aus Marseille, der in der Kommission des französisch-deutschen Verbrüderungsbanketts saß, hat mehrere Volksbroschüren publizirt: „Die kleinen rothen Bücher“, welche anempfehlungswerth sind. Seine größere Publikation „die Junitage“, ebenfalls von rein sozialdemokratischem Standpunkt aus gedacht, gibt eins der besten Gemälde jener Katastrophe. Möge folgende Stelle als Probe dienen: „Zwei Tage nach Beendigung dir Schlacht ging ich hinüber in das Viertel St. Jaques. Unwee der Kirche St. Severin (wo die Ouvriers so tapfer gefochten, eins ihrer Hauptquartiere aufgeschlagen und wo die Frauen die Sturmglocke gezogen hatten) stand eine Gruppe, ein Straßensänger ließ sich vernehmen in Trauermelodie und verkaufte den Text um [unleserlicher Text]f Centimen. Es war ein Leichenlied auf den wohledeln Herrn Erzbischof von Paris, wie er im Liede hieß. Die Zuhörer waren bewegt. In jeder Pause zwischen den sechs Strophen tauschten die Arbeiter einige Bemerkungen unter einander aus. Einer hielt ein Mädchen von vier Jahren auf dem Arm, und einen Knaben an der Hand; er hatte ein so scharf gezeichnetes Gesicht, daß ich mich entsann, ihn an jenem Abende auf dem Pantheonplatz erblickt zu haben wo die Ouvriers bei Fackelschein noch ein Mal sich aussprachen und danach das große Rendezvous sich gaben auf den nächsten Morgen, 23. Juni. Der Mann sah mich nicht; er seufzte und sagte: meine Tochter hat die Hand des Erzbischofs berührt, das wird ihr Heil bringen. Er küßte dieses Kind und wies den Umstehenden die heilige Medaille am Halse desselben. Ha, sagte ich zu mir, da haben wir also schon gleich einen Insurgenten, der Religiosität und Familienliebe hat; trotzdem daß die Blätter der Sieger das Gegenstück von den Barrikadeurs behaupten! — Der Sänger sang ein anderes Lied: die edeln Märtyrer vom 22., 23., 24., 25. Juni betitelt. Ich erstaunte, jeder warf dem Nachbar einen Blick zu.“
Sollten wir ein Loblied auf die Mobil- und Nationalgarde und Linie vernehmen? Ich ehre gewiß den Heldenmuth dieser Männer, die, wenn auch in Ueberzahl und mit Waffenübergewicht, doch sich persönlich tapfer den Barrikadenschüssen blosstellten in voller Körperlänge. Aber war es nicht thöricht, jetzt schon dies Lied, und gerade in diesem zuckenden, blutenden, niedergedonnerten Proletarierviertel zu singen? Ich irrte mich. Der Sänger verstand unter edeln Märtyrern die, welche für eine bessere Zukunft zu kämpfen geglaubt. Deutlicher konnte man schwerlich die Juni-Insurgenten bezeichnen. Die Zuhörer weinten und er sang:
„Gefallen sind sie auf dem Wahlplatz hier,
Der theuren Söhne, Väter, Brüder viel;
Sie glaubten in Gefahr die Stadt Paris,
Die liebe Stadt, das liebe Land in Noth.
Da flogen unsre Helden froh zur Schlacht,
Und färbten roth den Stein mit heißem Blut;
Sie brausten glühend hin und stürmten wild,
Und wurden edle Märtyrer füt uns;
Sie glaubten in Gefahr und Todesnoth
Die Freiheit, diese Göttin kühn und stark.“
„Ich konnte mich einer Thräne nicht erwehren, der Ouvrier mi den Kindern sah mich an und sagte: Das macht traurig, nich wahr? Der Sänger fuhr fort:
„Man trifft sich, sieht sich an spricht:
Mein Freund, wie geht es Dir? —
Der Freund erwidert: aber Dir? —
Der eine seufzt: mein Vater blieb
Dort auf der Barrikade todt.
Der andere weint: mein Bruder fiel
Hier an der Wand durch Pulver und durch Blei,
Am Boden knieend.“
Italien.
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@facs1145
[ * ]
Die italienischen Blätter sind voll von Gerüchten über eine spanische Intervention. Wie der toskanischen Regierung bereits offiziell gemeldet sein soll, sind 1500 Mann spanische Truppen zu Neapel ausgeschifft worden, und nach Privatbriefen aus Civita-Vecchia erwartete man dort die Landung von 3000 Spaniern unter Zucchi's Commando. Das römische Ministerium sammelt dagegen alle Truppen, über die es verfügen kann, um die Constituante zu schützen. Eine am 17. Jan. zu Ancona eingetroffene Depesche beruft alle daselbst befindlichen Truppen, mit Ausnahme der zum Schutz der Stadt unumgänglich nöthigen, sofort nach Rom. 1300 Mann mit anderthalb Batterien sind daraufhin augenblicklich nach Rom abgegangen, ebenso die beiden neuen auf piemontesisch montirten Kavallerieregimenter, und noch 1200 Mann sollen folgen. Wie Piemont hat sich nun auch Toskana offen gegen jede fremde Einmischung in die römischen Angelegenheiten ausgesprochen. Der Minister des Auswärtigen hat dem diplomatischen Corps seinen desfallsigen Protest in aller Form zustellen lassen.
Sonst wenig Neues aus Rom. General Ferrari, Commandant der von Venedig zurückgekehrten Division, ist in Folge des Zurücktretens Lorenzo Sforza's zum General en chef der Civica ernannt worden. Die provisorische Sicherheitsjunta hat eine Proklamation an die Bürger erlassen, worin sie sich über die Principien ausspricht, wonach sie zu handeln vor hat.
Radetzky's Stellung wird mit jedem Tage drohender. Er hat seine Truppen auf den Grenzen von Piemont, Toskana und den römischen Staaten concentrirt. Von Piemont verlangt er eine Entschädigung von 190 Millionen Lire für Kriegskosten.
Karl Albert ist am 24. Januar mit dem Kriegsminister nach Alessandria abgereist.
In Pavia und Modena sollen Unruhen ausgebrochen sein. In Toskana circulirt eine Adresse an's Ministerium, die es auffordert, das Wahlgesetz für die italienische Constituante sofort vor's Parlament zu bringen, nud die vom Parlament die schleunigste Diskussion und Abstimmung darüber verlangt.
Großbritannien.
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@facs1145
[ * ] London, 28. Jan.
Wie gering Englands Ausfuhr nach seinen Kolonien im Vergleich zu derjenigen nach fremden Ländern ist, ergibt sich nachstehender Zusammenstellung:
Ausfuhr n. d. Kolonien.Ausfuhr nach fremden Ländern.Insgesamt.
Pf.-Sterl.Pf.-Sterl.Pf.-Sterl.
18309,789,27428,482,34938,271,596
183510,991,01036,381,26047,372,270
184015,974,62635,431,80451,406,430
184516,263,89743,847,18560,111,082
Die Ausfuhr nach Deutschland und der Union übertraf jedesmal die nach Ostindien und Ceylon. Die Ausfuhr nach Holland und Italien war jedesmal größer, als die nach sämmtlichen Kolonien in Nordamerika u. s. w.
Unsere Kolonien können daher für uns weniger wegen unserer Ausfuhr dahin, als wegen der Einfuhr von daher in Betracht kommen, z. B. Canada wegen seines Schiffsbauholzes, Australien wegen seiner Wolle, andere Kolonien wegen Indigo, Zucker, Kaffee, Baumwolle etc.
Viele Engländer betrachten die Kolonien als sehr werthvoll, weil sie als Abzugskanal für überflüssige Bevölkerung dienen. Gleichwohl haben die Vereinigten Staaten mehr engl. Einwanderer aufgenommen, als sämmtliche engl. Kolonien zusammengerechnet. Nehmen wir blos die 3 Jahre 1845-47: so zeigt sich folgendes Verhältniß. Es wanderten aus Großbritannien und Irland aus:
im Jahre:nach den nordamerik. Kolonien.nach den Vereinigten Staaten.nach Australien.
184531,80358,538830 Pers.
184643,43982,2392,347 Pers.
1847100,680142,1544,949 Pers.
Ueberhaupt wanderten in den 23 Jahren (1825-47 incl.) aus:
Nach den Vereinigten Staaten 852,564 Pers.
Nach allen engl. Kolonien insgesammt 835,033 Pers.
Hierbei ist zu bemerken, daß viele engl. Auswanderer zwar nach Canada gehen, aber blos um sich von da aus nach den Vereinigten Staaten zu begeben.
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@facs1145
[ * ] London, 27. Januar.
Bevor die nächste Nr. d. Blattes erscheint, sagt der „Economist“, ist das bisherige Korngesetz dahingeschieden und von da ab wird der Weizen gegen einen nominellen Zoll von 2 Schilling pr. Quarter eingeführt. Wiewohl die Pächter 3 Jahre lang Zeit zur Vorbereitung hatten, so ist gleichwohl eine große Besorgniß wegen den unmittelbaren Folgen dieses Wechsels unter ihnen vorhanden. Viele Umstände haben zu einer ungewöhnlichen Herabsetzung der Preise auf dem Getreidemarkt geführt; unter ihnen ist das Aufhören der Getreidezölle wohl nicht der vornehmste. Der „Economist“ erinnert an die Ergebnisse der letzten Aernte. Im Süden und Westen Englands mißriethen die Kartoffeln noch ärger als 1847 und der Weizen lieferte an Menge und zum größten Theil auch hinsichtlich der Güte ein schlechtes Resultat. Nimmt man die sorgfältigsten Berichte aus ganz England zusammen, so gab es seit 1841 keine schlechtere Weizenärnte. Dazu kommt noch die viel schlechtere Aernte in Irland, wo nur der Hafer einen guten Ertrag lieferte. Die Zufuhren von Außen sorgten dafür, daß seit vorigen Aug. der Weizenpreis sich ziemlich gleich geblieben ist.
Der panische Schrecken, der sich unter den Landwirthen zeigt, geht aus ihrer Besorgniß hervor, daß vom nächsten Donnerstag an, wo auch der letzte Rest der Korngesetze verschwindet, der Markt mit auswärtigem, jetzt noch unter Verschluß lagerndem Getreide überschüttet werden wird. Der „Economist“ zeigt nun aus den offiziellen Listen, daß die Vorräthe fremden Weizens nicht größer sind, als zu irgend einer frühern Zeit. Es befanden sich nämlich am 10 Januar nur c. 800,000 Quart. Getreide (darunter 650,000 Quart. Weizen) auf dem Lager, während z. B. am 5. Jan. 1846 nicht weniger als 1,200,000 Quart. fremdes Getreide darunter 1 Mill. 100,000 Quart. Weizen) unter Verschluß lagen.
In Betracht des enormen Verbrauchs in den letzten 4 Monaten, der sich täglich mehrenden Thätigkeit in den Fabrikdistrikten, des, wie eben gesagt, verhältnißmäßig unbedeutenden Vorraths an fremdem Getreide, in Rücksicht der niedrigen Preise, die unsere Nachbarn wenig zur Zusendung ihrer Vorräthe ermuntern können und endlich in Betracht, daß vor Eröffnung der Frühlings-Schifffahrt weder aus Nordamerika noch der Ostsee bedeutende Zufuhren eintreffen können: in Betracht dieser Umstände kann ein weiteres Heruntergehen der Preise nur die eigene Schuld unserer Landwirthe, d. h. ihrer unsinnigen Furcht sein und die Preise müßten gleichwohl vor der nächsten Aerndte wieder hinaufgehen.
Belgien.
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[ 43 ] Lüttich, 29. Jan.
Sie werden mir heute ein wenig auf eine sozialistischen Wanderung durch unsern gepriesenen Musterstaat folgen müssen. Und da die deutschen konstitutionellen Regierungen sich's recht angelegen sein lassen, ihre Staaten auf denselben Fuß zu bringen, so mag meine Rundschau wohl nicht ganz uninteressant sein. — Belgien hat nicht viel mehr als 4 Millionen Einwohner. Darunter sind mindestens 1,500,000 Arbeiter, und unter diesen sind gegenwärtig beinahe 1 Mill. ohne Beschäftigung und sterben vor Hunger, während 2 Mill. im Ueberflusse schwelgen. Und die Zahl der Arbeitlosen und Armen steigt mit jedem Tage, obgleich es anerkannt ist, daß Belgien durch seine geographische Lage die doppelte Einwohnerzahl, also über 8 Mill. ernähren könnte. Was thut das Gouvernement, was thuen die neuen Herren Minister, was thut die seit ungefähr 5 Wochen tagende neue gesetzgebende Kammer, diese wieder geborene, verjüngte Kammer, die so viel Wunder wirken sollte, jenem steigenden Pauperismus und Mißverhältniß gegenüber? Eine königliche Verordnung besteuert den Eingang von Waizen, Roggen, Buchwaizen, Gerste, Haber u. s. w., 200 Pfd. mit 4 Sgr., von einem Ochsen, einem Stier oder einer Kuh mit 4 Thlr., von Reiß mit 16 Sgr., von gesalzenem Fleisch mit 4 Thlr. für 200 Pfd. u. s. w. So vertheuert man also dem Arbeiter Brod und Fleisch und vermindert mithin seinen Lohn, um die Einnahme der Grundeigenthümer zu vermehren, um ihnen die Erhöhung der Preise der Lebensmittel trotz der Konkurrenz des Auslandes zu ermöglichen. Da nun der Ackerbau in Belgien so wenig beschafft, daß allein die Einfuhr fremden Getraides jährlich 4 Mill. Thaler beträgt, der Arbeiter und Arme also die Abgabe zahlen muß, so kommt die Abgabe von 4 Sgr. auf 200 Pfd. Getraide nach ungefährer Berechnung einer Erhöhung von 11 Sgr. 4 Pf. auf den Kopf des Konsumenten, also von 1 Thlr. 27 Sgr. für das Jahr gleich. Die Minister erscheinen vor der Kammer mit Budgets, welche nur ein Plagiat ihrer Vorgänger sind, und die unnützen Ausgaben für königliche Vergnügungen — obgleich man bereits die Thorheit begangen hat, dem Könige außer einem Dutzend Paläste täglich 20,000 Frcs., also 5338 Thlr. 10 Sgr. zu geben — und andere Dinge sämmtlich unterhalten. Doch haben die Minister auch Ersparungen vorgeschlagen und die Kammer hat dieselben mit unbedeutenden Modifikationen genehmigt. Aber worin bestehen dieselben? Es sind dieselben, die man in Frankreich und Holland vorgeschlagen, aber mit Verachtung zurückgewiesen hat. Man wird nämlich die Zahl der Beamten von 19,228 auf 17,769 herabsetzen und die Gehälter und Pensionen schmälern. Dies Schicksal trifft, wie sich von selbst versteht, nur die niederen Beamten, die ohnehin kaum von ihrem Gehalt leben können. Anstatt also große und wirkliche Ersparungen auf der Basis einer durchgreifenden administrativen und militärischen Reform vorzunehmen, drückt man die niedern Beamten, um einige lumpige 100,000 Francs, die man doch nur wieder für unnütze, wo nicht gefährliche Dinge verausgaben wird, zu ersparen. Wenn man zu solchen elenden Mitteln greift, um einen lumpigen Thaler weniger zu verausgaben, so kann man sich einen Begriff von dem Zustande der allgemeinen Misere machen. Der Minister des Auswärtigen, der im Innern sicher nicht zu Hause ist, Rogier, hatte die Unverschämtheit, in einer der letztern Sitzungen mit der Behauptung hervorzutreten, daß der Wohlstand täglich im Wachsen begriffen noch nie so groß gewesen sei. Und siehe, gerade am andern Tage veröffentlicht die Independence 60 Verurtheilungen einer einzigen Sitzung wegen Vagabundirens Und zur selben Zeit berichtet der Eclaireur, daß das baare Geld sich in der ganzen Provinz durch Papiergeld ersetzt finde. Ist das nicht ein neues Zeichen des „wachsenden Wohlstandes“?
Das Betteldepot zu Cambre enthält in diesem Augenblick 1946 Personen, worunter 1138 Männer, 590 Frauen, 135 Knaben und 83 Mädchen, mithin 78 mehr als im verwichenen November. Zeichen des wachsenden Wohlstandes. Man lies't im Echo von Cortray: „Die Entvölkerung Flanderns wird sehr bald die Lösung des Problems des Pauperismus sein.“ Man schreibt uns von Roulers: „Unsere Bevölkerung hat sich während des verflossenen Jahres wiederum beträchtlich vermindert. Die Zahl der Geburten beträgt 297, ungefähr 100 weniger, als nach dem gewöhnlichen Durchschnitt; die Todesfälle dagegen sind auf 429, also auf 100 über die normale Zahl gestiegen.“ Also ohne ansteckende Krankheit, in einem Jahre des Ueberflusses, wo die Lebensmittel unter der gewöhnlichen Taxe standen, erlitt unsere Bevölkerung in einem einzigen Jahre eine Verminderung von ungefähr 200 Einwohnern. Haltet ja nicht diese Lage für eine ausnahmsweise, sie ist in sämmtlichen Gemeinden unseres Bezirks seit 1845 normal geworden.
In Thielt hat das Civilregister von 1848 213 Geburten, 642 Sterbefälle ergeben, so daß also letztere erstere um mehr als das Doppelte übersteigen.
Aus Cachtem, im westlichen Flandern, schreibt man: „Vor einigen Jahren zählte unsere Gemeine 2000 Seelen. Nach der letzten Abschätzung zählte man mehr als 1700, in Wirklichkeit sind aber kaum 1461 vorhanden. Das verflossene Jahr ist durch 128 Sterbefälle auf 22 Geburten bezeichnet. Wahrlich! ein schreckenerregender Wachsthum des Wohlstandes.
Der Messager von Gent berichtet, daß man in der Stadt sowohl als auf dem Lande überall nur in elende Lumpen gehüllten, zusammengekrümmten, vor Kälte zitternden und veilchenblau gefärbten, vor Hunger ausgemergelten Gestalten begegnet, deren Anblick einem selbst das Herz erstarren mache, und daß das Elend in den Häusern noch weit grausenerregender sei. Dasselbe Blatt sagt an einer andern Stelle: „Hier nachstehend ein Beispiel von verhältnißmäßigem Wohlstand: Nach den neuesten Schätzungen gibt es in Paris nach 10 Monaten der Krise, nach der Auswanderung der Reichen, nach dem Verfall der Industrie, nach einem Straßenkampf von vier Tage einen Dürftigen auf 10 Einwohner. Dahingegen lesen wir in dem Regierungsbericht, daß es 1847 in Gent auf eine Bevölkerung von 105,155 Einwohnern 33,716 aus öffentlichen Armenmitteln Unterstützte gab. Unsere Lage ist also mehr als dreimal so schrecklich als die vorübergehende von Paris.“
Noch ärger ist's in Brügge: diese alte Stadt zählt 45,000 Einwohner, darunter sind zum Allermindesten 22,000, also beinah die Hälfte, ins Wohlthätigkeitsbureau eingeschrieben. Aber der allgemeine Wohlstand ist in stetem Wachsen begriffen und nie so groß gewesen, als jetzt, sagt Rogier. Verdiente ein solcher Minister nicht den Galgen?
Der Messager von Gent bemerkt an einer andern Stelle zu der fernern Behauptung Rogiers, daß „die Sterblichkeit sich vermin-
Hierzu eine Beilage.