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Neue Rheinische Zeitung.
Organ der Demokratie.
No. 22. Köln, Donnerstag 22. Juni 1848.
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Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für das nächste Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen.
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Uebersicht
Deutschland. Köln. (Die Russen). Berlin. (Nachwehen des 14. Juni. ‒ Die französische Regierung protestirt gegen die Theilung Posens. ‒ Prag in den Händen der Czechen. ‒ Handwerkerkongreß). Breslau. (Bericht zweier Augenzeugen über die Prager Ereignisse). Frankfurt an der Oder. (Militärische Maßregeln). Frankfurt am Main. (Der Demokratenkongreß. ‒ Sitzung der konstituirenden Nationalversammlung. ‒ Schluß des Entwurfs über die Centralgewalt. ‒ Beschluß über Triest). Bückeburg. (Duodezrevolution). Dresden. (Verschiedene Briefe über Prag). Prag. (Provisorische Ruhe). Wien. (Unterhandlungen in Italien. ‒ Telegraphische Depesche aus Prag. ‒ Die Ministerfrage).
Polen. Lemberg. (Verhaftung Kulinicz).
Italien. Venedig. (Padua von den Oesterreichern besetzt. ‒ Treviso bombardirt). Turin. (Die venetianische Deputation). Genua. (Demonstrationen gegen die Jesuiten. ‒ Die Lunigiana schließt sich an). Bologna. (Aufstand Mazzini. ‒ Die Neapolitaner sollen Contreordre erhalten). Rom. (Die Karabinier abmarschirt). Ferrara. (Der Rückzug der Neapolitaner). Neapel. (Stand der Dinge).
Französische Republik. Paris. (Verfassungsentwurf. ‒ Liste der Grundeigenthümer. ‒ Die Kaution. ‒ Sitzung der Nationalversammlung vom 19. Juni. ‒ Eisenbahnen. ‒ Vermischtes).
Großbritannien. London. (Lord Mayor's Diner).
Amtliche Nachrichten.
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Edition: [Friedrich Engels: Sturz des Ministeriums Camphausen. In: MEGA2 I/7. S. 154.]
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Deutschland.
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[*]Köln, 21. Juni.
Nach Briefen die wir aus Glogau erhalten, hat die russische Armee unter dem kommandirenden General Orloff die preußisch-polnische Gränze bereits betreten. Die Polen sollen mit den Russen fraternisirt und die russische Kokarde neben der polnischen aufgesteckt haben.
Zu gleicher Zeit entläßt die preußische Regierung einen Theil der in Posen stehenden Truppen auf Urlaub in ihre Heimath, zieht einen andern Theil in's Innere des Landes zurück. So ist das 19. Regiment schon von Posen ausgezogen, um zuerst nach Glogau und sodann nach dem Rheine zu marschiren; andre Truppen werden ebenfalls erwartet. Kann das Ministerium etwa den Augenblick nicht erwarten, wo der Czar in Berlin seinen Einzug halben wird?
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[25]Berlin, 19. Juni.
Man sollte es kaum glauben ‒ die Erstürmer nennt man jetzt Räuber und ihre That „gewaltsamen Diebstahl“, und der ganze Chorus von Spießbürgern, die immer noch kein Ende nehmen, sammt den royalistischen Beamten und Pfäfflein, klatscht Beifall und stimmt mit ein. Auch die Sentimentalität einiger alten Preußen macht sich dabei Luft, indem sie die Rache des Schicksals (des Mars wahrscheinlich) über die heraufbeschwört, welche es wagten, mit frevelnder Hand die geheiligten Trophäen zu verletzen, an denen das theure Blut unserer Vorfahren klebe. ‒ O sancta simplicitas! ‒ Verhaftungen finden fortwährend noch statt; die Hrn. Korn, Lewinsohn und Urban, bekannte Volksredner, sitzen in der Stadtvogtei und werden des Komplottes zur Erstürmung des Zeughauses, event. des Diebstahls beschuldigt; ‒ an sich unbedeutende Menschen, aber beim Kleinen fängt man an, beim Großen hört man auf. Schon fahndet man auf Einzelne, deren Verhaftung allerdings für die demokratische Partei ein Verlust sein würde. ‒ Sonderbares Volk, das für Alles eine gewisse Legitimität, und wäre es auch nur ihr Schein, haben will. Ihr Schwachköpfe, was war die heimliche Entführung von Waffenvorräthen durch die Regierung anders, als ein (nur legitimer!) Diebstahl an dem Rechte des Volkes auf Bewaffnung? Und ihr wollt das rechtfertigen, was die Macht heimlich thut, dagegen das Volk schämt ihr euch nicht zu verdammen, wenn es durch Brutalität zum Aeußersten gereizt, sich offen holt, was man ihm verweigert? ‒ Aber, wie gesagt, bei Leuten, die kein Prinzip haben, rechtfertigt der gute, verurtheilt der schlimme Erfolg.
Es herrscht nun vollkommene Windstille in den Mauern der „verlassenen“ Königsstadt. Man kann sich nicht verhehlen, daß auf beiden Seiten, der Revolution wie der Reaktion, eine gewisse Desorganisation eingetreten ist. Die Demokraten sehen sich mit stummen, fragenden Blicken an; sie haben Katzenjammer. Die Reaktionärs schreien zwar wüthend ob der Frevelthat, doch trauen sie dem Landfrieden noch nicht, um offen mit ihren Absichten hervorzutreten. Das entschiedene Verhalten eines großen Theils der Landwehr, die man zum Dienste in der Stadt, zur Unterstützung der Bürgerwehr einberufen hat, und auf die man seine reaktionären Pläne baute, mag wohl zur Mäßigung bewogen haben.
Wir glauben, daß sich die gesunkene Woge bald wieder heben wird, „denn noch nicht aller Tage Ende ist.“ ‒ Die Ereignisse in Prag, der Aufstand in Altenburg (wenn er sich bestätigt), von allen Seiten der immer deutlicher werdende Verrath des deutschen Volkes an die russische Despotie, wie sollten sie ohne Wirkung bleiben.
Die Saat ist reif, die Schnitter werden sich schnell wieder sammeln; möge der Tag des Mähens nicht versäumt werden. Die Sichel könnte sich gegen die Schnitter selbst wenden.
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Berlin, 19. Juni.
Wir veröffentlichen hier vorläufig einige uns zugegangene Mittheilungen; die ausführlichen Schreiben, welchen sie entlehnt sind, werden wir erst morgen liefern können, da sie zuvor noch ins Deutsche übersetzt werden müssen.
Die eine dieser Mittheilungen ist, daß die französische Republik sowohl in Frankfurt als hier in Berlin gegen die Theilung des Großherzogthums Posen protestirt habe.
Die andere betrifft Prag. Das Ergebniß des dortigen Kampfes ist der vollständige Sieg der böhmischen Partei. Windisch-Grätz und Thun sind durch Mensdorf und Klazanski ersetzt. Die gewählte provisorische Regierung ist als berathende Behörde bestätigt, das Militär zurückgezogen, eine vollständige Amnestie verkündet. Die Studenten bestehen auf Bestrafung des Fürsten Windisch-Grätz mit dem Tode, auf Bildung eines czechischen Nationalheeres und Bestätigung der provisorischen Regierung als ordentliche Regierung.
[(B. Z. H.)]
‒ [Kongreß der Handwerker-Vereine vieler Städte.] Durch ein Cirkular an die deutschen Handwerker- (Gesellen-, Arbeiter-, Bildungs-) Vereine hatte der Vorstand des hiesigen Handwerker-Vereins in der Johannisstraße zu einem großen allgemeinen Kongresse in Berlin eingeladen. Es unterstützte ihn in diesem Vorhaben, wie das Cirkular selbst besagt, ein Rundschreiben des Vorstandes des geselligen Vereins zu Stralsund vom 30. März, worin mehrere Vorschläge zu einem Verbande der Vereine gedachter Art gemacht waren. Am 21. Mai wurde dann beschlossen, an alle Vereine Deutschlands, welche „den Zweck der Verbreitung von Einsicht, Sittlichkeit und Brudersinn unter den Handwerkern gemein haben“, die Einladung ergehen zu lassen, daß sie einen mit Sonntag den 18. Juni hier in Berlin zu eröffnenden Kongreß zur Vereinbarung über eine Verbindung unter allen Handwerker-Vereinen wie über allgemeine gleichmäßige Grundsätze für ihr Vereinsleben durch Abgeordnete beschicken mögen. Jeder Verein sollte einen stimmberechtigten Vertreter senden, ohne daß die Theilnahme anderer Mitglieder der Vereine an den Berathungen des Kongresses dadurch abgeschnitten sein sollte. Diejenigen Vereine, welche keine Abgeordneten schicken könnten oder wollten, wurden aufgefordert, ihre Ansichten über die durch den Kongreß festzustellenden Punkte wenigstens schriftlich als zu beachtende berathende Stimmen einzusenden, und denjenigen Vereinen, welche Vertreter senden würden, wurde empfohlen, denselben eine Vollmacht mitzugeben, aus der erhelle, ob sie die Beschlüsse der absoluten Mehrheit des Kongresses als für ihren Verein bindende anerkennen wollten oder nicht.
Ehegestern, Sonnabend, ist die Feier des Stiftungsfestes, welche der Verein in der Johannisstraße jedes Jahr begeht, benutzt worden, um dem Kongresse, welcher gestern eröffnet worden ist, zu heiterer Einleitung zu dienen. Es sind mit Mandaten versehen bisher erschienen 35 stimmberechtigte Abgeordnete, welche 95 Vereine vertreten und zwar die Vereine von Altona, Angermünde, Berlin (5 Vereine, nämlich der in der Köpnikerstraße Nro. 27, der in der Johannisstraße Nro. 4, der vom Hausvogteiplatz Nro. 7, der Gesellenverein und der große Gewerbeverein.) Bernau, Breslau (2 Vereine) Elbing, Grüneberg, Halle, Hamburg (2 Vereine), Hameln, Kiel, Luckenwalde, Neuhaldensleben, Neu-Ruppin, Neustadt-Eberswalde, Parchim, Posen, Prenzlau, Rendsburg, Königreich Sachsen (die Vereine von 52 verschiedenen Städten, die zusammen einen Vertreter gesandt haben), Schwedt, Schwerin, Stettin, Stralsund, Torgau, Wittstock. Ein Vertreter der Londoner Handwerker ist als Gast zugegen. Von Brandenburg ist angefragt worden, ob man denn mit Sicherheit in Berlin sich aufhalten könne; ein Abgeordneter ist von dort nicht erschienen. Aus Schleswig ist die Sendung eines Vertreters wegen der unruhigen Zeiten abgelehnt worden. Schriftlich haben sich betheiligt die Vereine von Görlitz, Greifswalde, Güstrow, Lauban und Osterwiek.
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Frankfurt a. O., 18. Juni.
Am 16. d. M. hatten etwa 150 Mann des hiesigen Militairs unter dem Vorgeben von Felddienstübung den Bahnhof bei jedesmaliger Ankunft eines Zuges besetzt. Ein Offizier mit einem Hornisten hielten sich auf dem Perron auf, während die übrigen Mannschaften, mit scharfen Patronen versehen, in der Nähe versteckt lagen. Mit gerechtem Mißtrauen wurde diese Maßregel von mehreren Bürgern wahrgenommen, und als am Abend im demokratischen Vereine davon Mittheilung gemacht wurde, beschloß dieser einstimmig, sofort eine Deputation an den Oberbürgermeister zu senden, um Aufklärung zu verlangen, und die Forderung zu stellen, daß wenn eine Besetzung des Bahnhofes nothwendig sei, dazu die Bürgerwehr zu verwenden und nicht das Militär. Von dem Oberbürgermeister und dem Polizeirath wurde der Deputation der Zweck der Besetzung dahin erläutert: daß in Folg einer polnischen Verschwörung das Zeughaus in Berlin erstürmt, und es die Absicht sei, die entnommenen Waffen nach Polen zu schaffen, was durch das Militär verhindert werden soll. Auf die Anfrage, weshalb bei Ankunft des Breslauer Zuges der Bahnhof ebenfalls besetzt sei, da die Zeughauswaffen doch nicht von dorther kommen könnten, wurde geantwortet: es sei die Rede davon, daß von Breslau 3000 Republikaner den Berlinern zu Hülfe kommen wollten, und das Militär habe die Weisung, die Breslauer eben so ein-
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Die Verhandlungen des National-Konvents über
Louis Capet, Ex-König von Frankreich.
(Vergleiche den Moniteur vom Januar 1793.)
(Fortsetzung.)
Chabot: Wenn ich meine Meinung in etwa modifiziren sollte, so möchte ich darauf antragen, daß Louis angehalten würde, seine Mitschuldigen namhaft zu machen, um sie mit ihm auf die Guillotine zu führen; aber ich gebe mein Urtheil ab, ohne allen Zusatz, ich spreche das Todesurtheil, weil Louis ein Tyrann war, ein Tyrann noch ist, und es wiederum werden kann. Das Blut des Thyrannen ist das Zement, welches die Republik befestigt. Ich stimme für den Tod.
Foussedoire: Ich habe beständig einen Abscheu gehabt vor Blutvergießen; aber die Vernunft und die Gerechtigkeit dienen nur als Richtschnur in meinem Urtheile. Gestern habe ich Louis schuldig erklärt des Hochverraths. Um konsequent mit mir zu sein, muß ich heute ihn des Todes schuldig erklären.
Haut-Loire. ‒ Regnault: Ich stimme für den Tod.
Delcher: Tod.
Flageas: Tod.
Faure: Repräsentant eines großmuthigen, aber gerechten Volkes, stimme ich für den Tod, und beantrage, daß das Urtheil in den ersten vierundzwanzig Stunden vollstreckt werde.
Villers: Ich stimme für eine schreckliche, aber nur gesetzliche Strafe, den Tod; angezeigt ist durch das Gesetz: der Tod.
Louvet: Repräsentanten, meine Meinung ist Euch bekannt; keine Macht auf Erden soll mich ermächtigen, die nationale Repräsentation zu verkennen oder zu usurpiren. Ich stimme für den Tod, aber nur unter der Bedingung, daß das Urtheil nur dann erst vollstreckt werde, wenn das französische Volk die Konstitution angenommen hat, mit der ihr beauftragt seid. Und glaubt gar nicht, daß ich hier in anderen Worten den Appell vorbringe, der bereits von Euch verworfen worden. Nein, der Appell ist verworfen worden, weil das Volk jetzt nicht ohne Gefahr eines Bürgerkrieges zusammentreten kann. Nun gut: so laßt uns warten, bis später, wo die Konstistution vor dem Volk gebracht wird, und es Eurem eigenen Entschlusse gemäß zusammentreten muß. Hütet Euch wohl, Eure Vollmacht zu überschreiten, beugt Euch in tiefer, religiöser Verehrung vor der Volkssouveränetät, und solltet Ihr unter dem Dolche der Faktionen fallen (Gemurmel auf der Linken), ihr werdet fallen, geachtet und verehrt. Ich stimme für den Tod Louis, aber unter der ausdrücklichen Bedingung, daß das Urtheil erst dann vollzogen werde, wenn das französische Volk die Konstitution, die ihr bearbeitet, angenommen hat.
Lot. ‒ Jean-Bon-Saint-André: Wenn die Angelegenheit Louis Capet's eine gewöhnliche wäre, so würde ich nicht zugegeben haben, daß der Konvent sich mit dem Urtheil befaßte. Ich war der Ansicht, und ich bin es noch, daß hier die Freiheit mit der Tyrannei kämpft, und das ist ein Kampf auf Leben und Tod. Der Tod ist ohne Zweifel eine schreckliche Strafe; aber es gibt nur Eine Gerechtigkeit, sie wechselt die Grundsätze nicht. Republikaner sind gerecht; wenn sie die Grundsätze der Gerechtigkeit den Rücksichten der Politik opfern wollten, würden sie Halbmaßregeln ergreifen, die dem Interesse des Staates zuwider sind. Die Völker, welche frei sein wollen, können es nur durch den Tod der Tyrannen werden. Ich stimme für den Tod.
Mosel. ‒ Blaux: Ich hatte drei Söhne; der erste starb in Amerika, der zweite bei Frankfurt, den dritten biete ich Cüstine an. Ich bin überzeugt, daß Louis den Tod verdient, aber als Gesetzgeber stimme ich für die mildere Strafe, für die Einsperrung bis zum Frieden, und dann die Verbannung.
Thirison: Ich habe weder Eltern noch Kinder zu rächen, wohl aber Hunderttausend Mitbürger. Ich stimme für den Tod.
Nord. ‒ Merlin: Ich stimme für den Tod.
Anacharsis Cloots: Louis ist schuldig der Verletzung der Volkssouveränetät. Welche Strafe verdienen seine Verbrechen? Ich antworte im Namen des menschlichen Geschlechts, den Tod.
Paris. ‒ Robespierre: Ich liebe die langen Phrasen nicht; den Tod.
Danton. Ich bin keiner von den vielen „Staatsmännern“, welche da glauben, man könne einen König schlagen, ohne ihm den Kopf abzuschlagen. Ich stimme für den Tod des Tyrannen.
Collot-d'Herbois: Als ich noch vom Konvent fern war, habe ich schon meine feste Ueberzeugung ausgesprochen; diese Ueberzeugung lautete auf Tod. Treu meinem Gewissen, treu der Stimme meiner Kommittenten, wiederhole ich sie heute nochmals. Als ich meinen Platz in dieser Versammlung einzunehmen kam, durchstreifte ich mehrere Departements; überall war das Volk auf dies große Ereigniß gespannt; überall hörte ich seine Ueberzeugung, daß der Tod des Tyrannen allen Ränken auf einmal ein Ende machen werde. Ich stimme für den Tod.
Manuel: Louis ist ein Tyrann, aber dieser Tyrann liegt zu Boden; er bietet zu wenig Widerstand, um ihn zu schlagen. Laßt ihn sich wieder erheben, und wir werden dann weiter über die Ehre verhandeln, ihm das Leben zu nehmen. Ich schwöre, daß ich den Dolch des Brutus habe, wenn je ein Cäsar im Senat sich zeigen sollte.
Als Staatsmann, der die Moral wie die Politik wahrt, verlange ich aus allgemeinen Sicherheitsrücksichten für die Lage, in welcher sich unser Vaterland befindet, daß der letzte König mit seiner gefangenen Familie binnen 24 Stunden in eine der Festungen gesperrt werde, wo die Despoten selbst bisher ihre Opfer anschmiedeten; ich verlange, daß man sie dort so lange festhalte, bis zur öffentlichen Wohlfahrt bloß noch die Verbannung eines Tyrannen nöthig ist, der dann ein Land suchen möge, wo es keine Gewissensbisse gibt.
Billaut-Varennes: Den Tod in 24 Stunden.
Camille Desmoulins: Manuel sprach im Monat November die Meinung aus, ein todter König ist nur ein Mensch weniger. Ich stimme für den Tod, vielleicht zu spät für die Ehre des Nationalkonvents. (Murren. Einzelne Stimmen verlangen Ordnungsruf.)
Marat: Nach meiner festen Ueberzeugung, daß Louis der Haupt- [0096] urheber der Gräuel, welche am 10. August die Straßen mit Blut tränkten, und überhaupt aller Metzeleien ist, welche Frankreich seit der Revolution besudelt haben, stimme ich für den Tod des Tyrannen binnen 24 Stunden.
Legendre: Ich habe mir seit der Revolution die Verfolgung der Tyrannen gelobt. Das Blut des Volks ist geflossen. Ich war unter denen, welche am 10. August die Streitkräfte der Bürger gegen die Tyrannei führten; und ich bewog sie, das Leben Louis' zu schonen, damit die Repräsentanten an ihm ein großes Beispiel statuiren möchten. Ich stimme für den Tod. Ich ehre die Meinung meiner Kollegen, welche aus politischen Gründen für eine andere Strafe stimmen, aber auch dieselbe Politik läßt mich für den Tod stimmen.
Panis: Die Einsperrung und die Verbannung des Tyrannen können die junge Freiheit erwürgen. Meine Rücksichten sind das Gesetz, die Gerechtigkeit und das Vaterland: ich stimme für den Tod.
David: Den Tod.
Egalité (ehemaliger Herzog von Orleans): Einzig von meiner Pflicht erfüllt, überzeugt, daß Alle, welche die Souveränität des Volks angetastet haben oder antasten werden, den Tod verdienen, stimme ich für den Tod. (Getöse in einem Theil des Saals.)
Hoch-Pyrenäen. ‒ Barère: Das Gesetz sagt Tod; ich bin hier als sein Organ.
Seine-et-Oise. ‒ Tallien: Louis hat Bürgerblut vergossen. Montauban, Nimes, Jalès, Nancy, das Marsfeld und der 10. August sind die unwiderleglichen Zeugen seines Verraths. Das Gesetz hat gesprochen; das Interesse des Staats, das Interesse des Volks verlangt seine Vollstreckung. Ich stimme für den Tod.
Pas-de-Calais. ‒ Carnot: Meine Ueberzeugung ist, daß die Gerechtigkeit, ebenso wie die Politik, Louis' Tod verlangen. Nie, ich gestehe es, hat eine Pflicht schwerer auf meinem Herzen gelastet, als die jetzige; aber ich glaube, daß wir unsere Anhänglichkeit an die Gesetze der Gleichheit nicht besser beweisen, daß wir die Ehrgeizigen nicht besser schrecken können, als durch den Tod des Tyrannen. Ich stimme für den Tod.
(Fortsetzung folgt.)
[Deutschland]
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@facs0096
[Fortsetzung] zufangen, wie weiland die belgischen Krieger die aus Frankreich zurückkehrenden Flüchtlinge. Die genannten städtischen Beamten versprachen, daß Militär auf oder in der Nähe des Bahnhofes nicht mehr aufgestellt werden solle, und begeben sich dieserhalb zum Kommandanten, General v. Holleben. Die Deputation brachte der harrenden Versammlung diese Botschaft, und einstimmig wurde beschlossen, wachsam zu sein, um jedem Mißverständnisse, wodurch die Ruhe der Stadt gefährdet werden könnte, vorzubeugen. Das Militär hat sich nicht mehr auf dem Bahnhof blicken lassen.
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@facs0096
Breslau, 17. Juni.
Von zwei Mitgliedern des slawischen Kongresses, von denen der Eine Prag Dienstag Mitag 12 Uhr, der Andere Mittwoch früh 5 Uhr verlassen, erfuhren wir folgende Einzelheiten über die letzten Vorfälle, wodurch auch mehrere falsche in der gestrigen Breslauer, und sämmtliche der A. Oesterr. und Wiener Zeitung entnommene Nachrichten widerlegt werden: Der reaktionären Aristokratie, der Bureaukratie und der deutschen Partei war der Slawen-Kongreß längst ein Dorn im Auge, wie auch die in verschiedenen deutschen Blättern über denselben aus Prag eingesandten Artikel beweisen. ‒ Bekanntlich wurde das von den Czechen dem Kongreß vorgelegte Programm abgelehnt; dagegen der von Dr. Libelt ausgearbeitete Plan allgemein angenommen. Nach diesem Plan sollte vor Allem ein Manifest an Europa erlassen werden, worin man seinen Zweck offen darlegen und zeigen wollte, daß der Slawen-Kongreß weder etwas gegen Deutschland beabsichtige, noch sich mit russisch-panslawistischen Plänen abgäbe. Sodann wollte der Kongreß an den Kaiser von Oesterreich eine Adresse erlassen, ihm seinen Zweck vorlegen und um Bestätigung nachsuchen. Zuletzt erst sollte das Resultat der Arbeiten veröffentlicht werden. Die Sitzungen währten in den letzten Tagen bis in die Nacht hinein. Die letzte Sitzung fand Montag Vormittag statt. ‒ In Bezug auf die in der gestrigen Breslauer Zeitung in einem Artikel aus Prag gegen den Dr. Libelt gerichtete Beschuldigung bemerken wir, daß sich die Sache grade umgekehrt verhält. Libelt macht nämlich den Vorschlag, der Kongreß solle an die Magyaren eine Adresse richten, und dieselben auffordern, sich mit den ungarischen Slawen auf friedlichem Wege auseinanderzusetzen, und ihnen dieselben Freiheiten zugestehen, die sie selbst genießen und noch anstrebten. Doch die Illyrier und Serben wollten darauf nicht eingehen, wohl wissend, daß sie, die Südslawen, sowohl als auch die nördlichen ungarischen Slawen, die Slowaken, keine Konzessionen von den Magyaren auf friedlichem Wege erlangen würden, da es hinlänglich bekannt ist, wie die Magyaren seit Jahren an Unterdrückung der slawischen Nationalitäten in Ungarn arbeiteten, für sich allein immer mehr Freiheiten von der österreichischen Regierung zu erpressen suchten, und überhaupt am meisten beigetragen, das österreichtsche Staatsgebäude zu erschüttern. Auch hat man in Prag sichere Beweise daß 30000 ungarische Dukaten für die letzte Bewegung in Wien bestimmt waren. ‒ In den ersten Tagen dieses Monats fanden sich in Prag immer mehr Wiener Studenten und auch Nationalgardisten ein. Mehrere Czchen machten auf das Treiben dieser Leute aufmerksam, und riethen zu Vorsicht. Man bemerkte auch, daß sich die deutsche Nationalgarde immer mehr von den Czchen zurückziehe. Deshalb wollte man noch einmal versuchen, eine Aussöhnung zwischen Czechen und diesem Theile der Nationalgarde zu Stande zu bringen. Zu diesem Zwecke wurde der Gottesdienst am Montag von den Czechen veranstaltet. ‒ Auch die an einigen Orten aufgepflanzten Kanonen flößten Besorgniß ein, da man keinen triftigen Grund für diese Maßregel finden konnte. ‒ Auf dem am Sonnabende gegebenen Slawenballe waren sowohl der Gubernial-Präsident, Leo Graf Thun, der kommandirende General Fürst Windisch-Grätz und der Erzherzog Ferdinand Karl und andere Mitglieder der Aristokratie zugegen. ‒ Daß die Vorfälle am 12. u. s. f. nicht von der Swornost wie mehrere Zeitungen behaupten, herbeigeführt waren, erhellt auch daraus, daß grade der größte Theil der Stimmführer der Czechen, welche sämmtlich Mitglieder der Swornost sind, in den letzten Tagen Prag verlassen hatten, um als vom Gubernial-Präsident ernannte Wahlkommissärè die Wahl in der Provinz zu leiten. Auch die Arbeiter, vor denen man besorgt war, gaben die Versicherung, sich ruhig zu verhalten, damit der slawische Kongreß seine Sitzungen ungestört beschließen könnte, was auch im Laufe dieser Woche geschehen wäre, wenn nicht in Folge der fatalen Ereignisse vom 12. die Behörde die auswärtigen Mitglieder desselben am 13. gezwungen hätte, Prag zu verlassen, Die Illyrier machten den Vorschlag, den Kongreß in Agram fortzusetzen. ‒ Falsch ist es, daß die Frau Fürstin Windisch-Grätz durch einen Schuß aus dem ihrer Wohnung gegenüberliegenden Gasthause zum Engel getödtet wäre. Der Schuß fiel entweder aus einem benachbarten Hause oder von der Straße aus. Kaum war das Gewehr losgeschossen worden, so schrie man, es hätte Jemand aus dem Engel geschossen. Soldaten stürzten in das Gasthaus, doch ein Offizier lief ihnen nach und rief ihnen zu, sie sollten umkehren, da man den Mörder schon ergriffen habe. Eben so fiel in der Nähe der beiden Gasthäuser „zum Stern“ und „zum schwarzen Roß“ ein Schuß. Sogleich stürzten die nicht weit davon stehenden Grenadiere vorwärts, schossen in den Hausflur, in die Stuben durch die Fenster. In seiner Stube fand ein russischer Geistlicher sieben Kugeln. Bei der bald darauf stattgehabten Revision, wo der Major der Nationalgarde, Graf Franz Thun, auf eine etwas brutale Weise in beiden Gasthäusern vergebens nach Waffen spürte, ergab es sich, daß Niemand aus diesen beiden Hotels gefeuert hatte. Sowohl der Wirth, als die deutsche Bedienung erklärte, durch Eidschwur bezeugen zu wollen, daß Niemand aus dem Fenster geschossen habe. Die Gegenpartei suchte nur einen Vorwand um die in diesen beiden Gasthäusern wohnenden Mitglieder des slavischen Kongresses durch irgend eine falsche Beschuldigung bei den Truppen anzuschwärzen. Man scheint es auch hier besonders auf die Polen abgesehen zu haben. So wurden zwei Polen, die Herren Lubomirski und Romanowicz aus Galizien, als sie zu einem andern Polen, dem Dr. Helvel aus Krakau, der im „Engel“ wohnte, sich begaben, von den Soldaten, die auf dem Wege standen, unangefochten durchgelassen; doch kaum waren beide Herren ins Haus eingetreten, so stürzten ihnen die Soldaten nach und führten sie auf die Hauptwache. Der eine dieser Herren, L., wurde von den Soldaten arg mißhandelt. Unter Eskorte wurde L. auf den Bahnhof geführt. Ein deutscher Herr, der in demselben Waggon saß, wie unser Berichterstatter, der am 13. Prag verließ, nahm sich die Freiheit zu behaupten, ein Hauptmann hätte vor dem Gasthof „zum Stern“ zwei daselbst wohnende bewaffnete Polen arretirt, während doch sämmtliche dort wohnende Polen ruhig im Gasthause sich befanden; ferner hätten 60 (!) Polen aus dem Hause des Großhändlers … geschossen u. dgl. Es ist nun einmal eine allgemein angenommene Ansicht, daß den Polen alles Schlimme müsse aufgebürdet werden, daß sie jede Störung der öffentlichen Ruhe herbeiführen und dergleichen Albernheiten mehr. ‒ Ebenso falsch ist die von der A. österreich. Zeit. gegebene Nachricht, daß gleich beim Beginn des Kampfes auf dem Graben das Museum, der Sitz der Swornost, von wo aus man allerhand Möbel zur Errichtung von Barrikaden herab warf, gestürmt wurde. Die Sache verhält sich nicht so. In dem czechischen Nationalmuseum, wo der slawische Congreß seine Sitzungen hielt, und sie eben erst gegen 12 Uhr beendet hatte, schlossen sich etwa 36 Techniker, die mit Hellebarden bewaffnet, gewöhnlich dort die Wache hielten, nachdem sie die anrückenden Grenadiere, die ihre Gewehre geladen hatten, erblickten, und angefangen hatten, eine Barrikarde zu errichten, in dem Museum ein. Die Soldaten schossen in das Museum, um zu parlamentiren, stiegen durchs Fenster ein und kehrten bald zurück mit der Nachricht, daß die Techniker das Museum verlassen wollten, wenn die Soldaten sich entfernen würden. ‒ Der andere Reisende, der Prag am 14. früh 5 Uhr verlassen, brachte die Nachricht mit, daß am 13. Nachmittags der Kampf von neuem begonnen, daß in der Nacht das Volk das Sandthor erstürmte, der Gubernialpräsident Thun seine Entlassung gegeben; auch soll Windischgrätz abgetreten sein. General Auersperg, Graf Franz Thun, Major der Nationalgarde (welcher, um nicht erkannt zu werden, seinen Bart abrasirt hatte), verließen mit der Eisenbahn Prag. Das czechische Landvolk eilte von allen Seiten den Pragern zu Hülfe, hielt den Eisenbahnzug an, um verdächtige Herren zu fassen. Soldaten sind eine sehr große Anzahl geblieben. Als die Grenadiere, denen Ulanen folgten, auf den Roßmarkt zustürmten, wurden sie von einem furchtbaren Steinhagel empfangen und zum Rückzug gezwungen. Die Truppen, welche in Prag stationirt sind, bestehen aus böhmischen Kürassieren, Grenadieren, Infanterie und Artillerie (Czechen und Deutsche gemischt), aus Hohenegg-Infanterie (Polen aus dem Bochniaer- und Sandezer-Kreise) und Ulanen (Polen aus Galizien). ‒ Die Wiener Zeitungen, den Czechen abhold, stellen die Ereignisse von ihrem Parteistandpunkt dar. Wir wollen abwarten, was die Prager, czechischen und deutschen Zeitungen uns über diese Ereignisse berichten werden.
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Frankfurt, 20. Juni.
Die konstituirende deutsche Nationalversammlung hat im Beginne ihrer heutigen Sitzung mit Acclamation den Beschluß gefaßt, daß jede Feindseligkeit gegen Triest als eine Kriegserklärung gegen Deutschland betrachtet werden soll.
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Frankfurt, 19. Juni.
(18. Sitzung der konstituiren- Nationalversammlung.) Nach Verlesung des Protokolls erhielt der Abg. Beisler das Wort, um im Namen der slawischen Kommission Bericht zu erstatten. Die Kommission beantragt: die Nationalversammlung solle die österreichische Regierung auffordern, die noch rückständigen Wahlen in Böhmen zur deutschen Nationalversammlung sofort vornehmen zu lassen, und sie zu energischem Auftreten zu ermuntern, wogegen ihr in der Voraussetzung, daß sie die Interessen Deutschlands wahren werde, die kräftige Unterstützung der Nationalversammlung zugesichert werde. Dieser Bericht wird demnächst zur Berathung kommen. Hierauf geht die Versammlung der Tagesordnung gemäß zur Berathung des Berichts über die provisorische Centralgewalt über. Der Präsident zeigt an, daß außer den, dem Ausschuß ergebenen 17 Anträgen noch 33 neue eingebracht worden sind. Es haben sich über den Ausschußantrag 11, gegen denselben 72 und für denselben 32 Redner gemeldet. Hollascheck beantragt, daß keinem eingeschriebenen Redner das Wort verweigert werde. Der Präsident bemerkte, die Versammlung werde damit einverstanden sein, daß die Berathung die möglichste Ausdehnung erhalte (Zustimmung); doch werde sie sich ihres Rechts die Debatte zu schließen, wohl nicht begeben wollen. Dahlmann hofft, die Versammlung werde den Strom der Debatte nicht zu sehr eindämmen, aber doch dafür sorgen, daß er zum Ziel führe. Er fürchtet für das große Deutschland nicht den auswärtigen Feind, wohl aber den innern, die Anarchie, und erwartet, daß die Beschlüsse dieser Versammlung den Freunden wahrer Freiheit Beruhigung bringen, dem anarchischen Umsturz aber den Todesstoß versetzen werden. Jordan von Berlin: es sei anzunehmen, daß Niemand in dieser Versammlung die Nothwendigkeit einer Centralgewalt in Abrede stelle; es sei also überflüssig, hierüber besonders zu debattiren; man könne alsbald auf die Berathung des Ausschußantrags selbst eingehen. Die Versammlung tritt einstimmig diesem Vrrschlage bei. Hierauf wird die Liste der eingeschriebenen Redner verlesen, und beschlossen, daß abwechselnd über, für und gegen den Ausschußantrag gesprochen werden soll. Zuerst erhält Heckscher das Wort über den Antrag. Er stellt sich auf den Standpunkt der Volkssouverainetat ohne alle Rücksicht auf den Rechtspunkt. Er erblickt das Vaterland in Gefahr nach Innen und Außen; darum will er eine provisorische Centralgewalt, weil, ehe die definitive zu Stande kommt, das Vaterland diesen Gefahren zum Opfer fallen könnte. Er will aber eine prov. Centralgewalt, die von der Nationalversammlung ernannt wird, aus unverantwortlichen Mitgliedern bestehend, mit einem verantwortlichen Ministerium. Man hätte sich mit den Regierungen dahin verständigen sollen, daß die Mitglieder der Centralgewalt von ihnen vorgeschlagen und von der Nationalversammlung ernannt würden. Dann würde die provisorische Centralgewalt Macht und Einfluß in Deutschland erlangen und bei dem Volke Anklang und willigen Gehorsam finden, dann würde auch, wie er hoffe, die äußerste Linke ihre gerechten Ansprüche befriedigt sehen (Widerspruch links) und ihren Einfluß in die gewaltige Waagschale legen. Er ist nicht dafür, die Centralgewalt in die Hände eines Einzigen zu legen; auch der hervorragendste Mann würde sich in so schwieriger Lage nach Berathern und Stützen umsehen müssen; darum solle man die Gewalt dreien Mitgliedern übertragen. Ob Fürsten oder Privatpersonen, ist ihm gleichgültig, aber nicht gleichgültig seien die Persönlichkeiten. In einem Lande mit fest begründeten konstitutionellen Zuständen möge es gleichgültig sein, ob ein Weib oder ein weibischer Mann auf dem Throne sitze; die deutsche Nation wolle keine Puppe als Träger ihrer Majestät in ihrer jetzigen gefährlichen Lage; man wähle also drei der besten vortrefflichsten Männer. Redner bekennt, daß er als daß er als Freistädter ein Republikaner sei; die Republik habe aber die überwiegende Mehrheit gegen sich, und könnte nur im Gefolge der Anarchie, des Bürgerkriegs und der Verarmung in Deutschland eingeführt werden. Er ist ferner der Ansicht, daß der Bundestag, welcher durch 30jährige Mißverwaltung den Haß und Abscheu Deutschland auf sich gezogen, nicht beibehalten werden könne. Er stimme ‒ erklärt er schließlich ‒ für eine durch die National-Versammlung ernannte provisorische Centralgewalt, um ein unerschütterliches Prinzip für den Ursprung der Gewalt in Deutschland festzustellen, und der Centralgewalt Achtung und Gehorsam zu zu sichern, aber nicht für eine Wahl aus der Mitte der Versammlung, weil dieser das formelle sowohl, als materielle Recht dazu abgehe. Zu Nr. 3 der Ausschußanträge wünscht er, daß der Oberfeldherr nicht von dem Bundesdirektorium selbst, sondern durch dessen Kriegsminister ernannt werde, und zu 6) beharrt er bei seiner, aus Anlaß der schleswig'schen Frage ausgesprochenen Ansicht, daß die Verhältnisse zum Auslande unmöglich wären, wenn die Nationalversammlung sich die Genehmigung der Verträge vorbehielte. Man solle, wie in den freiesten Staaten (England), dem verantwortlichen Ministerium das Recht des Kriegs und Friedens überlassen. Gegen den Antrag erhält Wiesner das Wort. Es sei das fünfte Mal, daß er gegen ähnliche Anträge aus Pflichtgefühl sprechen müsse. Er geht auf die Verhandlungen des Fünfziger-Ausschusses zurück, und drückt sein tiefes Bedauern darüber aus, daß von Männern, die die Versammlung achte, ihr Dinge zugemuthet würden, die selbst der Bundestag dem Fünfziger-Ausschuß nicht zumuthete; so weit seien wir schon hinter den Tagen des Vorparlaments und des Fünfziger-Ausschusses zurück; so weit sei die Reaktion schon vorgeschritten. Wir sollen ‒ fährt der Reder fort ‒ die Regierungen angehen, uns 3 Männer zu bezeichnen, welcher in dieser stürmischen Zeit an das Staatsruder treten sollen; jene Regierungen, die 30 Jahre lang Männer an die Spitze stellten, welche ihrer Aufgabe nicht gewachsen waren, und den jetzigen Zustand der Dinge herbeiführten, jene Regierungen, die gezeigt haben, daß sie keine Männer aus dem Volke hervorzusuchen wissen. Wenn Oesterreich, wenn Preußen Männer solcher Art besitzen, so mögen sie sie bei sich zu Hause anstellen; dort sind sie nothwendig. Diejenigen, die sie besitzen, sind den Stürmen der Zeit nicht gewachsen. Diese Regierungen, die bei sich so rathlos, sollen uns die Männer vorschlagen, die ganz Deutschland beglücken sollen? Auf eine bloße Empfehlung hin sollen wir blindlings und mit verschlossenen Lippen diese Männer annehmen? So ward die Majestät dieser Versammlung noch nie verletzt, und wo man solche Vorschläge macht, da wird die Souveränität des Volkes nicht gebührend geachtet. Wir müssen diese Männer prüfen, wir müssen ihnen Herz und Nieren prüfen, sie zwanzigfach vor unser Gericht ziehen, und nur Das dem deutschen Volke geben, was wir als vollkommen tüchtig erkannt haben. Ob die Mitglieder der Centralgewalt Fürsten oder Privatpersonen, ist dem Redner nicht gleichgültig, weil er niemals der Unverantwortlichkeit derselben zustimmen kann. Er erinnert an das Sprüchwort: Die kleinen ‒, die großen ‒. Wenn man die Minister des Bundesdirektoriums wegen Vergehen vor Gericht stellte, so würde das Volk in seinem Rechtsgefühl sagen: Die Direktoren sind die Urheber, die Minister nur die Werkzeuge. Die Personen der ersteren wären dadurch den größten Gefahren, Deutschland der Revolution und dem Bürgerkrieg ausgesetzt. Der Redner verlangt schließlich: daß der vorliegende Antrag, als die Souveränität des Volkes antastend und und Deutschland den größten Gefahren entgegenführend, im Ganzen und in seinen einzelnen Theilen verworfen werde. Pagenstecher: „Das Volk hat blos die Willkürherrschaft beseitigt, nicht aber die bestehenden Institutionen gestürzt. Wir haben mit dem alten Systeme gebrochen, aber das Volk hat uns nicht in die Republik hineingedrängt. Nirgends in Deutschland ist eine Regierung abgesetzt worden. (Stimme links: Es kommt noch!) Ich hoffe es nicht. Ueberall wurzelt noch die Anhänglichkeit an Gesetze und Institutionen. Wir haben die rechte Mitte zu finden zwischen Absolutismus und Anarchie, und dies ist die konstitutionelle Monarchie auf der breitesten Grundlage. Weil der Ausschußantrag diesem Prinzip ent spricht, stimme ich für dessen Annahme. Ich vertraue dem Selbstgefühl des deutschen Volks, daß es sich nicht vor zwei bis drei Männern fürchten wird, die aus der Fürstengewalt hervorgegangen und von dieser Versammlung adoptirt sind.“ Behr äußert die Besorgniß, daß die Einsetzung einer Centralgewalt fremde Nationen beunruhigen könnte. Er beantragt deshalb den Erlaß eines Manifestes, worin im Namen der deutschen Nation feierlich erklärt werde, daß sie den aufrichtigen, ehrlichen Willen hege, mit allen Nationen ein friedliches Verhältniß zu unterhalten, und da, wo es etwa gestört wurde, auf rechtlicher Basis ungesäumt wieder herzustellen; daß aber die deutsche Nation unter den Großmächten die ihr gebührende Stellung als gleichberechtigte Großmacht einzunehmen gedenke. Er beantragt ferner, daß man sich mit den Regierungen wegen der Bildung der Centralgewalt verständige, und daß diese nur Einer Person übertragen werde. Rheinwald: Das Volk solle die Souveränetät, die es durch heiße Kämpfe errungen, wieder aufgeben zu Gunsten der Regierungen, damit diese eine Centralgewalt bilden können. „Wir sind,“ sagt er, „nicht hierher berufen, um die Souveränetät aufzugeben, sondern um sie in's Leben zu rufen; wir dürfen also nie zugeben, daß die Fürsten die Centralgewalt ernennen. Ich protestire feierlich dagegen im Namen des Volks. Niemand ist dazu berechtigt, als wir, und wir dürfen uns unter keinen Umständen dieses Kleinod des Volkes entziehen lassen.“ Der Präsident: Der Redner werde wohl nur für sich selbst protestiren wollen. Rheinwald: Er protestire für sich und im Namen des Volks, das ihn gewählt habe. v. Radowitz: „Die äußere und innere Sicherheit Deutschlands ist gefährdet, und die bestehenden Gewalten sind nicht im Stande, sie zu schützen. Was die äußere Sicherheit betrifft, so wird sich nur zu bald Gelegenheit geben, darüber Erwägungen anzustellen; die innere ist früher durch Willkür von Oben bedroht gewesen, jetzt durch Zügellosigkeit von Unten.“ (Unterbrechung. Der Präsident gebietet Ruhe. Jeder sey berechtigt, seine Meinung auszusprechen). Der Redner geht nun auf die in Deutschland vorhandene Vielheit der Staaten und Interessen ein und erörtert deren Vor- und Nachtheile. „Die große Mehrheit des deutschen Volkes,“ sagt er, „will auf ihre staatliche Besonderheit nicht verzichten; sie will nicht, daß man damit beginne, sie zu zertrümmern. Sie will zu Allem die Hand bieten, was Deutschland stärken kann, sie weist aber die Zumuthung zurück, den österreichischen, preußischen, baierischen Staat zu zertrümmern und dann an den Trümmern zu experimentiren, wie man ein neues Gebäude errichte. Die neue Verfassung wird daher diese doppelte Bedingung zu erfüllen haben: sie wird die Selbstständigkeit mit der Einheit verbinden müssen. Zu diesem Zwecke wird sie einer Vertretung der Einzelstaaten, sei es Senat oder Staatenkammer, bedürfen. Die provisorische Centralgewalt steht nur einer einzigen Körperschaft gegenüber; denn der Bundestag ist nicht fähig, die Stelle der andern zu versehen, weil er an Einstimmigkeit oder Instruktionseinholung gebunden ist. Um so mehr muß man aber darauf bestehen, daß den Regierungen die Bezeichnung der Personen für die exekutive Centralgewalt bleibe. Wenn man sagt, es handle sich davon, ob die Ernennung in den Händen der Fürsten oder des Volkes ruhen solle, so ist dies ein großes Mißverständniß. Wir sind umgeben von konstitutionellen Staaten; die Minister sind dort die Vertreter der Majorität der Kammern, und diese die Vertreter der Majorität des Volks; so lautet wenigstens die konstitutionelle Theorie. Wenn man also die Ernennung in die Hände der Regierungen legt, so heißt das nicht in die Hände der Fürsten im Gegensatz zu dem Volk, sondern in die Hände der einzelnen Staaten im [0097] Gegensatz zu dem Gesammtstaate. Damit nicht das Werk in die Hände der ré ublique une et indivisible falle, stimmt der Redner für den Antrag. (Bewegung in verschiedenem Sinne. Pfeifen von der Gallerie.) Der Präsident: Es ist eine große Ungezogenheit begangen worden; Pfeifen ist ein Bubenstreich; wenn ich wüßte, von wem es geschehen, würde ich ihn hinausführen lassen. ‒ Mammen erklärt sich gegen ein Triumvirat, weil dasselbe Zwietracht selbst unter den einzelnen Stämmen und Staaten erzeugen würde. Er glaubt unbedingt, daß die Nationalversammlung die Centralgewalt wählen müsse, weil sie sonst die Souveränität, die durch Annahme des Raveaux'schen (Werner'schen) Antrags offen erklärt worden, wieder aufgeben müßte. Er ist für den Antrag von Blum und Trützschler Dieser Antrag, auf welchen im Laufe der Debatte noch mehrfach hingewiesen werden wird, lautet: Die konstitutionelle Nationalversammlung beschließe: 1) Sie wählt mit absoluter Stimmenmehrheit eines ihrer Mitglieder zum Vorsitzenden eines Vollziehungsausschusses. 2) Dieser Vorsitzende gesellt sich nach freier Wahl vier Genossen zu, die gemeinschaftlich mit ihm den Vollziehungsausschuß bilden. 3) Dieser Vollziehungsausschuß hat die Beschlüsse der Nationalversammlung auszuführen und die Vertretung Deutschlands nach Außen zu übernehmen. 4) Derselbe ist der Nationalversammlung verantwortlich, und muß sich zurückziehen, wenn die Mehrheit der Versammlung gegen ihn ist. 5) Die Nationalversammlung wählt in diesem Falle einen andern Vorsitzenden, welcher einen neuen Vollziehungsausschuß, wie oben angegeben, zusammensetzt. 6) Der Vollziehungsausschuß vertheilt die verschiedenen Geschäftszweige unter seinen Mitgliedern nach eigener Wahl. 7) Dieser Vollziehungsausschuß besteht so lange, bis die deutsche Bundesgewalt durch die Nationalversammlung bestimmt und eingesetzt ist., und glaubt nicht, daß sämmtliche Regierungen bereits mit dem altem System gebrochen haben. Wesendonck: Die Versammlung sei nicht hier, um eine Verfassung für einzelne Staaten zu berathen, sondern die Verfassung von ganz Deutschland als Bundesstaat. Sie habe sich daher auch nicht darum zu kümmern, ob die Mehrheit der einzelnen Staaten die Republik, oder die konstitutionelle Monarchie wolle. Man stehe hier nicht auf dem Boden der konstitutionellen Monarchie, sondern man habe etwas ganz Neues zu schaffen. Er glaube nicht, daß es dem Gesammtwillen des Volks entsprechen würde, wenn man über die 34 konstitutionellen Fürstenhäuser noch ein konstitutionelles Kaiserthum stellen wollte. Darum solle man an dem festhalten, was der Natur der Dinge nach das Einfachste, Zweckmäßigste und Wohlfeilste sei. Die Einzelstaaten wären durch eine solche republikanische Spitze gar nicht gefährdet. Nur Wenige hier seien für eine république une et indivisible. Etwas Anderes aber sei es, ob nicht die Verfassung des Ganzen republikanisch sein und in den Einzelstaaten je nach dem Willen der Mehrheit des Volks Republik oder konstitutionelle Monarchie bestehen solle. Es sei also nicht die Aufgabe, wie der Redner vor ihm geäußert, die provisorische Centralgewalt der definitiven möglichst nahe zu bringen, vielmehr müsse sie so unpräjudiziell wie möglich eingerichtet werden, wo es sich hauptsächlich davon handle, Deutschland nach Außen Kraft zu verleihen. Sie durch die Regierungen ernennen zu lassen und als unverantwortlich hinzustellen, wäre bereits ein bedeutendes Präjudiz für das konstitutionelle Kaiserthum. Die Centralgewalt könne nur von der Nationalversammlung und aus ihrer Mitte ernannt werden und ihr verantwortlich sein; nur dadurch werde das Prinzip der Volkssouveränität gerettet. Den Ausschußantrag findet der Redner unklar, ohne bestimmtes Prinzip. Die Bezeichnung „Bundesdirektorium“ beweise, daß man den Bundestag neben der Centralgewalt beibehalten wolle. Der Ausschuß habe den Bundestag mit Glacé-Handschuhen angegriffen; er hätte sagen sollen: der Bundestag ist aufgehoben. Wozu zwei Centralbehörden neben einander? Wozu einen solchen Staatsrath? In Frankreich habe Guizot ihn hergestellt, um die Reaktion zu begünstigen und abgedankte Minister zu placiren; wir aber könnten solche abgenutzte Männer nicht brauchen. Man wolle ein Direktorium aus Mitgliedern der regierenden Häuser; dies beweise die dem Direktorium beigelegte Unverantwortlichkeit. Damit würden wir aber das Vertrauen des Volks nicht rechtfertigen. Außer einigen kleineren Regierungen besitze fast keine einzige das Vertrauen des Volkes. Der Redner macht dann auf die Schwierigkeiten der vorgeschlagenen Wahl aufmerksam. Die National-Versammlung solle die ihr bezeichneten Männer blindlings annehmen, wenn sie sie aber zurückweise, würde ein Bruch zwischen den Regierungen und der National-Versammlung daraus entstehen. Es sei in dem Ausschußantrage nicht gesagt, daß die Centralgewalt die Beschlüsse der Nationalversammlung zu vollziehen habe, also wäre sie nur ein Organ der Regierungen. In dem Beschlusse über die Marine habe die Versammlung ausdrücklich erklärt, daß die künftige Centralgewalt ihr verantwortlich sein solle. Die Linke habe nur unter dieser Voraussetzung dem Beschlusse beigestimmt, und von diesem Prinzip dürfe man nicht mehr abgehen. Bassermann: Welchen Antrag man auch immer annehme, in jedem Fall würden die Mitglieder der Centralgewalt der Mehrheit dieses Hauses entsprechen müssen. Nach dem Antrag von Blum und Trützschler aber würde die Nationalversammlung regieren, und der Vollziehungsausschuß nur ein Complex von Beamten sein, die ihren Willen zu vollziehen hätten. Der Redner will an einem Beispiele beweisen, wie unpraktisch dies wäre. Wenn die Nachricht einträfe, daß Triest von einem Bombardement bedroht sei, sollte da die Sache erst in einer Versammlung von 600 Mitgliedern berathen, an die Abtheilungen verwiesen, ein Ausschuß ernannt, vielleicht namentliche Abstimmung vorgenommen werden? Unterdessen könnte Triest in Asche liegen. „Wir müssen eine Regierung haben, die regiert, während wir die Verfassung berathen, mit Ministern, die zwar in Ihrem Geiste und Sinne handeln, die aber nicht erst zu fragen haben, wenn sie eine dringende Maßregel ergreifen müssen, die aber verantwortlich bleiben, die wie einst Canning vor das Parlament treten, und erklären: Dies und jenes Regiment habe ich auf meine Verantwortlichkeit marschiren, diese und jene Linienschiffe auslaufen lassen. Solche Minister müssen wir in solchen Zeiten haben.“ Der Redner findet es gleichgültig, ob der Bundestag die verantwortlichen Minister ernennt, ob die Centralgewalt aus 2 oder 3 Mitglieder besteht. Den Engländern sei es gleichgültig, ob Victoria oder Wilhelm regiere; Peel oder Russel seien es, die den Staat repräsentirten. Er fragt, ob das Mißtrauen gegen den jetzigen Bundestag gerechtfertigt sei, in welchem 17 Männer seit 3 Monaten das Gegentheil von dem thäten, was 17 andere 30 Jahre gethan, in welchem ein Jordan sitze; ob jene Darmstädter Regierung noch dieselbe sei, an deren Spitze vor Kurzem ein Mann gestellt worden, den der Volkswille dorthin gebracht, und den diese Versammlung fast einstimmig zu ihrem Vorsitzenden gewählt habe. Man möge sich nicht an Namen hängen. Er werde seine individuelle Ansicht über Eenzelnes gern der Majorität unterwerfen; aber die Crntralgewalt müsse stark sein, und das Recht über Krieg und Frieden haben. Man spreche von Volkssouveränetät; allein die Begriffe davon seien sehr verschieden. Man möge auf Belgien blicken, das bei seiner konstitutionellen Monarchie sich wohl befinde, und unter den jetzigen Stürmen allein unerschüttert geblieben sey. In England spreche man nicht so viel von Volkssouveränetät, aber der Engländer, der sich an den fernsten Küsten geschützt sehe, fühle, daß die Majestät des Volks über ihm wache. Frankreich, wo der fleißige Arbeiter jetzt Millionen für Nationalwerkstätten opfern müsse, könne fast sagen, es habe 80,000 Souveräne; die Regierung müsse vor einem jungen Manne zittern, der sich schon zweimal vor Europa blamirt habe. Ein Haus, in welchem Deutschland Kraft und Einheit finde, sei besser, als aller Prinzipienstreit. Man habe hier nicht tabula rása, sondern gegebene Verhältnisse; es gelte zu reformiren, nicht zu revolutioniren. Die Regierungen repräsentirten jetzt überall den souverainen Willen des Volkes; überall ständen an der Spitze die Antipoden Derer, die gestürzt worden. Wenn auch Leidenschaft jetzt die Besten verdächtige, werde die Zukunft anders richten, und es uns danken, daß wir ihnen die Theilnahme an dem großen Werke gegönnt. Ein Vollziehungsausschuß, wie Blum und Trützschler vorgeschlagen, würde weder einen Soldaten noch einen Kreuzer besitzen; er müßte, wenn die Regierungen seinen Beschlüssen Gehorsam verweigerten, an den Umsturz appelliren, die Regierungen stürzen, Freischaaren bilden. Wenn die Freiheit über das Maaß hinausgehe, dann bilde sich in den Gemüthern eine stille Reaktion. Diese sei die Ursache, daß in Frankreich auf die Republik der Despotismus eines Napoleon gefolgt, daß unsern deutschen Spießbürgern so lange Zeit die Freiheit mit der Guillotine gleichbedeutend gewesen, daß das Hambacherfest die Reaktion von 1833 ‒ 44 im Gefolge gehabt habe. Diejenigen, die vor einem solchen Ueberschlagen der Wellen warnten, thäten mehr für die wahre Freiheit, als Diejenigen, die stäts die Volkssouverainetät im Munde führten. Durch eine kräftige Centralgewalt schließe sich der Abgrund, erstehe wieder ein Anfang von Wohlstand, Einheit und Kraft. Man möge mehr auf die Sache sehen, als auf Worte, und nicht um Prinzipien streiten, wo es gelte, das Vaterland zu retten. Bothmer ist für den Ausschußantrag. Leue hält bei dem jetzigen Bildungsstand und der geringen Erfahrung, die wir in der Freiheit gemacht, Kronen und Fürsten noch für ein nothwendiges Uebel. Er will die Exekutivgewalt möglichst stark, darum nur aus Einem (als Präsident) bestehend, aber, besonders wegen eines möglichen Krieges, von der Nationalversammlung gewählt und ihr verantwortlich. Wäre eine Regierung kühn genug, die Beschlüsse der Versammlung nicht vollziehen zu wollen, so wäre das Schlimmste, was daraus entstehen könnte, der Bürgerkrieg. (Bewegung.) Dieses Aeußerste werde aber nicht eintreten. Wenn die Nationalversammlung für ihre Beschlüsse die öffentliche Meinung habe, welche Regierung, welcher König werde es da wohl wagen, auf ein paar Soldaten gestützt, sich ihr widersetzen zu wollen? Duncker findet es unpolitisch, die Träger des überwundenen Systems ganz zu Boden zu stürzen; man möge sie vielmehr in die Bewegung hineinziehen, und dadurch die Reaktion abschneiden. Weil man das Volk despotisirte, sollen wir wieder despotisiren? Das hieße bei vielen Stämmen energischen Widerstand hervorrufen und eine Reaktion des Partikularismus herbeiführen. Wenn die Nationalversammlung die von den Regierungen bezeichneten Männer genehmige, so sei das so gut, als wenn sie sie selbst ernenne und die neue Gewalt schaffe; eine Diskussion über die Männer sei nicht nöthig. In diesem Augenblick seien Drei eine bessere Einheit als Einer, weil durch sie die Interessen der 3 Großtheile Deutschlands gewahrt werden könnten. Eine republikanische Spitze mit Monarchie unter ihr scheint ihm eine Contradictio in adjecto. „Gehen wir ‒ so schließt er ‒ nicht auf die Wege des Konvents ein; bauen wir unter Mitwirkung der Regierungen unserm Volke ein festes Haus der Einheit und Freiheit.“
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@facs0097
Bericht
des Ausschusses der konstituirenden Nationalversammlung wegen
Errichtung einer provisorischen Centralgewalt für Deutschland.
Berichterstatter: Dahlmann.
(Schluß.)
Von der anderen Seite werden aber auch die Bundesregierungen vor jedem gefährlichen Uebergriffe der Bundesdirektoren sicher gestellt, und zwar zunächst durch die beschränkte Dauer ihrer Gewalt; denn diese nimmt mit der Vollendung der Reichsverfassung und ihrem Eintritt in das Leben durch die vollbrachte Einsetzung der künftigen deutschen Reichsregierung, augenblicklich ein Ende. Aber auch in anderer Beziehung kann diese Einrichtung den bestehenden deutschen Regierungen keine Sorge einflößen, da sie, weit entfernt, in die besondern Kreise derselben störend einzugreifen, vielmehr ihre Erfolge sicher stellt durch Bekämpfung jeder anarchischen Gewalt, welche in den einzelnen Bundesgebieten dem Ziele wahrer Freiheit störend entgegen treten möchte. Endlich drittens stammt ja der Gedanke dieser ganzen Einrichtung aus einem von den deutschen Regierungen eben so tief als vom deutschen Volke empfundenen Bedürfnisse größerer Einheitskraft her; die zu ernennenden drei Männer sind die Männer ihres eigenen Vertrauens, sie gehören durch Pflicht und Treue und durch mannigfache Bande der Zuneigung Jeder seinem Staate, und vielleicht sogar (denn jeder Weg der Bezeichnung bleibt offen) den regierenden Häusern als Mitglied an. Alle diese Erwägungen lassen den Gedanken an einen Mißbrauch der provisorisch übertragenen Gewalt zum Nachtheile der bestehenden Regierungen an sich nicht aufkommen. Ueberdies aber wird diese hohe Versammlung darauf wachen, daß den jungen Boden deutscher Freiheit die gesetzliche Ordnung fest umhege, indem sie die Verantwortlichkeit der Minister in vollstem Maße zur Anwendung bringt.
Der wahre Zweck aber jeder weisen Staatseinrichtung ist das Wohl des Volks, und wer auch die Rechte der Erbregierung noch so hoch hält, weil er in ihnen die Sicherstellung des Volkswohles erblickt, darf dieselben doch so weit nicht ausdehnen wollen, daß er den erblichen Regierungen auch das Recht beilegte, ihre Befugnisse beliebig anders wohin zu übertragen. Eine solche Uebertragung von Regierungsrechten gibt es aber hier, wenn ein Bundesdirektorium eingesetzt wird, immerhin nur auf vielleicht wenige Monate gleichwohl unvermeidlich durch einen Akt der Regierungs-Uebertragung. Darum konnte Ihr Ausschuß nicht einen Augenblick zweifelhaft sein, daß diese Uebertragung unter Zustimmung der Nationalversammlung geschehen müsse. Lediglich die dabei zu beobachtende Form konnte Bedenken erregen. Wo es auf Personen ankommt, denen eine so hohe Stellung zugedacht ist und die darum der Nationalversammlung gegenüber als unverantwortlich dastehen müssen, thut eine jede Diskussion über ihren Charakter und das Maß ihrer Verdienste in öffentlicher Versammlung dem Zwecke der Unantastbarkeit ihrer Stellung unvermeidlichen Eintrag. Der Ausschuß glaubte eine Weile der hohen Versammlung vorschlagen zu dürfen, sie möge ihr Recht für diesen Fall in die Hände eines Ausschusses von dreißig Personen niederlegen, der zu dem Ende aus Ihrer Mitte gewählt würde. Diese Dreißig würden über die von den Regierungen bezeichneten Personen diskutiren, aber nicht öffentlich, insoweit ein Geheimniß unter solcher Zahl zu bewahren steht. Unser Ausschuß entschied sich am Ende dahin, das Recht der ganzen Nationalversammlung ungeschmälert aufrecht zu erhalten, jedoch die hohe Versammlung zugleich zu ersuchen, ihr Recht der Genehmigung oder Nichtgenehmigung in diesem Ausnahmsfalle auf dem Wege der einfachen Abstimmung ohne vorhergehende Diskussion üben zu wollen.
Gelingt auf solchem Wege die Vereinbarung, wozu bei einem Entgegenkommen der Regierungen alle Hoffnung ist, so wird die Nationalversammlung fortan sich mit verdoppeltem Vertrauen ihrem hohen Werke der Konstituirung Deutschlands widmen können; denn durch die Thätigkeit des Bundesdirektoriums über die allgemeinen Verhältnisse des Vaterlandes beruhigt, wird sie minder Störung in ihrer Hauptaufgabe erfahren. An dem Verfassungswerke nimmt das Bundesdirektorium keinen Antheil und die Stellung der Nationalversammlung den Bundesregierungen gegenüber bleibt in diesem Betracht unverändert. Sollte es sich aber von den wichtigsten Staatsinteressen, von Verträgen mit auswärtigen Mächten oder vollends von Krieg und Frieden handeln, so liegt dem Bundesdirektorium ob, sich, bevor es beschließt durch seine Minister des Einverständnisses der Nat.-Versammlung zu versichern.
Es ist diesem System, welchem die Mehrheit Ihres Ausschusses sich anschließt, manchmal seine Verzweigtheit zum Vorwurfe gemacht, weil es nämlich schon jetzt Minister und Gesandte fordert, die sich, meint man, allein für schon schließlich festgestellte, nicht für blos provisorische Verhältnisse passen sollen. Allein die großen Verhältnisse der Geschichte richten sich nach keinem deutschen Provisorium, und um nur Eines hervorzuheben, schwerlich hätte in der neuerlichen Diskussion über Schleswig-Holstein und den dänischen Krieg eine getheilte Meinung in Bezug auf die Ratifikation des Friedens von Seiten der Nationalversammlung auftauchen können, hätte Deutschland schon jetzt seine auswärtigen Gesandten. Auch ist es wohl kein Vorwurf gegen das erwählte System, wenn man ihm nachsagen muß, daß es in die bevorstehende, nothwendige einheitlichere Ordnung der deutschen Dinge bereits sich hineinlebe. Denn ächte Staatsweisheit gebietet, alle jähen Sprünge in den staatlichen Dingen möglichst zu vermeiden. Mit um so mehr Vertrauen empfiehlt Ihnen der Ausschuß dieses System, weil es den Forderungen der Gegenwart entspricht, und zugleich die Einleitung bildet in eine hoffentlich gehobenere Zukunft unsres Vaterlandes.
Ihr Ausschuß empfiehlt Ihnen, die Annahme folgender 8 Punkte zu beschließen, über welche die Majorität, bestehend aus den Mitgliedern Claussen, Dahlmann, Duncker, v. Gagern, v. Mayern, v. Raumer, v. Saucken, Wippermann, v. Würth, v. Zenetti, übereingekommen ist.
Die Nationalversammlung beschließt:
1) Bis zur definitiven Begründung einer Regierungsgewalt für Deutschland soll ein Bundesdirektorium zur Ausübung dieser obersten Gewalt in allen gemeinsamen Angelegenheiten der deutschen Nation bestellt werden.
2) Dasselbe soll aus 3 Männern bestehen, welche von den deutschen Regierungen bezeichnet und nachdem die Nationalversammlung ihre zustimmende Erklärung durch eine einfache Abstimmung ohne Diskussion abgegeben haben wird, von denselben ernannt werden.
3) Das Bundesdirektorium hat provisorisch
a. die vollziehende Gewalt zu üben in allen Angelegenheiten, welche die allgemeine Sicherheit und Wohlfahrt des deutschen Bundesstaats betreffen;
b. die Oberleitung des gesammten Heerwesens zu übernehmen und namentlich den Oberfeldherrn der Bundestruppen zu ernennen;
c. die völkerrechtliche Vertretung Deutschlands auszuüben und zu diesem Ende Gesandte und Konsuln zu ernennen.
4) Ueber Krieg und Frieden und über Verträge mit auswärtigen Mächten beschließt das Bundesdirektorium im Einverständniß mit der Nationalversammlung.
5) Die Errichtung des Verfassungswerkes bleibt von der Wirksamkeit des Bundesdirektoriums ausgeschlossen.
6) Das Bundesdirektorium übt seine Gewalt durch von ihm ernannte, der Nationalversammlung verantwortliche Minister aus. Alle Anordnungen derselben bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung wenigstens eines verantwortlichen Ministers.
7) Die Minister haben das Recht, den Berathungen der Nationalversammlung beizuwohnen und von derselben jederzeit gehört zu werden; sie haben jedoch das Stimmrecht in der Nationalversammlung nur dann, wenn sie als Mitglieder derselben gewählt sind. Dagegen ist die Stellung eines Mitgliedes des Bundesdirektoriums mit der eines Abgeordneten zur Nationalversammlung unvereinbar.
8) Sobald das Verfassungswerk für Deutschland vollendet und in Ausführung gebracht ist, hört die Thätigkeit des Direktoriums und seiner Minister auf.
Der Plan, wie er Ihnen hiermit vorliegt, macht keinen Anspruch auf Idealität, es bilden sich vielmehr in ihm die konkreten Verhältnisse Deutschlands getreulich ab. Die Aufstellung eines einzigen Bundesdirektors, oder Reichsverwesers, würde den Ansprüchen der Theorie mehr genügt, schwerlich aber den Anforderungen der Gegenwart entsprochen haben. Wie es bis dahin steht, theilen nun einmal die streitenden Interessen unser Deutschland in drei große politische Massen, die wir als Oestreich, Preußen und die minder mächtigen Staaten bezeichnen. Die Aufstellung eines einzigen Individuums würde in solcher Lage der Dinge große, gefährlich verzögernde Schwierigkeiten finden, und der vielleicht aufgefundene Mann eines zusammenstimmenden dreifachen Vertrauens würde gleichsam in seiner Wirksamkeit unvermeidlich mit allen den Mißdeutungen zu kämpfen haben, welche aus der bisherigen Lage unseres Vaterlandes stammen. Man würde in kurzer Frist von seinen Hinneigungen zu irgend einem dieser drei Theile reden. Möge ein baldiges Hineinleben in eine noch einheitlichere Ordnung solche Verdächtigungen für immer auf dem vaterländischen Boden beseitigen; aber einen solchen Zustand vorwegnehmen zu wollen, schien nicht rathsam.
Auch in anderer Weise beachtet der Ihnen vorliegende Plan die bestehenden Verhältnisse, ohne sich ihnen dienstbar zu machen. Ohne Zweifel wird durch ihn die deutsche Bundesversammlung in ihrem bisherigen bedeutsamsten Verhältniß, vielleicht sogar in ihrem Namen bedroht, und es gehörte nicht nothwendig in unsern Plan, den Platz für ihre künftige Wirksamkeit zu ermitteln. Nichts desto weniger ist es unverkennbar, daß das Bundesdirektorium einer steten lebendigen Mittheilung mit den einzelnen Bundesstaaten bedarf, und vermuthlich wird dasselbe in den Abgeordneten der einzelnen Staaten einen für die fortlaufende Kenntniß der inneren Angelegenheiten unseres deutschen Bundesstaates unentbehrlichen Staatsrath erblicken, dessen Gutachten einzuziehen, mit Ausnahme besonders eiliger Fälle, ihm von Wichtigkeit sein muß.
Es ist ein großes und schwieriges Werk, welches die hohe Versammlung unternimmt, indem sie den Grund zu einer deutschen Centralgewalt legt; wenn aber innere Klarheit und Besonnenheit Ihre Schritte zum rechten staatgemäßen Ziele lenken, wird der Dank des von langem Zwist der Interessen genesenen Vaterlandes Ihr Bemühen lohnen.
Nachschrift.
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[*]Köln, 26. Juni.
Man theilt uns aus dem Briefe eines Abgeordneten von Berlin mit, daß dem Herrn Esser I. das Justizministerium angetragen, von ihm jedoch ausgeschlagen worden sei. Dies Ministerium sei darauf dem Herrn Polizeidirektor Müller angeboten worden. Man sieht, wir kommen immer tiefer in die unbekannten Größen, in deren Bereich wir mit Herrn Schleinitz so eben eingetreten sind.
[(Siehe den Verfolg in der Beilage.)]
[0098]
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Civilstand der Stadt Köln.
Geburten.
17. Juni. Anna Maria, T. v. Joh. Keusch, Schreiner, Eigelstein.
18. Juni. Joh. Bapt. Hub., S. v. Heinrich Benel, Tapez., Blindg. ‒ Franz Adolph, S. v. Joh. Adolph Friederichs, Schreiner, gr. Griechenmarkt. ‒ Ursula, T. v. Barth. Roll, Tagl., Hundsg. ‒ Katharina, T. v. Wilh. Beckhausen, Tagl., Schemmerg. ‒ Juliana, T. v. Heinrich Fesen, Gärtn., Weideng. ‒ Anna Kath. Johanna, T. v. Mich. Jos. Glasmacher, Gastw. im Laath.
Sterbefälle.
18. Juni. Pet. Gottf. Kraus, Faßb., 29 J. alt, unverh., Breitstr. ‒ Louise Henr. Caspary, geb. Werthheim, 75 J. alt, Marzellenstr. ‒ Christ. Herrm Dieffenbach, beinahe 8 J. alt, Thieboldsg. ‒ Anna Maria Lichtenberg, 6. J. 5 M. alt, kl. Griechenm. ‒ Gudule Meyer, 7 M. alt, kl. Spitzeng. ‒ Maria Carolina Emilie Jülicher, 1 J. 10 M. alt, Achterstr. ‒ Marg. Schorn, geb. Klüppel, 53 Jahre alt, Hahnenwall. ‒ Gertr. Eder, geb. Kindel, 62 J. alt, Bürgerspital. ‒ Joh. Pet. Neiß, ohne Gewerbe, früher Arzt, 80 J. alt, Wwr., Minoritenspital. ‒ Klara Claren, 141/2 J. alt, Waiseng. ‒ Paul Jos. Klein, 7 T. alt, Perlengraben.
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Schiffahrts-Anzeige. Köln, 21. Juni 1848.
Abgefahren. Bender nach Mainz.
In Ladung: Nach Ruhrort b. Emmerich H. Lübbers; Nach Düsseldorf bis Mühlheim an der Ruhr A. Meyer, C. Kaiser und Math. Pera; nach Koblenz und der Mosel und Saar Jak. Tillmann; nach der Mosel, nach Trier und der Saar N. Pisbach; nach Bingen J. B. Mundschenk; nach Mainz J. Hirschmann; nach dem Niedermain Ph. Würges; nach dem Mittel- und Ober- Main B. Kraus; nach Heilbronn H. Bechert; nach Kannstadt und Stuttgart Peter Kühnle; nach Worms und Mannheim J. B. Mundschenk I.
Ferner:NachRotterdamKapt.Jurrius,KölnNr. 18.
Ferner:NachAmsterdamKapt.Schüller,KölnNr. 30.
Ferner:NachAntwerpenM.Lamers.
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Wasserstand.
Köln, am 21. Juni. Rheinhöhe 8′ 4″.
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Aufruf an das deutsche Volk!
Jacobus Venedey war noch „ein armer Verbannter im Exile;“ Paris war sein Zufluchtsort. Er „darbete“ dort 18 lange, lange Jahre „für die deutsche Freiheit!“ Auf einmal kommt die Revolution und Jacobus, der „arme Verbannte“ konnte wieder in sein deutsches Vaterland zurückkehren. Jacobus ist aber ein kluger, berechnender Kopf; er benutzte seine „Verbannung,“ sein „Leben im Exil,“ sein „Darben für die deutsche Freiheit“ dazu, um aus sich einen großen, bedeutenden Mann zu machen. Wie fing er das an? In Versammlungen „deutscher Patrioten“ trat unser Jacobus auf, er erzählte von „seinen Leiden, kummervollen Tagen und schlaflosen Nächten im Exile“ und schloß gewöhnlich seine traurige Beschreibung mit den Worten: „Ja, 18 Jahre lang bin ein Flüchtling in Frankreich gewesen und dort für die deutsche Freiheit gedarbet!“ Von purem Marmorstein müßten die Herzen der deutschen Patrioten gewesen sein, wenn sie diese schauervollen Worte nicht bis aufs Tiefste gerührt hätten! Der arme, duldsame Venedey! „18 Jahre für die deutsche Freiheit zu darben!!“ Wie heruntergekommen der gute Jacobus aussieht; wie schlecht ist ihm, dem treuen Patrioten, das Exil bekommen! Nichts hat er von seiner sonstigen Blüthe, sie ist verwelkt, verderbt, verdorben!!
Aber eine gute Entschädigung hat er für sein 18jähriges Leiden bekommen; er ist zum Deputirten für Frankfurt gewählt worden! Dies scheint die arge Kränkung seines treuen Herzens noch nicht getilgt zu haben; denn wir hören ihn, wie er am 17. Juni in der National- Versammlung zu Frankfurt nochmals eine Mahnung, die „ihm schon lange schwer auf dem Herzen gelegen hatte,“ an das deutsche Volk ergehen läßt. „18 Jahre lang,“ so ruft der schwer beleidigte Mann aus, „bin ich Flüchtling in Frankreich gewesen, habe aber Deutschland nie aus den Augen verloren.“ Habt Ihr kein Gefühl, Ihr Deutschen? Jacobus Venedey hat Euch und Euer Vaterland während seines 18jährigen Exils nicht aus den Augen verloren!!!! Bedenkt was das heißen will, „sein Vaterland 18 Jahre nicht aus den Augen zu verlieren“ und wenn Ihr reiflich darüber nachgedacht habt, dann bestimmt den Lohn, der Herrn Jacobus Venedy nach Abzug der Deputirtenstelle gebührt!!!!
Wenn die baierische Regierung den Herren Behr und Eisenmann Schmerzensgelder zahlt, so wird doch das deutsche Volk gewiß eben so viel für seinen Venedey thun wollen!
Wir schlagen vor, daß zu diesem Zweck der Kölner Bürgerverein ein Comité ernennt, das die Gelder in Empfang nimmt.
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Die „Laute Anfrage an die hochverehrliche Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft in der gestrigen Nummer der „Neuen Rheinischen Zeitung“ können wir nur mit aller Kraft unterstützen; sie ist uns ganz aus dem Herzen gesprochen. Weiche Sitze, Rücken- und Seitenlehnen wollen wir den bevorzugteren Klassen gern gönnen; wir wünschen nur, daß man die Waggons der dritten Wagenklasse so einrichten wolle, wie sie bei der Köln-Mindener Eisenbahn eingerichtet sind.
Ein Proletarier im Namen vieler Kollegen.
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Geschäfts-Eröffnung.
Wir beehren uns hiermit anzuzeigen, daß wir in dem Hause Apostelnstraße Nr. 7 hierselbst eine Liqueur- und Weinessigfabrik etablirt haben und empfehlen unsere sämmtliche in diese Fächer einschlagende Artikel en gros & en detail zu billigstem Preise.
Köln im Juni 1848.
Frank & Comp.
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Feinstes Provencer-Oel von der eben angekommenen ersten Sendung der neuen Erndte in vorzüglich frischer Qualität, zu ermäßigtem Preise und Echter Bordeaux-Weinessig, beides in versiegelten Krügen (faßweise bedeutend billiger) zu haben bei W. Hennekens, Breitstraße 159, und zu den nämlichen Preisen in dessen Niederlagen bei F. Wilhelmi, Malzmühle 2 und A. Imhoff, Bolzengasse 8.
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Demokratische Gesellschaft
Freitag den 23. Juni, Abends 7 Uhr,
Versammlung
in dem Kölner Zelte am Städtischen Garten
bei Stollwerck.
(Ausnahmsweise wegen Restauration des Saales.)
Gegenstand der Debatte.
Die politisch-socialen Tagesfragen, und Berichterstattung der nach Frankfurt a. M. abgeordneten Deputirten.
Der Vorstand.
NB. Die eingeschriebenen Mitglieder können daselbst ihre Karten empfangen, auch werden neue Einzeichnungen entgegengenommen.
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„Neue Rheinische Zeitung.“
Unter der, in dem heutigen Blatte d. Ztg., Nro. 21, enthaltenen Einladung der Aktionäre, befinden sich statt „das provisorische Comité“ irrthümlich die Namen H. Korff, C. Wachter, G. Weerth als Geranten.
Das provisorische Comité.
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Die in Breslau erscheinende Allgemeine Oder-Zeitung hat im letzten Quartal ihre Auflage um die Hälfte verdoppelt; ein Beweis, daß es ihr gelungen ist, dem Aufschwunge der Zeit zu folgen und diese getreulich abzuspiegeln.
Durch eine ausgedehnte Korrespondenz wird die Oder-Zeitung in den Stand gesetzt, wie dem Westen Deutschlands, namentlich in Bezug auf slawische Verhältnisse ein reiches Material zu unterbreiten, so dem Osten die neuesten Ereignisse des europäischen Westens und Nordens aufs Schnellste zuzuführen. Dieselbe kann daher dem Publikum bestens empfohlen werden und bemerken wir, daß das Abonnement in Preußen bei freier Zusendung durch die Postanstalten:
vierteljährlich 2 Thlr. 71/2 Sgr.
in Breslau 1 Thlr. 15 Sgr. beträgt.
Inserate werden mit 11/4 Sgr. für die viermal gespaltene Petitzeile gerechnet.
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Im Verlage von W. Clouth in Köln ist erschienen und bei Schreiber & Waltgenbach daselbst, Rechtschule Nro. 12 zu haben:
Kölnisches Gebetbuch
worin
Morgen-, Abend-, Meß-, Beicht-, Communion-, Vesper- und Complet-Gebete,
so wie die
Festandachten des Kirchenjahres,
nebst jenen der Stadt-Patronen und aller in Kölns Kirchen besonders verehrten Heiligen enthalten sind.
Gesammelt und herausgegeben
vom
Verfasser der „Hosianna“ etc.
Mit hoher geistlicher Approbation.
gr. 12. XV und 740 Seiten. geh. Subscriptionspreis: Berlinausgabe 1 Thlr.; weiß Druckpapier 20 Sgr.
(Beide Ausgaben, welche in typographischer Anordnung und Ausstattung schön zu nennen sind,
ziert ein Stahlstich als Titelbild.)
Dem Wunsche vieler unserer hochwürdigen Pfarrgeistlichen, so wie dem mehrfach ausgesprochenen Verlangen Seitens der frommen Korporationen und Bürger Kölns, in einem Buche die erbauenden und herrlichen, der öffentlichen Kirchenfeier der Stadt angehörigen Andachten und Gebete gesammelt zu sehen, war zunächst Veranlassung zur Herausgabe des „Kölnischen Gebetbuches“.
Sämmtliche Festandachten der Stadt enthaltend, bietet dasselbe Alles, was zu einem vollständigen Gebetbuche erforderlich, so wie in einem Anhange unter dem Titel: Marianische Woche oder Verehrung der allerseligsten Jungfrau und Mutter Gottes an mehreren Gnadenörtern oder wunderthätigen Gnadenbildern, auch dem frommen Waller einen geistlichen Pilgerstab zu den Stätten christlichen Trostes. Durch die Aufnahme der verschiedenen Kommunion-Andachten, so wie der Frohnleichnams-Prozessionsfeier und der sog. Römerfahrt enthält dasselbe 130 Lieder, wo vielen der lateinische Text beigegeben, wodurch dasselbe auch als Festgeschenk für Neukommunikanten besonders zu empfehlen ist.
Ferner ist daselbst zu haben:
Vollständiges
Communionbuch
auf die
heiligen Zeiten und Feste, nebst Morgen- und Abend-, Beicht- und Meßgebeten, so wie
eine kirchliche Abendandacht zur Verehrung des allerheiligsten Altarssakramentes.
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Manufaktur-Waaren-Ausverkauf! Hochstrasse Nr. 80, in der Handschuhfabrik bei A. Stern.
Eine Treppe hoch.
Das Lager besteht in Tuch, Bukskin [#] Stoffe zu Röcke und Hosen, 300 St. Sommerstoffe, Slipps, Tücher, Foullards, Westen, schwere Bettrills, Hausmacherleinen, Damentücher, Seide, Regen- und Sonnenschirme, Reisetaschen etc. ‒ Alle Waaren werden wegen Einstellung des Geschäfts weit unterm Einkaufspreis verkauft, so dass Aristokraten, Demokraten, Republikaner und Royalisten sämmtlich zufrieden gestellt werden können.
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English newspapers in Brussels
The Brussels Herald, established in 1827, is the only English newspaper in Belgium. It is published every Saturday. Price per quarter 5 francs, exclusive of postage out of Belgium. The Brussels Herald is an excellent medium for all advertisements addressed to English residents on the continent and English travellers. Office: ‒ 13 Rue des Boiteux, Brussels.
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Jos. Bauduin
Hühneraugen-Operateur,
Follerstraße Nro. 32 in Köln am Rhein, empfiehlt sich einem geehrten Publikum im Operiren der Hühneraugen, so wie in Ausnehmung eingewachsener Nägel bestens.
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Heirathsgesuch.
Ein junger Mann von angenehmem Aeußern, der durch seine Berufsgeschäfte verhindert ist, sich in Gesellschaften umzusehen, sucht auf diesem Wege eine Lebensgefährtin. Es wird weniger auf Reichthum als auf Jugend und häusliche Tugenden gesehen. Hierauf Reflektirende wollen ihre Adresse unter der Chiffre A. V. in der Expedition der Neuen Rheinischen Zeitung senden. Versicherung tiefster Discretion.
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Banner und Compagnie-Fahnen mit dem Reichsadler und Stadt-Wappen, Benennung der Compagnie oder jeder sonstigen Inschrift, in Wolle und Seide, sind zu haben bei Gebr. Seligmann.
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Bitte um Arbeit.
Ein Familienvater einer Frau nebst 3 Kindern, welcher auf Verordnung seiner Aerzte wegen Brustschwäche seiner Profession durchaus entsagen mußte, sucht in dieser bedrängten Lage eine ihm passende Beschäftigung, sei es um Kommissionen zu verrichten oder irgend eine andere Stellung, welche die Existenz und das Brod der Seinigen sichert.
Anerbietungen werden gerne entgegengenommen in der Expedition dieses Blattes.
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Bei A. F. Grote in Ar sberg ist so eben erschienen und in allen Buchhandlungen vorräthig:
Aufruf
zur
Umgestaltung
der
deutschen National-Erziehung.
Von
Dr. Friedrich Kapp,
Direktor des Königl. Gynasiums zu Hamm.
Zweite, sehr vermehrte Auflage.
Preis 3 Sgr.
Die in der Entwicklung begriffene Umgestaltung des deutschen Staatenbundes in einen einigen und freien Bundesstaat bedingt und fordert zugleich zu ihrer dauerhaftesten Begründung und wohlthuendsten Durchbildung auch eine durchgreifende Reorganisation des bisherigen Unterrichtssystems von der Volksschule bis zur Hochschule.
Der als Gelehrter und praktischer Schulmann rühmlichst bekannte Verfasser hat in dem vorstehenden Aufruf dazu seinen Beitrag gegeben; einer Schrift, die schon in ihrer ersten Auflage d. d. Hamm, den 31. März d. J. bei allen wahrhaften Vaterlandsfreunden so ungetheilten Anklang fand, daß theils in unmittelbarer Folge, theils im fachverwandten Sinne derselben sich die deutsche Schulreform bereits in mehreren Ländern und Provinzen der vereinigten Staaten von Deutschland von unten auf zu vollziehen begonnen hat.
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Ferner erschien:
Rienzi Cola.
Republikanisches Trauerspiel in fünf Akten.
Von
Chr. Essellen.
Preis 25 Sgr.
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In der H. Bachmann'schen Hof-Musikhandlung in Hannover ist erschienen und in allen Musikalienhandlungen zu haben:
Langer, zum Kampf, zum Kampf, für's Vaterland. Part. u. Stimmen 15 Sgr.
Dasselbe f. eine Singst. mit Piano 71/2 Sgr.
Ellisèu, der Freiheit eine Gasse, Part. und Stimmen 71/2 Sgr.
Dasselbe f. eine Singst. mit Piano 5 Sgr.
Barthmann, Freiheits-Polka f. Piano 5 Sgr.
M. Schloß.
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Neue Musikalien.
Bei F. Kistner in Leipzig ist erschienen und bei M. Schloss, Sternengasse Nro. 27 zu haben:
David, F., op. 19.Introd. u. Variat. üb. ein Original-Thema für Violine. Mit Orchester 2 Thlr. 10 Sgr.
Dieselben mit Pianoforte 1 Thlr. 10 Sgr.
Hagen, T., Zwei Lieder für eine Stimme mit Pfte., Nro. 1. Mädchen, sprich willst du mich lieben. ‒ Nro. 2. Der junge Knab' 71/2 Sgr.
Kücken, F., op. 46. Kriegerchor. Vor der Schlacht. Auf greift zum Schwert. Partitur und Stimmen 15 Sgr.
Kücken, F., Der Prätendent. Romantisch-komische Oper in 3 Akten. Klavier-Auszug 12 Thlr.
Kücken, F., Hieraus Ouverture und Gesangstücke einzeln zu 1 Thlr., 17 1/2, 12 1/2, 7 1/2, 5 Sgr.
Liszt, F., Lied. O lieb so lang du lieben kannst. Für eine Stimme mit Pfte. 10 Sgr.
Löschhorn, A., op. 18. Six Bagatelles p. Piano 1 Thlr.
Mayer, Ch., op. 102. Allegro di Bravura p. Piano 1 Thlr.
Mayer, Ch., op. 103. Rhapsodie Nro. 1 p. Piano 10 Sgr.
Mayer, Ch., op. 104. Rhapsodie Nro. 2 p. Piano 10 Sgr.
Nowakowski, J., op. 26. 4 Mazurkas p. Piano 15 Sgr.
Rietz, J., Zwei Lieder für 4 Männerstimmen. Partitur u. Stimmen 10 Sgr.
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Bei mir ist erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen:
Des
Republikaners
(Freibürgers)
Rechte und Pflichten.
Köln. M. Becker (Mauritius-Steinweg).
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Heute Donnerstag, den 22. Juni Nachmittags 3 Uhr, große Harmonie von dem Musikchor des Königlich Preußischen 8. Husaren-Regiments in dem am städtischen Garten gelegenen elegant dekorirten
Kölner Zelte.
Franz Stollwerck.
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Meine
Restauration
auf dem sogenannten Knabengarten, ganz in der Nähe des Bahnhofes zu Bonn (Lokal des Dioramas) empfehle ich einem geehrten Publikum bestens. Gleichzeitig, um etwaigen Irrthümern vorzubeugen, verfehle ich nicht in Erinnerung zu bringen, daß unsre seit langen Jahren bestehende Gastwirthschaft „zum alten Keller“ am Rheinthor, wie bisher unverändert fortgeführt wird.
Bonn am 1. Juni 1848.
Joh. Gebh. Behr.
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Frische Rheinfische sind zu den billigsten Preisen zu haben bei Joh. Lülsdorff, Lindgasse 21.
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Der Gerant, Korff.
Druck von W. Clouth, St. Agatha Nro. 12.