Häufig jedoch hat noch leider die Sucht nach schönen Schilderungen auf Irrwege geleitet, weil die Tendenz der Reisen dahin ging ihre Reisen poetisch zu erzählen. Jedoch auch asthetisch-poetische Beschreibungen brauchen sich nicht von der Wahrheit zu entfernen; es kömmt auch darauf an, daß der welcher das Bild liefert sich gleichsam selbst der Betrachtung entzieht und seine Person da- rin verschwindet, damit das Bild die Gro- ße der Natur darstellen und nicht die Ein- drücke die derjenige hatte, welcher das Bild aufstellte.
Neben diesem neuen Zweig der Literatur, ist es noch ein neuer Zweig der Landschaftsma- lerei, der Lust und Liebe zum Studium der Natur und zum Reisen erwecken kann. Eben so wenig wie Schilderungen von Natur- scenen den Griechen und Römern eigen waren
Häufig jedoch hat noch leider die Sucht nach ſchönen Schilderungen auf Irrwege geleitet, weil die Tendenz der Reiſen dahin ging ihre Reiſen poetiſch zu erzählen. Jedoch auch aſthetiſch-poetiſche Beſchreibungen brauchen ſich nicht von der Wahrheit zu entfernen; es kömmt auch darauf an, daß der welcher das Bild liefert ſich gleichſam ſelbſt der Betrachtung entzieht und ſeine Perſon da- rin verſchwindet, damit das Bild die Gro- ße der Natur darſtellen und nicht die Ein- drücke die derjenige hatte, welcher das Bild aufſtellte.
Neben dieſem neuen Zweig der Literatur, iſt es noch ein neuer Zweig der Landſchaftsma- lerei, der Luſt und Liebe zum Studium der Natur und zum Reiſen erwecken kann. Eben ſo wenig wie Schilderungen von Natur- ſcenen den Griechen und Römern eigen waren
<TEI><text><body><divtype="session"n="9"><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0061"n="53"/>
(?) <hirendition="#aq"><persNameresp="#BF"prev="#stpierre1"ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118604945 http://d-nb.info/gnd/118604945"xml:id="stpierre2">de St Pierre</persName></hi><noteresp="#BF"type="editorial">Vgl. <bibl>Saint-Pierre, Bernardin de: Paul et Virginie. Paris 1789.</bibl> Online verfügbar: <reftarget="https://archive.org/details/pauletvirgini00sain">Internet Archive, abgerufen am 21.12.2015</ref>.</note> und in neuſter Zeit <persNameresp="#BF"ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118520237 http://d-nb.info/gnd/118520237">Chataubriand</persName><lb/><metamark>|:</metamark> Ueberſchwemmungen des Miſsiſippi<noteresp="#BF"type="editorial">Vermutlich bezieht sich Humboldt auf die zwei Romane „Atala“ und „René“. Vgl. <bibl>Chateaubriand, François-René de: Atala. René. Les Aventures du dernier Abencerage. Paris 1826. (= Œuvres complètes, Bd. 16.)</bibl> Online verfügbar: <reftarget="http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb10712650-5">MDZ München, abgerufen am 28.12.2015</ref>.</note>, Beſchrei-<lb/>
bung von Griechenland<noteresp="#BF"type="editorial">Vgl. <bibl>Chateaubriand, François-René de: Itinéraire de Paris à Jérusalem, et de Jérusalem à Paris. 3 Bde. Brüssel 1827.</bibl> Online verfügbar: <reftarget="https://books.google.de/books?id=-L8_AAAAcAAJ">Band 1, Google Books (UB Gent), abgerufen am 28.12.2015</ref>, <reftarget="https://books.google.de/books?id=DsA_AAAAcAAJ">Band 2, Google Books (UB Gent), abgerufen am 28.12.2015</ref>, <reftarget="https://books.google.de/books?id=KMA_AAAAcAAJ">Band 3, Google Books (UB Gent), abgerufen am 28.12.2015</ref>.</note> uſw <metamark>:|</metamark>. Unter den deut-<lb/>ſchen ſteht darin am höchſten der <hirendition="#u">große <persNameresp="#BF"ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118540238 http://d-nb.info/gnd/118540238">Göthe</persName></hi>.<lb/>
Ein tiefes Gefühl für die Natur durchdringt<lb/>
alle ſeine Werke –<metamark>|:</metamark> Metamorphoſen der Pflan-<lb/>
zen<noteresp="#BF"type="editorial">Vgl. <bibl>Goethe, Johann Wolfgang von: Die Metamorphose der Pflanzen. In: Zur Morphologie. 1. Bd. Stuttgart und Tübingen 1817.</bibl> Online verfügbar: <reftarget="http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb10858632-9">MDZ München, abgerufen am 29.12.2015</ref>.</note>– optiſche Verſuche<noteresp="#BF"type="editorial">Vgl. <bibl>Goethe, Johann Wolfgang von: Beyträge zur Optik. 2 Bde. Weimar 1791–1792.</bibl> Online verfügbar: <reftarget="http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb00073543-7">Band 1, MDZ München, abgerufen am 29.12.2015</ref>, <reftarget="http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb00073547-8">Band 2, MDZ München, abgerufen am 29.12.2015</ref>; <bibl>Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. 2 Bde. Tübingen 1810.</bibl> Online verfügbar: <reftarget="http://deutschestextarchiv.de/book/show/goethe_farbenlehre01_1810">Band 1, Deutsches Textarchiv, abgerufen am 29.12.2015</ref>, <reftarget="http://deutschestextarchiv.de/book/show/goethe_farbenlehre02_1810">Band 2, Deutsches Textarchiv, abgerufen am 29.12.2015</ref></note> uſw <metamark>:|</metamark>.</p><lb/><p>Häufig jedoch hat noch leider die Sucht nach<lb/>ſchönen Schilderungen auf Irrwege geleitet,<lb/>
weil die Tendenz der Reiſen dahin ging<lb/>
ihre Reiſen poetiſch zu erzählen. Jedoch auch<lb/>
aſthetiſch-poetiſche Beſchreibungen brauchen<lb/>ſich nicht von der Wahrheit zu entfernen;<lb/>
es kömmt auch darauf an, daß der welcher<lb/>
das Bild liefert ſich gleichſam ſelbſt der<lb/>
Betrachtung entzieht und ſeine Perſon da-<lb/>
rin verſchwindet, damit das Bild die Gro-<lb/>
ße der Natur darſtellen und nicht die Ein-<lb/>
drücke die derjenige hatte, welcher das Bild<lb/>
aufſtellte.</p><lb/><p>Neben dieſem neuen Zweig der Literatur,<lb/>
iſt es noch ein neuer Zweig der <choice><sic>Landſchafsma<lb/>
lerei</sic><corrresp="#BF">Landſchaftsma-<lb/>
lerei</corr></choice>, der Luſt und Liebe zum Studium der<lb/>
Natur und zum Reiſen erwecken kann. Eben<lb/>ſo wenig wie Schilderungen von Natur-<lb/>ſcenen den Griechen und Römern eigen waren<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[53/0061]
(?) de St Pierre und in neuſter Zeit Chataubriand
|: Ueberſchwemmungen des Miſsiſippi, Beſchrei-
bung von Griechenland uſw :|. Unter den deut-
ſchen ſteht darin am höchſten der große Göthe.
Ein tiefes Gefühl für die Natur durchdringt
alle ſeine Werke – |: Metamorphoſen der Pflan-
zen – optiſche Verſuche uſw :|.
Häufig jedoch hat noch leider die Sucht nach
ſchönen Schilderungen auf Irrwege geleitet,
weil die Tendenz der Reiſen dahin ging
ihre Reiſen poetiſch zu erzählen. Jedoch auch
aſthetiſch-poetiſche Beſchreibungen brauchen
ſich nicht von der Wahrheit zu entfernen;
es kömmt auch darauf an, daß der welcher
das Bild liefert ſich gleichſam ſelbſt der
Betrachtung entzieht und ſeine Perſon da-
rin verſchwindet, damit das Bild die Gro-
ße der Natur darſtellen und nicht die Ein-
drücke die derjenige hatte, welcher das Bild
aufſtellte.
Neben dieſem neuen Zweig der Literatur,
iſt es noch ein neuer Zweig der Landſchaftsma-
lerei, der Luſt und Liebe zum Studium der
Natur und zum Reiſen erwecken kann. Eben
ſo wenig wie Schilderungen von Natur-
ſcenen den Griechen und Römern eigen waren
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Anmerkungen zur Edition:
Im Manuskript fehlt ein Blatt (S. 359–360), aus technischen Gründen wurde
auf die Einschaltung von zwei Leerseiten im Digitalisat verzichtet. Ein
entsprechendes Tag weist an der betreffenden Stelle darauf hin.
Zwei Blätter sind vom Schreiber falsch paginiert und falsch gebunden
(S. 291–294). Die Reihenfolge der Bilder wurde korrigiert, die
dementsprechend korrigierten Seitenzahlen wurden durch eckige Klammern
gekennzeichnet.
Vom Schreiber selbst berichtigte Seitenzahlen wurden ebenfalls durch eckige
Klammern gekennzeichnet.
[N. N.]: Physikalische Geographie von Heinr. Alex. Freiherr v. Humboldt. [V]orgetragen im Wintersemester 1827/8. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_n0171w1_1828/61>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.