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[N. N.]: Alexander von Humboldts Vorlesungen über phÿsikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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In der verschiedenen Schiefe der Erd-Ecliptik fand man
eine Ursache für die merkwürdige Erscheinung, daß nicht
nur diejenigen Thier- und Pflanzen-Formen, welche der
ältern Erdschichte angehören den Formen ähnlich sind welche
wir in den Palmenklimaten finden, sondern daß selbst
Thiere, den noch lebenden südlichen tropischen Thieren ähnlich, an den
Polen eingewickelt gefunden werden. Andere erklärten dies
Phaenomen durch die Sonnenfackeln und Flecke. Die älte-
sten Beobachtungen über die Ecliptik finden sich in chine-
sischen Manuscripten und aus diesen folgt, daß seit 2000
Jahren die Schiefe der Ecliptik immer in Abnahme begriffen
ist. Der Chevalier Nouville hat hieraus den Schluß gezogen,
daß die Erde endlich senkrecht auf ihre Bahn zu stehen kommt,
und daß denn ein ewiger Frühling über die Erde ver-
breitet werden wird. Durch Laplace aber ist gefunden,
daß auch diese Veränderung, wie alle im Weltsystem,
periodisch ist. Die Dauer dieser Periode ist freilich nicht
mit Gewißheit angegeben, aber doch ist gewiß, daß das
maximum nur 21/2° beträgt. Was jenes Phaenomen an-
langt, daß man fälschlich durch diese Veränderung der Schiefe
der Ecliptik zu erklären suchte; so hat man es so zu erklä-
ren gesucht, daß man eine große Zertrümmerung nicht
bloß organischer Körper, sondern ganzer Erdschichten selbst
annahm. Es fragt sich indeß was hierdurch für ein Unter-
schied der Klimate entstehen konnte. Nach der Verschieden-
heit des maximum und minimum der Sönnenhöhe ver-
minderte sich auch die Dauer des Tages und der Nacht.

In der verschiedenen Schiefe der Erd-Ecliptik fand man
eine Ursache für die merkwürdige Erscheinung, daß nicht
nur diejenigen Thier- und Pflanzen-Formen, welche der
ältern Erdschichte angehören den Formen ähnlich sind welche
wir in den Palmenklimaten finden, sondern daß selbst
Thiere, den noch lebenden südlichen tropischen Thieren ähnlich, an den
Polen eingewickelt gefunden werden. Andere erklärten dies
Phaenomen durch die Sonnenfackeln und Flecke. Die älte-
sten Beobachtungen über die Ecliptik finden sich in chine-
sischen Manuscripten und aus diesen folgt, daß seit 2000
Jahren die Schiefe der Ecliptik immer in Abnahme begriffen
ist. Der Chevalier Nouville hat hieraus den Schluß gezogen,
daß die Erde endlich senkrecht auf ihre Bahn zu stehen kommt,
und daß denn ein ewiger Frühling über die Erde ver-
breitet werden wird. Durch Laplace aber ist gefunden,
daß auch diese Veränderung, wie alle im Weltsÿstem,
periodisch ist. Die Dauer dieser Periode ist freilich nicht
mit Gewißheit angegeben, aber doch ist gewiß, daß das
maximum nur 2½° beträgt. Was jenes Phaenomen an-
langt, daß man fälschlich durch diese Veränderung der Schiefe
der Ecliptik zu erklären suchte; so hat man es so zu erklä-
ren gesucht, daß man eine große Zertrümmerung nicht
bloß organischer Körper, sondern ganzer Erdschichten selbst
annahm. Es fragt sich indeß was hierdurch für ein Unter-
schied der Klimate entstehen konnte. Nach der Verschieden-
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minderte sich auch die Dauer des Tages und der Nacht.

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[[81]/0087] In der verschiedenen Schiefe der Erd-Ecliptik fand man eine Ursache für die merkwürdige Erscheinung, daß nicht nur diejenigen Thier- und Pflanzen-Formen, welche der ältern Erdschichte angehören den Formen ähnlich sind welche wir in den Palmenklimaten finden, sondern daß selbst Thiere, den noch lebenden südl: tropischen Thieren ähnlich, an den Polen eingewickelt gefunden werden. Andere erklärten dies Phaenomen durch die Sonnenfackeln und Flecke. Die älte- sten Beobachtungen über die Ecliptik finden sich in chine- sischen Manuscripten und aus diesen folgt, daß seit 2000 Jahren die Schiefe der Ecliptik immer in Abnahme begriffen ist. Der Chevalier Nouville hat hieraus den Schluß gezogen, daß die Erde endlich senkrecht auf ihre Bahn zu stehen kommt, und daß denn ein ewiger Frühling über die Erde ver- breitet werden wird. Durch Laplace aber ist gefunden, daß auch diese Veränderung, wie alle im Weltsÿstem, periodisch ist. Die Dauer dieser Periode ist freilich nicht mit Gewißheit angegeben, aber doch ist gewiß, daß das maximum nur 2½° beträgt. Was jenes Phaenomen an- langt, daß man fälschlich durch diese Veränderung der Schiefe der Ecliptik zu erklären suchte; so hat man es so zu erklä- ren gesucht, daß man eine große Zertrümmerung nicht bloß organischer Körper, sondern ganzer Erdschichten selbst annahm. Es fragt sich indeß was hierdurch für ein Unter- schied der Klimate entstehen konnte. Nach der Verschieden- heit des maximum und minimum der Sönnenhöhe ver- minderte sich auch die Dauer des Tages und der Nacht.

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Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

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Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Anonym (Hg.): Alexander von Humboldts Vorlesungen über physikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. Berlin, 1934. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

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Zitationshilfe: [N. N.]: Alexander von Humboldts Vorlesungen über phÿsikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. [81]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2345_1827/87>, abgerufen am 23.12.2024.