Merkwürdig ist die Kleinheit der Gefälle bei großen Strö- men. So spürt man im Amazonenstrom und Orinoco bei 100 Meilen Entfernung von der Mündung noch Fluth [u.]und Ebbe bis 13-14 Zoll. Die Fluth steigt parallel mit dem Boden auf.
Die Größe des Flußgebietes bestimmt die Menge des Wassers. Setzt man den Rhein = 1 so ist die Donau in Rücksicht ihres Flußge- bietes = 4, der Amazonenstrom = 22. Wenn das Flußgebiet groß und der Fluß schmal ist, so entstehen nach starkem Regen etc: gefähr- liche Anschwellungen. In dem Gebiet des Rheins fällt etwa 24" Wasser, in dem des Amazonenstromes 80-88"; daher sind denn auch die Flüße die besten Ombrometer. Seit Jahrtausenden findet sich eine große Gleichheit der Wassermassen und der Epochen der An- schwellungen. Der Nil hat an seinem Ausfluße dieselbe größte Höhe wie der Orinoco [u.]und Amazonenstrom 80 Meilen vor seinem Ausflußsse; sie steigen nemlich 24' hoch. Seit 26 Jahren ist diese größte Höhe ganz constant geblieben und die Zeit des Anschwellens hat höchstens 5 Tage geschwankt. Die Geschwindigkeit des Flußes selbst kommt hierbei mit in Anschlag. Man hat leider hierüber noch nicht viel Gewisses. Girard hat beim Nil viel gethan.
Die Flüße münden sich entweder in inländischen Seen, wie dies in den Steppen der Fall ist, oder sie münden sich ins Meer, oder nach Francklins Beobachtung sie verflüchtigen sich in der Atmosphaere. Merkwürdig ist, daß einige, je weiter sie fließen, desto weniger Wassermasse haben; so hat man es gefunden beim Orangeriver Oranjefluss oder ich selbst beim rio Apure. Doch findet sich dies nur in Tropengegenden, wo sie ja häufig 52-54° R. auszuhalten haben, [u.]und in den Sand, wie in einem Schwamm eingesogen werden.
Merkwürdig ist die Kleinheit der Gefälle bei großen Strö- men. So spürt man im Amazonenstrom und Orinoco bei 100 Meilen Entfernung von der Mündung noch Fluth [u.]und Ebbe bis 13–14 Zoll. Die Fluth steigt parallel mit dem Boden auf.
Die Größe des Flußgebietes bestimmt die Menge des Wassers. Setzt man den Rhein = 1 so ist die Donau in Rücksicht ihres Flußge- bietes = 4, der Amazonenstrom = 22. Wenn das Flußgebiet groß und der Fluß schmal ist, so entstehen nach starkem Regen etc: gefähr- liche Anschwellungen. In dem Gebiet des Rheins fällt etwa 24″ Wasser, in dem des Amazonenstromes 80–88″; daher sind denn auch die Flüße die besten Ombrometer. Seit Jahrtausenden findet sich eine große Gleichheit der Wassermassen und der Epochen der An- schwellungen. Der Nil hat an seinem Ausfluße dieselbe größte Höhe wie der Orinoco [u.]und Amazonenstrom 80 Meilen vor seinem Ausflußsse; sie steigen nemlich 24′ hoch. Seit 26 Jahren ist diese größte Höhe ganz constant geblieben und die Zeit des Anschwellens hat höchstens 5 Tage geschwankt. Die Geschwindigkeit des Flußes selbst kommt hierbei mit in Anschlag. Man hat leider hierüber noch nicht viel Gewisses. Girard hat beim Nil viel gethan.
Die Flüße münden sich entweder in inländischen Seen, wie dies in den Steppen der Fall ist, oder sie münden sich ins Meer, oder nach Francklins Beobachtung sie verflüchtigen sich in der Atmosphaere. Merkwürdig ist, daß einige, je weiter sie fließen, desto weniger Wassermasse haben; so hat man es gefunden beim Orangeriver Oranjefluss oder ich selbst beim rio Apure. Doch findet sich dies nur in Tropengegenden, wo sie ja häufig 52–54° R. auszuhalten haben, [u.]und in den Sand, wie in einem Schwamm eingesogen werden.
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Merkwürdig ist die Kleinheit der Gefälle bei großen Strö-
men. So spürt man im Amazonenstrom und Orinoco bei 100
Meilen Entfernung von der Mündung noch Fluth und Ebbe bis
13–14 Zoll. Die Fluth steigt parallel mit dem Boden auf.
41. Vorlesung, 24. März 1828
Die Größe des Flußgebietes bestimmt die Menge des Wassers.
Setzt man den Rhein = 1 so ist die Donau in Rücksicht ihres Flußge-
bietes = 4, der Amazonenstrom = 22. Wenn das Flußgebiet groß
und der Fluß schmal ist, so entstehen nach starkem Regen etc: gefähr-
liche Anschwellungen. In dem Gebiet des Rheins fällt etwa 24″
Wasser, in dem des Amazonenstromes 80–88″; daher sind denn
auch die Flüße die besten Ombrometer. Seit Jahrtausenden findet sich
eine große Gleichheit der Wassermassen und der Epochen der An-
schwellungen. Der Nil hat an seinem Ausfluße dieselbe größte
Höhe wie der Orinoco und Amazonenstrom 80 Meilen vor seinem
Ausflusse; sie steigen nemlich 24′ hoch. Seit 26 Jahren ist diese
größte Höhe ganz constant geblieben und die Zeit des Anschwellens
hat höchstens 5 Tage geschwankt. Die Geschwindigkeit des Flußes
selbst kommt hierbei mit in Anschlag. Man hat leider hierüber
noch nicht viel Gewisses. Girard hat beim Nil viel gethan.
Die Flüße münden sich entweder in inländischen Seen, wie
dies in den Steppen der Fall ist, oder sie münden sich ins Meer,
oder nach Francklins Beobachtung sie verflüchtigen sich in der
Atmosphaere. Merkwürdig ist, daß einige, je weiter sie fließen,
desto weniger Wassermasse haben; so hat man es gefunden beim
Oranjefluss oder ich selbst beim rio Apure. Doch findet sich dies nur
in Tropengegenden, wo sie ja häufig 52–54° R. auszuhalten haben,
und in den Sand, wie in einem Schwamm eingesogen werden.
Orangeriver
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Anonym (Hg.): Alexander von Humboldts Vorlesungen über physikalische
Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin
im Winter von 1827 bis 1828. Berlin, 1934. anhand der Vorlage
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[N. N.]: Alexander von Humboldts Vorlesungen über phÿsikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. [218]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2345_1827/224>, abgerufen am 25.02.2025.
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