Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

Erde, und den Ocean umgebende Luftmeer selbst zu beschiffen. Man hatte sich
von dieser Entdeckung sehr große Vortheile, hauptsächlich für die Meteorologie
versprochen, die aber dieser Wissenschaft nicht in dem erwarteten Grade zu-
geflossen sind. Der Versuch ist mit zu vielen Schwierigkeiten verbunden, ist
zu kostbar, und die Zeit welche man in den höhern Regionen zubringen kann,
ist zu kurz um mit Muße und Umsicht Beobachtungen zu machen, die
flüchtig unternommen eher zu unsichern Resultaten führen, indem man auf
Zufälligkeiten ein zu großes Gewicht legt. Dazu kommt noch, daß man die-
se Luftreisen sämtlich von Ebnen aus unternommen, und sich auf diese Wei-
se kaum so hoch in den Luftkreis aufgeschwungen hat, als man auf hohen Ber-
gen zu gelangen im Stande ist. - Die bedeutendste, und auch für die
Wissenschaft wichtigste Ascension ist die von Gay-Lussac im Jahre 1804 zu Paris
unternommene. Er gelangte bis zu der Höhe von 21,600', 4000 Fuß nie-
driger als der weiße Berg, der Dhawallagiri des Himalaya Gebirges. Die
Luft welche er mit herabbrachte, und die ich gemeinschaftlich mit ihm unter-
sucht habe, gab durch ihre ungemeine Dilatation einen Beweis der Höhe aus
der sie entnommen war, enthielt übrigens alle Bestandtheile der uns um-
gebenden, dieselben 21 Theile Sauerstoff, und selbst einen Antheil Kohlensäure,
obgleich diese Gasart die hauptsächlich durch das Athmen und Verbrennen ent-
wickelt wird, schwerer ist als die atmosphärische Luft. - In der weiten
Einöde jener Höhen sind die letzten lebenden Wesen, denen wir begeg-
nen - Schmetterlinge; wahrscheinlich unwillkürlich durch Luftströme
in diese Regionen geführt. Ramond hat auf dem Gipfel der Pyrenäen,

Saussure

Erde, und den Ocean umgebende Luftmeer selbst zu beschiffen. Man hatte sich
von dieser Entdeckung sehr große Vortheile, hauptsächlich für die Meteorologie
versprochen, die aber dieser Wissenschaft nicht in dem erwarteten Grade zu-
geflossen sind. Der Versuch ist mit zu vielen Schwierigkeiten verbunden, ist
zu kostbar, und die Zeit welche man in den höhern Regionen zubringen kann,
ist zu kurz um mit Muße und Umsicht Beobachtungen zu machen, die
flüchtig unternommen eher zu unsichern Resultaten führen, indem man auf
Zufälligkeiten ein zu großes Gewicht legt. Dazu kommt noch, daß man die-
se Luftreisen sämtlich von Ebnen aus unternommen, und sich auf diese Wei-
se kaum so hoch in den Luftkreis aufgeschwungen hat, als man auf hohen Ber-
gen zu gelangen im Stande ist. – Die bedeutendste, und auch für die
Wissenschaft wichtigste Ascension ist die von Gay-Lussac im Jahre 1804 zu Paris
unternommene. Er gelangte bis zu der Höhe von 21,600′, 4000 Fuß nie-
driger als der weiße Berg, der Dhawallagiri des Himalaya Gebirges. Die
Luft welche er mit herabbrachte, und die ich gemeinschaftlich mit ihm unter-
sucht habe, gab durch ihre ungemeine Dilatation einen Beweis der Höhe aus
der sie entnommen war, enthielt übrigens alle Bestandtheile der uns um-
gebenden, dieselben 21 Theile Sauerstoff, und selbst einen Antheil Kohlensäure,
obgleich diese Gasart die hauptsächlich durch das Athmen und Verbrennen ent-
wickelt wird, schwerer ist als die atmosphärische Luft. – In der weiten
Einöde jener Höhen sind die letzten lebenden Wesen, denen wir begeg-
nen – Schmetterlinge; wahrscheinlich unwillkürlich durch Luftströme
in diese Regionen geführt. Ramond hat auf dem Gipfel der Pyrenäen,

Saussure
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="session" n="7">
        <p><pb facs="#f0058" n="27v"/>
Erde, und den Ocean umgebende Luftmeer selbst zu beschiffen. Man hatte sich<lb/>
von dieser Entdeckung sehr große Vortheile, hauptsächlich für die Meteorologie<lb/>
versprochen, die aber dieser Wissenschaft nicht in dem erwarteten Grade zu-<lb/>
geflossen<note resp="#CT" type="editorial">Hamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 96: "zu geflossen".</note> sind. Der Versuch ist mit zu vielen Schwierigkeiten verbunden, ist<lb/>
zu kostbar, und die Zeit welche man in den höhern Regionen zubringen kann,<lb/>
ist zu kurz um mit Muße und Umsicht Beobachtungen zu machen, die<lb/>
flüchtig unternommen<note resp="#CT" type="editorial">Hamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 96: "unternommenen".</note> eher zu unsichern Resultaten führen, indem man auf<lb/>
Zufälligkeiten ein zu großes Gewicht legt. Dazu kommt noch, daß man die-<lb/>
se Luftreisen sämtlich von Ebnen aus unternommen, und sich auf diese Wei-<lb/>
se kaum so hoch in den Luftkreis aufgeschwungen hat, als man auf hohen Ber-<lb/>
gen zu gelangen im Stande ist. &#x2013; Die bedeutendste, und auch für die<lb/>
Wissenschaft wichtigste Ascension ist die von <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118716581 http://d-nb.info/gnd/118716581">Gay-Lussac</persName></hi> im Jahre 1804 zu <hi rendition="#aq">Paris</hi><lb/>
unternommene. Er gelangte bis zu der Höhe von 21,600&#x2032;, 4000 Fuß nie-<lb/>
driger als der weiße Berg, der <hi rendition="#aq">Dhawallagiri</hi> des <hi rendition="#aq">Himalaya</hi> Gebirges. Die<lb/>
Luft welche er mit herabbrachte, und die ich gemeinschaftlich mit ihm unter-<lb/>
sucht habe, gab durch ihre ungemeine <hi rendition="#aq">Dilatation</hi> einen Beweis der Höhe aus<lb/>
der sie entnommen war, enthielt übrigens alle Bestandtheile der uns um-<lb/>
gebenden, dieselben 21 Theile Sauerstoff, und selbst einen Antheil Kohlensäure,<lb/>
obgleich diese Gasart die hauptsächlich durch das Athmen und Verbrennen ent-<lb/>
wickelt wird, schwerer ist als die atmosphärische Luft. &#x2013; In der weiten<lb/>
Einöde jener Höhen sind die letzten lebenden Wesen, denen wir begeg-<lb/>
nen &#x2013; Schmetterlinge; wahrscheinlich unwillkürlich durch Luftströme<lb/>
in diese Regionen geführt. <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118787802 http://d-nb.info/gnd/118787802">Ramond</persName></hi> hat auf dem Gipfel der Pyrenäen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">Saussure</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[27v/0058] Erde, und den Ocean umgebende Luftmeer selbst zu beschiffen. Man hatte sich von dieser Entdeckung sehr große Vortheile, hauptsächlich für die Meteorologie versprochen, die aber dieser Wissenschaft nicht in dem erwarteten Grade zu- geflossen sind. Der Versuch ist mit zu vielen Schwierigkeiten verbunden, ist zu kostbar, und die Zeit welche man in den höhern Regionen zubringen kann, ist zu kurz um mit Muße und Umsicht Beobachtungen zu machen, die flüchtig unternommen eher zu unsichern Resultaten führen, indem man auf Zufälligkeiten ein zu großes Gewicht legt. Dazu kommt noch, daß man die- se Luftreisen sämtlich von Ebnen aus unternommen, und sich auf diese Wei- se kaum so hoch in den Luftkreis aufgeschwungen hat, als man auf hohen Ber- gen zu gelangen im Stande ist. – Die bedeutendste, und auch für die Wissenschaft wichtigste Ascension ist die von Gay-Lussac im Jahre 1804 zu Paris unternommene. Er gelangte bis zu der Höhe von 21,600′, 4000 Fuß nie- driger als der weiße Berg, der Dhawallagiri des Himalaya Gebirges. Die Luft welche er mit herabbrachte, und die ich gemeinschaftlich mit ihm unter- sucht habe, gab durch ihre ungemeine Dilatation einen Beweis der Höhe aus der sie entnommen war, enthielt übrigens alle Bestandtheile der uns um- gebenden, dieselben 21 Theile Sauerstoff, und selbst einen Antheil Kohlensäure, obgleich diese Gasart die hauptsächlich durch das Athmen und Verbrennen ent- wickelt wird, schwerer ist als die atmosphärische Luft. – In der weiten Einöde jener Höhen sind die letzten lebenden Wesen, denen wir begeg- nen – Schmetterlinge; wahrscheinlich unwillkürlich durch Luftströme in diese Regionen geführt. Ramond hat auf dem Gipfel der Pyrenäen, Saussure

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Hamel, Jürgen u. Klaus Harro Tiemann (Hg.) (1993): Alexander von Humboldt: Über das Universum. Die Kosmosvorträge 1827/28 in der Berliner Singakademie. Frankfurt a. M.: Insel. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

Abweichungen dieser Druckedition von der Manuskriptvorlage werden im Text an der entsprechenden Stelle in editorischen Kommentaren ausgewiesen.

Abweichungen von den DTA-Richtlinien:

  • I/J: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/58
Zitationshilfe: [Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 27v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/58>, abgerufen am 23.12.2024.