Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

Die Polygonalfiguren der Sterne, welche einen andern Grund der Täuschung abgeben,
scheinen ebenfalls auf der Construction des Auges zu beruhen, und abhängig von der Art
zu seyn, wie dasselbe aufgeschlizt ist. - So ist die Zahl und Neigung der Strahlen verschie-
den, welche von verschiedenen Menschen an den Sternen bemerkt werden. Einige zählen
bei Sternen 1ter Größe 5-7, andere 8 Strahlen. Daß die Beschaffenheit des Auges da-
rauf einwirkt, läßt sich beweisen, indem man nur das Auge zu drehen, das heißt den Kopf
rechts oder links zu neigen braucht, um die Strahlen willkürlich zu supprimiren, oder ausein-
anderfahren zu lassen: wenn man den Kopf in vertikaler Richtung senkt, so verschwin-
den die obern Strahlen, und umgekehrt, wenn man ihn hebt, die unteren.

Das Funkeln der Sterne ist nicht, wie man früher glaubte, eine Folge der Dünste in
der Atmosphäre, sondern es beruht auf andern optischen Erscheinungen, für die man
in dem neuesten System der Optik einen befriedigenden Grund gefunden hat. Schon der
englische Astronom Mitchell beobachtete, daß die scheinbare Größe des Sterns sich beim
Funkeln momentan vermindere, und daß dies intermittiren bis zu 5 mal in 1 Sekunde
vorkomme. Nach neueren Entdeckungen glaubt man, daß dies Phänomen mit der
Interferenz des Lichtes zusammenhange, nach der 2 Lichtstrahlen je nachdem sie in entge-
gengesetzter Richtung aus verschiedener Entfernung einander treffen, sich zerstören
können, und Finsterniß hervorbringen, oder wenn sie in derselben Richtung zusam-
men fallen sich addiren.

Schon im 17ten Jahrhundert hatte Grimaldi in Rom merkwürdige Versuche gemacht, über die
Beugung und Diffraction des Lichtes. Thomas Young in London hat aber diese, so wie
verschiedene Farben-Erscheinungen, durch eine sinnreiche Hypothese, welche er das
Princip der Interferenz nennt, unter einen gemeinsamen Gesichtspunkt zu bringen

gesucht.

Die Polygonalfiguren der Sterne, welche einen andern Grund der Täuschung abgeben,
scheinen ebenfalls auf der Construction des Auges zu beruhen, und abhängig von der Art
zu seyn, wie dasselbe aufgeschlizt ist. – So ist die Zahl und Neigung der Strahlen verschie-
den, welche von verschiedenen Menschen an den Sternen bemerkt werden. Einige zählen
bei Sternen 1ter Größe 5–7, andere 8 Strahlen. Daß die Beschaffenheit des Auges da-
rauf einwirkt, läßt sich beweisen, indem man nur das Auge zu drehen, das heißt den Kopf
rechts oder links zu neigen braucht, um die Strahlen willkürlich zu supprimiren, oder ausein-
anderfahren zu lassen: wenn man den Kopf in vertikaler Richtung senkt, so verschwin-
den die obern Strahlen, und umgekehrt, wenn man ihn hebt, die unteren.

Das Funkeln der Sterne ist nicht, wie man früher glaubte, eine Folge der Dünste in
der Atmosphäre, sondern es beruht auf andern optischen Erscheinungen, für die man
in dem neuesten System der Optik einen befriedigenden Grund gefunden hat. Schon der
englische Astronom Mitchell beobachtete, daß die scheinbare Größe des Sterns sich beim
Funkeln momentan vermindere, und daß dies intermittiren bis zu 5 mal in 1 Sekunde
vorkomme. Nach neueren Entdeckungen glaubt man, daß dies Phänomen mit der
Interferenz des Lichtes zusammenhange, nach der 2 Lichtstrahlen je nachdem sie in entge-
gengesetzter Richtung aus verschiedener Entfernung einander treffen, sich zerstören
können, und Finsterniß hervorbringen, oder wenn sie in derselben Richtung zusam-
men fallen sich addiren.

Schon im 17ten Jahrhundert hatte Grimaldi in Rom merkwürdige Versuche gemacht, über die
Beugung und Diffraction des Lichtes. Thomas Young in London hat aber diese, so wie
verschiedene Farben-Erscheinungen, durch eine sinnreiche Hypothese, welche er das
Princip der Interferenz nennt, unter einen gemeinsamen Gesichtspunkt zu bringen

gesucht.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="session" n="14">
        <pb facs="#f0144" n="70v"/>
        <p>Die Polygonalfiguren der Sterne, welche einen andern Grund der Täuschung abgeben,<lb/>
scheinen ebenfalls auf der Construction des Auges zu beruhen, und abhängig von der Art<lb/>
zu seyn, wie dasselbe aufgeschlizt ist. &#x2013; So ist die Zahl und Neigung der Strahlen verschie-<lb/>
den, welche von verschiedenen Menschen an den Sternen bemerkt werden. Einige zählen<lb/>
bei Sternen 1<choice><abbr><hi rendition="#sup #u">t&#xFFFC;</hi></abbr><expan resp="#CT"><hi rendition="#sup #u">ter</hi></expan></choice> Größe 5&#x2013;7, andere 8 Strahlen. Daß die Beschaffenheit des Auges da-<lb/>
rauf einwirkt, läßt sich beweisen, indem man nur das Auge zu drehen, <choice><abbr>d. h.</abbr><expan resp="#BF">das heißt</expan></choice> den Kopf<lb/>
rechts oder links zu neigen braucht, um die Strahlen willkürlich zu supprimiren, <choice><abbr>od.</abbr><expan resp="#CT">oder</expan></choice> ausein-<lb/>
anderfahren zu lassen: wenn man den Kopf in vertikaler Richtung senkt, so verschwin-<lb/>
den die obern Strahlen, <choice><abbr>u.</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> umgekehrt, wenn man ihn hebt, die unteren.</p><lb/>
        <p>Das Funkeln der Sterne ist nicht, wie man früher glaubte, eine Folge der Dünste in<lb/>
der Atmosphäre, sondern es beruht auf andern optischen Erscheinungen, für die man<lb/>
in dem neuesten System der Optik einen befriedigenden Grund gefunden hat. Schon der<lb/><choice><abbr>engl.</abbr><expan resp="#CT">englische</expan></choice> Astronom <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-1022525581 http://d-nb.info/gnd/1022525581">Mitchell</persName></hi> beobachtete, daß die scheinbare Größe des Sterns sich beim<lb/>
Funkeln momentan vermindere, <choice><abbr>u.</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> daß dies intermittiren bis zu 5 mal in 1 <choice><abbr>Sek.</abbr><expan resp="#CT">Sekunde</expan></choice><lb/>
vorkomme. Nach neueren Entdeckungen glaubt man, daß dies Phänomen mit der<lb/><hi rendition="#aq">Interferenz</hi> des Lichtes zusammenhange, nach der 2 Lichtstrahlen je nachdem sie in entge-<lb/>
gengesetzter Richtung aus verschiedener Entfernung einander treffen, sich <hi rendition="#aq">zerstören</hi><lb/>
können, <choice><abbr>u.</abbr><expan resp="#CT">und</expan></choice> Finsterniß hervorbringen, oder wenn sie in derselben Richtung zusam-<lb/>
men fallen sich <hi rendition="#aq">addi</hi>ren.</p><lb/>
        <p>Schon im 17<choice><abbr><hi rendition="#sup #u">t&#xFFFC;</hi></abbr><expan resp="#CT"><hi rendition="#sup #u">ten</hi></expan></choice> <choice><abbr>Jahrh.</abbr><expan resp="#BF">Jahrhundert</expan></choice> hatte <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-123408571 http://d-nb.info/gnd/123408571">Grimaldi</persName></hi> in <hi rendition="#aq">Rom</hi> merkwürdige Versuche gemacht, über die<lb/>
Beugung und Diffraction des Lichtes. <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118808184 http://d-nb.info/gnd/118808184">Thomas Young</persName></hi> in <hi rendition="#aq">London</hi> hat aber diese, so wie<lb/>
verschiedene <choice><orig>Farben Erscheinungen</orig><reg resp="#CT">Farben-Erscheinungen</reg></choice><note resp="#CT" type="editorial">Hamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 189: "Farben Erscheinungen".</note>, durch eine sinnreiche Hypothese, welche er das<lb/><hi rendition="#aq">Princip der Interferenz</hi> nennt, unter einen gemeinsamen Gesichtspunkt zu bringen<lb/>
<fw type="catch" place="bottom">gesucht.</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[70v/0144] Die Polygonalfiguren der Sterne, welche einen andern Grund der Täuschung abgeben, scheinen ebenfalls auf der Construction des Auges zu beruhen, und abhängig von der Art zu seyn, wie dasselbe aufgeschlizt ist. – So ist die Zahl und Neigung der Strahlen verschie- den, welche von verschiedenen Menschen an den Sternen bemerkt werden. Einige zählen bei Sternen 1t Größe 5–7, andere 8 Strahlen. Daß die Beschaffenheit des Auges da- rauf einwirkt, läßt sich beweisen, indem man nur das Auge zu drehen, d. h. den Kopf rechts oder links zu neigen braucht, um die Strahlen willkürlich zu supprimiren, od. ausein- anderfahren zu lassen: wenn man den Kopf in vertikaler Richtung senkt, so verschwin- den die obern Strahlen, u. umgekehrt, wenn man ihn hebt, die unteren. Das Funkeln der Sterne ist nicht, wie man früher glaubte, eine Folge der Dünste in der Atmosphäre, sondern es beruht auf andern optischen Erscheinungen, für die man in dem neuesten System der Optik einen befriedigenden Grund gefunden hat. Schon der engl. Astronom Mitchell beobachtete, daß die scheinbare Größe des Sterns sich beim Funkeln momentan vermindere, u. daß dies intermittiren bis zu 5 mal in 1 Sek. vorkomme. Nach neueren Entdeckungen glaubt man, daß dies Phänomen mit der Interferenz des Lichtes zusammenhange, nach der 2 Lichtstrahlen je nachdem sie in entge- gengesetzter Richtung aus verschiedener Entfernung einander treffen, sich zerstören können, u. Finsterniß hervorbringen, oder wenn sie in derselben Richtung zusam- men fallen sich addiren. Schon im 17t Jahrh. hatte Grimaldi in Rom merkwürdige Versuche gemacht, über die Beugung und Diffraction des Lichtes. Thomas Young in London hat aber diese, so wie verschiedene Farben Erscheinungen, durch eine sinnreiche Hypothese, welche er das Princip der Interferenz nennt, unter einen gemeinsamen Gesichtspunkt zu bringen gesucht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Hamel, Jürgen u. Klaus Harro Tiemann (Hg.) (1993): Alexander von Humboldt: Über das Universum. Die Kosmosvorträge 1827/28 in der Berliner Singakademie. Frankfurt a. M.: Insel. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

Abweichungen dieser Druckedition von der Manuskriptvorlage werden im Text an der entsprechenden Stelle in editorischen Kommentaren ausgewiesen.

Abweichungen von den DTA-Richtlinien:

  • I/J: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/144
Zitationshilfe: [Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 70v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/144>, abgerufen am 23.12.2024.