den gleich schnelle Fortschritte gemacht, indem wir bald eine Tendenz zur speculativen Philosophie, bald zum dichterischen Schaffen vorherschend finden. Die Hauptentwicke- lung derselben gehört ganz unstreitig der neuesten Zeit an. Bei den Alten fand die Entwickelung der Kultur fast nur um das Mittelmeer herum statt, wogegen später die Civilisation sich räumlich weiter ausgebreitet hat. Wenn aber von den Neueren alle Zweige der Wissenschaft mehr gleichzeitig kultivirt wurden, so kann man doch darum die Fortschritte nicht gleichmäßig nennen, die vielmehr in den meisten Wissenschaften mehr stoßweise erfolgten. Einzelne Zweige des Wissens, zum Beispiel die Beobachtungen der magnetischen Erscheinungen, scheinen oft lange gewisser- maßen zu ruhen, um dann mit einem male um so größere und bedeutendere Fortschritte zu machen. So berechtigte die große Entdeckung der Contacts-Elektri- cität, im letzten Jahrzehend des vorigen Jahrhunderts zu bedeutenden Hoffnungen die durch die Fortschritte in der Wissenschaft vollkommen erfüllt sind. - Im Jahre 1791 entdeckte Aloys Galvani, ein Arzt in Bologna, zufällig, daß der abgeschnit- tene und von der Haut entblöste Schenkel eines Frosches in dem AugenblickeHamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 175: "Augenblick". Zuckungen bekam, wo man zwei Metalle, wovon das eine einen Nerv, das andere einen Muskel berührte, unter sich in Berührung brachte. Volta's Scharfsinn erkannte den Grund dieser Erscheinung in einer schwachen entgegengesetzten Elektricität welche durch die Berührung zweier Metalle erregt werdeHamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 176: "wurde".. Nicht ZufallHamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 176: "Zufall,". son- dern Nachdenken leitete ihn auf die Entdeckung des Mittels, wodurch diese Art der Elektricität auf eine bewundernswürdigeHamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 176: "bewunderungswürdige". Weise verstärkt wer- den kann, und führte ihn auf die Construction der Voltaschen Säule. So kam diese Entdeckung auf die man früher für die Phisiologie große aber nicht
erfüllte
den gleich schnelle Fortschritte gemacht, indem wir bald eine Tendenz zur speculativen Philosophie, bald zum dichterischen Schaffen vorherschend finden. Die Hauptentwicke- lung derselben gehört ganz unstreitig der neuesten Zeit an. Bei den Alten fand die Entwickelung der Kultur fast nur um das Mittelmeer herum statt, wogegen später die Civilisation sich räumlich weiter ausgebreitet hat. Wenn aber von den Neueren alle Zweige der Wissenschaft mehr gleichzeitig kultivirt wurden, so kann man doch darum die Fortschritte nicht gleichmäßig nennen, die vielmehr in den meisten Wissenschaften mehr stoßweise erfolgten. Einzelne Zweige des Wissens, zum Beispiel die Beobachtungen der magnetischen Erscheinungen, scheinen oft lange gewisser- maßen zu ruhen, um dann mit einem male um so größere und bedeutendere Fortschritte zu machen. So berechtigte die große Entdeckung der Contacts-Elektri- cität, im letzten Jahrzehend des vorigen Jahrhunderts zu bedeutenden Hoffnungen die durch die Fortschritte in der Wissenschaft vollkommen erfüllt sind. – Im Jahre 1791 entdeckte Aloys Galvani, ein Arzt in Bologna, zufällig, daß der abgeschnit- tene und von der Haut entblöste Schenkel eines Frosches in dem AugenblickeHamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 175: "Augenblick". Zuckungen bekam, wo man zwei Metalle, wovon das eine einen Nerv, das andere einen Muskel berührte, unter sich in Berührung brachte. Volta’s Scharfsinn erkannte den Grund dieser Erscheinung in einer schwachen entgegengesetzten Elektricität welche durch die Berührung zweier Metalle erregt werdeHamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 176: "wurde".. Nicht ZufallHamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 176: "Zufall,". son- dern Nachdenken leitete ihn auf die Entdeckung des Mittels, wodurch diese Art der Elektricität auf eine bewundernswürdigeHamel/Tiemann (Hg.) 1993, S. 176: "bewunderungswürdige". Weise verstärkt wer- den kann, und führte ihn auf die Construction der Voltaschen Säule. So kam diese Entdeckung auf die man früher für die Phisiologie große aber nicht
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[64r/0131]
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die Entwickelung der Kultur fast nur um das Mittelmeer herum statt, wogegen
später die Civilisation sich räumlich weiter ausgebreitet hat. Wenn aber von den
Neueren alle Zweige der Wissenschaft mehr gleichzeitig kultivirt wurden, so kann
man doch darum die Fortschritte nicht gleichmäßig nennen, die vielmehr in den
meisten Wissenschaften mehr stoßweise erfolgten. Einzelne Zweige des Wissens,
z. B. die Beobachtungen der magnetischen Erscheinungen, scheinen oft lange gewisser-
maßen zu ruhen, um dann mit einem male um so größere und bedeutendere
Fortschritte zu machen. So berechtigte die große Entdeckung der Contacts Elektri-
cität, im letzten Jahrzehend des vorigen Jahrhunderts zu bedeutenden Hoffnungen
die durch die Fortschritte in der Wissenschaft vollkommen erfüllt sind. – Im
Jahre 1791 entdeckte Aloys Galvani, ein Arzt in Bologna, zufällig, daß der abgeschnit-
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bekam, wo man zwei Metalle, wovon das eine einen Nerv, das andere einen
Muskel berührte, unter sich in Berührung brachte. Volta’s Scharfsinn erkannte
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welche durch die Berührung zweier Metalle erregt werde. Nicht Zufall son-
dern Nachdenken leitete ihn auf die Entdeckung des Mittels, wodurch diese
Art der Elektricität auf eine bewundernswürdige Weise verstärkt wer-
den kann, und führte ihn auf die Construction der Voltaschen Säule. So kam
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Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in
Hamel, Jürgen u. Klaus Harro Tiemann (Hg.) (1993): Alexander von Humboldt:
Über das Universum. Die Kosmosvorträge 1827/28 in der Berliner Singakademie.
Frankfurt a. M.: Insel.
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[Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 64r. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/131>, abgerufen am 25.02.2025.
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