Kant, Immanuel: Über Pädagogik. Königsberg, 1803.
schon für zu warme Speisen oder Getränke muß man die Kinder sorgfältig hüten, denn auch diese verursachen Schwäche. Ferner ist zu bemerken, daß Kinder nicht sehr warm gehalten werden müssen, denn ihr Blut ist an sich schon viel wärmer, als das der Erwachsenen. Die Wärme des Blutes bey Kindern beträgt nach dem Fahrenheitischen Thermometer 110, und das Blut der Erwachsenen nur 96 Grade. Das Kind erstickt in der Wärme, in der sich Aeltere recht wohl befinden. Die kühle Gewöhnung macht überhaupt den Menschen stark. Und es ist auch bey Erwachsenen nicht gut, sich zu warm zu kleiden, zu bedecken und sich an zu warme Getränke zu gewöhnen. Daher bekomme denn das Kind auch ein kühles und hartes Lager. Auch kalte Bäder sind gut *). Kein Reitzmittel darf eintreten, um Hunger bey dem Kinde zu erregen, dieser vielmehr muß immer nur die Folge der Thätigkeit und Beschäftigung seyn. Nichts indessen darf man das Kind sich angewöhnen lassen, so daß es ihm zum Bedürfnisse werde. Auch bey dem Guten sogar, muß man ihm nicht alles durch die Kunst zur Angewohnheit machen. Gebrauche des Brantweins, entgegenzusehen habe. A. d. H. *) Daß das hier Gesagte von Bedingungen abhänge, und cum grano salis verstanden und angewendet werden müsse, erhellet aus dem, was die sachkundigsten Aerzte neuerdings darüber gesagt haben.
A. d. H. schon für zu warme Speisen oder Getränke muß man die Kinder sorgfältig hüten, denn auch diese verursachen Schwäche. Ferner ist zu bemerken, daß Kinder nicht sehr warm gehalten werden müssen, denn ihr Blut ist an sich schon viel wärmer, als das der Erwachsenen. Die Wärme des Blutes bey Kindern beträgt nach dem Fahrenheitischen Thermometer 110, und das Blut der Erwachsenen nur 96 Grade. Das Kind erstickt in der Wärme, in der sich Aeltere recht wohl befinden. Die kühle Gewöhnung macht überhaupt den Menschen stark. Und es ist auch bey Erwachsenen nicht gut, sich zu warm zu kleiden, zu bedecken und sich an zu warme Getränke zu gewöhnen. Daher bekomme denn das Kind auch ein kühles und hartes Lager. Auch kalte Bäder sind gut *). Kein Reitzmittel darf eintreten, um Hunger bey dem Kinde zu erregen, dieser vielmehr muß immer nur die Folge der Thätigkeit und Beschäftigung seyn. Nichts indessen darf man das Kind sich angewöhnen lassen, so daß es ihm zum Bedürfnisse werde. Auch bey dem Guten sogar, muß man ihm nicht alles durch die Kunst zur Angewohnheit machen. Gebrauche des Brantweins, entgegenzusehen habe. A. d. H. *) Daß das hier Gesagte von Bedingungen abhänge, und cum grano salis verstanden und angewendet werden müsse, erhellet aus dem, was die sachkundigsten Aerzte neuerdings darüber gesagt haben.
A. d. H. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0034" n="34"/> schon für zu warme Speisen oder Getränke muß man die Kinder sorgfältig hüten, denn auch diese verursachen Schwäche.</p> <p>Ferner ist zu bemerken, daß Kinder nicht sehr warm gehalten werden müssen, denn ihr Blut ist an sich schon viel wärmer, als das der Erwachsenen. Die Wärme des Blutes bey Kindern beträgt nach dem Fahrenheitischen Thermometer 110, und das Blut der Erwachsenen nur 96 Grade. Das Kind erstickt in der Wärme, in der sich Aeltere recht wohl befinden. Die kühle Gewöhnung macht überhaupt den Menschen stark. Und es ist auch bey Erwachsenen nicht gut, sich zu warm zu kleiden, zu bedecken und sich an zu warme Getränke zu gewöhnen. Daher bekomme denn das Kind auch ein kühles und hartes Lager. Auch kalte Bäder sind gut <note place="foot" n="*)">Daß das hier Gesagte von Bedingungen abhänge, und <hi rendition="#aq">cum grano salis</hi> verstanden und angewendet werden müsse, erhellet aus dem, was die sachkundigsten Aerzte neuerdings darüber gesagt haben.<lb/><hi rendition="#right">A. d. H.</hi></note>. Kein Reitzmittel darf eintreten, um Hunger bey dem Kinde zu erregen, dieser vielmehr muß immer nur die Folge der Thätigkeit und Beschäftigung seyn. Nichts indessen darf man das Kind sich angewöhnen lassen, so daß es ihm zum Bedürfnisse werde. Auch bey dem Guten sogar, muß man ihm nicht alles durch die Kunst zur Angewohnheit machen.</p> <note xml:id="ID_04" prev="#ID_03" place="foot" n="*)">Gebrauche des Brantweins, entgegenzusehen habe.<lb/><hi rendition="#right">A. d. H.</hi></note> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [34/0034]
schon für zu warme Speisen oder Getränke muß man die Kinder sorgfältig hüten, denn auch diese verursachen Schwäche.
Ferner ist zu bemerken, daß Kinder nicht sehr warm gehalten werden müssen, denn ihr Blut ist an sich schon viel wärmer, als das der Erwachsenen. Die Wärme des Blutes bey Kindern beträgt nach dem Fahrenheitischen Thermometer 110, und das Blut der Erwachsenen nur 96 Grade. Das Kind erstickt in der Wärme, in der sich Aeltere recht wohl befinden. Die kühle Gewöhnung macht überhaupt den Menschen stark. Und es ist auch bey Erwachsenen nicht gut, sich zu warm zu kleiden, zu bedecken und sich an zu warme Getränke zu gewöhnen. Daher bekomme denn das Kind auch ein kühles und hartes Lager. Auch kalte Bäder sind gut *). Kein Reitzmittel darf eintreten, um Hunger bey dem Kinde zu erregen, dieser vielmehr muß immer nur die Folge der Thätigkeit und Beschäftigung seyn. Nichts indessen darf man das Kind sich angewöhnen lassen, so daß es ihm zum Bedürfnisse werde. Auch bey dem Guten sogar, muß man ihm nicht alles durch die Kunst zur Angewohnheit machen.
*)
*) Daß das hier Gesagte von Bedingungen abhänge, und cum grano salis verstanden und angewendet werden müsse, erhellet aus dem, was die sachkundigsten Aerzte neuerdings darüber gesagt haben.
A. d. H.
*) Gebrauche des Brantweins, entgegenzusehen habe.
A. d. H.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/kant_paedagogik_1803 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/kant_paedagogik_1803/34 |
| Zitationshilfe: | Kant, Immanuel: Über Pädagogik. Königsberg, 1803, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_paedagogik_1803/34>, abgerufen am 22.12.2024. |
