Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

Bei dieser Gelegenheit will ich die merkwürdige Entdeckung Klaproths
nicht unangeführt lassen, welche durch die Untersuchungen von Abel Re-
musat
bestätigt worden, daß nemlich in Manuscripten der Mandschuh
und der Chinesen, eines blonden, blauäugigen Völkerstammes, den Ger-
manen ähnlich, Erwähnung geschieht, welcher nach den chinesischen Anna-
len 165 nach der christlichen Zeitrechnung vom östlichsten Asien bis gegen
die chinesische Mauer und jenseit des Baikalsee's sich verbreitet und den
Stamm der Hiongnu verdrängt habe, der nicht mit den Hunden ver-
wechselt werden darf, welche dem mongolischen Menschenstamm ange-
hören. Die blauäugigen Völker werden Ussyn genannt. Unstreitig
ein höchst merkwürdiges geschichtliches Datum - eine Völkerwande-
rung 200 Jahre vor der Zeit, in der 374 nach Christo die Hunden unter
Attila sich auf die germanischen Völker, die Alanen und Gothen am
Don warfen.

Auch in Afrika ist die caucasische Race verbreitet. Die Mauren,
welche sich an die Südeuropäer schliessen, bewohnen einen großen
Theil jenes Welttheils.

2. Die gelbe Varietät, die Mongolen. Bei diesen findet man ein plattes
breites Gesicht mit zurücktretender Stirn, weit aus einander stehenden und
schief nach innen gestellten Augen, eine plattgedrückte Nase, eine waizen-
gelbe, gelbbraune, oder rothe Farbe und straffes schwarzes Haar. Dieser
Stamm umfaßt die Japaner, Chinesen, Thibetaner, Kalmücken, Aleuten,
die Bewohner der Südsee und die Amerikaner. - Die größten Weltrei-
che der Vorzeit, des Attila, Dschingis Chan, Tamerlan - die Reiche der Mexi-
kaner und Peruaner - sind aus diesem Stamm hervorgegangen und noch
jetzt gehören Chineser ihm an.

3. Der schwarze aethiopische Stamm zeigt einen von den Seiten zusam-
mengedrückten Schädel, mit zurücktretender Stirn, Kiefern, welche
vor Stirn und Kinn hervortreten, stumpfe Nase und aufgeworfene

Bei dieser Gelegenheit will ich die merkwürdige Entdeckung Klaproths
nicht unangeführt lassen, welche durch die Untersuchungen von Abel Re-
musat
bestätigt worden, daß nemlich in Manuscripten der Mandschuh
und der Chinesen, eines blonden, blauäugigen Völkerstammes, den Ger-
manen ähnlich, Erwähnung geschieht, welcher nach den chinesischen Anna-
len 165 nach der christlichen Zeitrechnung vom östlichsten Asien bis gegen
die chinesische Mauer und jenseit des Baikalsee’s sich verbreitet und den
Stam̃ der Hiongnu verdrängt habe, der nicht mit den Huñen ver-
wechselt werden darf, welche dem mongolischen Menschenstam̃ ange-
hören. Die blauäugigen Völker werden Ussyn genañt. Unstreitig
ein höchst merkwürdiges geschichtliches Datum – eine Völkerwande-
rung 200 Jahre vor der Zeit, in der 374 nach Christo die Huñen unter
Attila sich auf die germanischen Völker, die Alanen und Gothen am
Don warfen.

Auch in Afrika ist die caucasische Race verbreitet. Die Mauren,
welche sich an die Südeuropäer schliessen, bewohnen einen großen
Theil jenes Welttheils.

2. Die gelbe Varietät, die Mongolen. Bei diesen findet man ein plattes
breites Gesicht mit zurücktretender Stirn, weit aus einander stehenden und
schief nach innen gestellten Augen, eine plattgedrückte Nase, eine waizen-
gelbe, gelbbraune, oder rothe Farbe und straffes schwarzes Haar. Dieser
Stam̃ umfaßt die Japaner, Chinesen, Thibetaner, Kalmücken, Aleuten,
die Bewohner der Südsee und die Amerikaner. – Die größten Weltrei-
che der Vorzeit, des Attila, Dschingis Chan, Tamerlan – die Reiche der Mexi-
kaner und Peruaner – sind aus diesem Stam̃ hervorgegangen und noch
jetzt gehören Chineser ihm an.

3. Der schwarze aethiopische Stam̃ zeigt einen von den Seiten zusam-
mengedrückten Schädel, mit zurücktretender Stirn, Kiefern, welche
vor Stirn und Kinn hervortreten, stumpfe Nase und aufgeworfene

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="session" n="10">
        <p><pb facs="#f0086" n="82"/>
Bei dieser Gelegenheit will ich die merkwürdige Entdeckung <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-10082451X http://d-nb.info/gnd/10082451X">Klaproth</persName>s</hi><lb/>
nicht unangeführt lassen, welche durch die Untersuchungen von <hi rendition="#aq"><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-100318371 http://d-nb.info/gnd/100318371">Abel Re-<lb/>
musat</persName></hi> bestätigt worden, daß nemlich in Manuscripten der Mandschuh<lb/><choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> der Chinesen, eines blonden, blauäugigen Völkerstammes, den Ger-<lb/>
manen ähnlich, Erwähnung geschieht, welcher nach den chinesischen Anna-<lb/>
len 165 nach der christlichen Zeitrechnung vom östlichsten Asien bis gegen<lb/>
die chinesische Mauer <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> jenseit des <hi rendition="#aq">Baikal</hi>see&#x2019;s sich verbreitet <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> den<lb/>
Stam&#x0303; der <hi rendition="#aq">Hiongnu</hi> verdrängt habe, der nicht mit den Hun&#x0303;en ver-<lb/>
wechselt werden darf, welche dem mongolischen Menschenstam&#x0303; ange-<lb/>
hören. Die blauäugigen Völker werden <hi rendition="#aq">Ussyn</hi> genan&#x0303;t. Unstreitig<lb/>
ein höchst merkwürdiges geschichtliches Datum &#x2013; eine Völkerwande-<lb/>
rung 200 Jahre vor der Zeit, in der 374 nach Christo die Hun&#x0303;en unter<lb/><persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118504959 http://d-nb.info/gnd/118504959">Attila</persName> sich auf die germanischen Völker, die Alanen <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> Gothen am<lb/>
Don warfen.</p><lb/>
        <p>Auch in Afrika ist die caucasische Race verbreitet. Die Mauren,<lb/>
welche sich an die Südeuropäer schliessen, bewohnen einen großen<lb/>
Theil jenes Welttheils.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#u">2. Die gelbe Varietät, die Mongolen.</hi> Bei diesen findet man ein plattes<lb/>
breites Gesicht mit zurücktretender Stirn, weit aus einander stehenden <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice><lb/>
schief nach innen gestellten Augen, eine plattgedrückte Nase, eine waizen-<lb/>
gelbe, gelbbraune, oder rothe Farbe <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> straffes schwarzes Haar. Dieser<lb/>
Stam&#x0303; umfaßt die Japaner, Chinesen, Thibetaner, Kalmücken, Aleuten,<lb/>
die Bewohner der Südsee <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> die Amerikaner. &#x2013; Die größten Weltrei-<lb/>
che der Vorzeit, des <persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118504959 http://d-nb.info/gnd/118504959">Attila</persName>, <persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118527576 http://d-nb.info/gnd/118527576">Dschingis Chan</persName>, <persName ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118622803 http://d-nb.info/gnd/118622803">Tamerlan</persName> &#x2013; die Reiche der Mexi-<lb/>
kaner <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> Peruaner &#x2013; sind aus diesem Stam&#x0303; hervorgegangen <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> noch<lb/>
jetzt gehören Chineser ihm an.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#u">3. Der schwarze aethiopische Stam&#x0303;</hi> zeigt einen von den Seiten zusam-<lb/>
mengedrückten Schädel, mit zurücktretender Stirn, Kiefern, welche<lb/>
vor Stirn <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> Kinn hervortreten, stumpfe Nase und aufgeworfene<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[82/0086] Bei dieser Gelegenheit will ich die merkwürdige Entdeckung Klaproths nicht unangeführt lassen, welche durch die Untersuchungen von Abel Re- musat bestätigt worden, daß nemlich in Manuscripten der Mandschuh u der Chinesen, eines blonden, blauäugigen Völkerstammes, den Ger- manen ähnlich, Erwähnung geschieht, welcher nach den chinesischen Anna- len 165 nach der christlichen Zeitrechnung vom östlichsten Asien bis gegen die chinesische Mauer u jenseit des Baikalsee’s sich verbreitet u den Stam̃ der Hiongnu verdrängt habe, der nicht mit den Huñen ver- wechselt werden darf, welche dem mongolischen Menschenstam̃ ange- hören. Die blauäugigen Völker werden Ussyn genañt. Unstreitig ein höchst merkwürdiges geschichtliches Datum – eine Völkerwande- rung 200 Jahre vor der Zeit, in der 374 nach Christo die Huñen unter Attila sich auf die germanischen Völker, die Alanen u Gothen am Don warfen. Auch in Afrika ist die caucasische Race verbreitet. Die Mauren, welche sich an die Südeuropäer schliessen, bewohnen einen großen Theil jenes Welttheils. 2. Die gelbe Varietät, die Mongolen. Bei diesen findet man ein plattes breites Gesicht mit zurücktretender Stirn, weit aus einander stehenden u schief nach innen gestellten Augen, eine plattgedrückte Nase, eine waizen- gelbe, gelbbraune, oder rothe Farbe u straffes schwarzes Haar. Dieser Stam̃ umfaßt die Japaner, Chinesen, Thibetaner, Kalmücken, Aleuten, die Bewohner der Südsee u die Amerikaner. – Die größten Weltrei- che der Vorzeit, des Attila, Dschingis Chan, Tamerlan – die Reiche der Mexi- kaner u Peruaner – sind aus diesem Stam̃ hervorgegangen u noch jetzt gehören Chineser ihm an. 3. Der schwarze aethiopische Stam̃ zeigt einen von den Seiten zusam- mengedrückten Schädel, mit zurücktretender Stirn, Kiefern, welche vor Stirn u Kinn hervortreten, stumpfe Nase und aufgeworfene

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Tina Krell, Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Nalan Lom: Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription von [N. N.]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1827/28] anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • I/J: Lautwert transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_privatbesitz_1829
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_privatbesitz_1829/86
Zitationshilfe: Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_privatbesitz_1829/86>, abgerufen am 23.12.2024.