aufzuführen: denn man hielt dafür, daß eine solche Uebung der Jugend besonders nützlich sey. Wir gaben den Kanut von Schlegel, worin mir die Rolle des Königs, meiner Schwester die Elfride, und Ulfo dem jün¬ gern Sohn des Hauses zugetheilt wurde. Sodann wagten wir uns an den Britanni¬ cus, denn wir sollten nebst dem Schauspieler¬ talent auch die Sprache zur Uebung bringen. Ich erhielt den Nero, meine Schwester die Agrippine, und der jüngere Sohn den Bri¬ tannicus. Wir wurden mehr gelobt als wir verdienten, und glaubten es noch besser ge¬ macht zu haben, als wie wir gelobt wurden. So stand ich mit dieser Familie in dem be¬ sten Verhältniß, und bin ihr manches Ver¬ gnügen und eine schnellere Entwicklung schul¬ dig geworden.
Von Reineck, aus einem altadligen Hause, tüchtig, rechtschaffen, aber starrsinnig, ein hagrer schwarzbrauner Mann, den ich
aufzufuͤhren: denn man hielt dafuͤr, daß eine ſolche Uebung der Jugend beſonders nuͤtzlich ſey. Wir gaben den Kanut von Schlegel, worin mir die Rolle des Koͤnigs, meiner Schweſter die Elfride, und Ulfo dem juͤn¬ gern Sohn des Hauſes zugetheilt wurde. Sodann wagten wir uns an den Britanni¬ cus, denn wir ſollten nebſt dem Schauſpieler¬ talent auch die Sprache zur Uebung bringen. Ich erhielt den Nero, meine Schweſter die Agrippine, und der juͤngere Sohn den Bri¬ tannicus. Wir wurden mehr gelobt als wir verdienten, und glaubten es noch beſſer ge¬ macht zu haben, als wie wir gelobt wurden. So ſtand ich mit dieſer Familie in dem be¬ ſten Verhaͤltniß, und bin ihr manches Ver¬ gnuͤgen und eine ſchnellere Entwicklung ſchul¬ dig geworden.
Von Reineck, aus einem altadligen Hauſe, tuͤchtig, rechtſchaffen, aber ſtarrſinnig, ein hagrer ſchwarzbrauner Mann, den ich
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0388"n="372"/>
aufzufuͤhren: denn man hielt dafuͤr, daß eine<lb/>ſolche Uebung der Jugend beſonders nuͤtzlich<lb/>ſey. Wir gaben den Kanut von <hirendition="#g">Schlegel</hi>,<lb/>
worin mir die Rolle des Koͤnigs, meiner<lb/>
Schweſter die Elfride, und Ulfo dem juͤn¬<lb/>
gern Sohn des Hauſes zugetheilt wurde.<lb/>
Sodann wagten wir uns an den Britanni¬<lb/>
cus, denn wir ſollten nebſt dem Schauſpieler¬<lb/>
talent auch die Sprache zur Uebung bringen.<lb/>
Ich erhielt den Nero, meine Schweſter die<lb/>
Agrippine, und der juͤngere Sohn den Bri¬<lb/>
tannicus. Wir wurden mehr gelobt als wir<lb/>
verdienten, und glaubten es noch beſſer ge¬<lb/>
macht zu haben, als wie wir gelobt wurden.<lb/>
So ſtand ich mit dieſer Familie in dem be¬<lb/>ſten Verhaͤltniß, und bin ihr manches Ver¬<lb/>
gnuͤgen und eine ſchnellere Entwicklung ſchul¬<lb/>
dig geworden.</p><lb/><p><hirendition="#g">Von Reineck</hi>, aus einem altadligen<lb/>
Hauſe, tuͤchtig, rechtſchaffen, aber ſtarrſinnig,<lb/>
ein hagrer ſchwarzbrauner Mann, den ich<lb/></p></div></body></text></TEI>
[372/0388]
aufzufuͤhren: denn man hielt dafuͤr, daß eine
ſolche Uebung der Jugend beſonders nuͤtzlich
ſey. Wir gaben den Kanut von Schlegel,
worin mir die Rolle des Koͤnigs, meiner
Schweſter die Elfride, und Ulfo dem juͤn¬
gern Sohn des Hauſes zugetheilt wurde.
Sodann wagten wir uns an den Britanni¬
cus, denn wir ſollten nebſt dem Schauſpieler¬
talent auch die Sprache zur Uebung bringen.
Ich erhielt den Nero, meine Schweſter die
Agrippine, und der juͤngere Sohn den Bri¬
tannicus. Wir wurden mehr gelobt als wir
verdienten, und glaubten es noch beſſer ge¬
macht zu haben, als wie wir gelobt wurden.
So ſtand ich mit dieſer Familie in dem be¬
ſten Verhaͤltniß, und bin ihr manches Ver¬
gnuͤgen und eine ſchnellere Entwicklung ſchul¬
dig geworden.
Von Reineck, aus einem altadligen
Hauſe, tuͤchtig, rechtſchaffen, aber ſtarrſinnig,
ein hagrer ſchwarzbrauner Mann, den ich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/388>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.