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Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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ihrem Geburtsfeste fehlen müsse, am zehnten November. Auch hatte ich das Vergnügen, meinen Freund auf jener Reise einige Tage bei mir zu sehen. Er freute sich seiner Beförderung, zweifelte aber, wie er aus den Worten seines Generals schließen konnte, daß er mit der Compagnie noch lange zu Herbesheim bleiben würde.

Das sagte er auch ganz unbefangen bei seiner Rückkunft im Hause Bantes. Man bedauerte, ihn wieder verlieren zu müssen. Doch, setzte der Alte hinzu, lassen wir uns kein graues Haar darum wachsen. Spät oder früh schickt uns Alle der droben in andere Besatzung. Hier auf dem Erdbällchen sitzen wir einander, ob in dieser oder jener Stadt, immer nahe genug, oft einander nur allzu nahe. Die verdammten Engländer und dergleichen sitzen meiner Fabrik, zum Beispiel, gerade auf dem Nocken.

Es versteht sich, Friederikens Geburtstag ward in gewohnter Ordnung und Feierlichkeit begangen. Waldrich hatte ihr aus der Residenz eine neue Harfe, ein zierliches Meisterwerk, und ausgesuchte Musikalien mitgebracht. Beides überreichte er ihr, als die Reihe an ihn kam. Ein breites, rosenfarbenes Seidenband flatterte um das glänzende Saitenspiel.

Vater Bantes war hochselig. Er ging stillvergnügt und rasch umher im Speisesaal und rieb sich so heimlich lächelnd die Hände, daß Frau Bantes, die ihm verwundert mit den Augen folgte, sich nicht enthalten konnte, dem Commandanten leise zuzuflüstern: Der

ihrem Geburtsfeste fehlen müsse, am zehnten November. Auch hatte ich das Vergnügen, meinen Freund auf jener Reise einige Tage bei mir zu sehen. Er freute sich seiner Beförderung, zweifelte aber, wie er aus den Worten seines Generals schließen konnte, daß er mit der Compagnie noch lange zu Herbesheim bleiben würde.

Das sagte er auch ganz unbefangen bei seiner Rückkunft im Hause Bantes. Man bedauerte, ihn wieder verlieren zu müssen. Doch, setzte der Alte hinzu, lassen wir uns kein graues Haar darum wachsen. Spät oder früh schickt uns Alle der droben in andere Besatzung. Hier auf dem Erdbällchen sitzen wir einander, ob in dieser oder jener Stadt, immer nahe genug, oft einander nur allzu nahe. Die verdammten Engländer und dergleichen sitzen meiner Fabrik, zum Beispiel, gerade auf dem Nocken.

Es versteht sich, Friederikens Geburtstag ward in gewohnter Ordnung und Feierlichkeit begangen. Waldrich hatte ihr aus der Residenz eine neue Harfe, ein zierliches Meisterwerk, und ausgesuchte Musikalien mitgebracht. Beides überreichte er ihr, als die Reihe an ihn kam. Ein breites, rosenfarbenes Seidenband flatterte um das glänzende Saitenspiel.

Vater Bantes war hochselig. Er ging stillvergnügt und rasch umher im Speisesaal und rieb sich so heimlich lächelnd die Hände, daß Frau Bantes, die ihm verwundert mit den Augen folgte, sich nicht enthalten konnte, dem Commandanten leise zuzuflüstern: Der

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[0038] ihrem Geburtsfeste fehlen müsse, am zehnten November. Auch hatte ich das Vergnügen, meinen Freund auf jener Reise einige Tage bei mir zu sehen. Er freute sich seiner Beförderung, zweifelte aber, wie er aus den Worten seines Generals schließen konnte, daß er mit der Compagnie noch lange zu Herbesheim bleiben würde. Das sagte er auch ganz unbefangen bei seiner Rückkunft im Hause Bantes. Man bedauerte, ihn wieder verlieren zu müssen. Doch, setzte der Alte hinzu, lassen wir uns kein graues Haar darum wachsen. Spät oder früh schickt uns Alle der droben in andere Besatzung. Hier auf dem Erdbällchen sitzen wir einander, ob in dieser oder jener Stadt, immer nahe genug, oft einander nur allzu nahe. Die verdammten Engländer und dergleichen sitzen meiner Fabrik, zum Beispiel, gerade auf dem Nocken. Es versteht sich, Friederikens Geburtstag ward in gewohnter Ordnung und Feierlichkeit begangen. Waldrich hatte ihr aus der Residenz eine neue Harfe, ein zierliches Meisterwerk, und ausgesuchte Musikalien mitgebracht. Beides überreichte er ihr, als die Reihe an ihn kam. Ein breites, rosenfarbenes Seidenband flatterte um das glänzende Saitenspiel. Vater Bantes war hochselig. Er ging stillvergnügt und rasch umher im Speisesaal und rieb sich so heimlich lächelnd die Hände, daß Frau Bantes, die ihm verwundert mit den Augen folgte, sich nicht enthalten konnte, dem Commandanten leise zuzuflüstern: Der

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T14:15:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T14:15:44Z)

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Zitationshilfe: Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_gast_1910/38>, abgerufen am 25.04.2024.