Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

provisorisch zugefügt. Die verdammten Engländer mit ihren Waaren läßt man wieder zu, wie vorher, und bekümmert sich nicht darum, wenn wir heilige Deutsche darüber zu heiligen Bettlern werden. Alles ging auf der letzten Messe wieder flau. Die Minister und dergleichen essen und trinken wieder, machen wie sie es wollen, verstehen den Handel nicht, lassen die Fabrikanten bankerott werden, und hilft kein Ach und kein O. Die Welt liegt wieder im Alten, und noch ärger als im Alten. Thut eine ehrliche Seele, die es vielleicht besser versteht, den Schnabel auf, will ein anderes Lied pfeifen, als die Excellenzen da mit dem Kreuze überm Knopfloch und der Gleichgültigkeit unterm Knopfloch -- hast du nicht gesehen, kurz angebunden! flugs mit der armen Seele in ein Loch, abgesetzt, abgesetzt, inquirirt, abgeschmiert, ist ein demagogischer Umtreiber und dergleichen. Ich sage dir, schweig, Mädel, davon verstehst du nichts. Du mußt nicht weiter über deine Theekanne sehen, als in die Tasse; dann schüttest du nicht nebenbei.

Waldrich merkte aus dieser Unterhaltung, daß der alte Bantes noch immer der ehemalige lebhafte, aufflammende, wunderliche Mann war, dem man doch bei allen seinen Eigenheiten nicht böse werden konnte. Da nun in diesem Streite zwischen Vater und Tochter ein schiedsrichterlicher Spruch gefällt werden mußte, war der Commandant so klug und gefällig, erst dem Vater vollkommen Recht zu geben, im Punkte der heiligen

provisorisch zugefügt. Die verdammten Engländer mit ihren Waaren läßt man wieder zu, wie vorher, und bekümmert sich nicht darum, wenn wir heilige Deutsche darüber zu heiligen Bettlern werden. Alles ging auf der letzten Messe wieder flau. Die Minister und dergleichen essen und trinken wieder, machen wie sie es wollen, verstehen den Handel nicht, lassen die Fabrikanten bankerott werden, und hilft kein Ach und kein O. Die Welt liegt wieder im Alten, und noch ärger als im Alten. Thut eine ehrliche Seele, die es vielleicht besser versteht, den Schnabel auf, will ein anderes Lied pfeifen, als die Excellenzen da mit dem Kreuze überm Knopfloch und der Gleichgültigkeit unterm Knopfloch — hast du nicht gesehen, kurz angebunden! flugs mit der armen Seele in ein Loch, abgesetzt, abgesetzt, inquirirt, abgeschmiert, ist ein demagogischer Umtreiber und dergleichen. Ich sage dir, schweig, Mädel, davon verstehst du nichts. Du mußt nicht weiter über deine Theekanne sehen, als in die Tasse; dann schüttest du nicht nebenbei.

Waldrich merkte aus dieser Unterhaltung, daß der alte Bantes noch immer der ehemalige lebhafte, aufflammende, wunderliche Mann war, dem man doch bei allen seinen Eigenheiten nicht böse werden konnte. Da nun in diesem Streite zwischen Vater und Tochter ein schiedsrichterlicher Spruch gefällt werden mußte, war der Commandant so klug und gefällig, erst dem Vater vollkommen Recht zu geben, im Punkte der heiligen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="2">
        <p><pb facs="#f0015"/>
provisorisch zugefügt. Die verdammten Engländer mit ihren Waaren      läßt man wieder zu, wie vorher, und bekümmert sich nicht darum, wenn wir heilige Deutsche      darüber zu heiligen Bettlern werden. Alles ging auf der letzten Messe wieder flau. Die Minister      und dergleichen essen und trinken wieder, machen wie sie es wollen, verstehen den Handel nicht,      lassen die Fabrikanten bankerott werden, und hilft kein Ach und kein O. Die Welt liegt wieder im      Alten, und noch ärger als im Alten. Thut eine ehrliche Seele, die es vielleicht besser      versteht, den Schnabel auf, will ein anderes Lied pfeifen, als die Excellenzen da mit dem      Kreuze überm Knopfloch und der Gleichgültigkeit unterm Knopfloch &#x2014; hast du nicht gesehen, kurz      angebunden! flugs mit der armen Seele in ein Loch, abgesetzt, abgesetzt, inquirirt,      abgeschmiert, ist ein demagogischer Umtreiber und dergleichen. Ich sage dir, schweig, Mädel,      davon verstehst du nichts. Du mußt nicht weiter über deine Theekanne sehen, als in die Tasse;      dann schüttest du nicht nebenbei.</p><lb/>
        <p>Waldrich merkte aus dieser Unterhaltung, daß der alte Bantes noch immer der ehemalige      lebhafte, aufflammende, wunderliche Mann war, dem man doch bei allen seinen Eigenheiten nicht      böse werden konnte. Da nun in diesem Streite zwischen Vater und Tochter ein      schiedsrichterlicher Spruch gefällt werden mußte, war der Commandant so klug und gefällig, erst      dem Vater vollkommen Recht zu geben, im Punkte der heiligen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0015] provisorisch zugefügt. Die verdammten Engländer mit ihren Waaren läßt man wieder zu, wie vorher, und bekümmert sich nicht darum, wenn wir heilige Deutsche darüber zu heiligen Bettlern werden. Alles ging auf der letzten Messe wieder flau. Die Minister und dergleichen essen und trinken wieder, machen wie sie es wollen, verstehen den Handel nicht, lassen die Fabrikanten bankerott werden, und hilft kein Ach und kein O. Die Welt liegt wieder im Alten, und noch ärger als im Alten. Thut eine ehrliche Seele, die es vielleicht besser versteht, den Schnabel auf, will ein anderes Lied pfeifen, als die Excellenzen da mit dem Kreuze überm Knopfloch und der Gleichgültigkeit unterm Knopfloch — hast du nicht gesehen, kurz angebunden! flugs mit der armen Seele in ein Loch, abgesetzt, abgesetzt, inquirirt, abgeschmiert, ist ein demagogischer Umtreiber und dergleichen. Ich sage dir, schweig, Mädel, davon verstehst du nichts. Du mußt nicht weiter über deine Theekanne sehen, als in die Tasse; dann schüttest du nicht nebenbei. Waldrich merkte aus dieser Unterhaltung, daß der alte Bantes noch immer der ehemalige lebhafte, aufflammende, wunderliche Mann war, dem man doch bei allen seinen Eigenheiten nicht böse werden konnte. Da nun in diesem Streite zwischen Vater und Tochter ein schiedsrichterlicher Spruch gefällt werden mußte, war der Commandant so klug und gefällig, erst dem Vater vollkommen Recht zu geben, im Punkte der heiligen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T14:15:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T14:15:44Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_gast_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_gast_1910/15
Zitationshilfe: Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_gast_1910/15>, abgerufen am 16.04.2024.