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Ziegler, Franz Wilhelm: Saat und Ernte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 129–196. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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kommen in die größte Verlegenheit mit dem Vieh, und ich habe davon großen Schaden.

Leset den Befehl selbst, sagte der Gerichtsdiener, ich muß die Schmiede schließen.

Herr Gensdarm, sagte der Müller, der Gerichtsdiener fürchtet sich wohl vor dem Justizrath; sprechen Sie doch ein Wort drein, Sie sehen ja, daß es hier keine Eile hat, und übernehmen Sie die Verantwortung bis morgen früh!

Der alte Soldat machte ein saures Gesicht, es war ihm anzusehen, daß er gern geholfen hätte, aber er strich sich den Bart, wandte sich ab und sagte: Geht nicht, ich kann nicht; ich habe hier nichts mitzureden.

Nun kein Geplapper mehr, rief der Gerichtsdiener, macht, daß Ihr aus der Schmiede kommt. Der Schmied hatte inzwischen ruhig fortgehämmert. Er arbeitete fast mechanisch, er hörte und sah nichts, er war ganz aufgegangen in dem Gedanken an die gestörte Arbeit, an den verlorenen Erwerb vielleicht des ganzen Sommers. Macht schnell hinaus Alle! rief der Gerichtsdiener noch einmal, riß den Jungen vom Blasebalg und schob ihn der Thüre zu. Der Schmied hatte gerade den Hammer niedergelegt und das Eisen mit der Zange gefaßt, als der Junge gegen ihn geworfen wurde, das Eisen zu Boden und ihm so auf den Fuß fiel, daß er laut aufschrie. Laßt zum Donnerwetter meinen Jungen hier, los die Hand! rief er und hatte den Gerichtsdiener bei der Gurgel.

kommen in die größte Verlegenheit mit dem Vieh, und ich habe davon großen Schaden.

Leset den Befehl selbst, sagte der Gerichtsdiener, ich muß die Schmiede schließen.

Herr Gensdarm, sagte der Müller, der Gerichtsdiener fürchtet sich wohl vor dem Justizrath; sprechen Sie doch ein Wort drein, Sie sehen ja, daß es hier keine Eile hat, und übernehmen Sie die Verantwortung bis morgen früh!

Der alte Soldat machte ein saures Gesicht, es war ihm anzusehen, daß er gern geholfen hätte, aber er strich sich den Bart, wandte sich ab und sagte: Geht nicht, ich kann nicht; ich habe hier nichts mitzureden.

Nun kein Geplapper mehr, rief der Gerichtsdiener, macht, daß Ihr aus der Schmiede kommt. Der Schmied hatte inzwischen ruhig fortgehämmert. Er arbeitete fast mechanisch, er hörte und sah nichts, er war ganz aufgegangen in dem Gedanken an die gestörte Arbeit, an den verlorenen Erwerb vielleicht des ganzen Sommers. Macht schnell hinaus Alle! rief der Gerichtsdiener noch einmal, riß den Jungen vom Blasebalg und schob ihn der Thüre zu. Der Schmied hatte gerade den Hammer niedergelegt und das Eisen mit der Zange gefaßt, als der Junge gegen ihn geworfen wurde, das Eisen zu Boden und ihm so auf den Fuß fiel, daß er laut aufschrie. Laßt zum Donnerwetter meinen Jungen hier, los die Hand! rief er und hatte den Gerichtsdiener bei der Gurgel.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T14:10:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T14:10:09Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Ziegler, Franz Wilhelm: Saat und Ernte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 129–196. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ziegler_ernte_1910/27>, abgerufen am 25.04.2024.