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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Von der Elektricität.
Schliessung vorhanden ist, der Oeffnungsextrastrom nicht ausbilden,
der Strom wird also nahezu momentan in der Spirale verschwinden.
Da nun die Intensität der in der secundären Spirale inducirten Ströme
nicht bloss von der Stärke des inducirenden Stroms, sondern auch von
der Geschwindigkeit seines Anwachsens abhängig ist, so ist der Oeff-
nungsschlag einer Inductionsvorrichtung, wie sie in Fig. 242 abgebil-
det ist, viel bedeutender als der Schliessungsschlag. Bringt man da-
her die Rollen in einige Entfernung von einander, so haben nur die
Oeffnungsschläge eine merkliche physiologische Wirkung, und die
Schliessungsschläge, die erst bei beträchtlicher Annäherung der Rollen
auftreten, bleiben immer weit schwächer. Die Oeffnungsschläge geben
schon an ziemlich schwachen Inductionsvorrichtungen Funken, und
letztere erhalten an etwas stärkeren Apparaten eine beträchtliche
Spannweite. Dagegen bedarf man grosser Inductionsrollen mit
Eisenkernen, um auch Schliessungsfunken zu beobachten, und diese
bleiben immer schwächer und von geringerer Spannweite. Da die
Verzögerung des Schliessungsinductionsstroms in der in der ersten
Spirale stattfindenden Induction auf sich selbst ihren Grund hat, so
muss dieselbe mit der Windungszahl dieser Spirale zunehmen. Je
weniger Windungen man derselben giebt, um so mehr nähern sich da-
gegen Oeffnungs- und Schliessungsinduction. Dies ist der Grund,
wesshalb bei denjenigen Inductionsapparaten, bei denen man abwech-
selnd gerichtete Ströme zu benützen wünscht, die primäre Spirale nur
wenige Windungen eines dickeren Drahtes erhält. Aehnlich der Ver-
mehrung der Windungen wirkt auch die Nähe von Metallmassen.
Einerseits vermehren dieselben durch den in ihnen entstehenden Mag-
netismus die inducirende Wirkung auf die secundäre Spirale und be-
wirken dadurch ein rasches Ansteigen der Inductionsströme, anderseits
aber wirken sie auch auf die primäre Spirale zurück, indem sie die
in dieser entstehenden Extraströme verstärken und so die Induction
schwächen. Bei soliden Eisenmassen ist die letztere Wirkung grös-
ser: bringt man daher einen dicken Eisencylinder in die primäre Spi-
rale, so wird die Inductionswirkung nicht verstärkt. Bringt man da-
gegen ein Bündel einzelner Drähte in die Spirale, so ist die physiolo-
gische Wirkung des Schliessungs- und des Oeffnungsinductionsstroms
bedeutend vergrössert

Die Wirkungen der Schliessungs- und Oeffnungsinduction wer-
den gleichmässiger, wenn man die Bildung des bei der Oeffnung ent-
stehenden Extrastroms nicht verhindert, sondern demselben eine Ne-
benschliessung eröffnet, durch welche er sich ergiessen kann. Helm-
holtz
hat hierauf eine Modification der in §. 346 beschriebenen In-
ductionsvorrichtung gegründet, die man in Fig. 244 halb schematisch
dargestellt findet. Man bringt zu diesem Zweck oberhalb der Klemm-
schraube k in Fig. 242 eine zweite a an, die mit dem Stift s in direc-

Von der Elektricität.
Schliessung vorhanden ist, der Oeffnungsextrastrom nicht ausbilden,
der Strom wird also nahezu momentan in der Spirale verschwinden.
Da nun die Intensität der in der secundären Spirale inducirten Ströme
nicht bloss von der Stärke des inducirenden Stroms, sondern auch von
der Geschwindigkeit seines Anwachsens abhängig ist, so ist der Oeff-
nungsschlag einer Inductionsvorrichtung, wie sie in Fig. 242 abgebil-
det ist, viel bedeutender als der Schliessungsschlag. Bringt man da-
her die Rollen in einige Entfernung von einander, so haben nur die
Oeffnungsschläge eine merkliche physiologische Wirkung, und die
Schliessungsschläge, die erst bei beträchtlicher Annäherung der Rollen
auftreten, bleiben immer weit schwächer. Die Oeffnungsschläge geben
schon an ziemlich schwachen Inductionsvorrichtungen Funken, und
letztere erhalten an etwas stärkeren Apparaten eine beträchtliche
Spannweite. Dagegen bedarf man grosser Inductionsrollen mit
Eisenkernen, um auch Schliessungsfunken zu beobachten, und diese
bleiben immer schwächer und von geringerer Spannweite. Da die
Verzögerung des Schliessungsinductionsstroms in der in der ersten
Spirale stattfindenden Induction auf sich selbst ihren Grund hat, so
muss dieselbe mit der Windungszahl dieser Spirale zunehmen. Je
weniger Windungen man derselben giebt, um so mehr nähern sich da-
gegen Oeffnungs- und Schliessungsinduction. Dies ist der Grund,
wesshalb bei denjenigen Inductionsapparaten, bei denen man abwech-
selnd gerichtete Ströme zu benützen wünscht, die primäre Spirale nur
wenige Windungen eines dickeren Drahtes erhält. Aehnlich der Ver-
mehrung der Windungen wirkt auch die Nähe von Metallmassen.
Einerseits vermehren dieselben durch den in ihnen entstehenden Mag-
netismus die inducirende Wirkung auf die secundäre Spirale und be-
wirken dadurch ein rasches Ansteigen der Inductionsströme, anderseits
aber wirken sie auch auf die primäre Spirale zurück, indem sie die
in dieser entstehenden Extraströme verstärken und so die Induction
schwächen. Bei soliden Eisenmassen ist die letztere Wirkung grös-
ser: bringt man daher einen dicken Eisencylinder in die primäre Spi-
rale, so wird die Inductionswirkung nicht verstärkt. Bringt man da-
gegen ein Bündel einzelner Drähte in die Spirale, so ist die physiolo-
gische Wirkung des Schliessungs- und des Oeffnungsinductionsstroms
bedeutend vergrössert

Die Wirkungen der Schliessungs- und Oeffnungsinduction wer-
den gleichmässiger, wenn man die Bildung des bei der Oeffnung ent-
stehenden Extrastroms nicht verhindert, sondern demselben eine Ne-
benschliessung eröffnet, durch welche er sich ergiessen kann. Helm-
holtz
hat hierauf eine Modification der in §. 346 beschriebenen In-
ductionsvorrichtung gegründet, die man in Fig. 244 halb schematisch
dargestellt findet. Man bringt zu diesem Zweck oberhalb der Klemm-
schraube k in Fig. 242 eine zweite α an, die mit dem Stift s in direc-

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[542/0564] Von der Elektricität. Schliessung vorhanden ist, der Oeffnungsextrastrom nicht ausbilden, der Strom wird also nahezu momentan in der Spirale verschwinden. Da nun die Intensität der in der secundären Spirale inducirten Ströme nicht bloss von der Stärke des inducirenden Stroms, sondern auch von der Geschwindigkeit seines Anwachsens abhängig ist, so ist der Oeff- nungsschlag einer Inductionsvorrichtung, wie sie in Fig. 242 abgebil- det ist, viel bedeutender als der Schliessungsschlag. Bringt man da- her die Rollen in einige Entfernung von einander, so haben nur die Oeffnungsschläge eine merkliche physiologische Wirkung, und die Schliessungsschläge, die erst bei beträchtlicher Annäherung der Rollen auftreten, bleiben immer weit schwächer. Die Oeffnungsschläge geben schon an ziemlich schwachen Inductionsvorrichtungen Funken, und letztere erhalten an etwas stärkeren Apparaten eine beträchtliche Spannweite. Dagegen bedarf man grosser Inductionsrollen mit Eisenkernen, um auch Schliessungsfunken zu beobachten, und diese bleiben immer schwächer und von geringerer Spannweite. Da die Verzögerung des Schliessungsinductionsstroms in der in der ersten Spirale stattfindenden Induction auf sich selbst ihren Grund hat, so muss dieselbe mit der Windungszahl dieser Spirale zunehmen. Je weniger Windungen man derselben giebt, um so mehr nähern sich da- gegen Oeffnungs- und Schliessungsinduction. Dies ist der Grund, wesshalb bei denjenigen Inductionsapparaten, bei denen man abwech- selnd gerichtete Ströme zu benützen wünscht, die primäre Spirale nur wenige Windungen eines dickeren Drahtes erhält. Aehnlich der Ver- mehrung der Windungen wirkt auch die Nähe von Metallmassen. Einerseits vermehren dieselben durch den in ihnen entstehenden Mag- netismus die inducirende Wirkung auf die secundäre Spirale und be- wirken dadurch ein rasches Ansteigen der Inductionsströme, anderseits aber wirken sie auch auf die primäre Spirale zurück, indem sie die in dieser entstehenden Extraströme verstärken und so die Induction schwächen. Bei soliden Eisenmassen ist die letztere Wirkung grös- ser: bringt man daher einen dicken Eisencylinder in die primäre Spi- rale, so wird die Inductionswirkung nicht verstärkt. Bringt man da- gegen ein Bündel einzelner Drähte in die Spirale, so ist die physiolo- gische Wirkung des Schliessungs- und des Oeffnungsinductionsstroms bedeutend vergrössert Die Wirkungen der Schliessungs- und Oeffnungsinduction wer- den gleichmässiger, wenn man die Bildung des bei der Oeffnung ent- stehenden Extrastroms nicht verhindert, sondern demselben eine Ne- benschliessung eröffnet, durch welche er sich ergiessen kann. Helm- holtz hat hierauf eine Modification der in §. 346 beschriebenen In- ductionsvorrichtung gegründet, die man in Fig. 244 halb schematisch dargestellt findet. Man bringt zu diesem Zweck oberhalb der Klemm- schraube k in Fig. 242 eine zweite α an, die mit dem Stift s in direc-

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 542. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/564>, abgerufen am 19.04.2024.