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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Induction.
Inductionsstrom, und bei der Oeffnung einen andern von entgegenge-
setzter Richtung.

Die Geschwindigkeit, mit welcher die Feder des Neef'schen Hammers hin- und
herschwingt, variirt man durch Auf- und Abschrauben der Platinspitze s. Je näher
man den Anker dem Hufeisen bringt, um so kürzer folgen sich die einzelnen Schwin-
gungen, wie aus dem Höherwerden des durch die Schwingungen entstehenden Tons
sich erkennen lässt. Man kann leicht diese Geschwindigkeit noch mehr variiren, wenn
man statt der Feder ein vertical herabhängendes Pendel von veränderlicher Länge
schwingen lässt. Nach dem letzteren Princip hat der Mechaniker Zimmermann in
Heidelberg seine Inductionsapparate gebaut. Man kann ferner den Neef'schen Ham-
mer auch für sich, ohne Zusammenhang mit dem Inductionsapparat, anwenden. Dann
wird die Schraube s, die in diesem Fall mit dem Messingklotz o ebenfalls auf einer
Messingsäule befestigt ist, unmittelbar mit den Windungen des Elektromagneten in
Verbindung gesetzt. Ein solcher Hammer lässt sich z. B. gebrauchen, um rasch nach
einander den Strom einer constanten Kette zu unterbrechen und wieder zu schliessen.
Indem Heidenhain den Froschnerven unter den Neef'schen Hammer brachte, be-
nützte er die Schwingungen zur Erregung eines Tetanus durch rasch auf einander
folgende mechanische Reize.

Für viele Zwecke ist es wünschenswerth, nicht abwechselnde, sondern gleich ge-
richtete Ströme in rascher Reihenfolge in der zweiten Spirale zu erhalten. Bedient
man sich starker Ströme, so ist zu diesem Zweck das Verfahren von Poggendorff,
den Draht d der secundären Spirale an irgend einer Stelle durch eine dünne Luft-
schicht zu unterbrechen am einfachsten. Dagegen kann man beliebig die Schliessungs-
oder Oeffnungsinductionsströme für sich erhalten, wenn man die Oeffnung und Schlies-
sung des primären Stroms durch einen sogenannten Commutator bewirkt, wie wir
einen solchen im nächsten §. bei Gelegenheit der Magnetoinductionsapparate kennen
lernen werden.

Bei den magnetischen Inductionsapparaten bedient man sich347
Magnetoinduc-
tionsapparate.

statt der inducirenden Rolle eines Magneten zur Erzeugung des indu-
cirten Stromes. Wir haben in §. 345 gesehen, dass in einer geschlos-
senen Drahtspirale ein Inductionsstrom entsteht, wenn man in dieselbe
einen Magnetpol einführt oder aus ihr entfernt, und dass beide Ströme,
gleich dem Schliessungs- und Oeffnungsinductionsstrom bei der elektri-
schen Induction, entgegengesetzte Richtung haben. Man kann nun
offenbar den nämlichen Zweck auch erreichen, wenn man ein für alle-
mal ein weiches Eisen in die Drahtspirale bringt und in diesem ab-
wechselnd den Magnetismus entstehen und wieder verschwinden lässt.
Hierauf beruht aber die Einrichtung sämmtlicher Magnetoinductions-
apparate; von den sehr verschiedenen Formen der letzteren haben
wir in Fig. 243 eine der gebräuchlicheren dargestellt. Dem aus meh-
reren Lamellen zusammengesetzten Hufeisenmagneten N S gegenüber
befindet sich ein eisernes Querstück m n, auf welchem zwei den Polen
N und S gerade gegenüberstehende Eisencylinder befestigt sind. Diese
Cylinder stecken in Holzspuhlen, welche mit dünnem übersponnenem
Kupferdraht umwickelt werden (f und g). In der Mitte des Quer-

Induction.
Inductionsstrom, und bei der Oeffnung einen andern von entgegenge-
setzter Richtung.

Die Geschwindigkeit, mit welcher die Feder des Neef’schen Hammers hin- und
herschwingt, variirt man durch Auf- und Abschrauben der Platinspitze s. Je näher
man den Anker dem Hufeisen bringt, um so kürzer folgen sich die einzelnen Schwin-
gungen, wie aus dem Höherwerden des durch die Schwingungen entstehenden Tons
sich erkennen lässt. Man kann leicht diese Geschwindigkeit noch mehr variiren, wenn
man statt der Feder ein vertical herabhängendes Pendel von veränderlicher Länge
schwingen lässt. Nach dem letzteren Princip hat der Mechaniker Zimmermann in
Heidelberg seine Inductionsapparate gebaut. Man kann ferner den Neef’schen Ham-
mer auch für sich, ohne Zusammenhang mit dem Inductionsapparat, anwenden. Dann
wird die Schraube s, die in diesem Fall mit dem Messingklotz o ebenfalls auf einer
Messingsäule befestigt ist, unmittelbar mit den Windungen des Elektromagneten in
Verbindung gesetzt. Ein solcher Hammer lässt sich z. B. gebrauchen, um rasch nach
einander den Strom einer constanten Kette zu unterbrechen und wieder zu schliessen.
Indem Heidenhain den Froschnerven unter den Neef’schen Hammer brachte, be-
nützte er die Schwingungen zur Erregung eines Tetanus durch rasch auf einander
folgende mechanische Reize.

Für viele Zwecke ist es wünschenswerth, nicht abwechselnde, sondern gleich ge-
richtete Ströme in rascher Reihenfolge in der zweiten Spirale zu erhalten. Bedient
man sich starker Ströme, so ist zu diesem Zweck das Verfahren von Poggendorff,
den Draht d der secundären Spirale an irgend einer Stelle durch eine dünne Luft-
schicht zu unterbrechen am einfachsten. Dagegen kann man beliebig die Schliessungs-
oder Oeffnungsinductionsströme für sich erhalten, wenn man die Oeffnung und Schlies-
sung des primären Stroms durch einen sogenannten Commutator bewirkt, wie wir
einen solchen im nächsten §. bei Gelegenheit der Magnetoinductionsapparate kennen
lernen werden.

Bei den magnetischen Inductionsapparaten bedient man sich347
Magnetoinduc-
tionsapparate.

statt der inducirenden Rolle eines Magneten zur Erzeugung des indu-
cirten Stromes. Wir haben in §. 345 gesehen, dass in einer geschlos-
senen Drahtspirale ein Inductionsstrom entsteht, wenn man in dieselbe
einen Magnetpol einführt oder aus ihr entfernt, und dass beide Ströme,
gleich dem Schliessungs- und Oeffnungsinductionsstrom bei der elektri-
schen Induction, entgegengesetzte Richtung haben. Man kann nun
offenbar den nämlichen Zweck auch erreichen, wenn man ein für alle-
mal ein weiches Eisen in die Drahtspirale bringt und in diesem ab-
wechselnd den Magnetismus entstehen und wieder verschwinden lässt.
Hierauf beruht aber die Einrichtung sämmtlicher Magnetoinductions-
apparate; von den sehr verschiedenen Formen der letzteren haben
wir in Fig. 243 eine der gebräuchlicheren dargestellt. Dem aus meh-
reren Lamellen zusammengesetzten Hufeisenmagneten N S gegenüber
befindet sich ein eisernes Querstück m n, auf welchem zwei den Polen
N und S gerade gegenüberstehende Eisencylinder befestigt sind. Diese
Cylinder stecken in Holzspuhlen, welche mit dünnem übersponnenem
Kupferdraht umwickelt werden (f und g). In der Mitte des Quer-

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[535/0557] Induction. Inductionsstrom, und bei der Oeffnung einen andern von entgegenge- setzter Richtung. Die Geschwindigkeit, mit welcher die Feder des Neef’schen Hammers hin- und herschwingt, variirt man durch Auf- und Abschrauben der Platinspitze s. Je näher man den Anker dem Hufeisen bringt, um so kürzer folgen sich die einzelnen Schwin- gungen, wie aus dem Höherwerden des durch die Schwingungen entstehenden Tons sich erkennen lässt. Man kann leicht diese Geschwindigkeit noch mehr variiren, wenn man statt der Feder ein vertical herabhängendes Pendel von veränderlicher Länge schwingen lässt. Nach dem letzteren Princip hat der Mechaniker Zimmermann in Heidelberg seine Inductionsapparate gebaut. Man kann ferner den Neef’schen Ham- mer auch für sich, ohne Zusammenhang mit dem Inductionsapparat, anwenden. Dann wird die Schraube s, die in diesem Fall mit dem Messingklotz o ebenfalls auf einer Messingsäule befestigt ist, unmittelbar mit den Windungen des Elektromagneten in Verbindung gesetzt. Ein solcher Hammer lässt sich z. B. gebrauchen, um rasch nach einander den Strom einer constanten Kette zu unterbrechen und wieder zu schliessen. Indem Heidenhain den Froschnerven unter den Neef’schen Hammer brachte, be- nützte er die Schwingungen zur Erregung eines Tetanus durch rasch auf einander folgende mechanische Reize. Für viele Zwecke ist es wünschenswerth, nicht abwechselnde, sondern gleich ge- richtete Ströme in rascher Reihenfolge in der zweiten Spirale zu erhalten. Bedient man sich starker Ströme, so ist zu diesem Zweck das Verfahren von Poggendorff, den Draht d der secundären Spirale an irgend einer Stelle durch eine dünne Luft- schicht zu unterbrechen am einfachsten. Dagegen kann man beliebig die Schliessungs- oder Oeffnungsinductionsströme für sich erhalten, wenn man die Oeffnung und Schlies- sung des primären Stroms durch einen sogenannten Commutator bewirkt, wie wir einen solchen im nächsten §. bei Gelegenheit der Magnetoinductionsapparate kennen lernen werden. Bei den magnetischen Inductionsapparaten bedient man sich statt der inducirenden Rolle eines Magneten zur Erzeugung des indu- cirten Stromes. Wir haben in §. 345 gesehen, dass in einer geschlos- senen Drahtspirale ein Inductionsstrom entsteht, wenn man in dieselbe einen Magnetpol einführt oder aus ihr entfernt, und dass beide Ströme, gleich dem Schliessungs- und Oeffnungsinductionsstrom bei der elektri- schen Induction, entgegengesetzte Richtung haben. Man kann nun offenbar den nämlichen Zweck auch erreichen, wenn man ein für alle- mal ein weiches Eisen in die Drahtspirale bringt und in diesem ab- wechselnd den Magnetismus entstehen und wieder verschwinden lässt. Hierauf beruht aber die Einrichtung sämmtlicher Magnetoinductions- apparate; von den sehr verschiedenen Formen der letzteren haben wir in Fig. 243 eine der gebräuchlicheren dargestellt. Dem aus meh- reren Lamellen zusammengesetzten Hufeisenmagneten N S gegenüber befindet sich ein eisernes Querstück m n, auf welchem zwei den Polen N und S gerade gegenüberstehende Eisencylinder befestigt sind. Diese Cylinder stecken in Holzspuhlen, welche mit dünnem übersponnenem Kupferdraht umwickelt werden (f und g). In der Mitte des Quer- 347 Magnetoinduc- tionsapparate.

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 535. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/557>, abgerufen am 29.03.2024.