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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Lichtbrechung durch Linsen.
ten, weil sie die Strahlen divergenter machen, als Zerstreuungs-
linsen
.

Die Brechung, die das Licht in jeder dieser Linsenformen er-
fährt, ergiebt sich unmittelbar aus den bisherigen Betrachtungen.

Verfolgen wir z. B. einen Strahl a b (Fig. 103), der auf die

[Abbildung] Fig. 103.
biconvexe Sammellinse A auftrifft, so finden wir, dass derselbe an
der ersten Fläche gegen das Einfallsloth, also nach b c, gebrochen,
an der zweiten Fläche, wo er wieder aus dem dichteren in das dün-
nere Medium übergeht, von dem Einfallsloth weg, nach c d gebrochen
wird. Da die Krümmung der zweiten Fläche derjenigen der ersten
entgegengesetzt gerichtet ist und also auch das Einfallsloth die ent-
gegengesetzte Richtung hat, so werden die Strahlen, nachdem sie
durch die erste Brechung schon convergenter geworden sind, durch
die zweite Brechung noch convergenter gemacht. Eine biconvexe
Linse sammelt also das Licht weit stärker als eine einzige convexe
Oberfläche von gleicher Krümmung. Bei der biconcaven Linse B ver-
hält es sich in umgekehrter Richtung ebenso. Nachdem der Strahl
a b durch die Brechung an der ersten Fläche die Richtung b c an-
genommen hat, erhält er durch die Brechung an der zweiten Fläche
die Richtung c d. Der Vereinigungspunkt e der von a ausgehenden
Strahlen ist hier ein virtueller, er liegt vor der Linse. Die Wir-
kung, welche die übrigen Linsenformen ausüben, kann man hiernach
leicht durch Construction entwickeln. Man nennt bei der Linse ebenso
wie bei der einzelnen brechenden Fläche denjenigen Punkt f (Fig. 103)
den Brennpunkt, nach welchem die auf die Linse fallenden paral-
lelen Strahlen x' x nach der Brechung convergiren. Der Brennpunkt
der Sammellinsen ist hiernach ein reeller, der Brennpunkt der Zer-
streuungslinsen ein virtueller. Auch hier unterscheidet man wieder
einen vorderen und einen hinteren Brennpunkt. Beide sind aber
in diesem Fall gleich weit von den ihnen zugekehrten Linsenflächen
entfernt, die beiden Brennweiten sind also einander gleich.

Wie wir einen Strahl verfolgt haben, so lässt sich der Weg
vieler von einem leuchtenden Punkte ausgehender Strahlen verfolgen:
ähnlich wie bei der Brechung an einer einzigen gekrümmten Fläche
(§. 146, Fig. 100) convergiren alle von einem Punkte ausgehenden

Lichtbrechung durch Linsen.
ten, weil sie die Strahlen divergenter machen, als Zerstreuungs-
linsen
.

Die Brechung, die das Licht in jeder dieser Linsenformen er-
fährt, ergiebt sich unmittelbar aus den bisherigen Betrachtungen.

Verfolgen wir z. B. einen Strahl a b (Fig. 103), der auf die

[Abbildung] Fig. 103.
biconvexe Sammellinse A auftrifft, so finden wir, dass derselbe an
der ersten Fläche gegen das Einfallsloth, also nach b c, gebrochen,
an der zweiten Fläche, wo er wieder aus dem dichteren in das dün-
nere Medium übergeht, von dem Einfallsloth weg, nach c d gebrochen
wird. Da die Krümmung der zweiten Fläche derjenigen der ersten
entgegengesetzt gerichtet ist und also auch das Einfallsloth die ent-
gegengesetzte Richtung hat, so werden die Strahlen, nachdem sie
durch die erste Brechung schon convergenter geworden sind, durch
die zweite Brechung noch convergenter gemacht. Eine biconvexe
Linse sammelt also das Licht weit stärker als eine einzige convexe
Oberfläche von gleicher Krümmung. Bei der biconcaven Linse B ver-
hält es sich in umgekehrter Richtung ebenso. Nachdem der Strahl
a b durch die Brechung an der ersten Fläche die Richtung b c an-
genommen hat, erhält er durch die Brechung an der zweiten Fläche
die Richtung c d. Der Vereinigungspunkt e der von a ausgehenden
Strahlen ist hier ein virtueller, er liegt vor der Linse. Die Wir-
kung, welche die übrigen Linsenformen ausüben, kann man hiernach
leicht durch Construction entwickeln. Man nennt bei der Linse ebenso
wie bei der einzelnen brechenden Fläche denjenigen Punkt f (Fig. 103)
den Brennpunkt, nach welchem die auf die Linse fallenden paral-
lelen Strahlen x' x nach der Brechung convergiren. Der Brennpunkt
der Sammellinsen ist hiernach ein reeller, der Brennpunkt der Zer-
streuungslinsen ein virtueller. Auch hier unterscheidet man wieder
einen vorderen und einen hinteren Brennpunkt. Beide sind aber
in diesem Fall gleich weit von den ihnen zugekehrten Linsenflächen
entfernt, die beiden Brennweiten sind also einander gleich.

Wie wir einen Strahl verfolgt haben, so lässt sich der Weg
vieler von einem leuchtenden Punkte ausgehender Strahlen verfolgen:
ähnlich wie bei der Brechung an einer einzigen gekrümmten Fläche
(§. 146, Fig. 100) convergiren alle von einem Punkte ausgehenden

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[223/0245] Lichtbrechung durch Linsen. ten, weil sie die Strahlen divergenter machen, als Zerstreuungs- linsen. Die Brechung, die das Licht in jeder dieser Linsenformen er- fährt, ergiebt sich unmittelbar aus den bisherigen Betrachtungen. Verfolgen wir z. B. einen Strahl a b (Fig. 103), der auf die [Abbildung Fig. 103.] biconvexe Sammellinse A auftrifft, so finden wir, dass derselbe an der ersten Fläche gegen das Einfallsloth, also nach b c, gebrochen, an der zweiten Fläche, wo er wieder aus dem dichteren in das dün- nere Medium übergeht, von dem Einfallsloth weg, nach c d gebrochen wird. Da die Krümmung der zweiten Fläche derjenigen der ersten entgegengesetzt gerichtet ist und also auch das Einfallsloth die ent- gegengesetzte Richtung hat, so werden die Strahlen, nachdem sie durch die erste Brechung schon convergenter geworden sind, durch die zweite Brechung noch convergenter gemacht. Eine biconvexe Linse sammelt also das Licht weit stärker als eine einzige convexe Oberfläche von gleicher Krümmung. Bei der biconcaven Linse B ver- hält es sich in umgekehrter Richtung ebenso. Nachdem der Strahl a b durch die Brechung an der ersten Fläche die Richtung b c an- genommen hat, erhält er durch die Brechung an der zweiten Fläche die Richtung c d. Der Vereinigungspunkt e der von a ausgehenden Strahlen ist hier ein virtueller, er liegt vor der Linse. Die Wir- kung, welche die übrigen Linsenformen ausüben, kann man hiernach leicht durch Construction entwickeln. Man nennt bei der Linse ebenso wie bei der einzelnen brechenden Fläche denjenigen Punkt f (Fig. 103) den Brennpunkt, nach welchem die auf die Linse fallenden paral- lelen Strahlen x' x nach der Brechung convergiren. Der Brennpunkt der Sammellinsen ist hiernach ein reeller, der Brennpunkt der Zer- streuungslinsen ein virtueller. Auch hier unterscheidet man wieder einen vorderen und einen hinteren Brennpunkt. Beide sind aber in diesem Fall gleich weit von den ihnen zugekehrten Linsenflächen entfernt, die beiden Brennweiten sind also einander gleich. Wie wir einen Strahl verfolgt haben, so lässt sich der Weg vieler von einem leuchtenden Punkte ausgehender Strahlen verfolgen: ähnlich wie bei der Brechung an einer einzigen gekrümmten Fläche (§. 146, Fig. 100) convergiren alle von einem Punkte ausgehenden

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/245>, abgerufen am 25.04.2024.